Das Ende des Zweiten Weltkrieges markierte auch einen Neubeginn für den polnischen Staat, wie auch Ungarn und die Tschechoslowakei wurde Polen zu einem Satellitenstaat der Sowjetunion. Anders als in anderen kommunistischen Ländern, verhinderte eine starke Präsenz der katholischen Kirche einen Teil der Repressionen durch die kommunistische Regierung und den Einfluss der Sowjetunion. (1)

Der Aufstand in Posen

Während in der polnischen Stadt Posen (pol. Poznań) im Juni 1956 eine internationale Messe eröffnet wurde, legten viele Arbeiter*innen in der Stadt ihre Arbeit nieder. Die öffentliche Versorgung durch die städtische Infrastruktur kam somit größtenteils zum Erliegen. Aus den zunächst friedlichen Protesten der Arbeiter*innen entwickelte sich ein Aufstand gegen das kommunistische Regime. Die Demonstrierenden stürmten Regierungsgebäude, zerstörten Dokumente und befreiten Inhaftierte des örtlichen Gefängnisses. Die Proteste wurden gewaltsam, auch durch den Einsatz von Panzern und Flugzeuge, niedergeschlagen. Trotz des Versuchs der polnischen Regierung, die Revolten als Folge ausländischer Einmischung zu diskreditieren, waren die Aufstände die Folge der schlechten Lebensbedingungen und wurden vorwiegend von jungen Menschen aus der Arbeiterschicht und Studierenden getragen. (2)

Der polnische Oktober 1956

Auf die Aufstände in der polnischen Industriestadt Posen folgten im Herbst 1956 Proteste in der polnischen Hauptstadt Warschau. Die Demonstrant*innen in Warschau solidarisierten sich unter anderem mit den Protestierenden in Budapest, Ungarn. (3)

Im Oktober stoppte der polnische Generalsekretär Władisław Gomułka die Zwangskollektivierung der polnischen Landwirtschaft und erließ eine Amnestie für polnische Häftlinge. Die politischen Entwicklungen in Polen wurden in anderen Satellitenstädten der Sowjetunion, unter anderem in Polens Nachbarland, der DDR, kritisch gesehen und vom Regime soweit wie möglich vor der Bevölkerung verborgen. Der Begriff „polnischer Oktober“ wurde von der DDR-Führung geprägt. (4)

Besondere Lage in Polen

Polen unterschied sich in einem zentralen Punkt von anderen Satellitenstaaten der UdSSR: Der Katholizismus und die Kirche hatten bereits vor der Machtübernahme des kommunistischen Regimes, aber gerade während der kommunistischen Diktatur eine zentrale Bedeutung.

 

Während die katholische Kirche in Staaten wie Ungarn oder Tschechien bereits vor der kommunistischen Zeit weitgehend von der Bevölkerung abgelehnt wurde, war die Kirche in Polen tief verankert. Der hohe Stellenwert der katholischen Kirche sowie weitere Faktoren wie die Ablehnung von Russland und die generelle Ablehnung von Obrigkeit in der polnischen Bevölkerung erschwerten es den polnischen Kommunist*innen von Anfang an ihre Stellung zu halten. Durch die fehlende Anerkennung der Legitimität des Kommunismus in Polen, war die Hürde für Auflehnungen gegen das Regime deutlich geringer, als in anderen Satellitenstaaten. (5)