Das Pflichtpraktikum im Rahmen meines Studiums an der Universität Bremen im Bereich Public Health/Gesundheitswissenschaften habe ich im Centre Virchow-Villerm (CVV) in Paris absolviert. Dieses Zentrum ist in folgende drei Bereiche aufgeteilt:

1. Bildung: Vorwiegend widmet sich die Einrichtung in diesem Bereich der sogenannten MOOCs, was für Massive Open Online Courses steht. Diese Onlinekurse sind für jeden zugänglich und behandeln eine große Vielfalt von Themen. Das Zentrum hat unter andere Kurse in Statistik, Demographie und evolutionäre Medizin aufgenommen, die von renommierten Professoren unter anderem auch aus USA aufgezeichnet wurden.

2. Forschung: Verschiedene Projekte zum Thema Public Health sowie Global Health werden entwickelt und in Kooperation mit anderen Universitäten umgesetzt. Zum Beispiel wird demnächst ein Projekt begonnen zum Thema Klima/Ernährung/Gesundheit in Kooperation mit der London School of Hygiene and Tropical Medicine.

3. Global Health: Die Zusammenarbeit mit dem jährlich in Berlin stattfindenden World Health Summit und der Weltgesundheitsorganisation spiegelt den dritten Zeig des Zentrums wieder. Das CVV kooperiert demnach mit einem umfangreichen internationalen Netzwerk.

Meine Aufgaben fielen vorwiegend unter dem Bereich Forschung bzw. Global Health, da ich einen Vergleich von Gesundheitssystemen von EU Ländern inklusive Norwegen und der Schweiz erstellt habe. Die Basis stellt der gesundheitspolitischer Ansatz Health in All Policies dar, der „durch die verstärkte Berücksichtigung des Themas Gesundheit in allen politischen Sektoren zu einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik beitragen will” (BMG, 2012). Die ersten Tage waren vor allen durch Literaturrecherche geprägt um dann passende Indikatoren für den Vergleich zu identifizieren. In enger Zusammenarbeit mit meiner Betreuerin habe ich dann eine Vorauswahl getroffen und diese während eines Teammeetings mit einer Power Point Präsentation vorgestellt. Im Anschluss daran haben wir mit einigen Professoren aus unterschiedlichen Bereichen eine gewisse Anzahl von relevanten Indikatoren bestimmt. Ein Biostatistiker Professor aus Ohio hat mich mit seiner Expertise unterstützt und gemeinsam entwickelten wir dann eine Methode um die Länder vergleichen zu können. Als sehr schwierig und ein großes Hindernis zeigte sich die Datensuche. Zunächst sollten die Daten von der OECD Datenband verwendet werden, jedoch mussten wir feststellen, dass einige Daten fehlten. Nach langen Diskussionen entschieden wir uns dann hauptsächlich die Daten von Eurostat zu verwenden, da diese eine vollständigere Datenbank darstellt. Für manche Variablen, vor allem bezüglich des Lebensstils, wurden Informationen der Weltgesundheitsorganisation hinzugezogen. Mit Hilfe einer Regression in dem statistischen Programm Stata haben wir dann die signifikanten Indikatoren ausfindig gemacht und infolgedessen die nicht-signifikanten Indikatoren ausgeschlossen. Die daraus resultierenden Koeffizienten gaben uns dann einen Hinweis über die Gewichtung der einzelnen Indikatoren. Meine vorherigen Praktika bei der Weltgesundheitsorganisation und dem World Health Summit waren sehr hilfreich und ich konnte bisher erlerntes umsetzen und mein Wissen in diesem Bereich erweitern. Während Teammeetings konnte ich mein Thema und meinen Fortschritt mit Hilfe von Power Point Präsentationen vorstellen und bekam ein sehr konstruktives Feedback von meinen Kollegen. Mein Thema beanspruchte die dreieinhalb Monate, die ich im Zentrum verbrachte. Während der dreieinhalb Monate wurde mein Thema immer wieder auf Grund von Literaturrecherche und Diskussion verändert, sodass am Schluss die Zeit für Beendigung meines Projektes ein bisschen knapp war. Es entsprach jedoch komplett meinen Erwartungen und ich konnte wertvolle Kenntnisse in statistischen Programmen sowie Excel erlangen, die ohne jegliche Zweifel in meiner zukünftigen Laufbahn sehr hilfreich sein werden

Nebentätigkeiten wie zum Beispiel Vorbereitung eines internationalen Meetings waren ebenfalls in meinem Aufgabenbereich integriert. Unter anderem assistierte ich bei den Aufnahmen des MOOCs in Statistik und konnte somit meine Grundlagen, die ich während des Studiums erlangen hatte, verfestigen beziehungsweise erweitern. Da der Kurs auf Englisch abgehalten wurde, war es eine sehr gute Übung für meinen zukünftigen Master, der ebenfalls in dieser Sprache stattfinden wird.

Die Arbeitsatmosphäre im CVV war stets freundlich und der Empfang war sehr herzlich. Ich wurde sofort ins Team integriert und hab mich ab dem ersten Tag wohl gefühlt. Da nicht nur Gesundheitswissenschaftler beziehungsweise Mediziner, sondern auch Personen aus dem Gebiet der Kommunikation sowie Statistik, Demographie und Geschichte im CVV arbeiten, habe ich einen guten Einblick in verschiedene Berufsfelder bekommen. Vorwiegend wurde auf Englisch bzw. Französisch kommuniziert, jedoch mit zwei meiner Kollegin teilweise auch auf Deutsch. Die Interkulturalität gefiel mir sehr gut und ich konnte viel über andere Sichtweisen und Gewohnheiten lernen. Auch außerhalb des Arbeitsplatzes haben wir uns getroffen, was die sehr angenehme Stimmung im CVV wiederspiegelt. Ich konnte bei jeglichen Problemen zu meinen Kollegen und vor allem meine Betreuerin unterstütze mich in jeglicher Hinsicht. Nicht nur Praktikums bezogene Angelegenheiten konnte ich mit ihnen besprechen, sondern auch Bürokratisches wie zum Beispiel Fragen zu Kontoeröffnung und Versicherungen. Da dies am Anfang immer schwierig ist und oft Komplikationen nach sich zieht, war das eine wertvolle Unterstützung.

Meine Erwartungen bezüglich des Praktikums wurden 100%ig erfüllt. Meine französisch und englisch Kenntnisse konnte ich erweitern, sowie mein Wissen im Bereich Public Health. Auf Grund meines Projektes habe ich viele englische wissenschaftliche Artikel gelesen und mich in das statistische Programm R eingearbeitet. Des Weiteren hatte ich die Möglichkeit während Präsentationen meine Rhetorik zu verbessern und Sicherheit Präsentation auf anderen Sprachen zu halten.

Das Praktikum wird in der Ausübung meines zukünftigen Berufs ohne jeden Zweifel eine große Bereicherung sein. Da ich anvisiere in internationalen Organisationen zu arbeiten, war das Arbeitsumfeld im CVV eine wertvolle Erfahrung. Der internationale Charakter des Zentrums, sei es sowohl durch die Kollegen aus den verschiedenen Ländern als auch durch den Bereich Global Health, gefiel mir besonders gut. Ein Austausch an verschiedenen Kulturen fand vorwiegend während den gemeinsamen Mittagessen statt, wo auch über nicht arbeitsbezogene Angelegenheiten diskutiert wurde. Ebenso das Projekt in Hinblick auf OECD Länder und die Health in All Policies Vorgehensweise erweiterte meinen Horizont und zeigte mir diverse Facetten von Public Health auf. Das Praktikum wird mir auch in meinen zukünftigen Master, den ich ebenfalls in Paris absolvieren werde, eine große Hilfe sein. Da der „Master of Public Health” ebenso international aufgestellt ist, das heißt Kommilitonen und auch Professoren aus der ganzen Welt kommen, ist die Arbeit im CVV auf alle Fälle eine gute Voraussetzung.

Über die Möglichkeit eines Stipendiums von DFJW habe ich von einem französischen Freund erfahren, der als Jugendbotschafter für das DFJW tätig war. Im Anschluss habe ich mich auf der Webseite informiert und meine Bewerbung geschrieben. Mein Wunsch war es Arbeitserfahrung in Frankreich zu erlangen und da war der Vorschlag in einem deutsch-französischen Zentrum in Paris zu arbeiten genau passend. Ich kann auch ohne jegliche Zweifel diese Stelle anderen Praktikantinnen weiterempfehlen, da ich nicht nur eine Menge im Bereich Public Health gelernt habe, sondern in einem sehr tollen Arbeitsumfeld mir die Französische Kultur nähergebracht wurde. Während den gemeinsamen Mittagspausen wurde auch über nicht arbeitsbezogene Themen diskutiert. Meine Hemmungen französisch zu sprechen wurden mir genommen, indem mir meine Kollegen immer verständnisvoll zu gehört haben und mich bei Gelegenheit auch verbessert haben. Das habe ich aber nicht als negative Kritik aufgenommen sondern im Gegenteil, das half mir mein Französisch zu verbessern und Fortschritte zu machen.

Über die französische Kultur habe ich auch außerhalb der Arbeit viel gelernt, da ich in einer Wohngemeinschaft untergekommen bin. Ich habe mir eine Wohnung mit zwei Französinnen geteilt und war somit komplett in einem französischsprachigen Umfeld. Da es in Paris nicht besonders einfach ist eine bezahlbare Wohnung zu finden, war ich sehr glücklich ein Einzelzimmer in einer WG in der Nähe meiner Arbeit gefunden zu haben. Ich hatte genügend Platz und fühlte mich unter anderem auch auf Grund des guten Verhältnisses zu meinen Mitbewohnern sehr wohl. Ich hatte einen speziellen Vertrag, den ich vor meinem Aufenthalt noch nicht gekannt hatte. Ich hab einen Vertrag „chez l’habitant” unterschrieben, das heißt, dass ich nur ein Zimmer in einer Wohnung gemietet habe. Da jedoch die eigentliche Vermieterin in ein Altersheim gehen musste, haben sich ihre Tochter und deren Mann um alles gekümmert. Sie haben zwar nicht direkt in der Wohnung gewohnt, jedoch haben sie Recht jederzeit unangemeldet zu kommen. Diese Tatsache war anfangs sehr unangenehm für mich. Nach einer gewissen Zeit hat man sich jedoch an die Situation gewöhnt und ein gutes Verhältnis zu ihnen aufgebaut. Dennoch ist für solch einen Vertrag die Miete vergleichsweise recht hoch.

Während der vier Monate in Paris sind mir immer mehr Kultur-Unterschiede zu Deutschland klar geworden, die mir vorher nie bewusst gewesen waren. Ich konnte mich aber sehr schnell anpassen und hatte somit keine Probleme. Ich habe zum Beispiel den Eindruck, dass sich das Leben in Frankreich circa ein bis zwei Stunden später abspielt als in Deutschland. Arbeitszeiten fangen eher später an, dementsprechend bleibt man jedoch auch länger im Büro. An die späten Zeiten für das Abendessen und anderen Essgewohnheiten musste ich mich erst einmal gewöhnen, aber jetzt finde ich eben genau das so schön an der französischen Kultur. In Deutschland wird im Büro meist sehr viel detailliert geplant und organisiert, wohingegen ich die Erfahrung gemacht habe, dass es in Frankreich ein bisschen entspannter angegangen wird. Auch bezüglich des Wohnens sind mir Differenzen bewusst geworden, da zum Beispiel so gut wie alle immer mit Schuhen durch die Wohnung laufen und die Mülltrennung auch nicht besonders ernst genommen wird.

Alles in allem kann ich dieses Praktikum nur jedem ans Herz legen, da einem viel anvertraut wird und man in einer sehr angenehmen Atmosphäre eine Menge dazu lernt. Ich blicke sehr positiv auf meine Zeit im Centre Virchow-Villenne zurück und werde weiterhin mit meinen Kollegen in Kontakt bleiben.