Durch die russische Invasion in der Ukraine sind die Streitkräfte der Welt wieder in den Vordergrund gerückt. So auch in Deutschland. In den letzten zwei Jahren wurde viel über einen potenziellen Einsatz der Bundeswehr in einem konventionellen Konflikt, wie dem Krieg in der Ukraine, debattiert. Davor kamen viele Bürgerinnen und Bürger Deutschlands mit der Bundeswehr durch Inlandseinsätzen in Berührung. Was jedoch sind die gesetzlichen Grundlagen für derartige Einsätze?
Die Bundeswehr, als bewaffnete Streitkraft Deutschlands, agiert nicht in einem rechtsfreien Raum. Ihre Handlungen sind durch verschiedene rechtliche Grundlagen festgelegt, die sowohl national als auch international verankert sind. Diese Grundlagen sind entscheidend für die Legitimität und den Rahmen der Bundeswehreinsätze im In- oder Ausland. Eine Analyse dieser rechtlichen Grundlagen wirft Licht auf die Handlungsspielräume der Bundeswehr und ihre Verantwortlichkeiten.
Eine primäre Quelle der rechtlichen Grundlagen der Bundeswehr liegt im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Artikel 35 Absatz 1 des Grundgesetzes verpflichtet alle Behörden des Bundes und der Länder zu gegenseitiger Amtshilfe ( „Artikel 35 (1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.“). Dies schließt auch die Streitkräfte ein, die im Falle von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Ereignissen angefordert werden können, um Unterstützung zu leisten. Diese Bestimmung wurde z.B. während Ereignissen wie den Hochwassern in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern im Sommer 2021 sowie während der Covid-19 Pandemie angewendet.
Des Weiteren ist das Luftsicherheitsgesetz relevant, das die Bundeswehr ermächtigt, Amtshilfe zur Erhöhung der Luftsicherheit zu leisten. Diese Befugnis ist von großer Bedeutung für die Gewährleistung der Sicherheit im Luftverkehr.
Internationale Verträge spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Der Nordatlantikvertrag (1949) und der EU-Vertrag (1993) ermöglichen es Deutschland, die Bundeswehr im Bündnisfall zur Verteidigung anderer Staaten einzusetzen. Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes bildet die rechtliche Grundlage für diese Aufgabe („Artikel 24 (2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.“). Dies wurde durch ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994 gestützt. Das Gericht bestätigte, dass der Einsatz deutscher Soldaten im Rahmen von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder der NATO rechtmäßig ist.
Um die demokratische Kontrolle über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland zu stärken, wurde am 18. März 2005 das Parlamentsbeteiligungsgesetz verabschiedet. Gemäß diesem Gesetz bedarf jeder Einsatz bewaffneter deutscher Soldaten außerhalb des Landes der ausdrücklichen Genehmigung des Bundestages. Eine Ausnahme bildet Artikel 115a des Grundgesetzes, der den Verteidigungsfall betrifft.
Artikel 87a des Grundgesetzes legt weitere Rahmenbedingungen für den Einsatz der Bundeswehr fest. Absatz 2 dieses Artikels besagt, dass die Streitkräfte nur in einem Rahmen eingesetzt werden dürfen, der ausdrücklich vom Grundgesetz zugelassen ist. Die Absätze 3 und 4 ermöglichen den Einsatz der Bundeswehr zum Schutz ziviler Objekte, sofern ein Verteidigungsfall oder ein Spannungsfall vorliegt sowie den Einsatz der Streitkräfte im Falle eines inneren Notstands in Zusammenarbeit mit der Polizei.
Insgesamt bieten diese rechtlichen Grundlagen einen klaren Rahmen für das Handeln der Bundeswehr, sowohl im Inland als auch im Ausland. Sie gewährleisten demokratische Kontrolle, Rechtmäßigkeit und den Schutz der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands sowie anderer Staaten.