Im dritten Semester meines Masterstudiums „International Studies of Aquatic Tropical Ecology“ an der Universität Bremen entschied ich mich, für fünf Monate nach Zypern zu gehen um dort in Kollaboration mit dem Marine & Environmental Research (MER) Lab mein Masterprojekt durchzuführen. Zypern ist eine Insel im Mittelmeer umgeben von der Türkei, Ägypten, Syrien, dem Libanon und vielen anderen Ländern. Die Insel besitzt eine griechische Hälfte sowie eine türkische, auch „besetzte“ Hälfte genannt. Die Amtssprache ist Griechisch, wobei die zweit-gängigste Sprache danach direkt Englisch ist. Dies macht vieles einfacher und Zypern ist ein relativ internationales Land wo man sich ohne große Hindernisse schnell einleben und bewegen kann.

Das Institut
Das Marine & Environmental Research (MER) Lab befindet sich in der touristischen Ostseite Limassols, eine Großstadt welche direkt an der südlichen Küstenseite von Zypern liegt. MER setzt sich momentan aus vier jungen, motivierten und erfahrenen Wissenschaftlern zusammen, spezialisiert im Bereich der Forschung und Beratung für Meeres- und Umweltdienstleistungen. In den letzten Jahren hat das Institut viele Projekte und Forschungsprogramme rund um die Küste Zyperns in den Bereichen Meeresbiologie/Ökologie, Aquakultur und Fischerei umgesetzt. Es ist ausgestattet mit einer vollen Palette von Forschungs- und Feldgeräten sowie 2-3 kleinere Boote die für die Feldarbeit und zur Probennahme dienen. Auch das Labor ist gut bestückt, sodass die Erfassung, Analyse und Verarbeitung biotischer und abiotischer Daten mit Leichtigkeit durchgeführt werden kann.
Klein aber fein!

Vorbereitung
Über einen guten Freund habe ich vom Institut erfahren, da dieser vor ein paar Jahren dort ein tolles Praktikum durchgeführt hatte. Da mein Plan erst ein anderer war, dieser jedoch durch covid-19 quasi niedergemacht wurde, konnte ich durch ihn den Kontakt nach Zypern herstellen. Ich hatte sehr viel Glück, dass alles selbst so kurzfristig funktionierte, sonst wäre ich wohl in Bremen geblieben und hätte an schon gesammelten Daten gearbeitet.

Ich brauchte nun also nur noch zwei passende Mentoren, einen in Zypern und einen in Bremen. Nachdem ich diese gefunden hatte, haben wir uns zusammengesetzt und über mögliche Projekte diskutiert. Für mich hat sich relativ schnell herausgestellt, dass ich gerne Meeresschutzgebiete auf deren Funktionalität hinsichtlich auf Fisch Diversität und Biomasse untersuchen möchte. In Deutschland habe ich dieses Thema dann noch in einem Forschungsvorhaben niedergeschrieben und zu meinen beiden Betreuern gesendet. Nachdem dieser genehmigt wurde, waren es nur noch wenige Tage, bevor ich nach Zypern aufbrach. Glücklicherweise fand ich zeitnah eine bezahlbare Unterkunft am anderen Ende der Stadt wo ich dann mit einer deutsch-amerikanischen Mitbewohnerin zusammenzog.

Ankunft
In Zypern und meiner neuen Unterkunft angekommen, war ich erstmal froh den Sommer wieder zu haben. Als ich Deutschland Ende September verließ, war es noch etwas warm aber der Herbst stand schon vor der Tür. Covid-19 machte es nicht einfacher, da ich erstmal ein paar Tage zuhause bleiben sollte und somit konnte ich meine Nachbarschaft erst später erkunden. Das Team von MER habe ich circa zwei Wochen nach meiner Ankunft kennengelernt und da diese gerade sehr viel zu tun hatten, war ich erst einmal auf mich alleine gestellt. Ich hatte also Zeit, mir mehr Gedanken um den Projektplan zu machen sowie das Gelände bereits zu erkunden und mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen. Es war ein eher langsamer Start und hat einige Zeit gebraucht, bis ich alles durchgeplant hatte, aber gut Ding will Weile haben.

Zusammenarbeit
Mit dem Institut selbst hatte ich im Vorhinein eine Abmachung getroffen. Ich durfte deren Feldausrüstungen für mein Projekt nutzen und habe auch durch neue Ideen und interessante Diskussionen das Projekt verbessern können. Im Gegenzug habe ich regelmäßig geholfen wo Hilfe gerade nötig war, dadurch bin ich in einige Projekte miteingetaucht. Ob Assistent zu Wasser, im Büro oder im Labor, alles war möglich. Natürlich brauchte ich auch regelmäßig Hilfe für die Feldarbeit meines Masterprojektes, da es eine Regel war, nicht alleine raus aufs Meer zu gehen. Das finde ich gut und dafür war ich sehr dankbar!

Das Beste an unserer Vereinbarung war, dass ich in vielen verschiedenen Bereichen mitarbeitete und somit einiges an Erfahrung in jeglichen Arbeitsbereichen sammelte. Sehr facettenreich und deshalb von großem Wert.

Mein eigenes Projekt
Wie schon erwähnte, wollte ich die Funktionalität von zwei Meeresschutzgebieten hinsichtlich auf deren Fisch Diversität und Biomasse untersuchen. Um dies überhaupt sichtbar machen zu können, muss man auch einen weiteren ähnlichen Lebensraum untersuchen, welcher ungeschützt ist. Die Unterschiede zwischen beiden kann man dann nutzen und somit zeigen, inwiefern Meeresschutzgebiete wirklich funktionieren bzw. ob diese überhaupt funktionieren. Ich brauchte also pro Meeresschutzgebiet ein weiteres Gebiet mit sehr ähnlichen Charakterzügen welches nicht unter Schutz steht.

Ein weiterer Aspekt des Projekts war, herauszufinden inwiefern die Fischarten natürlich vorkommen oder fremdartig sind (Stichwort invasive Arten). Im Mittelmeer ist vor allem der Suez Kanal ein großer Faktor für eindringende Arten, da dieser das Mittelmeer mit dem Roten Meer und dem Indischen Ozean (bzw. Arabisches Meer) verbindet.

Mein Plan war also, vierwöchentlich zwei Meeresschutzgebiete sowie deren „Kontrollgebiet“ zu untersuchen. Die Meeresschutzgebiete befinden sich vor der Küste Limassols und heißen MPA (Marine Protected Area) Dasoudi und MPA Amathounta.

Die dortigen Fischbestände wurden untersucht, indem man sogenannte Transekten (25 m lang und 5 m breit) entlang schnorchelt und hierbei sämtliche Fischarten die man sieht, bestimmt, zählt und deren Länge schätzt. Natürlich ist dies nicht immer einfach und man muss erstmal alle Arten kennen lernen, viel Vorbereitungszeit war also auch nötig. Fehler sind ganz normal und deshalb werden viele Fotos und Videos während des „Datensammelns“ gemacht. Auch weil man weiß, dass manchmal ein Experte benötigt wird um eine Fischart zu bestimmen oder auch um die Längenschätzung mit anderen Experten zu verifizieren.

Mein Ziel habe ich auf jeden Fall erreicht und vier Datensätze über 5 Monate dokumentiert und nun ist es an der Zeit, diese auszuwerten und zu erforschen. Möglicherweise finden wir etwas Interessantes im Bezug auf die Funktionalität der Meeresschutzgebiete.

Andere Projekte
MER hat einige Projekte über einen längeren Zeitraum, manche befassen sich mit dem invasiven Feuerfisch oder es geht darum, Höhlen an Stränden oder Felswänden zu kartieren. Sollte man das Begehren haben, Erfahrung im Tauchen zu sammeln oder Unterwasser wissenschaftliche Arbeiten durchzuführen, gibt es auch dazu eine Menge zu tun. Natürlich muss man aber auch Erfahrung und Zertifikate mitbringen.

Jedes Jahr kommen gibt es einige Stellen für Praktikanten welche in diesen Bereichen aushelfen, das Institut unterstützen und dabei eigene Erfahrung sammeln.

Fazit
Die Zeit auf Zypern in Zusammenarbeit mit MER war einzigartig, ich habe unter vielen anderen Dingen auch meine Grenzen besser erforschen können sowie viel an Wissen und Artenkenntnis dazu erlangt. Während covid-19 war es nicht einfach auf Zypern zu wohnen und erstmal niemanden zu kennen, trotzdem wurde ich mit offenen Armen empfangen und habe dort gute Freunde und Kollegen gefunden, mit den ich noch sehr weit in der Zukunft Kontakt haben werde.

Wieder mal hat sich für mich bewiesen, Auslandsaufenthalte lohnen sich immer und sollten niemals abgelehnt werden, soweit man eben die Möglichkeit hat. Hier hilft vor allem auch ein ERASMUS Stipendium.

Das letzte halbe Jahr hat mir auf jeden Fall geholfen, mir meinen zukünftigen Weg etwas näher zu bringen, mich weiterzuentwickeln und mich mit Wissenschaftlern sowie Nachwuchsforschern zu vernetzen und Freundschaften herzustellen.

Das Institut ist nur zu empfehlen und für Fragen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung (siehe Kommentarbereich). Sollte jemand noch weitere Informationen wollen, dann gerne auf der Seite des Instituts (http://www.merresearch.com/) sowie meines Profils (http://www.merresearch.com/hannes-seidel/).