Als Masterstudentin des Studiengangs Marine Biology an der Universität Bremen verschlug es mich im Rahmen meiner Masterarbeit in die gemütliche Studentenstadt Gent in Belgien – mitten im holländisch-sprachigen Flandern.

Wie kam es dazu?
Tatsächlich hegte ich nie eine besondere Neugier diesem Land gegenüber, dessen Hauptstadt gleichzeitig die Hauptstadt Europas ist. Mein Praktikumsplatz resultierte eher aus der Wahl meiner Betreuerin, die fachlich mehrere Themen vereinte, auf die ich mich bereits während meines Studiums spezialisiert hatte, und bei der ich die Möglichkeit sah, mich in anderen Bereichen weiterzuentwickeln. Nachdem ich ihr bezüglich einer Zusammenarbeit eine Anfrage geschickt hatte, willigte sie ein, und meine Masterarbeit wurde zu einer Kooperation zwischen Bremen und Gent. Durch das ERASMUS+ – Programm konnte ich meinen Aufenthalt finanzieren, und meinem Auslandspraktikum stand nichts mehr im Wege. Außer der Versicherung (nach langem Hin und Her konnte ich schließlich von der Uni Gent arbeits- und unfallversichert werden) und dem Antrag für eine Studentenkarte, die sowohl für den Rabatt in der Mensa, als auch für Kunst und Kultur in der Stadt von Vorteil ist, musste ich als deutsche Staatsbürgerin keine großen Bürokratiehürden überwinden. Um diese Kleinigkeiten sollte man sich allerdings früh genug vor Ankunft in Belgien darum kümmern.

Ich reiste unkompliziert per Zug an. Mein Fahrrad nahm ich mit; innerhalb dieser sehr fahrradfreundlichen Stadt war es mein einziges Fortbewegungsmittel. Über https://fietsambassade.gent.be/en kann man aber auch einfach und günstig ein Fahrrad mieten.

Von der Größe her ist Gent vergleichbar mit Bremen; es besitzt einen Ticken mehr historischen Charme. Die berühmten, schmalen belgischen Häuser schmiegen sich durch die ganze Stadt und die Vororte hinweg eng aneinander, was den Eindruck vermittelt, dass Gent voller als Bremen wäre – tatsächlich ist Bremen bezüglich Bevölkerung und Fläche größer. Man spürt deutlich, dass Gent geschichtlich viel zu erzählen hat. Auf den Flüssen Schelde und Leie wurde im Mittelalter viel Handel betrieben, was die prunkvollen Häuser aus dieser Zeit und die massiven Kathedralen erklärt. Das lockt außer Studenten auch viele Touristen an; so ist die Stadt besonders an Wochenenden und bei schönem Wetter sehr vollgestopft. Die Universität ist sehr präsent, da sie besonders viele Gebäude in der Stadt besitzt.

Die Innenstadt Gents, durchzogen von Kanälen und charmanten, alten Häusern. Foto: L. Engel

Gent ist ohne Zweifel eine Studentenstadt, die ein sehr hohes kulturelles Angebot zu bieten hat. Öffentliche Veranstaltungen, Jazzabende, und natürlich die Kneipen mit dem belgischen Bier – wen es für längere hierher verschlagen hat, wird an all dem nicht ohne weiteres vorbeikommen. Da die Stadt so international ist, war Englisch überhaupt kein Problem. Im Nachhinein aber auch ein Nachteil, da ich jetzt leider kein Wort Holländisch spreche. Apropos Holländisch: Sprache und Politik spiegeln sich auch in der Kultur wieder. Obwohl ich auch dem französischsprachigen Wallonien einen Besuch abgestattet habe, könnte ich nicht sagen, dass ich wirklich „das Land“ Belgien kennengelernt habe. Meine Erfahrungen beschränken sich lediglich auf die Region Flandern, da sich Sprache, Gepflogenheiten und sogar die Landschaft zwischen den zwei Regionen deutlich unterscheiden.

Das Stadtbild ist durch den Bruch moderner Architektur mit dem industriellen Backsteinstil geprägt, und kann beides wunderbar vereinen. Foto: D. Betzler

Durch die Größe Belgiens und der Lage Gents innerhalb des Landes kann man viel von Belgien selbst erkunden. Zur Küste ist es ein Katzensprung, Brüssel und Antwerpen sind keine zwei Stunden Zugfahrt entfernt, und wer seine Zeit lieber in der Natur verbringt, kommt schnell in das Ardennen-Gebirge. Auch zu den Nachbarländern Frankreich, Holland und England ist es nicht weit.

Auf Wandertour in den wallonischen Ardennen. Foto: T. Baelemans.

Fazit
Flandern ist sicherlich nicht das exotischste Ziel für ein Auslandspraktikum. Kulturelle Unterschiede zu Deutschland halten sich in Grenzen. Trotzdem bin ich sehr froh, dass ich dieses geteilte und doch vereinte Land kennenlernen durfte, in dem verschiedene Kulturen koexistieren, und das den europäischen Geist vereint. Mein Praktikum war durchaus erfolgreich, da ich fachlich viel mitnehmen und neue Kontakte in meinem Interessengebiet der Meeresbiologie knüpfen konnte. Und tatsächlich kann ich sagen, dass ich mich jetzt ein bisschen mehr europäisch fühle – weil wir doch über diese dünnen Ländergrenzen hinweg so viel gemeinsam haben.