Vorbereitung
Die Bewerbungsfrist für das PROMOS Stipendium lag schon relativ früh im Vorraus. Zum 15. Februar mussten alle Dokumenten (Bestätigung des Praktikums, Immatrikulationsbescheinigung), im Portal Service4Mobility der Universität Bremen hochgeladen. Später wird noch die Preliminary Confirmation of Host Institution hochgeladen. Seitens der Universität Bremen war das dann auch. Bezüglich meines Praktikums habe ich mich dazu entschieden über das Netzwerk 14km e.V. ein Praktikum zu absolvieren. Dieses Netzwerk hat verschiedene Partnerschaften mit NGOs in der MENA-Region. Dementsprechend kann man sich dann für ein Land und eine NGO entscheiden. Der Prozess zur Auswahl der NGO hat nicht sehr lange gedauert, jedoch die Organisation seitens der tunesischen NGO hat leider etwas Zeit beansprucht, sodass die Ankunft leider etwas verschoben wurde und relativ spontan abgelaufen ist.

Zur Vorbereitung habe ich seit Juni angefangen Französisch selber zu lernen, damit ich im Lande etwas zurecht kommen kann. Das hat sich dann sehr ausgezahlt, weil Französisch die meist gesprochene Sprache außer tunesische Arabisch ist. Ansonsten habe ich mich angefangen mit akademischer Literatur über Tunesiens Geschichte, die Zeit der Republik und den Arabischen Frühling zu beschäftigen.

Formalitäten im Gastland
Bis zu 90 Tagen, konnte man mit dem touristischen Visum Innstadt Tunesien bleiben. Bei der Ankunft hat man die „carte de visiteur non-resident“ erhalten, die man zur Ausreise wieder abgeben musste. Ansonsten war nichts weiteres für das Visum zu organisieren. Die Unterkunft wurde durch die tunesische Organisation gestellt, daher musste ich diesbezüglich keine weiteren Vorbereitungen treffen.

Allgemeine Information zur Partnerorganisation
Die Partnerorganisation „Club Culturel Ali Belhouane“ (CCAB) ist eine tunesische Organisation, die in mehreren Städten in Tunesien (Sfax, Hammamet, Ain Draham, Tunis) seit über 30 Jahren operiert. Die Organisation beschäftigt sich überwiegend mit tunesischer Jugend und organisiert verschiedene Projekte und Veranstaltungen, als auch Austauschprogramme ins Ausland. Einer der Projekte war zum Beispiel das Anlegen eines Gartens mit Hilfe von Jugend, das durch deutsche Partner unterstützt wurde. Zusätzlich fand ein Austausch von deutsch-tunesischer Jugend statt. Ansonsten hat CCAB zusätzlich Festivals für Kinder mit verschiedenen Spielen organisiert.

Praktikum
Da die Organisation Club Culturel Ali Belhouane keinen dringenden täglichen Bedarf für einen Praktikanten hatte, wurde ich über die Organisation weitervermittelt. Dadurch kam ich dazu dann für GoAct an dem SAIFE (Support to Access to Information and Freedom of Expression) Programm zu arbeiten. Die Arbeit bestand darin Recherche zu dem Thema Meinungsfreiheit und Zugang zu Information zu betreiben. Jede Woche habe ich eine Aufgabe bekommen verschiedene Excel-Tabelle zu bestimmten Themen bezüglich verschiedener Organisationen und NROs anzufertigen.

In der ersten Woche habe ich eine Tabelle mit verschiedenen, tunesischen Organisationen und NROs, die sich mit dem Thema Meinungsfreiheit und Zugang zu Information angefertigt. Da die Internetseiten meist nicht ausreichend Informationen zur Verfügung hatten, habe ich mit den verschiedenen Organisationen telefoniert. Dabei habe ich mich bemüht ein Treffen mit den jeweiligen Organisationen zu arrangieren. Diese Treffen fanden dann in den nächsten Wochen statt. Dafür musste ich dann zu verschiedenen Teilen Tunis fahren. In den nächsten Wochen habe ich das SAIFE Programm vom Englischen ins Französische übersetzt und weitere Excel-Tabellen mit internationalen Spendern, Aufrufe für Projektfinanzierung, Organisation zum Thema Frauen, Bildung, Migration und Gesundheit in den Bundesländern Kef und Siliana und zusätzlich auch über internationalen Organisation zum Thema Meinungsfreiheit, die unter anderem auch in Tunesien arbeiten.

Jede Woche habe ich mich dann einmal mit der Zuständigen der Organisation getroffen, um den Stand der Recherche und die Aufgabe für die nächste Woche zu besprechen. Die Arbeit habe ich selbstständig und entsprechend der Aufgaben absolviert. Die meiste Zeit habe ich dann in Menzah 5 bei der NRO „Union des Tunisiens pour la Liberté (UTIL)“ gearbeitet. Diese beschäftigt sich vor allem mit Bildung und Bekämpfung von gewaltsamen Extremismus. Ab und zu habe dann weitere Aufgaben, meist Übersetzungen, von UTIL bekommen. In dieser Organisation habe ich in meinem eigenen Büro gearbeitet.

In den letzten Wochen des Praktikums habe ich dann weniger an dem SAIFE Programm selbst gearbeitet, sondern an der Ausfertigung eines Projektvorschlags für PeaceTech Lab über Hate Speech in Tunesien. Des Weiteren habe ich mich mit der Recherche von Projektfinanzierung für das Program „Bus Citoyen“, das sich vor allem mit Menschenrechten, politischer Beteiligung in den inneren Bundesländern Tunesien beschäftigt. Das Projekt hat bereits zweimal stattgefunden und wegen der guten Resonanz soll das Projekt nochmal stattfinden. Daher bin ich dann mit der Aufgabe beauftragt worden Möglichkeiten zur Projektfinanzierungen zu suchen und entsprechend alle Informationen in eine Excel-Tabelle aufzulisten.

Freiwillige Arbeit
Da ich die meiste Zeit für das SAIFE Programm gearbeitet, habe ich dann bei Club Culturel Ali Belhouane am Sonntag freiwillig Englischkurse für Kinder und Erwachsene gegeben. Am Anfang hat es etwas gedauert bis sich ein fester Zeitraum und regelmäßige Teilnehmer gefunden haben aber gegen Mitte Oktober haben die Kurse dann regelmäßig stattgefunden. Der Kurs für Kinder fand von zehn bis elf Uhr statt. Anschließend fand der Kurs für Erwachsene ab elf Uhr dreißig bis dreizehn Uhr statt. Der Kurs für Kindern habe ich etwas spielerischer gestaltet und die Themen recht einfach gehalten, da viele Kinder noch nicht richtig schreiben konnten. Unter den Themen waren Farben, Tage der Woche, Monate, Körperteile, Essen. Bei den Erwachsenen habe ich mich an Themen des Niveau A1 orientiert und mitunter Körperteilen, Berufe, Simple Present/Present Progressive, Fragen im Englischen, Monate, Tage, Kleidung, tägliche Aktivitäten und Nationalitäten behandelt.

Sonstiges
Ansonsten habe ich mich für einen Französischkurs A1.2 am Samstag von neun bis dreizehn Uhr am Institut Français in Tunis angemeldet. Am Anfang fiel mir das Hörverständnis noch etwas schwer, jedoch habe ich mit der Zeit an Sprachkenntnissen durch tägliche Kommunikation und die Übersetzungen gewonnen. Gegen Ende fiel mir der Kurs dadurch immer leichter.

Des Weiteren ist es nicht unwichtig zu erwähnen, wie die öffentlichen Verkehrsmittel in Tunis funktionieren. In Tunis sind die öffentlichen Verkehrsmittel recht verwirrend und sehr unzuverlässig. Ich habe mich meist zu Fuß, mit Taxi und der Straßenbahn fortbewegt. Die Taxis sind recht günstig und einfach von der Straße zu bekommen. Die Kommunikation war nicht immer sehr einfach, da die meisten Taxifahrer eher brüchiges Französisch sprachen. Die Tickets konnten jedes Mal am Schalter mit der Angabe der Endstation für ein paar Cents erworben werden. Die Metro ist dann ohne richtigen Fahrplan irgendwann gekommen. Manchmal wartet man zwei Minuten und manchmal eine Stunde. Anfangs habe ich in einem anderen Stadtteil gewohnt, von wo ich eine Straßenbahnlinie in die Stadt nehmen konnte und ein Taxi zum Büro. Gegen Mitte der Zeit bin ich dann ins Stadtzentrum gezogen, was dazu führte, dass ich dann eine Straßenbahn direkt zu dem Büro in Menzah 5 nehmen konnte. Meist sind für die Straßenbahn lange Laufwege nötig, da das Netzwerk nicht sehr ausgebaut ist. Deshalb habe ich mich im Stadtzentrum meistens mit Taxis oder zu Fuß fortbewegt. Ansonsten ist auch zu beachten, dass man in der Straßenbahn vorsichtig vor Taschendieben sein muss, da regelmäßig geklaut wird. Daher musste man die Tasche immer vorne tragen, das Handy am besten gar nicht erst benutzen und tendenziell nach Einbruch der Dunkelheit die Straßenbahn nicht mehr benutzen.

Allgemein zur Sicherheit muss man deutlich achtsamer sein, als wie gewohnt in Deutschland. Besonders abends ist nicht unbedingt empfehlenswert sich alleine im Stadtzentrum zu bewegen. Daher ist es besser, wenn man zu zweit unterwegs ist. Außerdem sollte man immer auf die Tasche und das Handy achten und vor allem letzteres nicht zu öffentlich zu benutzen. Es ist gut immer ein paar Dinar in der Hosentasche zu haben, damit man nicht das ganze Portemonnaie rausholen muss. Des Weiteren ist auch zu bemerken, dass die Sicherheit je nach Stadtteil sehr unterschiedlich sein kann. Im Stadtzentrum, auch „centre-ville“ genannt, ist etwas unsicherer als anderen gehobeneren Stadtteilen wie Bardo, Mutuelleville, Ariana oder La Marsa. Tendenziell sind die besseren Stadtteilen am nördlichen Teil der Stadt (Menzah, Ariana) oder am Meer (La Marsa, Sidi Bou Said und Gammarth) gelegen. Leider war die Verbindung zu diesen Teilen der Stadt meistens nur mit Taxi zu erreichen.

Mobile Daten sind sehr günstig und einfach zu erhalten. Für unter zehn Euro konnte man bei ooredoo 25 GB für mobiles Internet erwerben. Öffentlich zugängliches Internet gibt es meist nicht sehr viel, meistens nur in besseren Cafés.

Die Verpflegung hat sich etwas schwerer angestellt als gedacht. Die Supermärkte hatten wenig ausländische Produkte und meist nur zu sehr teueren Preisen. Das erhältliche Obst und Gemüse war auch eher bedürftig und die Auswahl tendenziell nicht sehr groß. Gemüse, Obst, Käse und Fleisch war daher eigentlich besser auf dem Markt (souk) zu kaufen. Ansonsten hat Tunis viele Optionen mit Essen von der Straße. Diese Spezialitäten sind für meist 2-5 tunesische Dinar erhältlich. Darunter gibt es Chapati, Malawi und Malfouf. Das sind verschiedene Varianten von Sandwiches, die mit Omelett, Käse, Fleisch, Oliven und Zwiebeln belegt worden. Ansonsten gab es Möglichkeiten Sandwiches, Burger oder Pizza recht günstig zu essen.

Nicht minder zu beachten, dass das Leben in Tunesien gelernt sein muss. Für verschiedene Besorgungen ist es am besten Personen im Umfeld zu fragen, da Informationen im Internet nicht sehr spezifisch sind und auch eher schwer zu erlangen. Daher ist die Interaktionen mit den Mitmenschen eigentlich unumgänglich. Dafür ist es am besten ein bisschen Französisch zu können, sonst ist es eigentlich unmöglich.

Medina – die historische
Altstadt von Tunis

Tipps
Ich würde jedem empfehlen, der nach Tunesien geht, sich mit etwas Französisch zu lernen und am besten schnellstmöglich Kontakte mit Tunesiern aufzubauen, da diese recht nützlich sein können. Am besten ist es natürlich auch ein paar Wörter tunesisches Arabisch zu lernen, denn nicht alle Leute können gut genug Französisch sprechen.

Ansonsten ist es zu vermeiden sich zu freizügig zu kleiden, vor allem im Stadtzentrum. Allgemein ist des Weiteren auf Portemonnaie und Tasche zu achten. Besonders abends ist es besser, wenn man sich mit Taxi oder in der Gruppe sich von Ort zu Ort fortzubewegen.

Nicht weniger zu beachten, dass die tunesische Mentalität in Bezug auf Zeit und Erledigung von Aufgaben deutlich von der deutschen unterscheidet. Daher muss in Bezug auf einige Sachen Geduld geübt werden.

Ansonsten ist Tunesien im Gegensatz zu seinen Nachbarländern recht liberal und man kann eigentlich so gut wie alles machen, wie man es in Deutschland gewohnt ist.

Rückkehr
Die Anerkennung des Praktikums ist recht einfach verlaufen. Zur Anmeldung des Praktikums musste ich bei der Verantwortlichen des Fachbereichs eine Praktikumsbestätigung einreichen. Somit kann ich das Pflichtpraktikum mit 12 CP absolvieren. Durch das dreimonatige Praktikum konnte ich außerdem 5 weitere CP als freiwilliges Praktikum anerkennen lassen.

Fazit
Die Erfahrung eines Praktikums / Studienaufenthalts in Tunesien kann ich definitiv weiterempfehlen. Es war eine sehr lehrreiche Erfahrung und ich kann es jedem empfehlen außerhalb von Europa ein Praktikum zu absolvieren. Die Möglichkeiten sind meistens größer, daher kann man viele Aufgaben selbstständig erledigen.

Des Weiteren gibt es viele Möglichkeiten im Land günstig zu reisen oder die Stadt selbst zu entdecken. Es gibt viele Events von verschiedenen Stiftungen, Organisationen und anderen NGO. Das kulturelle Angebot ist auch sehr groß und vor allem interessant, wenn man französisch kann. Der Kontakt mit den Einheimischen entsteht meist sehr schnell, da die meisten schnell Interesse an Ausländern finden.

Sidi Bou Saïd – berühmter Vorort von Tunesien