Wusstest du, dass es mitten in Deutschland eine dänische Minderheit gibt? Sie feiern dänische Feiertage, lesen dänische Zeitungen und die Kinder besuchen dänische Schulen. Die dänische Minderheit in Südschleswig ist ein interessanter Teil der deutschen Kulturlandschaft und trotzdem kennen Sie nicht alle. Als jemand der selbst aus Schleswig-Holstein und somit auch teilweise damit in Kontakt gekommen ist, war dies für mich eine selbstverständliche Information. Als ich mich zum ersten Mal mit Freunden aus südlicheren Bundesländern darüber unterhalten hatte war ich daher überrascht, dass Sie davon vorher noch nie so richtig gehört hatten. Dabei sind die Dänen ein gutes Beispiel von einem friedlichen Zusammenleben zwischen unterschiedlichen Kulturen innerhalb eines Landes, welches schon seit Jahrzehnten anhält.
Mittlerweile hat sich das Verhältnis zwischen den dänischen Minderheit und der deutschen Mehrheit zu einem friedlichen miteinander gewandelt, dies war jedoch nicht immer so. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Mitgliederzahl der dänischen Minderheit rasch von 2.800 Mitglieder auf 75.000 an. Diese Nummer ist nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschlands (BRD) jedoch wieder gesunken, sodass sich die Nummer in den 1950ern auf 50.000 Mitglieder stabilisiert hat. Dies lag daran, dass die Mitglieder nicht unbedingt ihr deutsch-Dasein aufgeben wollten, sondern ein Teil der Minderheit beidem angehörig sein wollte. Heutzutage wird die Idee einer kulturellen Identität als weniger streng angesehen, sodass viele sich zu beiden Kulturen zugehörig fühlen. Trotzdem ist die Mitgliederzahl seit den 1950ern nicht mehr sonderlich angestiegen und bei ungefähr 50.000 Mitgliedern geblieben. Genau kann man die Mitgliederzahl jedoch nicht überprüfen, da die Mitgliedschaft nicht beim Amt nachgeprüft werden darf.
Insbesondere ist die Minderheit in Südschleswig vertreten, einem Kreis an der Grenze zu Dänemark. Hier gab es zudem nach dem Ende des zweiten Weltkriegs den Wunsch der dänischen Minderheit, dass Südschleswig wieder ein Teil von Dänemark wird. Besonders durch die Seite von Schleswig-Holstein gab es hier Wiederstand. Dieser Wunsch wurde schließlich durch die Bonn-Kopenhagener Erklärungen in 1955 zwischen der BRD und Dänemark geklärt. In den Erklärungen, unterschrieben durch Konrad Adenauer und Hand Christian Svane Hansen, wurde beschlossen, dass es keine Grenzverschiebung geben wird und dass die Rechte der jeweiligen Minderheiten geschützt werden sollen. Hierbei sind sowohl die dänische Minderheit in Deutschland, aber auch die deutsche Minderheit in Dänemark gemeint. Auf der regionalen Ebene wurden diese Erklärungen kritisch angesehen, die Minderheiten zweifelten an, dass diese auch wirklich so umgesetzt werden. Am meisten befürchteten sie, dass es Probleme bei der Gleichbehandlung und der Bekenntnis zur Völkergruppe gebe würde. Jedoch waren diese Sorgen unbegründet und die Erklärungen wurden von beiden Seiten umgesetzt.
Wie bereits erwähnt hat sich über die Jahrzehnte, besonders mit dem Generationswandel, die Frage zur Identität von einem ‘Entweder-Oder’ zu einem ‘Sowohl-als-auch’ entwickelt. Jedoch gibt es immer noch Mitglieder der dänischen Minderheit, welche an dem altem Verständnis von Identität festhalten. Sie haben die Auffassung, dass die Entwicklung der Minderheit, sprich die Aufnahme der deutschen etc., zu weit geht bzw. gegangen ist. Sie sind der Meinung, dass die Minderheit durch die Aufnahme neuer Mitglieder an ihrer Identität einbüßt und fordern mehr Anforderungen zur Aufnahme neuer Mitglieder.
Mittlerweile wird die Minderheit als ein wichtiges Bindeglied zwischen Deutschland und Dänemark angesehen, insbesondere zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark gibt es ein gutes Verhältnis. Selbst Daniel Günther (CDU, Ministerpräsident Schleswig-Holstein) hat bereits öfter von einer ‘echten Freundschaft’ zwischen den beiden Ländern gesprochen und betonte, dass Dänemark einer der wichtigsten Partner Schleswig-Holsteins ist.
Insbesondere die dänische Sprache wird als ein wichtiger Teil innerhalb der Minderheit angesehen, jedoch wird diese trotzdem nicht von allen Mitgliedern beherrscht. Besonders als Folge des großen Beitritts nach dem zweiten Weltkrieg wurde dies als ein wachsendes Problem angesehen. Vereine versuchen daher dies zu bekämpfen, indem sie sagen, ’soviel dänisch wie möglich‘ und ’so wenig deutsch wie nötig‘. Schließlich ist die dänische Sprache das sichtbarste Abgrenzungsmerkmal der Minderheit in Norddeutschland. Zudem kommt ein Großteil der Minderheit schließlich auch täglich mit der dänischen Sprache in Kontakt.
Heutzutage ist die dänische Minderheitsgruppe keine homogene Gruppierung mehr, es gibt keine klare Definition des Dänischseins. Aber trotzdem erkennt der dänische Staat die dänische Minderheit im Norden Deutschlands als einen Teil der eigenen Kultur an.
Vielen Dank, zwei Anmerkungen von mir: Die zunächst genannten Zahlen beziehen sich auf die Mitgliederzahl im (Süd)Schleswigschen Verein. Die lagen in den 1920ern zeitweise bei knapp 10.000 und sind dann am Ende der NS-Zeit tatsächlich auf unter 3.000 gefallen (aus teilweise nachvollziehbaren Gründen). Die heute oft genannte Zahl von 50.000 bezieht sich aber nicht auf die Mitglieder im Südschleswigschen Verein (oder anderen Vereinen der Minderheit), sondern sind eine Schätzung über die Gesamtzahl der dänischen Südschleswiger (unabhängig davon, ob jemand in einem der Vereine, der Kirche etc. Mitglied ist). Der Südschleswigsche Verein selbst hat heute 15.-16.000 Mitglieder. Man kann also nicht Vereinszahlen mit Schätzungen über die Größe der Minderheit gleichsetzen (sonst habe es wahrscheinlich auch weniger Deutsche in Deutschland). Dazu der eine Gedanke, dass es im schleswigschen Grenzland durchaus auch früher schon überlappende Identitäten gab (jemand sprach dänisch oder friesisch, fühlte sich nationalpolitisch aber deutsch, oder andersherum, der Sprachwechsel im 19. Jahrhundert etc.). nationale Linien liefen teilweise squer durch die Dörfer oder auch Familien, man darf sich das also nicht so starr vorstellen. Die andere Anmerkung: Südschleswig ist der (heute deutsche) südliche Teil des früheren dänischen Herzogtums Schleswig, ist aber kein Kreis für sich, sondern besteht aus dem Kreis Schleswig-Flensburg, Nordfriesland, der kreisfreien Stadt Flensburg, dem Nordteil des Kreises Rendsburg-Eckernförde, den nördlichen Stadtteilen Kiels (Kiel selbst ist sonst holsteinisch) und der Insel Helgoland (eigentlich nordfriesisch/schleswigsch, aber politisch dem holsteinischen Kreis Pinneberg zugeordnet).