von Ronja Kuhnlein

Abb.1: ©Medi2go 2020/pixabay

Am 4. April 2022 veröffentlichte der Weltklimarat (IPCC) seinen neuesten Bericht „Climate Change 2022: Mitigation of Climate Change“. Er enthält den aktuellen Stand der Klimaforschung und fokussiert sich auf mögliche Maßnahmen, die zum Erreichen des 1,5°C-Ziels unumgänglich sind. Alles auf knappe 3000 Seiten zusammengefasst. Aber keine Angst, hier findest du eine Übersicht der wichtigsten Fakten.

Der IPCC (The Intergovernmental Panel on Climate Change, zu Deutsch auch Weltklimarat) ist ein internationales Komitee aus freiwilligen Wissenschaftler*innen, das die Forschung zum globalen Klimawandel zusammenträgt und auswertet. Er wurde 1988 von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) gegründet. Heute umfasst der Weltklimarat 195 Mitglieder aus allen UN-Staaten, unter anderem auch die Wissenschaftler*innen des Alfred-Wegener-Instituts.

Der IPCC untergliedert sich in drei Arbeitsgruppen. Arbeitsgruppe I trägt die Forschung zur naturwissenschaftlichen Basis des Klimawandels zusammen, während Arbeitsgruppe II die Auswirkungen, Anpassungen und Schäden der Umwelt in Bezug auf den Klimawandel untersucht. Arbeitsgruppe III, von der auch dieser Bericht geschrieben wurde, erarbeitet Lösungsvorschläge zur Entschärfung des Klimawandels.

Von dem Guten und dem Schlechten

In den Jahren 2010 bis 2019 war die durchschnittliche Jahresemission an Treibhausgasen so hoch, wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Im Jahre 2019 waren die Emissionen ungefähr 12% höher als im Jahr 2010 und gleich 54% höher als 1999. Im Gegensatz dazu wurden jedoch wurden auch Erfolge erzielt: In einigen Ländern wurde ein Rückgang an Emissionen festgestellt. Außerdem gibt es in mittlerweile 56 Ländern Gesetze zum Schutz des Klimas, darunter auch Deutschland.

Des Weiteren ist man zu dem Schluss gekommen, dass die Kosten für erneuerbare Energiesysteme in manchen Fällen schon günstiger sind als die der Energiesysteme, die durch fossile Brennstoffe angetrieben werden. Deshalb werden die Elektrizitätsversorgungssysteme schon in vielen Ländern und Regionen hauptsächlich durch erneuerbare Energiesysteme betrieben.

Damit das sogenannte 1,5°C – Ziel wirklich erreicht werden kann, muss die Treibhausgas – Emission noch vor dem Jahr 2025 um 43% reduziert werden. Auch für das 2°C – Ziel muss laut IPCC – Bericht die Treibhausgas – Emission bis 2030 um 27% reduziert werden.

Das „1,5°C“-, bzw. das „2°C“-Ziel, beschreiben dass die menschengemachte Klimaerwärmung auf 1,5°C, bzw. 2°C beschränkt werden soll. Dabei bezieht man sich auf die Zeitspanne zwischen dem Beginn der Industrialisierung bis zu dem Jahre 2100.

Weiterhin wird im Bericht festgehalten, dass sich die Temperaturen in einem 1,5°C- Szenario nur dann stabilisieren werden, wenn wir bis 2050 keine Treibhausgas- Emissionen mehr produzieren, ebenso bis spätestens 2070, um das 2°C– Ziel zu erreichen.

Eine Reihe von Möglichkeiten

Um die Emissionen zu verringern, sieht der Weltklimarat in jedem Sektor Möglichkeiten, um die Emissionen zumindest bis 2030 zu halbieren. Welche Sektoren sind das? Hier eine Übersicht:

  1. Energie– Sektor

Fossile Brennstoffe müssen stark reduziert werden, um die damit einhergehende Ausstoßung von Treibhausgasen zu verhindern. Gleichzeitig soll CO2-Abspaltung und -Speicherung gefördert werden, um CO2-Emissionen zu vermeiden.

Außerdem sollen in Zukunft noch weniger oder sogar keine Kohlekraftwerke mehr betrieben werden. Stattdessen soll erweiterter Einsatz von elektrischen Alternativen und eine Verbesserung der Energieeffizienz weiterhelfen, genauso wie alternative Brennstoffe wie zum Beispiel Wasser- oder nachhaltige Biokraftstoffe

Abb. 2: ©StockSnap 2017/pixabay

  1. Nachfrage und Dienstleistungen

In diesem Sektor sieht man laut Bericht ein Potential, um die globale Emission bis 2050 um 40-70% zu reduzieren. Um Emissionen zu vermeiden, wird hier auf alternative Bewegungsmöglichkeiten wie Gehen oder Radfahren aufmerksam gemacht, an Stelle von Autofahren. Außerdem werden elektrischer Transport, Reduzierung des Luftverkehrs und Anpassungshäuser als Beispiele genannt, um die globalen Emissionen zu reduzieren. Generell müssen wir aber unseren Lebensstil ändern, um in dieser Hinsicht erfolgreich zu werden. Dies erfordere eine systematische Veränderung in der gesamten Gesellschaft.

  1. Transport

Der Bericht benennt eine Reduzierung der Nachfrage und kohlenstoffarme Technologien als den Schlüssel um Emissionen zu reduzieren. Der Einsatz von Elektrofahrzeugen bietet hierfür laut Bericht das größte Potential. Ebenso könnten fortschrittliche Akku- und Batterietechnologien die elektrische Bahn und Lastwagen unterstützen, um so Emissionen zu vermeiden. In der Luft- und Schifffahrt setzt man auf alternative Brennstoffe, wie emissionsarme Wasserstoff- und Biobrennstoffe.

Ausblick: Grundsätzlich gilt, dass es ein erhebliches Potential, gibt die Emissionsrate zu senken, jedoch hängt das von der Kohlenstoffreduzierung des Energie-Sektors ab.

  1. Stadt-Bereiche

In diesem Sektor schlägt der Bericht erneuerbare Produktion und Konsum von Waren und Dienstleistungen vor. Hierbei soll ebenfalls der Einsatz von elektrischen Alternativen, bzw. emissions-reduzierende Energie genutzt werden. Außerdem muss die Kohlenstoffaufnahme und -speicherung verbessert werden. Ein Beispiel für die Kohlenstoffspeicherung ist die sogenannte CCS- Technik.

Abb. 3: ©TobiasBrunner 2021/pixabay

  1. Gebäude

Es besteht nach wie vor die Möglichkeit die „Net zero emissions“ bis 2050 zu erreichen. Das bedeutet, dass genau so viel CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden soll, wie wir zusätzlich darin abgesondert haben. Um das volle Potential auszuschöpfen und um dieses Ziel zu erreichen, seien vor allem die Maßnahmen entscheidend, die noch in diesem Jahrzehnt getroffen werden. Zudem sollen Neubauten mit effektiver Technik ausgestattet, sowie bereits bestehende Gebäude mit effektiver Technik nachgerüstet werden, um schließlich CO2-freie Gebäude zu schaffen. Dies erfordere ambitionierte Politikpakete.

  1. Industrie

In der Industrie muss Material noch effizienter genutzt werden, darunter auch recyceltes Material, um so eine Verschwendung minimal zu halten. Richtlinien in dieser Hinsicht seien aktuell sowohl in der Politik als auch in der Praxis nicht präsent genug. Auch in diesem Bereich ist man an einem Rückgang des CO2-Austoßes orientiert. Durch Methoden in der Biologie soll deshalb Wiederaufforstung und Kohlenstoffbindung im Boden gefördert werden. Ein Beispiel dafür ist die Negativemissionstechnologie SCS (engl.: soil carbon sequestration).

Ausblick: Um neue Technologien richtig nutzen zu können, benötigt man allerdings noch mehr Recherche, Vorabinvestitionen und Machbarkeitsnachweise in größeren Maßstäben.

  1. Landnutzung

Die Landnutzung bietet Möglichkeiten der langanhaltenden Emissionsreduktion und den Rückgang, bzw. die Speicherung von CO2. Grundsätzlich muss die Natur geschützt und wieder aufgebaut werden, unter anderem auch weil diese viele Ökosysteme beinhaltet, die Kohlenstoff speichern, wie Moore, Wälder, Küstenfeuchtgebiete, Savannen und Grasländer.

Ausblick: Hier ist besonders wichtig, dass die konkurrierenden Forderungen sorgfältig koordiniert werden

Abb. 4: ©onehundredseventyfive 2022/pixabay

Fazit und ein Blick in unsere globale Zukunft

Weiterhin wird im Bericht gefordert, Investitionslücken zu schließen. Die Finanzströme seien derzeitig drei bis sechsmal langsamer, als es eigentlich erforderlich sei um die Erwärmung bis 2030 unter 1,5°C oder 2°C zu halten. Allerdings gäbe es genügend globales Kapital und finanzielle Liquidität, um die Investitionslücken zu schließen. Die größte Herausforderung darin, läge laut Bericht bei den Entwicklungsländern, da diese nicht über Technologien mit geringer Emission verfügen.

Um einen systematischen Wandel zu erzeugen, seien Politik- und Wirtschaftspakete notwendig. Denn um eine effektive Minderung von Emissionen zu erreichen, muss eine neue Koordination nicht nur in der Regierung, sondern auch in der Gesellschaft erfolgen.

Grundsätzlich ist ein beschleunigter Klimaschutz entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung. Mit Blick auf die Zukunft wirft der Bericht auch ein, dass alle Optionen einige negative Auswirkungen auf unterschiedlichste Gruppen haben werden. Eben diese müssten deshalb besonders von Anfang an mit eingeplant werden. Schlussendlich wird im neuen Bericht des Weltklimarats besonders ein Punkt deutlich: Wir alle müssen jetzt handeln. Ansonsten würde das 1,5°C– Ziel unerreichbar werden.

Verweis auf Bremer Forschung

Am 27. Februar 2022 veröffentlichte die Arbeitsgruppe II ihren Teil des sechsten Sachstandberichts. Zu dieser Arbeitsgruppe gehört unter anderem auf das IPCC-Büro des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Ko-Vorsitzender der Arbeitsgruppe II ist Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner, welcher unter anderem Vorlesungen im Bereich Meeresbiologie an der Uni Bremen hält. Der Bericht hat die globalen und regionalen Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme und Biodiversität sowie auf Kulturen und Lebensweisen des Menschen zusammengefasst. Eine kurze Übersicht über den Bericht findest du hier.

Quellen

Website des IPCC: https://www.ipcc.ch

Finde den Bericht in voller Länge hier.

Klima-Arena, 1,5-Grad-Ziel | Erderwärmung | Überschwemmungen, Dürren (klima-arena.de) [letzter Aufruf, 10. April 2022, 20:45 Uhr]

Lexikon der Nachhaltigkeit, 2015, https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/carbon_capture_and_storage_ccs_1785.htm [letzter Aufruf 10. April 2022, 20:45 Uhr]

Melillo, J. & Gribkoff, E. 2021: Soil-Based Carbon Sequestration (Climate Portal), https://climate.mit.edu/explainers/soil-based-carbon-sequestration [letzter Aufruf 10. April 2022, 20:45 Uhr]

Bildnachweise

Abb. 1: ©Medi2go 2020/pixabay, https://pixabay.com/de/photos/klimawandel-erderwärmung-globus-5224748/ [letzter Aufruf 10. April 2022, 20:45 Uhr]

Abb. 2: ©StockSnap 2017/pixabay, https://pixabay.com/de/photos/panel-solar-energie-umgebung-2562239/ [letzter Aufruf 10. April 2022, 20:45 Uhr]

Abb. 3: ©TobiasBrunner 2021/pixabay, https://pixabay.com/de/photos/fluss-brücken-gebäude-strukturen-6175173/ [letzter Aufruf 10. April 2022, 20:45 Uhr]

Abb. 4: ©onehundredseventyfive 2022/pixabay, https://pixabay.com/de/photos/sämlinge-boden-frühlingsblumen-7110591/ [letzter Aufruf 10. April 2022, 20:45 Uhr]