Dieser Bericht soll einen kleinen Einblick in meine Motivation für ein Erasmus-Praktikum, meine Suche nach einem Praktikumsplatz, mein Leben in Schweden und meine Arbeit in der Schule sowie meine Gedanken nach Abschluss des Praktikums geben und hoffentlich Einige für ein Praktikum im Ausland motivieren.

Vor dem Praktikum

Ich habe mich für ein Praktikum an einer Grundschule/Förderschule in Schweden entschieden, einerseits, weil ich noch einmal eine neue Sprache lernen und ein neues Land kennen lernen wollte und andererseits, weil ich mir in der Wahl meines Studienfaches (Grundschullehramt mit Sonderpädagogik) etwas unsicher war und mir durch mehr Praxiserfahrung darin sicherer werden wollte.

Die Suche nach einem Praktikumsplatz hat sich zuerst als etwas schwieriger herausgestellt und ich erinnere mich, dass ich mich zeitweise wirklich gefragt habe, ob ich jemals einen Platz finden werde. Es gab zu Beginn von Erasmus+ noch keinen Online-Pool für Praktikumsplätze (wie jetzt z.B. erasmusintern.org). Ich habe stattdessen gesucht, indem ich zuerst bestimmte Schulen angeschrieben habe, die auf ihrer Internetseite mein Interesse geweckt hatten.

Schnell merkte ich, dass diese Herangehensweise sehr zeitaufwändig war und man oft spät oder gar keine Antworten erhielt. Da die Schulen ja nicht von sich aus gesucht haben, wusste ich natürlich auch nie ob die Schule überhaupt Interesse an einem/einer PraktikantIn haben könnte.

Deswegen habe ich meine Suche schnell ausgeweitet und mit Hilfe einer Liste des schwedischen Schulwerks, in der alle Schulen in Schweden aufgelistet waren, diejenigen Grundschulen ausgewählt, die mit einer Förderschule zusammen arbeiteten. Dann habe ich eine riesige Gruppenmail an alle diese Schulen geschrieben – sicher 500 Schulen. Von diesen haben sich dann ca. 15 zurück gemeldet (bei den anderen bin ich bestimmt im Spam-Ordner gelandet 😉 ) und zwei Schulen haben mir dann tatsächlich einen Praktikumsplatz angeboten. Beide in Nordschweden, kurz unter dem Polarkreis. Ich entschied mich für die Schule in der Stadt, in der es auch eine Uni gab, da ich hoffte dadurch leichter Anschluss zu finden.

Während des Praktikums

Ich hatte vor dem Praktikum zwei Schwedischkurse beim Fremdsprachenzentrum belegt, aber dadurch, dass zwischen dem Ende des Kurses und dem Beginn des Praktikums drei Monate lagen, hatte ich Einiges schon wieder vergessen. Dementsprechend wenig Schwedisch konnte ich dann zu Anfang des Praktikums im September auch anwenden. Aber alle waren sehr verständnisvoll und haben so gut sie konnten Englisch mit mir gesprochen. Nach einer Weile hatte ich mich dann besser in die Sprache eingefunden und wir sind dann mehr und mehr auf Schwedisch umgestiegen und nach etwa einem Monat haben wir bis auf ein paar Wörter nur noch Schwedisch gesprochen. Allein schon, weil die Kinder kein oder nur sehr wenig Englisch konnten.

Die ersten drei Monate habe ich in zwei jahrgangsgemischten Klassen (3.-5. Jahrgang) der Förderschule, die aber örtlich in die Grundschule integriert war, verbracht. In jeder Klasse waren vier Kinder mit Beeinträchtigungen im Bereich der geistigen Entwicklung, emotional-sozialen Entwicklung und des Lernens. Jede Klasse wurde von einer Sonderpädagogin geleitet und diese wurde durch je drei ErzieherInnen unterstützt. Das wirkte zunächst sehr viel, aber da nicht immer alle gleichzeitig arbeiteten und Kinder teilweise beim Arbeiten jeweils eine Person zur Unterstützung brauchten, wurde schnell deutlich, dass die hohe Anzahl notwendig war.

Die ersten Wochen war ich überwiegend damit beschäftigt, mich an Land, Sprache, Schule und die Arbeitsweisen zu gewöhnen und danach habe ich immer mehr auch selbst Aufgaben und Verantwortung übernommen, vor allem, wenn wie in der Nachmittagsbetreuung weniger Personal anwesend war.

Die Zeit in der Förderschule war sehr spannend und die am Individuum orientierte Arbeitsweise mit den Kindern sowie die familiäre Atmosphäre haben mir besonders gut gefallen und ich habe mich in den Klassen sehr wohl gefühlt.

Zusätzlich erhielt ich auch einen Einblick in die Kooperationsbereiche der Förderschule mit der Grundschule. Pausen und Mittagessen wurden beispielsweise immer zusammen verbracht und es gab gemeinsame Projekte im Nachmittagsbereich oder zu bestimmten Themen. Die 3.-5. Klasse der Förderschule kooperierte dabei vor allem mit den 1. Klassen der Grundschule. Alle Lehrkräfte bemühten sich sehr, die Zusammenarbeit voranzubringen und sahen, wie diese sich positiv auf alle SchülerInnen auswirken konnte.

Zu Beginn des neuen Jahres, arbeitete ich in dann nacheinander in zwei der 1. Klassen, weil ich gerne verschiedene Bereiche in der Schule kennen lernen wollte. In den 1. Klassen hatte ich sofort deutlich mehr zu tun, da es immer nur eine Lehrkraft pro Klasse gab und diese genau wussten, wo und wie sie mich einsetzen konnten. Ich habe z.B. Einheiten in englischer Sprache, Einzelförderung (Lesen und Mathe) und die Hausaufgaben-Kontrolle übernommen und teilweise auch bei Krankheit der Lehrkräfte die Vertretung gemacht. Die Arbeit in den 1. Klassen hat mir viel Spaß gemacht und ich habe mich sehr nützlich gefühlt. Besonders gefallen hat mir die Einzelförderung mit den Kindern außerhalb des Klassenunterrichts, bei der man sehr individuell auf Bedürfnisse und Stärken der einzelnen Kinder eingehen konnte und genau gesehen hat, wo und wie sie Fortschritte machten.

Betreut wurde ich an der Schule von der Schulleiterin der Förderschule und den Klassenlehrerinnen, mit denen ich jeweils zusammen gearbeitet habe. Ich habe von ihnen unglaublich viel Unterstützung bekommen und sie hatten immer ein offenes Ohr für mich. Auch wenn es um meine Freizeitgestaltung oder Feiertage ging. Ich habe z.B. Weihnachten bei der Familie der Schulleiterin und einer Lehrerin verbracht.

Ich hatte auch eine Betreuerin außerhalb der Schule, die ich etwa alle 1-2 Monate getroffen habe und die sich im Rathaus um die Internationalen Beziehungen der Gemeinde gekümmert hat. Sie hat für mich auch das Zimmer im Studentenwohnheim organisiert. Zusammen mit der Schulleiterin hat sie sich immer sehr darum bemüht, mir die Chance zu so vielen spannenden Erfahrungen wie möglich zu geben. Beispielsweise habe ich mir eine Woche lang die Arbeit in einem Theaterprojekt für Menschen mit Beeinträchtigungen angeschaut und zwei Wochen eine Deutschlehrerin an einer weiterführenden Schule im Unterricht begleitet. Außerdem durfte ich einen Vortrag für Lehramtsstudierende an der Uni Umeå über meine Motivation für ein Auslandspraktikum halten.

Leben neben dem Praktikum

Ich glaube ich hatte wirklich Glück, dass ich die erste Praktikantin aus dem Ausland in der Gemeinde Skellefteå war, denn so haben sich alle wirklich sehr angestrengt, damit es mir gefällt und ich mich wohl fühle. Deshalb durfte ich, obwohl ich dort nicht studiert habe, trotzdem im Studentenheim wohnen. Hier habe ich dann fast alle kennen gelernt, mit denen ich in meiner Freizeit etwas unternommen habe. Es ist nicht ganz einfach, Gleichaltrige kennen zu lernen wenn man ein Erasmus-Praktikum und kein Erasmus-Studium macht. Man hat eben nicht direkt eine Gruppe, zu der man sofort dazu gehört. Davon sollte man sich aber auf keinen Fall abschrecken lassen, denn ich glaube ich habe dadurch Land und Leute viel besser kennen gelernt und mich auch früher auf Schwedisch verständigt.

In meiner Freizeit neben dem Praktikum habe ich angefangen, im örtlichen Fitnessstudio „Friskis&Svettis“ zu arbeiten. Zu Beginn als Unterstützung im Kurs für Kinder, dann auch im Kurs für Menschen mit Beeinträchtigungen und schließlich auch alle zwei Wochen einmal an der Rezeption. Ich habe durch diese Arbeit viele neue Menschen getroffen und durch die freundliche und freundschaftliche Atmosphäre dort hat mir die Arbeit richtig Spaß gemacht.

An der Uni gab es dann auch ein Sprachcafé, in dem man mit anderen Schwedisch-Lernenden und Muttersprachlern seine Sprachfähigkeiten verbessern konnte. Die Initiative, die diese Café organisierte, veranstaltete auch weitere internationale Begegnungen, wie z.B. den Interkulturellen Tag auf dem Marktplatz, wo Menschen aus verschiedenen Ländern selbstgebackenes landestypisches Brot verteilten.

Mein Fazit ist, dass man auch ohne zu studieren, interessante neue Menschen kennen lernen kann. Man muss sich vielleicht selbst etwas mehr anstrengen, aber es lohnt sich auf jeden Fall.

Nach dem Praktikum

Ich finde das Beste an Auslandsaufenthalten ist, dass man noch einmal die Chance hat alles neu und anders zu machen sowie neue Menschen, Kulturen und Lebensweisen kennen zu lernen. Ich habe zum Beispiel Dinge ausprobiert, die ich in Deutschland wahrscheinlich nie angefangen hätte: einen Bauchtanzkurs (den meine Mitbewohnerin aus dem Studentenwohnheim geleitet hat), Ski fahren oder aber einfach den Winter genießen (und das bei bis zu -32°C und Dauerschnee von November bis April).

Im Praktikum habe ich sehr viel darüber herausgefunden, wie Schule in Schweden (oder zumindest in Skellefteå) funktioniert und welches Bild vom Kind der pädagogischen Arbeit zugrunde liegt. Ich habe aber auch eine ganze Menge über mich selbst und meine Rolle als Lehrkraft gelernt. Ich habe beispielsweise meine Stärken und für den Beruf hilfreichen Eigenschaften deutlicher gemerkt, aber auch Bereiche erkannt, in denen ich noch Verbesserungspotenzial bei mir sehe. Das Praktikum hat mir auf jeden Fall neue Motivation für das Studium gegeben und ich kann mir gut vorstellen, dass ich in den Theorieteilen des Studiums oft von der Praxiserfahrung profitieren werde.

Insgesamt kann ich wirklich nur jedem empfehlen, den Mut zu finden und die eventuellen Anfangsschwierigkeiten zu überwinden und ein Praktikum im Ausland zu machen. Es hat mich sowohl im persönlichen als auch professionellen Bereich ein großes Stück weiter gebracht und ich bin mit so vielen tollen Erfahrungen (die ich jetzt hier gar nicht alle aufzählen konnte) und Erinnerungen wieder nach Hause gekommen.