Emotionale Videoinhalte mit dramatischer Tierrettung und einem Happy End werden millionenfach geklickt und geteilt. Doch was steckt wirklich hinter diesen Videos? Dieser Beitrag beleuchtet, warum diese Rettungen nicht immer das sind, was sie vorgeben zu sein.

Das Problem der Fake Rescues

Wenn wir im Internet Videos von Tieren in Leid sehen, sind diese nicht immer echt. Teilweise stecken dahinter inszenierte Tierrettungen, bei denen die Tiere absichtlich in Gefahr oder Leid gebracht werden, um sie dann “heldenhaft zu retten”. Das ganze nennt man “Fake Rescues” Diese Videos erzielen dann auf Social Media eine hohe Reichweite. Nicht selten stecken dahinter Spendenaufrufe mit Einnahmen in Millionenhöhe. Die hohe Interaktionsrate der Zuschauer*innen, die oft emotional auf diese Videos reagieren, befeuert die Verbreitung durch Algorithmen. Folgen der “Fake-Rescues” sind unter anderem Missbrauch, Trauma, Verletzungen oder schlimmstenfalls der Tod der Tiere, nur um den Profit zu steigern. Ein weiteres großes Problem, das durch die “Fake Rescues” entsteht, ist, dass das Vertrauen in die gesamte Tierschutzarbeit sinkt, was seriösen Organisationen wichtige Spendengelder entzieht. Das Filmen der Notsituation wird oft über die tatsächliche Rettung gestellt.

Die organisierten Netzwerke hinter den inszenierten Rettungen 

Ein geographischer Hotspot von “Fake Rescues” ist zum Beispiel Uganda. In dieser Region operiert ein professionalisiertes Netzwerk von schätzungsweise 200 Betrüger*innen. Hunde werden von der Straße aufgesammelt und in überfüllten, unsauberen Zwingern gehalten. Diese Shelter werden gegen eine Gebühr an andere Betrüger*innen vermietet, die dort Videos drehen und Spenden sammeln. Es kommen grausame Methoden zum Einsatz: Die Tiere werden absichtlich verletzt, verstümmelt, verbrannt oder mit Säure überschüttet, um extreme Mitleidsszenen zu generieren. Beispiele dafür sind Hunde, die mit immer denselben gebrochenen Hinterläufen, für die Rollstühle oder teure Behandlungen gefordert werden.

„Viele junge Männer brechen früh die Schule ab und nutzen diese Shelter, um schnelles Geld zu verdienen. Er fordert stärkere Tierschutz-Gesetze und gleichzeitig eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit: ‚Die jungen Männer müssen lernen, wie echter Tierschutz geht. Das, was sie tun, ist nicht nur illegal, sondern auch unmoralisch.‘ […] Mit besserer Bildung in Sachen Tierschutz schon ab der ersten Klasse kann das Problem gelöst werden.”

Ein weiterer Hotspot ist Ägypten. Hier inszenieren die Betreiber*innen Rettungen von vernachlässigten Arbeitstieren oder exotischen Tieren. Dabei besteht der Verdacht, dass Menschen diesen Tieren absichtlich Verletzungen hinzufügen, damit der “Retter” sie kaufen kann.

Geldmacherei durch Leid

Mehr als 20% der Inhalte der “Fake Rescues” enthalten einen direkten Spendenaufruf. Die Spenden laufen dann oft über PayPal, Kryptowährungsdienste oder private Konten und werden nicht über offizielle Tierschutzkonten abgewickelt. Kampagnen über Plattformen wie GoFundMe oder Betterplace werden oft von Dritten erstellt, die die Gelder dann an die Ersteller*innen weiterleiten. Nachweise zeigen dabei, dass Spenden, die eigentlich für die Tierpflege gedacht waren, für technisches Equipment verwendet wurden.

Die Fake-Rescue-Videos lassen sich in drei Hauptkategorien unterteilen. Der Großteil der Szenen handelt von Tieren in akuten Gefahrensituationen. Zu sehen sind unterernährte, krank oder leblos aussehende Tiere an Orten wie zum Beispiel Müllkippen oder Bahngleisen. Weiterhin sind es oft auch absichtlich in Behältnissen, Fallen oder an Objekten fixierte oder mit verschnürten Gliedmaßen gezeigte Tiere. Ein weiterer schrecklicher Punkt ist das Filmen von Tieren, während diese ertrinken oder vergraben sind.

Die zweite Kategorie sind die unrealistischen Szenarien. Dabei handelt es sich um angeblich zufällige Entdeckungen von Tieren in extremer Not. Dabei filmt oft dieselbe Person mehrmals, was es sehr unwahrscheinlich erscheinen lässt. Außerdem werden Kampfszenen von Tieren gezeigt, die sich eigentlich in freier Wildbahn nicht begegnen würden. Oder aber die Videos sind aus mehreren Kamerawinkeln gefilmt und perfekt geschnitten. Dies wäre bei einer echten Spontanrettung wohl kaum möglich.

Die letzte Kategorie sind die tiermedizinischen Behandlungen. Dabei werden unprofessionelle Behandlung gezeigt, die weder fachgerecht noch notwendig sind oder es werden zum Beispiel Tiere wiederbelebt, obwohl sie noch atmen. Die “Retter” tragen dabei oft Alltagskleidung, das Gesicht wird nicht gezeigt und die Klinken wirken unsauber oder nicht zweckmäßig.

Leitfaden zur Unterscheidung

Der sogenannte “A-R-E Check” ist ein wichtiger Leitfaden zur Unterscheidung und zum Schutz vor Betrug. A steht dabei für die Authentizität des Profils. Dabei ist wichtig, ob ein Impressum vorhanden ist und ob die Gemeinnützigkeit oder der Zweck der Organisation klar ersichtlich ist. Falls nicht, ist das ein Warnsignal. Zeigt der Kanal überwiegend sich wiederholende, verdächtige Gefahrensituationen oder werden dieselben Tiere in mehreren Videos gezeigt, ist das auch ein Warnsignal. Weiterhin sollte darauf geachtet werden, ob weiterführende Informationen über den Verbleib, die Genesung oder die Vermittlung der geretteten Tiere bereitgestellt werden und ob die Organisation Mitglied in Transparenz-Initiativen ist und einen Jahresbericht veröffentlicht.

Das R steht für Realitätscheck. Dabei geht es um diese Fragen: Ist es realistisch, dass dieselbe Person mehrmals zufällige auf extreme Notsituationen stößt? Wird die Rettung des Tieres absichtlich verzögert, um die dramatische Situation filmen zu können? Ist die rettende Person professionell ausgestattet, oder handelt es sich um eine Person in Alltagskleidung?

Zuletzt steht das E für Erstellung. Dabei sollte geprüft werden, ob das Video “zu perfekt” wirkt und mit mehreren Schnitten und Kamerawinkeln gefilmt wurde. Weiterhin sollten wir uns fragen, ob das Filmen über der schnellen, aktiven Hilfe für das Tier steht. Das könnten Hinweise für eine Inszenierung sein.

„Ein professionelles Video, das eine gesamte Rettung in perfekter Szene und Qualität zeigt – vom Finden des Tieres, der Rettung bis zur Pflege – ist fast unmöglich. Tierschutzorganisationen sollte immer die Rettung des Tieres dem perfekten Kamera-Setting vorziehen. Daher ist es ein starkes Indiz für Fake-Rescues, wenn das Video zu professionell und ‚perfekt‘ erscheint.“

Wir müssen handeln!

Um das Leid der Tiere zu stoppen, müssen wir die Gefahr der Fake Rescues unserem Umfeld bewusst machen. Wir müssen verdächtige Inhalte sofort auf den sozialen Netzwerken melden. Außerdem sollten wir ausschließlich an seriöse und transparente Organisationen spenden. Wichtig ist auch, Petitionen zu unterzeichnen und an die Social-Media-Plattformen zu appellieren.