Schon zu Beginn meines Lehramtstudiums der Fächer Englisch und Geographie, habe mich darauf gefreut einige Zeit in einem englischsprachigen Land zu verbringen. Neben einem Schulpraktikum, hatte ich auch die Möglichkeit ein Semester an einer Universität im englischsprachigen Ausland zu verbringen. Ich fand ein Schulpraktikum jedoch spannender und sinnvoller, weil ich es, als zukünftiger Lehrer, für mich als wichtiger und praxisnäher empfand ein anderes Schulsystem kennenzulernen. Ich habe zunächst mit Freunden und Kommilitonen über deren Erfahrungen gesprochen, was mich in meiner Entscheidung noch bestärkt hat. Nachdem ich mich durch einige Webseiten geklickt hatte, bin ich auf das Praktikumsgesuch der Horsington Church School in Somerset, im Südwesten Englands, gestoßen. Die Schule bot einen Praktikumsplatz für vier Monate an. Gesucht wurde nach einer bzw. einem Lehramtsstudenten/in, der bzw. die aktiv am Schulleben teilnimmt und den Schülerinnen und Schülern Grundlagen einer modernen europäischen Fremdsprache vermittelt. Aus der Anzeige war herauszulesen, dass die Schule schon Erfahrungen mit Praktikanten aus dem Ausland hatte, was ich als sehr vorteilhaft empfand. Ich habe es auch als spannend und herausfordernd empfunden, dass es sich um eine Schule auf dem Land handelt. Ich kannte bis zu meinem Praktikum nur englische Städte, wie London oder Nottingham – mit dem englischen Landleben war ich bisher noch nie in Berührung gekommen. Ich habe mich dann auf die Stelle beworben und, nachdem einige wichtige Details geklärt waren, stand fest, dass ich am 3. Oktober 2016 mein Praktikum an der Schule beginnen konnte.

Am 2. Oktober flog ich von Bremen über Amsterdam nach Bristol, wo ich vom Schuldirektor und seiner Frau abgeholt wurde. Der Schuldirektor hatte mir angeboten, dass ich während des Praktikums bei ihm und seiner Familie wohnen kann. Zuvor hatte er mich jedoch gewarnt, dass im Haushalt auch drei Katzen, ein Hund, eine Schildkröte, zwei Chinchillas, zwei Ziegen und ein Schaf leben. In meiner Phantasie habe ich mich schon auf einem Bauernhof gesehen – als ich aber im Ort Norton sub Hamdon, in dem die Familie wohnt, ankam, stand ich vor einem ganz normalen Haus. Die Ziegen und das Schaf, die ich hier erwartet hatte, waren auf einem Feld in der Nähe untergebracht. Diese habe ich erst einige Tage nach meiner Ankunft „kennengelernt“. Ich wurde sehr herzlich von meiner Gastfamilie begrüßt und wir waren uns auf Anhieb sympathisch.

Am nächsten Tag ging mein Praktikum dann auch schon los. Um 7:45 Uhr fuhren wir zur Horsington Church School, die mit dem Auto etwa eine halbe Stunde entfernt war. Ich konnte mir zunächst das Schulgelände genauer ansehen, das aus dem Schulhof, einem großen Feld und der „Spinney“, einer Art Abenteuer-/Waldspielplatz, durch den auch ein kleiner Bach fließt, besteht. Die Schule machte einen sehr freundlichen und gemütlichen Eindruck – mit 118 SchülerInnen in vier Klassen, war es die kleinste Schule die ich je gesehen hatte.

Die Klassen sind an der Schule nach „Year Groups“ aufgeteilt. Die jüngsten SchülerInnen des „Reception Year“ und einige der „Year 1“ SchülerInnen besuchen die Water Class, diese waren zwischen 4 und 5 Jahren alt. Die SchülerInnen der „Year 1 & 2“, die zwischen 6 und 7 Jahre alt sind, besuchen die Air Class. In der Fire Class waren SchülerInnen der „Year groups 3 & 4“, im Alter von 7 – 9. Die ältesten SchülerInnen der Schule, die „Year 5 & 6“, im Alter zwischen 10 und 11 besuchen die Earth Class.

Ich habe während meines Praktikums mit allen Jahrgangsstufen zusammengearbeitet. Meine Aufgabe war es, zum einen die jeweiligen Lehrkräfte bei der Umsetzung ihres Unterrichts zu unterstützen als auch eigene Unterrichtssequenzen über den deutschsprachigen Raum und die deutsche Sprache zu halten. Diese Unterrichtssequenzen bestanden aus dem spielerischen Lernen einiger deutscher Wörter und Sätze, einer „Reise“ durch den deutschsprachigen Raum mit verschiedenen Stationen wie der Nordsee, Berlin, Bayern sowie Österreich und der Schweiz. Mit den jüngeren SchülerInnen habe ich das Märchen der Bremer Stadtmusikanten behandelt. Außerdem haben wir uns mit der deutschen Küche beschäftigt und z.B. Brezeln und Berliner zubereitet. Im Dezember haben wir u.a. auch die englischen und deutschen Weihnachtstraditionen verglichen.

Zu den Highlights gehören auch einige Ausflüge, die ich mitbegleitet habe. So hat die Fire Class im Rahmen der Unterrichtseinheit „Living in Tudor Times“ das „Montacute House“ besucht. Die SchülerInnen haben hier nach einer Führung an verschiedenen Workshops teilgenommen. So haben die SchülerInnen, deren Workshop ich begleitet habe, kleine Duftsäckchen mit verschiedenen Gewürzen aus der Tudor-Zeit hergestellt.

Ein weiterer Ausflug mit der Earth Class an das „Department of Engineering“ der Universität Bath war ebenfalls sehr spannend. Die SchülerInnen lernten hier sehr viele Aspekte aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt kennen. Am Ende hatten sie die Aufgabe aus verschiedenen Materialen einen Fallschirm für ein Ei zu bauen, das dann samt Fallschirm von einem Balkon geworfen wurde. Das Team mit dem leichtesten Fallschirm, dessen Ei den Flug unbeschadet überstanden hatte, gewann einen Preis. Die SchülerInnen hatten sehr viel Spaß auf diesem Ausflug.

Es gab außerdem einen großen Ausflug, mit der ganzen Schule, um die Weihnachtszeit. Wie ich gelernt habe, ist der Besuch einer „Pantomime“ eine typisch britische Tradition um die Weihnachtszeit. Es handelt sich dabei um eine Art Theaterstück, das von einigen typischen Bestandteilen lebt. Zu diesen Bestandteilen gehören u.a. Cross Dressing, d.h. dass eine weibliche Rolle von einem Mann gespielt wird, sowie das Miteinbeziehen des Publikums. Die Aufführung selbst orientiert sich an einer klassischen Vorlage – in unserem Fall war es die Geschichte Peter Pans.

Neben der Pantomime habe ich während meines Praktikums auch noch eine weitere typisch britische Tradition kennengelernt – die „Conker Competition“. Dabei wird eine Kastanie durchbohrt und an einen Faden gehängt. Anschließend findet ein Wettbewerb statt. Zwei Gegner stoßen ihre Kastanien gegeneinander und die Person, dessen Kastanie zuerst kaputt geht hat verloren. Die jeweiligen Gewinner spielen solange gegeneinander bis ein Gesamtsieger feststeht – also die Person, deren Kastanie am Ende noch heil ist. Auch das war ein interessanter Einblick in britische Traditionen und britische Kultur.

Insgesamt ziehe ich eine sehr positive Bilanz aus meinem Praktikum an der Horsington Church School. Ich wurde sowohl von meiner Gastfamilie als auch von meinen Kollegen sehr herzlich aufgenommen und auch die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern hat mir großen Spaß gemacht. Ich denke, dass es ein großer Vorteil war mein Praktikum an einer Schule zu absolvieren, die bereits Erfahrungen mit Praktikanten aus dem Ausland hat. Dadurch waren die Erwartungen an mich sehr klar formuliert und auch die Betreuung war sehr gut. Ich hatte auch das Gefühl, dass meine Arbeit und Anwesenheit sehr geschätzt wurde und nicht als Belastung empfunden wurde, wie ich es manchmal bei anderen Schulpraktika erlebt habe. Ich bin im Nachhinein auch sehr froh, dass ich mich für eine Schule auf dem Land entschieden habe. So habe ich einen Teil britischer Kultur erlebt, der ganz anders ist als das Lebensgefühl in einer Stadt wie z.B. London. Dadurch waren meine Freizeitmöglichkeiten natürlich eingeschränkt, dennoch ist dies eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich denke, dass ich noch lange an mein Praktikum in England zurückdenken werde und ich mit Sicherheit viel von dem was ich gelernt und erlebt habe für meinen späteren Beruf nutzen kann. Ich kann ein Schulpraktikum im Ausland auf jeden Fall sehr empfehlen!

Horsington Church School