In den letzten zwei Jahren meines Biologie-Studiums fielen leider große Praxisanteile weg. Daher absolvierte ich im Juni und Juli diesen Jahres ein durch Erasmus+ gefördertes Praktikum an der biologischen Station „Terra Sylvestris“ auf der griechischen Insel Kalamos. Dies sollte mir praktische Einblicke in dieses Themen- und Berufsfeld ermöglichen und eine Orientierungshilfe für mein Masterstudium darstellen.

Die Inseln
Kalamos gehört zu den ionischen Inseln und liegt im Westen Griechenlands in der Nähe des Hafenorts Mytikas. Sie ist von mediterranem Klima mit sehr langen und trockenen Sommern geprägt. Auf Kalamos gibt es insbesondere Pinienwälder, die große Teile der Insel bedecken, während die Nachbarinsel Kastos weniger grün und vor allem von Olivenbäumen bewachsen ist. Auf Kalamos leben etwa 250 permanente Einwohner*innen in den zwei Orten Kalamos und Episkopi.

Die Inseln können über eine Fähre oder über sogenannte „Seataxis“ erreicht werden. Sowohl auf Kalamos und Kastos gibt es mindestens einen kleinen Laden, der die Bewohner*innen mit Lebensmittel und einfachen Haushaltsgegenständen versorgt. Außerdem gibt es Restaurants und Cafes, in denen sich die Einheimischen und Segeltourist*innen vermischen. Die Fortbewegung erfolgt per Taxi oder zu Fuß.

Die Inseln als Lebensraum
Die Inseln und das umliegende Meer bieten vielen verschiedenen Ökosystemen Platz. Diese sind unter anderem durch NATURA 2000 geschützt sind. Da die Inseln gering oder gar nicht besiedelt sind und kaum landwirtschaftlich genutzt werden, bieten sie einen Lebensraum für viele verschiedene Spezies.

Das umgebende Meer bietet neben anderen Meeressäugern auch der Mittelmeermönchsrobbe (Monachus monachus) ein Zuhause. Sie gehört zu den Hundsrobben und ist vom Aussterben bedroht. Sie ist die einzige im Mittelmeer beheimatete Robbenart, ist vor allem vor Griechenland und der Türkei anzutreffen und lebt in kleinen Kolonien zusammen.

Die biologische Station
Die biologische Station „Terra Sylvestris“ ist eine NGO und widmet sich dem Schutz der Umwelt. Ihre Ziele sind insbesondere der Erhalt der biologischen Diversität und die nachhaltige Entwicklung der inneren Region des Ionischen Archipels. Die ausgeübten Tätigkeiten umfassen wissenschaftliches Arbeiten, praktische Arbeit im Naturschutz und ökologische Renaturierung. Außerdem soll sie einen Ort der Gastfreundschaft für ähnliche Projekte und Ausgangspunkt für Exkursionen darstellen.

Die Forschung und Arbeiten der Station beschäftigen sich insbesondere mit Waldökosystemen und marinen Ökosystemen. Dabei werden ihre Gesundheit und die menschlichen Einflüsse untersucht. Zur Unterstützung ihrer Arbeit hat die Organisation 2015 ein Volunteerprogramm begonnen, um die anfallenden Arbeiten und Datenerfassung stemmen und erweitern zu können.

Die Station wird von Ted geleitet, der zum Teil auf der Insel aufgewachsen ist und unter anderem Griechisch und Englisch spricht. Die Station besteht aus einem zweistöckigen Haus mit umgebendem Garten, in dem für alle auf der Station lebenden Personen Gemüse und Obst auf nachhaltige Weise angebaut werden. Das Erdgeschoss des Gebäudes besteht aus einem großen Raum, in dem sich die Betten der Volunteers und Praktikant*innen befinden und der zusätzlich eine kleine Kochecke enthält. Im oberen Stockwerk befinden sich die Büroräumlichkeiten der Organisation. Zusätzlich gibt es einen beschatteten Außenbereich mit Sitzmöglichkeiten und Hängematten, der sowohl zur Arbeit als auch zur Entspannung genutzt wird.

Meine Arbeiten
Zu Beginn des Praktikums erhalten alle Praktikant*innen in Kleingruppen eine Einweisung in Form von Vorträgen vom Stationsleiter. Diese begann mit allgemeinen Informationen über die Inseln, die Organisation und ihre Arbeitsweisen. Anschließend bekamen wir einzelne Einführungen zu den unterschiedlichen Projekten, an denen wir arbeiten sollten. So erhielten wir z.B. eine Erklärung zur Funktionsweise der Kamerafallen, der Audiofallen und des Seegrass-Monitorings.

Anschließend haben wir zunächst das Vogel- und das Vegetationsmonitoring übernommen. Zur Aufnahme von Vogelstimmen standen wir früh auf, wanderten zu verschiedenen Plots auf der Insel (ca 30 bis 120 Minuten Entfernung) und nahmen dort für 30 Minuten die Umgebungsgeräusche auf. Anschließend sollen die darauf zu hörenden Vögel mittels eines R-Skripts identifiziert werden, das allerdings noch nicht ganz ausgearbeitet ist. Während einer Hitzewelle haben wir daran gearbeitet und versucht, Fehler zu identifizieren und eliminieren.

Zum Vegetations-Monitoring sind wir ebenfalls zu den markierten Stellen gewandert und haben dort das Totholz aufgenommen, den Umfang der Sprösslinge und Bäume bestimmt und diese markiert.

In den folgenden Wochen rückten das Austauschen und erstmalige Installieren von Kamerafallen in den Fokus meiner Aufgaben. Dazu wanderten wir zu Stränden oder Höhlen an der Küste der Inseln, die häufig allein durch schwimmen zu erreichen waren. Des Weiteren suchten wir nach unbekannten Höhlen im unbewohnten Süden der Insel Kalamos, um auch dort Kamerafallen zu installieren. Die erhaltenen Daten sichteten wir und sicherten sie auf Datenträgern. Des Weiteren konfigurierten und installierten wir Audiofallen in der Nähe von Wasserquellen oder Straßenlaternen, um Fledermaus-und Vogelstimmen aufzunehmen. Auch diese Daten sollen anschließend analysiert werden, sodass Listen über das Vorkommen verschiedener Vogel- und Fledermausarten aufgestellt werden können.

Fazit
Während meines Aufenthalts in der biologischen Station habe ich viele tolle Menschen kennengelernt und Kontakte zu anderen Naturschutzorganisationen aufbauen können. Nach den letzten Jahren mit stark eingeschränkter Praxisarbeit hat es mir sehr viel Spaß gemacht, wieder einmal in die Feldarbeit einzutauchen und viel Zeit in der Natur zu verbringen. Es war ein schönes Gefühl, sich mit Menschen auszutauschen, die sich genauso dafür begeistern können und sich gegenseitig zu inspirieren. Des Weiteren konnte ich die Ökosysteme der Inseln genauer kennenlernen und dabei viel über sie lernen. Allerdings kam es auch häufiger zu Problemen zwischen Praktikanten*innen und dem Leiter der Station. Neben den Einführungen zu Beginn gab es außerdem kaum Unterstützung bei den Arbeiten und es war alles sehr unstrukturiert. Dabei habe ich aber gelernt, auch mit solchen Situationen umzugehen und meine Grenzen zu kennen.

Wenn allerdings eine gute Kommunikation und der gegenseitige Respekt mit den Mitarbeitenden funktioniert, kann ein Praktikum bei einer biologischen Station eine tolle Erfahrung sein und einen guten Einblick in sowohl wissenschaftliche Arbeit als auch tatsächliche, praktische Naturschutzarbeit geben. Ich würde daher ein Auslandspraktikum über Erasmus auf jeden Fall sehr weiterempfehlen, allerdings nicht bei dieser Organisation.