Seit nun schon fast zwei Monaten, habe ich das große Privileg an der Lapin Yliopisto, der Universität Lapplands in Rovaniemi, Finnland studieren zu können. Dieses doch eher ungewöhnliche Reiseziel für das Auslandssemester, welches ich im Rahmen meines Studiengangs „Integrierte Europastudien“ mache, habe ich mir aus mehreren Gründen ausgesucht. Abgesehen von der faszinierenden Natur und den extremen Wetterumständen, welchen ich mich wenigstens einmal in meinem Leben aussetzen wollte, auch aufgrund der umfassenden umweltbasierten Studienfächer. Das Thema Umwelt, sowie natürlich auch das Thema Klimawandel, beschäftigten mich nun schon seit einigen Jahren, weshalb ich die Möglichkeit, mich nun auch aus der Perspektive der arktischen Länder mit dem Klimawandel zu befassen, nicht missen wollte. In den bisher nur wenigen Wochen, die ich hier an der Universität im finnischen Lappland verbracht habe, habe ich sicherlich noch nicht alles über die Arktis und die gravierenden Folgen des Klimawandels für die Arktis und das damit zusammenhängende Ökosystem gelernt, doch das, was ich soweit mitnehmen durfte, werde ich in folgendem Artikel einmal knapp zusammenfassen. Denn die Arktis ist tatsächlich einer der Orte, an dem die Auswirkungen des Klimawandels als erstes und auch am drastischsten zu beobachten sind.

Um diese Problematik richtig nachvollziehen zu können, muss zunächst einmal geklärt werden, was genau die Arktis eigentlich ist, wo sie anfängt und aufhört.

Was genau ist die Arktis?

Die Arktis (auf Englisch: Arctic) genau zu definieren ist gar nicht mal so einfach. Es muss dabei nämlich zwischen der politischen, sozialen und geografischen Arktis unterschieden werden. Geografisch gesehen umfasst die Arktis, welches das nördliche Polargebiet ist, das Nordpolarmeer, auch Arktischer Ozean genannt und die nördlichen Landesteile der Kontinente Nordamerika (also Alaska und Kanada), Europa (Skandinavien) und Asien (Russland). Da die Grenzen nach Süden jedoch nicht eindeutig definiert sind, gibt es für die die Abgrenzung der Arktis nach Süden mehrere Ansätze. Darunter eine der ältesten Methoden: Die Eingrenzung der Arktis als Gebiet nördlich des arktischen Polarkreises.

(Fun Fact: der Polarkreis verläuft hier in Finnland etwas oberhalb von Rovaniemi, durch das bei Touristen sehr beliebte Santa Claus Village, welches ich hier auch schon besucht habe. Mehr zum Santa Claus Village hier: Welcome to Santa Claus Village | Arctic Circle, Rovaniemi Lapland)

Der „Arctic Circle“ im Santa Claus Village in Rovaniemi

Jedoch ist dieser Ansatz schon etwas veraltet und deckt sich kaum noch mit der klimatischen Zone und wird daher nicht mehr wirklich genutzt. Eine modernere Methode ist die Abgrenzung durch die sogenannte Treeline, also der nördlichen Baumgrenze. Diese Grenze stellt dar, dass zur Arktis diejenigen Gebiete gehören, in denen keine Bäume, sondern nur noch Tundra, also baumlose Steppen existieren. Doch auch imaginäre Linien anhand von Temperatur- Unterschieden können dazu beitragen die Arktis abzugrenzen. Demnach gehören zur Arktis die Gebiete, in denen es im wärmsten Sommermonat, normalerweise also dem Juli, im Durchschnitt nicht mehr als 10°Celsius hat. Dies nennt man auch „10°C-isotherm border“.

Abgesehen davon lässt sich die Arktis auch anhand bestimmter Charakteristiken bestimmen. In den arktischen Regionen ist es beispielsweise typisch, dass die Sonne in den Sommermonaten nicht untergeht („midnightsun“), dafür aber in den Wintermonaten kaum zu sehen ist. Auch arktische Tierarten, wie Rentiere, Elche, Polarbären, Wale, Seelöwen oder der Arktische Fuchs, machen die Arktis aus. Dies ist übrigens auch ein grundlegender Unterschied zur Antarktis, in welcher keine reinen Landtierarten, sondern mehrere Pinguin-Arten, Albatrosse und Seeleoparden, sowie einige weitere Meeresbewohner, zu Hause sind.

Eine weitere Möglichkeit, die Arktis einzugrenzen, ist die Anthropologische oder auch Politische. Im Oktober 1996 wurde nämlich der Arktische Rat („Arctic Council“) gegründet, welcher die acht arktischen Staaten Kanada, die Vereinigten Staaten von Amerika, Dänemark, Island, Norwegen, Schweden, Finnland und Russland verbindet. Hinzu kommen sechs indigene Gruppen, darunter beispielsweise der Zusammenschluss „Saami Council, welcher Sámi- Völker Norwegens, Schwedens und Finnlands verbindet, sowie zahlreiche Beobachter, darunter auch Deutschland. Zu den Hauptaufgaben des Arktischen Rats gehören der Umweltschutz, sowie die Sicherstellung der Zusammenarbeit zwischen den Anrainerstaaten und der indigenen Bevölkerung der Arktis, was lange Zeit in dieser Form so nicht stattfand. Umso wichtiger sind Verbindungen, wie der Arktische Rat also, um gegen solche Diskriminierung vorzugehen und demnach indigenen Bevölkerungsgruppen auch eine Stimme zu geben. Jedoch hat sich die Zusammenarbeit der arktischen Staaten seit Beginn des Kriegs von Russland gegen die Ukraine nochmal erheblich verändert. Die momentane Situation macht es sehr schwer mit Russland zu kooperieren, doch was genau in Zukunft passieren wird, lässt sich aktuell noch nicht sagen und würde hier auch den Rahmen des Artikels sprengen.

Auswirkungen des Klimawandels auf die Arktis

Nun, da geklärt ist, wo genau sich die Arktis überhaupt befindet, stellt sich die Frage, wie drastisch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Arktis sind und in welcher Form sie heute schon zu beobachten sind. Die Erwärmung der Erde ist nirgends so schnell und kritisch zu sehen, wie in den arktischen Regionen. Alleine in den letzten Hundert Jahren ist die Durchschnittstemperatur um fünf Grad Celsius gestiegen.

Demzufolge schmilzt das für Eisbären und andere arktische Tiere lebensnotwendige Meereis und die Eisdecke schwindet Jahr für Jahr weiter. Dieses Eis ist für die Eisbären vor allem notwendig, da sie die Winter und Frühjahre auf dem Packeis verbringen und als Plattform zur Robbenjagd verwenden. Das schwindende Eis verkürzt diese Jagdsaison nun jedoch immer weiter, was das Überleben vor allem für Jungtiere extrem schwierig gestaltet. Studien des WWFs zu Folge, könnte das Meereis bis zum Sommer 2035 komplett geschmolzen und somit Eisbären bis zum Ende des Jahrhunderts fast vollständig ausgestorben sein. (vgl. https://www.wwf.de/themen-projekte/bedrohte-tier-und-pflanzenarten/eisbaeren)

Zudem tauen die Permafrostböden der Arktis mit steigenden Temperaturen immer weiter auf. Diese dauerhaft gefrorenen Böden bilden sich in Gebieten, in denen die Temperaturen über mehrere Jahre unter 0°Celsius liegen und kommen somit auch häufig in den borealen Waldgebieten Nordamerikas und Eurasiens, sowie in Gebieten der Antarktis vor. Die Erderwärmung lässt sich gerade in Permafrostböden sehr gut erkennen, da die Südgrenze der Permafrost Zonen seit einigen Jahren immer weiter nach Norden wandert und sich die räumliche Ausdehnung der Permafrost Gebiete immer weiter verringert. Dies hat zur Folge, dass in Gebieten in denen der Permafrost bis in die Tiefe aufgetaut ist, das gesamte Wasser versickert und somit die Anzahl und Fläche der Seen abnimmt.  Des Weiteren setzt auftauender Permafrost gespeicherten Kohlenstoff in Form von Methan und Kohlendioxid frei, welches wiederum auch die globale Erderwärmung verstärkt. Doch auch die Infrastruktur, darunter viele Verkehrswege und Bauten könnten durch das Auftauen von Permafrost ihre Grundstabilität verlieren, was also auch wirtschaftliche Folgen mit sich ziehen würde.

 

Ein weiteres, gerade hier in Lappland wichtiges Thema ist die Auswirkung des Klimawandels auf Rentiere und Rentier-Herden. Ich selbst hatte hier schon mehrere Male das Glück diesen faszinierenden Lebewesen, die hier alle übrigens trotz dessen, dass jedes Rentier jemandem gehört, frei rumlaufen dürfen, aus der Nähe begegnen zu können. In Lappland gibt es schätzungsweise zwischen 185.000 und 200.000 Rentiere – somit sogar etwas mehr als hier Menschen leben. Doch der Klimawandel macht auch den Rentieren stark zu schaffen. Normalerweise ernähren diese sich im Winter nämlich von Flechten, Moosen und Pilzen, welche sie mit Hilfe ihrer breiten Hufe unter dem Schnee hervorschaufeln können. Dank ihres wärmenden Fells können sie sich damit sogar bei bis zu minus 50 Grad Celsius beschäftigen. Doch, seit die Temperaturen in der Arktis stetig ansteigen, regnet es viel häufiger, anstatt dass es schneit. Dies führt dazu, dass sich auf dem Boden der Tundra dann undurchdringbare Eisschichten bilden, welche von den Rentieren schlechter durchdrungen werden können und die Futtersuche damit erheblich erschweren. Da sie schließlich nichts zu essen finden, weichen die Tiere dann oft in die Berge ab, wo einige Raubtiere, wie Eisbären, Wölfe und Luchse leben und zudem ein hohes Lawinenrisiko besteht.

Folglich schwindet auch der Lebensunterhalt einiger indigenen Völker immer weiter. Denn gerade die Sámi-Völker hier im finnischen Lappland, leben noch heute traditionell von der Rentierzucht, wenn auch mit inzwischen einigen moderneren Techniken, wie Schneemobilen und GPS-Geräten. Sie verkaufen und verwerten so gut wie alles vom Rentier oder setzen diese gezielt im Tourismussektor ein und sind demnach auf die Rentierzucht angewiesen.

Rentiere, die ich hier in Rovaniemi gesehen habe.

Die finnischen Rentiere sind meist überhaupt nicht scheu und lassen sich auch von Autos nicht beirren, was häufig zu Stau auf den Straßen führt.

Es lässt sich also feststellen, dass der Klimawandel schon jetzt dramatische Auswirkungen auf die Arktis hat – und die zukünftig kommenden Folgen lassen sich dabei noch nicht mal genau bestimmen. Deshalb ist es umso wichtiger, die Arktis zu schützen und auch in Zukunft dafür zu sorgen, dass die Temperaturen nicht noch weiter ansteigen. Denn nicht nur Lebensgrundlagen von Menschen und Tieren hängen von der Erhaltung der Arktis ab, sondern auch unser gesamtes Ökosystem. Die weißen Oberflächen aus Eis und Schnee reflektieren nämlich Sonnenlicht und umso weniger es von diesen gibt, desto wärmer wird im Umkehrschluss auch die gesamte Erde. Die Erhaltung der Arktis ist also ein wichtiges Thema, welches uns alle betrifft und uns alle beschäftigen sollte. Der WWF und Greenpeace haben beispielsweise mehrere Spendenaktionen zum Schutz der Arktis ins Leben gerufen, doch auch hier, wie bei grundsätzlich allen Umwelt-Themen kann vermutlich nur eine strikte Politik-Reform zum Erfolg führen.

Ich verlinke hier anbei trotzdem einmal ein paar Websites, zur weiteren Information zu diesem Thema:

https://www.greenpeace.de/klimaschutz/klimakrise/ende-ewigen-eis?BannerID=0818005015001047&utm_source=google&utm_medium=cpc&gclid=CjwKCAjw38SoBhB6EiwA8EQVLnAmmF0as0YPC2htWjzGjg2ix0Zh46pgOGU1Crh2bufm5xhYI1GESRoCQ-cQAvD_BwE

https://www.wwf.de/themen-projekte/wwf-erfolge/arktis-und-antarktis-hilfe-fuer-polargebiete

https://www.duh.de/projekte/arktis-schutz/

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