Zur Ausgangslage
Nach erfolgreichem Abschluss des Bachelor Studiums Soziologie an der Universität Bremen entschied ich mich für ein Praktikum im Ausland. Aufgrund der Tatsache, dass das von vielen Einrichtungen verlangte Pflichtpraktikum, bereits durch das Praktikum im fünften Semester beim Madsack Medienverlag in Hannover, für mich nicht mehr in Frage kam, nutzte ich hierfür das ERASMUS+ Programm. Die Förderung von der EU steht auch exmatrikulierten Studierenden bis zu sechs Monate nach Abschluss des Studiums zu. Die verwaltungstechnische aber auch finanzielle Unterstützung, welche je nach Länderkategorie zwischen 250-400 Euro betragen kann, ermöglicht Interessierten einer Tätigkeit im Ausland nachzugehen und bietet ausländischen oder im Ausland agierenden Organisationen die Möglichkeit eine volle Stelle von 35 Wochenstunden von sechs bis zu zwölf Wochen mit einem freiwilligen Praktikanten zu besetzen.

Das persönliche Interesse an historischen Entwicklungsprozessen, als auch dem Archäologiestandort Athen führten zu meiner recht spontanen Bewerbung am Deutschen Archäologischen Institut (im Folgenden DAI). Zudem empfand ich ein großes Bedürfnis nach drei Praktika und einiger Nebenjobs im unternehmerischen und tagesmedialen Betrieb, meine Kenntnisse im wissenschaftlichen Fachbetrieb zu erweitern- idealerweise im europäischen Ausland. Außerdem wollte ich die Zeit zwischen Bachelor- und Masterstudium nutzen mir ein Bild von einem mir bis dato fremden Fachgebiet zu machen, um als Spezialisierung des Soziologie Bachelors auch eine eventuelle kulturanthropologische Richtung in Erwägung zu ziehen, als auch das Berufsfeld des Wissenschaftlers kennenzulernen. Nach Einreichung einiger Schriftproben, inklusive meiner Bachelorarbeit, wurde mir unter dem Vorbehalt, dass eine inhaltliche Redaktion von Texten u.a. wegen meiner mangelnden Fachkundigkeit vorerst verwehrt bliebe, ein acht-wöchiges Praktikum in der Redaktion des DAI Athen angeboten.

Der gesamte Bewerbungs- und Anmeldeprozess dauerte weniger als zwei Monate und verlief außerordentlich unkompliziert, obwohl die übergeordnete Verwaltung aller weltweit tätigen DAInstitute in Berlin sitzt und ich meine ERASMUS+ Unterlagen nach Athen geschickt habe. Am Freitag, den 22. April erreichte ich Athen. Meine Unterbringung fand in der Dachgeschoss-Etage des Institutsgebäudes statt. Diese unentgeltliche Behausung in Doppelzimmern ist allen Praktikanten am DAI vorbehalten und gemessen an der ausreichenden Einrichtung der Zimmer und Lage des Institutes eine gute Möglichkeit. Jedoch ist es nicht möglich unangemeldeten Besuch zu empfangen, bzw. Gäste müssten 20 Euro für eine Nacht zahlen. Ein anderes Manko, war das nicht vorhandene WLAN, das mich vor allem im Hinblick auf anstehende Masterbewerbungen dazu bewegte, für ca. sieben Wochen eine stadtnahe 1-Zimmer Wohnung über die Plattform Airbnb.com zu mieten. Die Mietpreise in Athen sind nicht zuletzt aufgrund der ökonomischen Situation des Landes erschwinglich.

Tätigkeitsbereiche während des Praktikums
Als Praktikant in der hauseigenen Redaktion des DAI gehörten hauptsächlich redigierende Aufgaben zu meinem Tätigkeitsbereich. Jedoch nicht nur textlicher, sondern auch grafischer Natur. Zur Aufgabe der DAI Redaktion in Athen: „Die Abteilung Athen publiziert Beiträge zur Archäologie und Kulturgeschichte Griechenlands und der Verbreitungsräume in Griechenland beheimateter Kulturen von der Vorgeschichte bis in die Spätantike. Ihre Redaktion betreut die »Athenischen Mitteilungen« als jährlich erscheinende Hauszeitschrift sowie die Monographien und Sammelbände umfassende Reihe »Athenaia«“ (DAI Athen 2016). Während meiner Zeit in der Redaktion war ich zudem mit Aufgaben, die die Korrektur und inhaltliche, sowie formale Vervollständigung der Haus-Broschüre »AtheNea« betraf, vertraut. Die Redaktionsarbeit in Athen wird von dem wissenschaftlichen Referenten betreut, der gleichzeitig für mich während des Praktikums erster Ansprechpartner war.

Verglichen zu vorangegangenen redaktionellen, journalistischen Praktika unterschied sich meine Arbeit am DAI in grundlegenden Aspekten, wie einer immens formaleren akademischen Redaktion der Texte. Eine sehr dringende zeitnahe Fertigstellung der Arbeiten wurde, ausgenommen bei der »AtheNea«, welche pünktlich zum Sommerfest des Instituts fertig werden musste, nicht verlangt. Viel mehr wurden vom ersten Praktikumstag an die Grundstrukturen der Redaktionsarbeit, sowie die künftigen Aufgabenfelder thematisiert und häufig dem eigenen Zeitmanagement überlassen. Ein kurzer Überblick über Tätigkeiten stichpunktartig:
– Manuskriptbearbeitung zur Gutachterversion
– Durchsicht und Bearbeitung von Grafiken in InDesign, sowie Qualitätsprüfung
– Formalredaktion inhaltlich korrigierter Manuskripte, inkl. Zitation, Bibliografie etc. – Korrektur von Zeichensetzung, Sprache und Rechtschreibung
– Archivierung von Texten und Grafiken
– Akquise der Datenbank mittels FileMaker

Kritik/ Fazit
Meine zwei Monate in Athen resümierend bin ich sehr froh um die Erfahrung eines Praktikums bei einer renommierten, wissenschaftlichen Institution, wie dem DAI im Ausland. Nichtsdestotrotz möchte ich im Folgenden einige Punkte ansprechen, die mir rückblickend negativ aber auch positiv im Hinblick auf meine Arbeit für das Institut aufgefallen sind und zukünftigen Praktikanten aber auch dem DAT eventuell die Möglichkeit geben eine noch bessere Erfahrung möglich zu machen.

Angefangen mit der Unterbringung, welche ein überdurchschnittliches Maß an Hilfestellung für Praktikanten bietet, die Probleme, Hemmungen oder begrenzte finanzielle Möglichkeiten haben und trotzdem gerne im Ausland tätig sein wollen. Jedoch ist es äußerst unpraktisch, wenn man während dieser Zeit auf WLAN verzichten muss und auch der bereitgestellte Computer auf der Etage nur bedingt internetfähig ist.

Des Weiteren war ich sehr enttäuscht zu hören, dass monatlich abgehaltene Mitarbeiterversammlungen zur Besprechung interner Neuerungen oder Klärung von Problemen seit kurzem ohne die Anwesenheit von Praktikanten abgehalten werden. Weder ergibt sich mir die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme noch war ich so etwas von vorangegangenen Praktika gewöhnt, da ich den Eindruck hatte sowohl Praktikumsstelle als auch Praktikant profitieren von einem besseren Einblick in die Struktur, Arbeitsteilung und hierarchische Ordnung einer Organisation. Die ausschließliche Tätigkeit und Einsicht in einer Abteilung hat zur Folge, dass das systematische Gesamtkonstrukt einer wissenschaftlichen Organisation im Ausland nicht komplett verstanden werden kann, was sehr bedauerlich ist, da dies eine große Motivation meinerseits zu einem derartigen Praktikum war.

Meine Ankunft und der Bezug des Zimmers waren ebenso unproblematisch und unkompliziert wie mein gesamter Praktikumsantritt. Am ersten Montag des Praktikums wurde ich vom wissenschaftlichen Referenten in einem etwa anderthalb stündigen Gespräch in die Arbeit der Redaktion des DAIs, sowie meine zukünftigen Arbeitsbereiche eingeführt. Ich hatte die Gelegenheit Fragen zu stellen, was sich als positiver Aspekt durch das gesamte Praktikum zog, auch wenn man von ihm nicht unbedingt ermutigt dazu wurde, wurde sich jeder Frage umfangreichst von ihm oder der wissenschaftliche Hilfskraft der Redaktion angenommen.

Dies ist ein Hinweis, den zukünftige Praktikanten wissen sollten, da vor allem am ersten Tag die Einführung äußerst umfangreich und komplex ist. Nach Rücksprache mit zwei folgenden Praktikantinnen fand ich mich bestätigt, dass Verständnisprobleme zu Beginn vollkommen normal seien. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass eine etwas weniger komplexe Einführung in die komplette Arbeit des DAI und dafür immer mal wieder kleinere Informationen und Aufgabenstellungen konstruktiver wären, als ein großer Berg gleich zu Beginn, zu dem man ohnehin erst einmal mit vielen Eindrücken und Unklarheiten beschäftigt ist.

Ein weiterer, nicht besonders akuter weil eventuell auch unangebrachter Kritikpunkt hat mit der Fachkundigkeit zu tun. Zuallererst schätze ich mich sehr glücklich bei einem renommierten Institut wie dem DAI trotz völliger Fachfremde genommen worden zu sein. Damit einhergehend hätte ich mir allerdings mehr Informationen zu grundsätzlichen Begrifflichkeiten und Informationen zu der Archäologie gewünscht. Dass ich jedoch darauf nicht bestanden habe und auch nachvollziehen könnte wenn die zeitlichen und personellen Ressourcen ein solches nicht hergeben, liegt daran dass ich es ohnehin schon bemerkenswert fand einen Soziologen für ein Praktikum am Archäologischen Institut in Erwägung zu ziehen.

Für solche Fälle war es auch äußerst hilfreich in einem Raum mit wissenschaftlichen Hilfskraft gesessen zu haben, das etwaige Fragen und Unklarheiten direkt geklärt werden konnten, während der Gang zum wissenschaftlichen Referenten, ein Stockwerk tiefer oder ein Anruf, jedes Mal eine gewisse Relevanz der Frage voraussetzte (Anregungen Fragen zu stellen könnten dem eventuell entgegen wirken). Ich habe mir viele Informationen stichpunktartig aufgeschrieben, da ich sonst Probleme hatte alles zu behalten. Ich empfehle dem Institut vor dem Hintergrund zukünftiger Redaktionspraktikanten zu einem kleinen Sammelsurium von Redaktionsbasics (Formate Bände, dpi/Pixel Prüfungsrechnung, Maßstabsberechnungen, Tastenkombinationen bspw. für gesch. LZ, beispielhafte Zitationsweise etc.).

Zu der Atmosphäre im Institut kann ich mich nur positiv äußern. Sowohl das Sommerfest, als auch der Betriebsausflug nach Megara oder private Einladungen haben mich sehr wohlfühlen lassen und zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gegeben alleine in einem anderen Land zu sein.

Was mich an dem Praktikum am meisten begeistert hat und rückblickend wohl auch die größten Errungenschaften dieser zwei Monate sind die äußerst nützlichen Hardskills, die ich mir während der Arbeit angeeignet habe. Die praktische Arbeit mit Word, Excel, InDesign, Photoshop oder dem Datenbank-Programm FileMaker, hat mir sehr zugesagt und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Außerdem habe ich neue Einblicke in die korrekte wissenschaftliche Arbeit bekommen, auch wenn diese teilweise ernüchternd wirken konnte, wenn einem ein Text über zwei Monate seit Tag 1 des Praktikums beschäftigt und immer wieder neue Formatierungsschritte vorgenommen werden müssen, bis er tatsächlich fertig zur Abgabe beim Setzer ist und gedruckt werden kann. Bei der Attraktivität des Praktikums als eventuelles zukünftiges Berufsfeld spielten neben meiner eigentlichen Tätigkeit auch einige passive Eindrücke hinein, die durch aufmerksames Beurteilen der individuellen Werdegänge einige Rückschlüsse eine eventuelle eigene Karriere in der Wissenschaft zulassen. Befristete Verträge und stetige Sparmaßnahmen im personellen Bereich machen auch oder gerade vor der Wissenschaft nicht halt.

Das DAI, welches durch öffentliche Gelder aus dem Pott des Auswärtigen Amtes finanziert wird, sieht sich wie viele Wissenschaften einem stets kritischen, öffentlichen Blick auf die Resultate ihrer Arbeit ausgesetzt und muss sich öfters auch Fragen nach der Relevanz Ihrer Arbeit gefallen lassen. Die Arbeit von Archäologen schätzte ich bereits vor meinem Praktikum sehr und tue dies hiernach noch mehr. Nichtsdestotrotz lassen mich Aspekte wie Jobunsicherheit und (teilweise) geringe Bezahlung, trotz einer sehr langen und aufwendigen universitären Ausbildung zwei Mal überlegen diesen sehr spezifischen, theoretischen Weg einzuschlagen. Auch vor dem Hinblick von WorkLife-Balance und Familienplanung. Ich glaube jedoch, dass das DAI und die führenden Strukturen durch eine aufgeschlossene und progressive Institutspolitik, als auch öffentlichkeitswirksamere Arbeit an nichtfachkundige Interessierte für die Zukunft seinen Stand als relevantes und für die Wissenschaft essentielles und weltweit agierendes Institut noch festigen kann.

Ich werde aus meiner Zeit am DAI viele gute und für die Zukunft hilfreiche Eindrücke mitnehmen und möchte mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bei dem wissenschaftlichen Referenten und der wissenschaftlichen Hilfskraft bedanken, die mir stets mit Rat und Tat zur Seite standen und meine Zeit in Athen zu einer großartigen Erfahrung gemacht haben.