Der Eurovision Song Contest und die Politik
In den vergangenen Jahrzehnten kam es beim ESC zu verschieden Ereignissen, denen ein politischer Einfluss zuzuordnen ist. Im Rahmen dieses Blog-Beitrages werde ich die verschiedenen Ereignisse beschreiben und werde am Ende auf das generelle Politikverbot der EBU eingehen.
Das erste Ereignis, das ich beleuchten möchte, ist der portugiesische Beitrag „E Depios Do Adeus“ von Paulo de Cavalho aus dem Jahr 1974. Dieses Lied gilt als Startschuss für die Nelkenrevolution, bei der die damalige faschistische Regierung Portugals durch einen nahezu gewaltfreien Putsch abgelöst wurde. Für die Putschisten war das Lied eines der wesentlichen Signale, die damalige Regierung zu stürtzen. De Cavalho selbst landete beim ESC 1974 zusammen mit drei weiteren Ländern auf dem geteilten letzten Platz.
Ereignis Nummer zwei führt nach Aserbaidschan zum ESC 2012. Die schwedische Sängerin Loreen traf sich im Vorfeld des Wettbewerbs mit einigen Menschenrechtsaktivist*innen, was bei den autoritären Führungskräften in Aserbaidschan nicht sonderlich gut ankam. So wurde der schwedische Botschafter in das Außenministerium einbestellt und dazu aufgefordert, sicherzustellen, dass sich Loreen nur auf ihre Musik konzentriert, statt sich in die innerstaatlichen Angelegenheiten einzumischen. Bei der finalen Punktevergabe war es dann auch Anke Engelke, die auf dieses Thema aufsprang und betonte, das es gut ist, wenn man eine Wahl hat und frei abstimmen kann.
Im Jahr 2016 begann der nächste politische Zwist beim ESC. Auslöser dafür war der ukrainische Siegersong „1944“ von der Sängerin Jamala. In dem Lied geht es um die Deportation ihrer krimtartarischen Urgroßeltern durch das Stalin-Regime. Nicht wenige sahen darin eine politische Botschaft und forderten ein Verbot dieses Liedes. Die European Broadcasting Union (EBU) stellte fest, dass weder der Text des Liedes noch der Titel auf politische Ereignisse zurückzuführen sei. Der darauffolgende ESC, der dann in der Ukraine stattfand, war Schauplatz des nächsten politischen Konfliktes.
Die russische Sängerin Julia Samoilova durfte nicht nach Kiev reisen, da sie auf Grund einer – nach ukrainischen Recht – illegalen Einreise auf die Krim mit einer dreijährigen Einreisesperre belegt wurde. Der Vorschlag der EBU, dass Samoilova doch per e-Schalte auftreten kann wurde sowohl von Russland, als auch der Ukraine abgelehnt. Schlussendlich entschied man sich in Russland dazu, den Wettbewerb 2017 nicht auszustrahlen.
Die Politisierung des ESC kann negative Folgen für das Interesse der Zuschauer haben. Die norwegische Journalistin, Politikerin und Wissenschaftlerin Ase Kleveland sagte dazu folgendes: „Wenn die Zuschauer merken, dass der Wettbewerb zu politisch oder missbraucht wird, werden sie nicht mehr einschalten. So reguliert sich der politische Einfluss von selbst.“ Nichtsdestotrotz sollten die EBU sowie die jeweiligen Rundfunkanstalten der einzelnen Länder alles daran setzen, die Regeln, die 1957 festgeschrieben wurden, durchzusetzen.
Ich persönlich finde das grundsätzliche Politikverbot sinnvoll, da es die Grundidee, die verschiedensten Kulturen Europas an einem Abend im Jahr zusammenzuführen und mit allen ein unpolitisches Musikfest zu feiern, schützt.
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