In Europa gibt es außer Braunbären und Elchen nur ein anderes Tier, das in der freien Natur vorkommt und eine ähnliche Größe aufweist: der Wisent. Auf dieses, von vielen Leuten vergessene Tier, bin ich im Zuge meiner Beschäftigung zu der letzten Kaltzeit und dessen Folgen gestoßen. Nach weiterer Beschäftigung entschied ich entschied mich dazu, einen Artikel über den Wisent zu schreiben. Optisch dem amerikanischen Bison sehr ähnlich, sind beide jedoch nicht direkt miteinander verwandt. Leider haben beide aber eine ähnliche Leidensgeschichte. Bekannterweise wurde der Bison gegen Ende des 19. Jahrhundert beinahe ausgerottet, nachdem er für lange Zeit in den Weiten des amerikanischen Kontinents gelebt hatte. Der Wisent bewohnte für Jahrtausende Teile Europas und Asiens, von Frankreich über den Ural und den Kaukasus, bis hin zum Baikalsee.

Von der Eiszeit bis ins 20. Jahrhundert

Anders als beim Bison, begann das (vorläufiges) Aussterben der Wisente allerdings nicht erst vor ein paar Hundert Jahren, sondern bereits vor beinahe 6000 Jahren. Durch den Wandel des Menschen von Jäger- und Sammlerkulturen zu Hirten- und Bauernkulturen im Laufe der neolithischen Revolution, wurden immer mehr Wälder abgeholzt und so verringerte sich auch ihr Lebensraum. Zudem wurden sie aufgrund ihrer Größe auch wegen ihres Fleisches und Fells gejagt.

So wurde der letzte in der freien Natur lebende Wisent 1927 im Kaukasus erschossen. Zum Glück für die Artenvielfalt und folgende Generationen hatte es auf dem Gebiet des Waldes von Białowieża eine größere Population gegeben. Aus dieser wurden im 19. Jahrhundert des Öfteren Tiere für die Zoos in ganz Europa gefangen und auf diese konnte bei den Bemühungen, das Wisent nicht aussterben zu lassen, zurückgegriffen werden.

Bereits in den 30ern konnten einige Exemplare der imposanten Wiederkäuer wieder in dem Wald von Białowieża angesiedelt werden, nachdem die vorherige Population in den Wirren des Ersten Weltkriegs von Soldaten und Wilderern ausgerottet worden war. Seit den 50ern gab es stärkere Bemühungen, den Wisenten eine neue Möglichkeit zu geben. Polen spielte dabei eine große Rolle. Auch mit internationaler Hilfe konnte im Wald von Białowieża durch Schaffung von Schutzgebieten, Überwachung und dem genetischen Management der kleinen Population, erneut die größte Population der Welt geschaffen werden.

 

Wiederansiedlung und ökologische Bedeutung

Deutschland, Großbritannien, Rumänien, sowie eine Reihe weiterer europäischer Nationen folgten diesem Schritt und starteten ihre eigenen Projekte für eine Wiederansiedlung des Wisents, wie zum Beispiel das Projekt „Wisente im Rothaargebirge“. Diese Projekte stehen nicht nur für den Naturschutz, sondern auch für die Zusammenarbeit in diesem Thema. So wurde 2022 eine kleine Gruppe in den Wäldern bei Canterbury in England ausgesetzt, welche aus Deutschland kam.

Die Rückkehr des Wisents hat einen großen Wert für die Ökologie. Sie gestalten die Landschaft auf natürliche Weise und tragen so zur Pflege des Ökosystems bei. Da sie weiden, fördern sie die Biodiversität von Pflanzen und Insekten und schaffen Lebensräume für andere Tiere. Dies könnte die Wisente zu einem großen Akteur in dem Bestreben nach der Wiedererlangung von verlorenen ökologischen Gleichgewichten machen.

Es profitieren jedoch nicht nur die Ökosysteme und Wisente selbst, auch die Regionen tragen einen Profit davon. Normalerweise muss man nach Nordamerika oder Afrika fliegen, um solch imposante Tiere zu sehen, nun gibt es aber die Möglichkeit sie in Europa für einen geringeren Preis zu sehen. Dies hat zu einem Anstieg des Tourismus in der Natur geführt.

Herausforderungen und Zukunftsaussichten

Trotz dieser willkommenen Entwicklung gibt es jedoch noch Herausforderungen. Ihre Lebensräume sind teilweise weit voneinander entfernt, sodass es zu Problemen für den Erhalt genetischer Vielfalt kommen kann und Krankheiten können die kleinen Populationen dahinraffen. Außerdem können Probleme mit der Landwirtschaft entstehen, da die Wisente zum Beispiel die Rinde von Bäumen fressen und diesen so der Schutz fehlt. Daher ist es wichtig, das geordnete Zusammenleben zwischen den Wisenten und dem Menschen sicherzustellen und den majestätischen Tieren eine dauerhafte Existenz zu sichern.

Wenn man jedoch die Projekte zur Wiederansiedlung des Wisents betrachtet, schaut man insgesamt auf eine erfolgreiche Geschichte des Naturschutzes. Sie zeigt uns, dass es möglich ist, Tierarten vom Aussterben zu bewahren und ihre Populationen wieder zu steigern. Das Beispiel des Wisents ist nicht nur ein Symbol für den Erhalt der Natur, sondern auch für die internationale Zusammenarbeit, um diese zu erreichen.

 

Quellen:

Wisente (Europäische Bisons) im Artenlexikon   (wwf.de)

Nigge, Klaus; Schulze-Hagen, Karl (2004). Rückkehr des Königs: Wisente im europäischen Urwald.