Ein Griff in das Kosmetikregal oder eine Abholung von Medikamenten in der Apotheke. Vielen Menschen ist dabei nicht bewusst, dass großes Tierleid mit diesem Konsum einhergeht. In Deutschland sind Tierversuche sogar gesetzlich vorgeschrieben, wenn Unternehmen Medikamente oder Chemikalien auf den Markt bringen möchten. Daraus resultiert, dass jährlich Millionen Tiere in deutschen Laboren sterben.


Tierversuche in Deutschland

„Im deutschen Tierschutzgesetz sind Tierversuche definiert als „Eingriffe oder Behandlungen an Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden und Schäden verbunden sein können.“

Erlaubt sind Tierversuche zum Beispiel für die Grundlagenforschung, Forschungen zu Krankheiten, Sicherheitsprüfungen von Arzneimitteln oder bei der Prüfung der Wirksamkeit von Stoffen gegen tierische Schädlinge. Immer mehr europäische Menschen lehnen Tierversuche ab. Politiker*innen und Behörden sehen Tierversuche jedoch oft noch als notwendig für den wissenschaftlichen Fortschritt an.

2021 starben in Deutschland 2,5 Millionen Tiere im direkten Zusammenhang mit Tierversuchen. Dazu kommen aber auch noch über 2,5 Millionen „Überschusstiere“. Das sind Tiere, die gezüchtet und getötet wurden, ohne jemals für Versuche eingesetzt zu werden. Die Zahl der Tierversuche in Deutschland ist rückläufig. In 2023 wurden 3,5 Millionen Tiere in deutschen Laboren gequält und getötet. Auch wenn die Zahlen sinken, ist die Anzahl immer noch gewaltig hoch. Die ca. 3,5 Millionen Tiere setzen sich zusammen aus ca. 2,1 Millionen Tieren, die für Tierversuche missbraucht wurden (Davon ca. 1,4 Millionen in Versuchen verwendete Tiere und 0,7 Millionen Tiere, die für Organ- und Gewebespenden getötet wurden) und ungefähr 1,4 Millionen Überschusstieren. Den größten Teil der Tiere machen Mäuse aus, mit etwa 1,6 Millionen Tieren. Danach folgen Fische, Ratten, Kaninchen, Vögel, Schweine und Meerschweinchen. Anschließend folgen Hunde, Hamster, Schafe, Primaten, Katzen, Esel und Pferde.

Tierversuche dürfen in Deutschland durchgeführt werden, wenn es keine Alternative für sie gibt. Jedoch ist es leider oft Auslegungssache, ob eine Methode ohne Tierversuche ein geeigneter Ersatz wäre oder nicht. Die meisten Tierversuche finden an Universitäten und Forschungseinrichtungen statt. Für Pharmafirmen, die neue Arzneimittel auf den Markt bringen wollen, sind Tierversuche gesetzlich vorgeschrieben.

Es kommt immer wieder zu erheblichen Verstößen in deutschen Versuchslaboren. Jeder Tierversuch muss genehmigt werden, auch wenn es eine Änderung an den Versuchen gibt. Dennoch gibt es zahlreiche illegale Tierversuche. Der Grund dafür:  “ [..] die Behörden können laut den gesetzlichen Regelungen in Deutschland gar nicht unabhängig prüfen, ob die Aussagen der Antragsteller*innen stimmen. Darum werden immer wieder Versuche genehmigt, die fragwürdig sind, wie Versuche zu Drogen- oder Alkoholsucht oder Tierversuche, deren Versuchsreihen schon sehr lange dauern und auch in nächster Zeit keinen „Erfolg“ versprechen. Dabei gibt es bereits zahlreiche moderne, tierversuchsfreie Methoden.“

In einer bundesweiten Abfrage bei den zuständigen Behörden der Bundesländer  wurden Daten zu Kontrollen, Verstößen und Strafen im Zusammenhang mit Tierversuchen gesammelt. Trotz der Tatsache, dass Kontrollen der zuständigen Behörden meistens angekündigt erfolgen, wurden zahlreiche Verstöße erfasst. Häufig wurden zu viele Tiere auf zu engem Raum gehalten oder die Tiere haben nicht ausreichend Medikamente gegen ihre Schmerzen erhalten. 2021 haben in neun von den 16 Bundesländern so nicht genehmigte Tierversuche stattgefunden. In Niedersachsen wurden bei Kontrollen zwischen Mai 2022 und Juli 2023 24 Fälle festgestellt, bei denen Experimente ohne Genehmigung oder mit Abweichungen vom genehmigten Verfahren stattgefunden haben. Die betroffenen Tierarten waren Mäuse, Ratten, Affen und Kaninchen. So wurden zum Beispiel mehr Tiere als genehmigt für die Versuche benutzt oder getötet. Leider sind die Strafen bei Verstößen sehr gering. So gibt es ein Bußgeld von 1.500 € bei Abweichungen vom genehmigten Verfahren. Bei nicht genehmigtem Töten von Tieren gibt es 750€ Strafe und wer mehr Tiere hält als genehmigt, kommt mit einer Verwarnung durch.

Tierversuche in Europa

Deutschland und Frankreich bilden die Spitze mit den meisten Tierversuchen in Europa. In den Pandemie-Jahren gab es einen starken Rückgang. Jetzt sind die Zahlen jedoch wieder auf Vor-Corona-Niveau. In den 27 EU-Staaten + Norwegen sind 2022 rund 7,9 Millionen Tiere in Tierversuchen verwendet worden. Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass diese Zahlen nicht die Überschusstiere oder die Tiere, die zu wissenschaftlichen Zwecken getötet wurden, beinhalten. Daher gehen einige Organisationen davon aus, dass es sich wahrscheinlich um doppelt so viele Tiere handelt. Die Zahl ist hier auch rückläufig. 2015 waren es 11,4 Millionen Tiere. Wenn man das Vereinigte Königreich wieder mit einberechnet, sind es dann im Jahr 2022 9,9 Millionen Tiere.

Seit 2010 verfügt die Europäische Union über Richtlinien, die Tierversuche länderübergreifend regeln sollen. Das Ziel dieser Richtlinien ist es, dass Tierversuche nur noch auf höchstem Standard durchgeführt werden. “Die Richtlinie 2010/63 ist 2010 in Kraft getreten. Artikel 4 der Richtlinie hält beispielsweise den Grundsatz der Vermeidung, Verminderung und Verbesserung (3R) von Tierversuchen fest: Wo immer dies möglich ist, soll anstelle eines Tierversuchs eine wissenschaftlich zufriedenstellende Methode oder Versuchsstrategie angewendet werden, bei der keine lebenden Tiere verwendet werden. In Artikel 13 wird die Wahl der Methode festgelegt. Weitere wichtige Errungenschaften der Richtlinie sind die Einführung einer Obergrenze für Schmerzen und Leiden und eine generelle Genehmigungspflicht für alle Tierversuche.“

Die Umsetzung gestaltet sich jedoch schwierig und viele EU-Bürger*innen und Tierschutzorganisationen sind unzufrieden. Die Richtlinie erlaubt den Ländern eine gewisse Flexibilität, jedoch können die Länder keine höheren Standards umsetzen, da es dafür die Zustimmung aller Mitgliedsländer braucht. 2021 forderte das EU-Parlament in einer Resolution einen EU-weiten Aktionsplan, mit dem Ziel, aus Tierversuchen auszusteigen. Es sollen Finanzmittel bereitgestellt werden, um dadurch eine schnelle Entwicklung und Einführung von alternativen Testmethoden zu ermöglichen. Diese Resolution wurde mit 667 zu 4 Stimmen angenommen. Leider ist dieser Entscheid nicht bindend. Daher versuchen nun viele Organisationen und EU-Bürger*innen die Kommission zum Handeln aufzufordern. So hat eine europäische Bürgerinitiative 1,4 Millionen Stimmen von EU-Bürger*innen gegen Tierversuche gesammelt. Momentan werden die Unterschriften überprüft.

Brauchen wir Tierversuche?

Es wurde mittlerweile mehrfach bewiesen, dass Tierversuche unzuverlässig sind. Die Verwendung von Tieren wird in vielen Forschungsbereichen keine großen Erfolge für den Menschen erzielen. So fallen 95% der Medikamente, die bei Tieren als erfolgreich und sicher erwiesen wurden, beim Menschen durch. Es wurden zum Beispiel über 1000 Wirkstoffe zur Schlaganfallbehandlung in Tierversuchen erfolgreich getestet. Beim Menschen hingegen war kein einziger Wirkstoff erfolgreich. Tierversuche sind außerdem kaum reproduzierbar. Bei über der Hälfte der Tiere ergab die Wiederholung des Versuches ein anderes Ergebnis als bei der ersten Durchführung. Dennoch werden jedes Jahr Milliarden Euro in Tierversuche investiert. Tierversuche werden heutzutage nicht mehr durchgeführt, weil sie besser sind (viele der Methoden stammen aus den 1940er Jahren), sondern weil sie eine lange Tradition mit sich bringen. 

Auch die Wissenschaft wird immer lauter und fordert zuverlässigere Methoden. So gibt es zum Beispiel eine Gruppe internationaler Unternehmen, die Human-on-a-chip-Technologien entwickeln. Letztes Jahr hatte diese Gruppe einen Brief an Abgeordnete des amerikanischen Kongresses gerichtet. Dieser besagt, dass die Autoren aufgrund der Unzuverlässigkeit von Tierversuchen für den Einsatz von mikrophysiologischen Systemen, Organchips und Sphäroiden und Oraganiden plädieren. Diese besitzen eine bessere Genauigkeit und liefern eine bessere Vorhersage der Toxizität im Menschen.

Tierversuchen ein Ende setzen

Zahlreiche Studien belegen die Wirksamkeit von tierfreien Verfahren. Die Wissenschaft und die Politik müssen stärker agieren. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat es als langfristiges Ziel, Tierversuche komplett zu ersetzen. Ziele allein reichen aber nicht aus. Es müssen Taten folgen. Es muss eine verbindliche Ausstiegsstrategie geben, um einen starken Rückgang von Tierversuchen zu garantieren. Die Bundesregierung hatte sich dazu verpflichtet, eine Strategie zur Reduktion von Tierversuchen und der Entwicklung von tierversuchsfreien Methoden aufzuzeigen. Diese sollte eigentlich Anfang dieses Jahres präsentiert werden.

Tiere sind fühlende Lebewesen, die auch ein schmerzfreies Leben verdienen. Der Missbrauch von Tieren ist unmoralisch und spezifistisch. Tierversuche müssen komplett abgeschafft werden. Das Mindeste wäre es jedoch, mehr unaufgeforderte Kontrollen in Laboren und sehr hohe Bußgelder bei Verstößen gegen die Auflagen durchzusetzen.

Hier ein paar Wege, um zu unterstützen:

PETA

AUSSTIEG AUS TIERVERSUCHEN JETZT! Unterstützen Sie den Research Modernisation Deal für Deutschland! Helfen Sie uns, die grausamen und unnötigen Tierversuche zu beenden.

Hier geht es zur Petition 

Animalfree Research 

Unterstützen Sie unsere Arbeit für den Ersatz von Tierversuchen.

Hier spenden