Ich bin Absolventin des Master of Education für das Lehramt an Grundschulen der Universität Bremen, mit den Fächern Mathematik, Sachunterricht und Deutsch. Im Anschluss an mein Masterstudium habe ich ein dreimonatiges Praktikum in einer Sprachschule in Barcelona organisiert und absolviert, welches ich als Gelegenheit sah, vor dem Referendariat Unterrichterfahrung im Fach Deutsch zu gewinnen. Da das Fach Deutsch als „kleines Fach“ vergleichsweise wenig Platz in meinem Studium einnahm, wollte ich einen tieferen Einblick in mein Interessensgebiet „Deutsch als Fremd- und Zweitsprache“ bekommen; ein Bereich der im öffentlichen deutschen Bildungssystem zunehmend an Bedeutung gewinnt. Neben praktischer Unterrichtserfahrung erhoffte ich mir außerdem die Entwicklung meiner Spanischkenntnisse. Interessant für zukünftige Bewerber*innen ist vor allem der Hinweis auf die Möglichkeit eines Erasmus-Praktikums auch nach Abschluss des Studiums. Wichtig ist nur, dass die Bewerbung noch vor der Exmatrikulation eingereicht wird.
Gastinstitution
Das Praktikum habe ich bei „Alemanìsimo“ gemacht. Es handelt sich um eine kleine, private Sprachschule in Castelldefels bei Barcelona. Es ist ein kleines Unternehmen, welches sich über die Jahre eine Kundschaft im Ort angearbeitet hat. Die Schule besuchen Schüler*innen und Schüler die mit Deutsch als Erstsprache aufwachsen und eine der verschiedenen bilingualen Schulen in Barcelona besuchen, wie beispielsweise die „Deutsche Schule“, aber auch viele, die Deutsch als Fremdsprache lernen. Es werden Kurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in verschiedenen Niveaus angeboten. Durch ihre Größe hat die Schule den Charakter eines Familienunternehmens, mit einer sehr angenehmen und respektvollen Arbeitsatmosphäre. Zugleich ist sie aus didaktischer Perspektive sehr modern: sie kombiniert einen Fokus auf der digitalen Bildung mit handlungsorientiertem, spielerischem Unterricht, insbesondere für die jüngeren Gruppen. Die Schule bietet außerdem regelmäßig Freizeitaktivitäten an, wie zum Beispiel das Laterne-Basteln samt eines Sankt Martin Umzuges, sodass die Kinder beim Lernen der Sprache auch kulturelle Merkmale kennenlernen und sich in ausgelassener Atmosphäre mit der Sprache und dem Land beschäftigen können.
Pädagogische Erfahrung
Ich besuchte die Schule mit einem festen Stundenplan und erledigte außerdem Aufgaben, wie die Unterrichtsvorbereitung und Erstellung von Unterrichtmaterial, vor allem für die digitale Ergänzung des Unterrichts. Dadurch lernte ich viele verschiedene Online-Plattformen kennen, mithilfe derer Online-Unterrichtsmaterial erstellt werden kann und die ich sicher für meine weitere berufliche Tätigkeit nutzen werde. Dies ist besonders jetzt nützlich, wo die Digitalisierung in Schulen durch die Bereitstellung von Schüler*innen I-Pads weiter vorangeschritten ist.
Ich bekam außerdem schnell und häufig die Möglichkeit eigene Unterrichtserfahrung zu sammeln. Dazu gehörten Gruppen verschiedener Altersgruppen und Niveaus. Durch die große Vielfalt an Materialien, Büchern, Spielen und Aktivitäten, die sich über die Jahre in das Repertoire der Schule eingefunden haben, war die Unterrichtsplanung sehr spannend. Ich verlasse die Schule also mit einem deutlich erweiterten Wissen über Sprachfördermöglichkeiten innerhalb des Unterrichts, sowie Ideen zum Classroom- Management, zur Förderung der Lernmotivation und zur Einführung fachlich schwieriger Themen. Die Leitung der Schule unterstützte mich sehr und durch die starke Konzeptualisierung der didaktischen Struktur der Schule, fühlte ich mich zu keinem Zeitpunkt orientierungslos oder überfordert. Es werden sehr bestimmte Themen und Lernziele verfolgt. Durch diese starke Strukturiertheit der Schule, konnte ich mich vor allem auf pädagogische Herausforderungen konzentrieren. Nachteil ist dabei, dass die Kreativität und freie Gestaltung von Unterricht seitens der Beschäftigten etwas untergehen. Ich hätte mir etwas mehr Spielraum bei der Gestaltung gewünscht, verstehe aber, dass es bei einem so kurzen Praktikum wenig Zeit gibt, um das zu entwickeln.
Wohnort
Gewohnt habe ich in einem sehr zentralen Viertel in Barcelona, im Raval. Es handelt sich um ein sehr interessantes Viertel, um welches sich viele Vorurteile drehen. Als Stadtteil mit vielen Menschen in prekären Lebenslagen, sozioökonomischen Problemen und einer sehr langen Kriminalitätsgeschichte, bietet es parallel als alternatives Studentenviertel, Kunst- und Kulturraum, viele Eindrücke und eine sehr lebendige Atmosphäre. Mir war es wichtig während des Auslandsaufenthaltes interkulturelle Begegnungen zu erleben und zwar nicht im Natio-Ethno-Kulturellen Sinn. Vielmehr sah ich es als eine Möglichkeit aus meiner privaten Comfort-Zone auszutreten und in den Kontakt mit Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Lebenssituationen zu kommen.
Besonders wichtig war mir außerdem mit Menschen in Kontakt zu kommen, die den Ort gut kannten, sodass ich mir ein möglichst genaues Bild der dortigen Gesellschaft bilden und die Perspektive „von außen“ möglichst verlassen konnte. Das gelang mir mal mehr mal weniger, da der kosmopolitische Charakter der Stadt und ihre Lebendigkeit, viele Übergangsbewohner*innen anzieht, die auch nur für einen limitierten Zeitraum in der Stadt leben. Wichtig ist bei einem solchen Aufenthalt meiner Meinung nach, in der eigenen Freizeit schnell aktiv zu werden, Hobbys zu verfolgen und zum Beispiel Meetups zu besuchen, in denen man auf viele Menschen treffen kann, sowie, auch wenn es erst herausfordernd ist, eine spanischsprachige WG zu wählen, um mehr von der Sprache und dem Leben der Ortsansässigen mitzukriegen. Das fördert neben dem Kennenlernen der Geschichte, des Alltags und der interessantesten Orte der Gegend, auch die Sprachkenntnisse.
Organisatorisches
Da ich für einen längeren Zeitraum in Barcelona bleibe, musste ich verschiedene bürokratische Hürden überwinden. Wichtig zu wissen ist, dass für touristische Besuche ein maximal dreimonatiger Aufenthalt in Spanien erlaubt ist, danach muss die sogenannte NIE vorhanden sein, „Numero de identidad para extranjeros“. Es handelt sich um eine Ausländer*innen-Identifikationsnummer und muss bei der Stadt beantragt werden.
Da die Termine beim Amt begrenzt sind, hat sich ein skurriles „Business“ um die Erstellung der NIE gebildet. Agenturen und Anwälte bieten ihre Unterstützung für 100/150 Euro an. Davon würde ich dringend abraten. Die Erstellung der NIE ist bei Weitem nicht so kompliziert, wie es versucht wird darzustellen und es lohnt sich nicht für einen Behördengang zu bezahlen. Es gibt viele Informationen und Seiten online, wie man ohne Hilfe eine NIE bekommt. Mit der NIE können dann die Stadtfahrräder genutzt werden, ein sehr günstiger Fahrradleihservice der Stadt (Bicing).
Wohnungs- und WG-Suche sind vor allem bei idealista und badi möglich, die Facebook Seite „Deutsche in Barcelona“ hilft bei bürokratischen Hürden. Die Mieten in Barcelona sind ziemlich hoch, für ein einfaches 10m2 Zimmer ohne Fenster nach außen können gerne 300/350 Euro verlangt werden. Im Durchschnitt kosten WG-Zimmer meines Wissens nach um die 400 Euro oder mehr. Es werde viele kleine Zimmer ohne Fenster nach außen angeboten (meist ins Treppenhaus des Gebäudes, an einem Luftschacht oder gar in die Wohnung) und der Mietvertrag muss manchmal eingefordert werden. Da ist es wichtig hartnäckig zu bleiben. Trotzdem gibt es sehr viele Wohngemeinschaften, Kündigungsfristen spielen keine so große Rolle wie in Deutschland und so kann sich die Wohnungssuche schnell und spontan gestalten. Es ist nicht nötig die Wohnungssuche von Makleragenturen begleiten zu lassen.
Abschluss
Ich kann jeder und jedem empfehlen diese wunderbare Möglichkeit der Förderung eines Auslandsaufenthaltes in Anspruch zu nehmen. Nicht nur für meinen Beruf habe ich viel gelernt und Erfahrungen gesammelt, sondern ich konnte eine wunderschöne, spannende, sonnige Stadt kennenlernen. Katalonien bietet eine solche wunderschöne Naturvielfalt, dass die Ausflugsziele kaum zu schaffen sind.
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