„Die Polizei, unser Freund und Helfer.“ Ein Spruch, den jeder Deutsche kennt. Doch wie viel Wahrheit steckt in diesem Satz und für wen gilt er? Oder besser gefragt:Für wen gilt er nicht?
Und wie steht es in anderen europäischen Staaten um den Polizeiapparat?
Eigentlich herrschte in mir immer das Gefühl, dass auf die deutsche Polizei Verlass ist. Denn ganz im Gegenteil zu Staaten wie Mexiko, in denen die Polizei selbst seit Jahrzehnten am illegalen und brutalen Drogenmarkt mitmischt und -verdient, war Korruption, die von der Exekutive unserer Bundesrepublik ausgeht, in solch einem Ausmaß für mich undenkbar. Doch entweder war mein Blick zu oberflächlich, oder ich habe einfach in die falsche Richtung geschaut. Zwar ist Korruption hierzulande nicht gerade das größte Problem, doch dafür gibt es andere.
Am 25.05.2021 verstirbt der Afroamerikaner George Floyd in Minnisota, USA an Atemnot. Warum? Der us-amerikanische Polizist Derek Chauvin hatte sein Knie und damit sein Körpergewicht ganze neuneinhalb Minuten Floyd auf den Hals gepresst. Trotz mehrfacher Aussagen Floyds, dass er so nicht atmen könne, hatte er nicht aufgehört, bis G. Floyd daran verstarb. Folge: Das Rassismusproblem der US-amerikanischen Polizei bekommt (trotz der laufenden Corona-Krise) globale, mediale Aufmerksamkeit und pushed weltweit die „Blacklifesmatter“-Bewegung und Proteste gegen Polizeigewalt.
So fangen auch die deutschen Bürger an, sich Gedanken über die eigene Polizei zu machen: Hat die deutsche Polizei ein Rassismusproblem?
Entäuschenderweise sieht die Öffentlichkeit ihre Frage als bestätigt:
Von rassistischen Witzen, Begrifflichkeiten und Stickern in internen Polizei-Chatgruppen, von „racial profiling“ ,bis zu SEK-Einheiten, die den politischen Umsturz planen, ist alles dabei.
Großartig. Apropos rassistische Exekutive: Der Spruch „die Polizei, unser Freund und Helfer“ wird oft mit Heinrich Himmler in Verbindung gebracht. Der ab 1936 Reichsführer der SS und Chef der deutschen Polizei schrieb im Geleitwort des Buches „Die Polizei- einmal anders“(1937) von Helmut Koschorke folgendes: „Unser größtes Ziel ist es, vom Verbrecher eben so sehr gescheut, wie vom deutschen Volksgenossen als vertrauensvoller Freund und Helfer wahrgenommen zu werden.“
Dazu muss man aber sagen, dass dieser Spruch offiziell unserer Exekutive nicht mehr als Leitbild gilt, und es sind auch nicht alle deutschen Polizisten Rassisten. Doch ein Problem mit Diskriminierung besteht trotzdem; das lässt sich nicht bestreiten.
Aber wie steht es um die policía anderer europäischer Staaten?
In Spanien werden nicht spanisch aussehende Menschen nahezu täglich auf ihre Papiere kontrolliert. Und selbst wenn sie jene dabei haben, sind sie wütenden Beschimpfungen ausgesetzt, schreibt Amnesty International 2020. Beamte nutzen ihre Machtposition aus und versuchen so, illegale Einwanderer ausfindig zu machen, was ihre Methode aber nicht legaler und weniger diskriminierend macht.
In Frankreich kommt November 2020 ein Video zutage, in dem Uniformierte den schwarzen Musikproduzenten Michel Zecler rassistisch beleidigen und schlagen, weil er keine Maske trägt.
Und das in derselben Woche, in der bereits ein auf dem „Platz der Republik“ von Flüchtlingen errichtetes Camp unter Gewaltanwendung aufgelöst wurde.
Auch im Osten und Südosten Europas läuft es alles andere als optimal: „Push Backs“ in Kroatien 2021. Dort haben Reporter auf Video festgehalten, wie maskierte Männer mit Schlagstöcken Asylsuchende zurück über die bosnisch-kroatische Grenze treiben. Laut polizeiinternen, anonymen Quellen soll es sich hier um Polizisten handeln, die die Anweisungen von ganz oben ausgeführt haben, die Flüchtlinge mit Schlägen wieder aus Kroatien und damit aus der EU zu prügeln.
Richtig gelesen! Alles bisher genannte passierte in unserer „ach so sicheren“ Europäischen Union, wo für jeden die Menschenrechte gelten, die unsere Polizisten eigentlich bewahren und schützen sollten!
In einem Nachbarstaat der EU sieht es 2020 noch weniger rosig aus: In Belarus wird die Polizei unter dem eisernen Griff Lukashenkos zu seiner brutalen Machterhaltungsmaschinerie. Demonstranten, die Neuwahlen fordern und sich nach einem demokratischen Belarus sehnen werden niedergeprügelt, mit Tränengas und Gummigeschossen attackiert und inhaftiert.
Was lässt sich abschließend zu diesen ernüchternden Beispielen von Polizeigewalt in Europa sagen? Wir arbeiten dran. FAST hätte es eine Studie zu Rassismus in der Polizei gegeben- doch der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer sprach sich dagegen aus, weil von Beamten ausgehendes Racial Profiling verboten sei, und dann müsse man ja auch keine Studie machen.
Statt der „Rassismus in der Polizei“-Studie wurde eine andere Studie in Auftrag gegeben; MEGAVO: Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten.
In Jener müssen die teilnehmenden Polizisten ihre Motivationen, warum sie zur Polizei wollten, angeben, was vielleicht auch helfen könnte, Rassismus innerhalb des Systems zu erfassen.
Das Europäische Parlament debattierte letztes Jahr über den Rassismus, die Diskriminierung und die Polizeigewalt, denen Minderheiten ausgesetzt sind, und legte eine sogar Schweigeminute für George Floyd ein. Letztendlich sprach sich das Parlament energisch gegen jene drei Verbrechen aus. Immerhin ein Zeichen… Ob es etwas ändern wird, bleibt abzuwarten, ist meiner Meinung nach aber unwahrscheinlich.
Was bleibt, ist die Hoffnung. Die Hoffnung, dass eines Tages alle Menschen sich im Jan Böhmermann-Stil mit der Polizei als ihrem Rücken (so bezeichnet man in der Rapszene, wenn man Leute hinter sich hat, die einen in einer Notsituation verteidigen) profilieren können, der Polizei vertrauen und sich von ihr in ihren Rechten geschützt fühlen.