Klima Special – Aktivismus
von Amelie Halstenberg
Die Klimakrise ist nicht nur Theorie – sie ist da! Heute ist Klimastreik und deswegen geht es heute auch um die Praxis. Letztes Semester hat eine neue Gruppe Studierender Klimagerechtigkeitsaktivismus in den Hörsaal gebracht – das Krümelmonster hat die Keksdose besetzt!
Es ist Dienstag Morgen, der 2. Mai. Eigentlich sollte es ein ganz normaler Uni-Tag werden, hätte sich nicht eine Gruppe von Studierenden, die sich das Krümelmonster nennen, nach monatelanger Planung dazu entschlossen, die Keksdose neu einzurichten. Während die meisten Studis um diese Uhrzeit wahrscheinlich noch schliefen, wurden schon ab 6 Uhr morgens Sessel und Sofas sowie ein Kühlschrank und riesige Kochtöpfe in das Hörsaalgebäude geschleppt und Banner im ganzen Gebäude aufgehangen. Im Rahmen des Aufrufs „End Fossil: Occupy!“ kam es Anfang Mai in ganz Europa zu einer Besetzungswelle vieler (Hoch-)Schulen.
Das Krümelmonster versteht sich als autonome Gruppe dieser Bewegung mit eigenständigen Forderungen, darunter auch die Forderung nach Klimagerechtigkeit für eine klimafreundliche und sozial-gerechte Zukunft.
Als um viertel nach acht die ersten Vorlesungen beginnen sollten, verhinderte das Krümelmonster dies, indem sie die Musik laut aufdrehten. Von da an war klar: hier wird es in den nächsten Tagen keine Vorlesungen im klassischen Sinne mehr geben. Stattdessen organisierte die Gruppe ein alternatives Programm.
Beispielsweise fand ein Vortrag von dem Soziologen Prof. Dr. Klaus Dörre über seine Vorstellungen einer Nachhaltigkeits-Revolution, die mit der Überwindung des Kapitalismus einherginge, statt. Dörre lehrt und forscht seit 2005 an der Universität Jena zu Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie. Wie weit Bremen in der Klimaneutralität ist, erfuhren Interessierte in dem Vortrag von dem promovierten Physiker Bernhard Stoevesandt, der von Mai 2020 bis Dezember 2021 externer Sachverständiger in der Enquete Kommission Klimaschutzstrategie der 20. Wahlperiode der Bremischen Bürgerschaft war. Außerdem engagiert ersich bei Scientists For Future. Menschen, die mehr Einblicke in den Klimaaktivismus gewinnen wollten, konnten bei dem Aktionstraining von dem Aktionsbündnis Ende Gelände dabei sein. Im Interview mit dem Krümelmonster wurde es als Erfolg verbucht, dass diese Veranstaltungen stattfinden konnten. Damit sei schon viel erreicht worden, sodass sich die viele Arbeit gelohnt habe, so eine Sprecherin der Gruppe.
In ihren Reden, die auf dem Boulevard stattfanden, hörte man immer wieder den Satz, dass der fossile Kapitalismus überwunden werden müsse. Nur so könne Klimagerechtigkeit erreicht werden. Einen klimaneutralen Kapitalismus, der oft in grünen Kreisen propagiert wird, könne es laut dem Krümelmonster nicht geben. Obwohl große Wörter wie Kapitalismus und Klimagerechtigkeit fielen, sagte die Sprecherin: „Wir arbeiten nicht mit utopischer Hoffnung, sondern mit der konkreten Möglichkeit selbst aktiv zu werden“. Es sei nicht die Angst vor dem Klimawandel, die die Gruppe verbindet, sondern vielmehr die Wut auf das System. Man könne nur etwas verändern, wenn Menschen zusammenkommen. Dieses Gefühl der Solidarität und des Zusammenhalts möchte die Gruppe auch weiterhin aufrecht erhalten. „Niemand soll sich mit diesen Problemen alleine fühlen“.
Auch wenn dem Krümelmonster bewusst war, dass viele seiner Forderungen nicht erfüllt werden würden, sei es vor allem um die Sichtbarkeit der Probleme, die wir haben, gegangen und wie diese gelöst werden müssten. Unter anderem sei es auch das Ziel der Besetzung gewesen, den „schnelllebigen, leistungsorientierten Uni-Alltag stillzulegen“ und „alle Menschen zum innehalten zu veranlassen“. Somit sehe die Gruppe die Besetzung im Allgemeinen als durchaus erfolgreich an.
Auf die Frage hin, was sie Studierenden entgegnen, die Sorge um ihr Studium haben, wenn Veranstaltungen ausfallen, sagte die Sprecherin, dass das Krümelmonster so inklusiv und einladend wie möglich sein möchte und sich explizit für mehr Rechte für Studierende einsetzt. Eine Woche hat das Krümelmonster die Uni besetzt. Dass diese Zeit nicht nur körperlich, sondern auch emotional herausfordernd war, konnte man nach der Abschlusskundgebung auf dem Boulevard in den müden aber glücklichen sowie leicht sentimentalen Gesichtern der Gruppe erkennen. Schließlich sei man als Gruppe über diese intensive Zeit auch zusammengewachsen.
Die konkreteste ihrer Forderungen – die nach einen studentischen Freiraum – wurde von der Uni bislang nicht erfüllt. Für diesen Zweck stand das Café Unikum zur Diskussion, da der Raum unten in der Glashalle lange Zeit leer war. Doch angeblich lehnte die Universität dies schließlich aufgrund von Schimmelbefall ab. Nun haben die Betreiber des Café Unikum seit Ende des Sommersemesters wieder geöffnet. Fraglich bleibt also, wie glaubwürdig die mutmaßlichen Aussagen der Uni bezüglich der Unbenutzbarkeit des Raumes sind. Trotzdem können wir gespannt bleiben, ob die Protestkultur an der Uni Bremen wieder an Aufschwung gewinnt.
Zu unserem Hauptfokus – der MINT-Forschung – findet ihr heute natürlich etwas zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen der Klimakrise. Im anderen Klima Special geht es um Kipppunkte des Klimasystems.
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