Am Ende vom Dezember 2019 habe ich die erste Runde meines Praktikums in Athen beendet. Nachträglich hatte ich viele unterschiedliche Gefühle und Gedanken die mich beschäftigt haben. Ebenso hatte ich viele neue Erfahrungen gemacht und neue Menschen kennen gelernt, aber ich hatte das Gefühl, dass mein Zyklus sich bei dieser Organisation noch nicht geschlossen hat.

Die NGO, wo ich angenommen wurde, heißt ‘SolidarityNow’ und beschäftigt sich mit der Unterbringung und der Integration von Flüchtlingen in Athen. Meine Stelle war im Bereich der psychosozialen Unterstützung, in dem zwei Psychologen gearbeitet haben. Die psychosoziale Unterstützung findet hauptsächlich durch psychotherapeutische Sitzungen statt, die allerdings nicht langfristig sind, denn die Bedürfnisse der Flüchtlinge sind eher kurzfristig. Die Organisation hat in mehreren verschiedenen Orten in Griechenland Wohnheime und Büros. Das Büro, in dem ich gearbeitet habe, befindet sich in Metaksourgio, im Zentrum von Athen.

Diesmal würde ich nur noch für 4 Monate Praktikum da machen, und zwar ab Februar bis Juni. Ich hatte deswegen das Bedürfnis noch mehr Erfahrungen in kürzerer Zeit zu sammeln. Zufällig hat im Februar ein neues Programm angefangen, wo Geflüchtete aus Afghanistan und Iran mit ihren Familien in ein von unseren Gebäuden eingezogen sind. Deswegen habe ich mein Interesse dafür gezeigt und habe ich versucht mich mehr mit diesem neuen Programm zu beschäftigen. Ich hatte nämlich die Neugier, neue soziale Gruppen aus anderen Ländern kennen zu lernen. Da die Leute von jedem Land ihre eigene Kultur, Sitten und Bräuche und ihren eigenen Verhaltens- und Moralkodex haben, ist es sehr wichtig und hilfreich für die Arbeit von Psychologen, sich daran zu gewöhnen. So kann man die Leute danach einfacher und effizienter unterstützen.

Das aller Wichtigste, das man tun muss, wenn neue Familien bei einem von unseren Programmen angenommen werden, sind die Screenings. Der Prozess von einem Screening ist der folgende: Wir, die Psychologen müssen mindestens jedes Elternteil von jeder neuen Familie interviewen, damit wir einen ersten Überblick haben, wie es bei den Familien läuft, was für Bedürfnisse und Probleme die Leute haben und ob bestimmte psychologische Probleme eine Priorität bekommen müssen. Es ist noch wichtig zu kennen, ob jemand Medikation bekommt und damit weitermachen muss und noch über die Eltern auch einen ersten Überblick für die Kinder der Familie bekommen. Der ganze Prozess der Screenings braucht viel Zeit, da jede Person antwortet auf die Fragen, die wir „brauchen“, aber hat natürlich auch ihre persönliche Gedanken, die sie mit uns teilen möchte.

Außer der Screenings habe ich in vielen Sitzungen mitgemacht. Die allerschönste Erfahrung für mich waren die Sitzungen eines Mannes, der am Anfang eine sehr schwierige Zeit in Griechenland verbracht hat. Bei den Sitzungen von ihm habe ich den ganzen Prozess und die Wichtigkeit von einer psychotherapeutischen Sitzung beobachtet, da ich ihn in allen unterschiedlichen Stadien seiner Therapie gesehen habe. An meinen letzten Wochen hatte ich eine richtige Änderung bei ihm bemerkt, er war viel zufriedener mit allem in seinem Leben.

Noch eine Aktivität, die mir geholfen hat und jeden Tag durchgeführt werden sollte, war die Beschreibung jeder psychotherapeutischen Sitzung. Durch ein bestimmtes Formular sollte ich jede Sitzung protokollieren, was mir jedes Mal die Chance gegeben hat, mir viele Gedanken über die jeweilige Sitzung zu machen und besser die Emotionen des jeweiligen Begünstigten wahrzunehmen.

Weiterhin habe ich zum zweiten Mal eine Sitzung mit einem 19-jährigen Mädchen übernommen und haben zusammen für 3 Wochen, eine Sitzung pro Woche gehabt. Diese Erfahrung hat mir dabei geholfen zu lernen, welche die schwierigen und die wichtigen Punkte bei der Sitzung mit einer Jugendlichen sind. Die Sitzung sollte nämlich anders gestaltet werden, sodass sie interessant, aber auch zugänglich für ein jüngeres Mädchen ist. Das war für mich eine der schönsten Erfahrungen im Praktikum, da ich die einzige Verantwortliche einer Sitzung war und das erste Mal war, wo ich mit so vielen Fragen und Gedanken konfrontiert wurde. Dabei hat mir die klinische Supervision mit meinem Verantwortlichen sehr geholfen, weil ich so das Gefühl hatte, dass ich nicht alleine bin.

Einmal in der Woche fand unsere klinische Supervision statt, wo wir, die Psychologen, alles besprechen konnten, bzw. sollten, was neu in unseren Sitzungen war oder was uns in den letzten Sitzungen beschäftigt hat. Es könnte entweder ein Problem sein, wo wir wirklich eine Lösung brauchten oder nur Gedanken, die wir uns miteinander teilen wollten.

Noch ein sehr wichtiges Teil meines Praktikums war der Alltag im Büro. Ich wurde nämlich sowohl mit dem langweiligen Teil des „Büro-Alltags“ konfrontiert als auch mit dem spannenden Teil, da ich jeden Tag zum Büro gegangen bin und manchmal es nichts zu tun gab, aber auch die Chance hatte, Gespräche mit meinem Verantwortlichen durchzuführen. Das letztere hat mir sehr geholfen, denn er ist eine Person mit großer Erfahrung in seinem Bereich. Er ist ein Psychotherapeut, der gerade sich mit Flüchtlingen beschäftigt, aber vorher viele Jahre mit Drogenabhängigen gearbeitet hat. Deswegen konnte ich alles mögliche erfragen und immer eine sehr hilfreiche Antwort bekommen. Wenn man nach so vielen Semestern, in denen man das theoretische Teil der Wissenschaft lernt, auch den praktischen Aspekt aller dieser Kenntnisse wahrnimmt, ist ein sehr hilfreicher Prozess für die berufliche Weiterentwicklung.

Es war sehr schön und hilfreich für mich, dass ich letztendlich ein Jahr lang mein Praktikum an dieser NGO gemacht habe, da ich einen besseren Überblick auf alle Bereiche bekommen habe. Sowohl die Zusammenarbeit mit allen meinen Kollegen war sehr gut als auch die Unterstützung meines Verantwortlichen im Bereich der Psychologen.

Es ist mir immer noch stark bewusst, dass mir der Migrationsbereich und auch die Flüchtlingssituation in Athen sehr wichtig ist und dass ich mich in der Zukunft damit beschäftigen will. Deswegen war mein Praktikum in SolidarityNow, eine sehr gute Gelegenheit, den ganzen Bereich besser kennen zu lernen.

Ich bin sehr dankbar, dass ich die Chance hatte das Praktikum in der NGO ‘SolidarityNow’ zu machen, und zwar in Athen, da es hilfreich in mehreren Bereichen war. Sicher würde ich es weiterempfehlen, Praktikum im Ausland zu machen. Eine sehr wichtige Rolle spielt natürlich, der Bereich, wo man das Praktikum macht, aber man kann auch sehr von neuen Erfahrungen in einer anderen Stadt profitieren.