Motivation
Aufgrund des hohen Anforderungsniveaus meines Produktionstechnik-Studiums lag mein Fokus grundsätzlich stark auf der Erzielung guter Leistungen und auf der Erlangung eines zügigen Abschlusses. Über einen Auslandsaufenthalt habe ich zu Beginn meines Studiums nicht wirklich nachgedacht, weil ich nicht die Zeit gefunden habe, mich intensiver damit auseinanderzusetzen und weil ich darin in jedem Fall eine Verlängerung meines Studiums gesehen habe. Zum Ende des Bachelor- bzw. zu Beginn meines Masterstudiums änderte sich meine Sichtweise etwas. Ich informierte mich über den Ablauf eines Auslandsaufenthaltes und über Förderungsmöglichkeiten an der Universität Bremen. Im Zuge dessen lernte ich auch die Studentenorganisation IAESTE kennen und unterstützte das Lokalkomitee Bremen ehrenamtlich. Die Organisation vermittelt weltweit kostenlos Praktika und bietet den Praktikanten zudem eine Art Begleitprogramm, welches Unterstützung bei der Wohnungssuche und Behördengängen oder andere Betreuungsaufgaben umfasst. So kam ich häufiger mit ausländischen Studenten in Kontakt, die in Bremen ein Praktikum absolvierten und mir wurde bewusst, dass ein solcher Auslandsaufenthalt viel Freude bereiten kann und sich in vielerlei Hinsicht lohnt. Neben der Praxiserfahrung lassen sich insbesondere die Verbesserung der Sprachkenntnisse, das Knüpfen neuer Kontakte, und das Erleben einer neuen Kultur nennen. Außerdem sehe ich darin ein Verlassen der eigenen Komfortzone, was z.B. mit einem selbstsichereren Auftreten oder einer andersartigen Persönlichkeitsentwicklung einhergehen kann. Ein Studium im Ausland war für mich jedoch weiterhin nicht attraktiv. Gründe dafür waren vor allem die z.T. sehr unterschiedlichen Studiensysteme (inkl. schwer zu kombinierenden Semesterzeiten), die Bewerbungsfristen und die Anerkennungsverfahren. Im Vergleich dazu ist das Praktikum über ERASMUS+ deutlich unkomplizierter und flexibler, weshalb ich mich letztendlich auch dafür entschied.

Vorbereitung und Bewerbung
Zunächst las ich mir Ratgeber durch, die sich damit befassen wie man einen Auslandaufenthalt bestenfalls plant und worauf allgemein zu achten ist. Im Internet, beim International Office und beim Career Center wurde ich diesbezüglich schnell fündig. Mithilfe des Informationsmaterials stellte ich mir einen eigenen Zeitplan wichtigen Meilensteinen auf. Im Fokus stand zunächst die Frage „Was erhoffe ich mir durch das Praktikum?“. Anschließend ging es darum herauszufinden, in welcher Branche und in welchen Ländern ich mir ein Praktikum vorstellen kann. Aufgrund meines ingenieurwissenschaftlichen Studiums suchte ich vornehmlich nach Stellen im technischen Bereich. Dabei stellte ich fest, dass das Praktikumsland für mich nur eine untergeordnete Rolle spielt und hauptsächlich durch meine Sprachkenntnisse (Deutsch, Englisch, Französisch) sowie die förderbaren Länder im ERASMUS+ Programm eingeschränkt wird. Da ich mir eine Zukunft im Bereich Automotive gut vorstellen kann, suchte ich insbesondere auch auf den Internetseiten der deutschen Automobilkonzerne nach Möglichkeiten eines Auslandspraktikums. Die ausgeschriebenen Stellen inkl. der Tätigkeitsbeschreibung und den Anforderungen sowie die persönlichen Erfahrungsberichte ehemaliger Praktikanten, die ich bei meiner weiteren Recherche gefunden habe, sorgten dafür, dass sich letztendlich Audi (Győr, Ungarn), Volkswagen (Bratislava, Slowakei) und Škoda (Mladá Boleslav, Tschechische Republik) als meine favorisierten Arbeitgeber herauskristallisierten. Nachdem ich meine Favoriten priorisiert hatte, schrieb ich Bewerbungen und schickte sie zeitlich versetzt ab (erste Bewerbung ca. 6 Monate vor gewünschtem Praktikumsbeginn). Über die Zusage von Škoda im Bereich des Prototypenkarosseriebaus freute ich mich natürlich sehr.

Letzte Schritte vor der Abreise
Obwohl ich die Praktikumszusage schon mehrere Monate vor Beginn erhalten habe, war aufgrund der Situation durch das Coronavirus unklar, ob mein Auslandsaufenthalt wie geplant stattfinden kann (Einreisestopp, Quarantänemaßnahmen, Produktionsstopp, etc.). Als von allen Seiten das O.K. kam freute ich mich umso mehr und bereitete mich auf die Abreise vor. Die wichtigsten Dinge waren: letzte Leistungen an der Universität erbringen, ERASMUS+ Förderung beantragen, alle benötigten Unterlagen beschaffen, Impfschutz auffrischen, Auslandsversicherung abschließen (z.B. DAAD-Kombinationspolice), Anreise organisieren, Wohnung im Ausland finden (ich konnte glücklicherweise im Wohnheim des Arbeitgebers untergebracht werden), internationalen Studentenausweis (ISIC) beantragen und Uni-Semesterbeitrag überweisen. Außerdem sollte man sich über das Thema Geld Gedanken machen und sicherstellen, dass auch im Ausland alles wie gewohnt funktioniert (Bargeld, EC-Karte, ggf. andere Währung, etc.). Nachdem diese Dinge erledigt waren, hieß es Koffer packen und sich von Familie, Bekannten und Freunden verabschieden.

Ein holpriger Start
Ich reiste bewusst zwei Tage vor Vertragsbeginn aus Deutschland ab. Mein Gedanke war es, den Ort am ersten Tag in Ruhe kennenzulernen und mich von einer ggf. strapaziösen Reise erholen zu können. Ich reiste mit dem Zug bis nach Prag. Trotz der Tatsache, dass der Zug pünktlich startete und auch die Umstiege gut verliefen, ergab sich kurz vor der Bundesgrenze ein technisches Problem, sodass die Fahrt unterbrochen werden musste und ich letztendlich mit über 3 Stunden Verspätung in Prag ankam. Ich suchte dort zunächst eine Wechselstube auf, um ein wenig Bargeld in die Landeswährung „Tschechische Kronen (CZK)“ zu wechseln. Hierfür kann ich den Schalter an der Information der Tschechischen Bahn „Ceské Dráhy“ empfehlen, da dort faire Wechselkurse angeboten werden. Mit Metro und Bus ging es anschließend weiter in Richtung Mladá Boleslav. An der Bushaltestelle kam ich das erste Mal mit einer tschechischen Person ins Gespräch. Ich fragte, ob ich an der richtigen Haltestelle sei, was mir der junge Student glücklicherweise bestätigen konnte. Er nahm denselben Bus und kannte sich in Mladá Boleslav aus. Auch gab er mir ein paar allgemeine Hinweise zu den Transportsystemen in Tschechien und erklärte mir den Weg von der Bushaltestelle zu meinem Wohnheim. Während der anschließenden Busfahrt unterhielten wir uns weiter und tauschten Handynummern aus. Ich freute mich sehr über diese Hilfsbereitschaft.

Aufgrund der bereits erwähnten Zugverspätung war es etwa Mitternacht als ich aus dem Bus ausstieg und mich mit meinen Koffern in Richtung Wohnheim aufmachte. Dort stellte ich mich vor und bekam an der Rezeption einige Unterlagen zur Unterschrift sowie meine Zimmerschlüssel ausgehändigt. Da ich mich zuvor mit dem Studenten im Bus gut auf Englisch unterhalten konnte, war ich umso schockierter, dass die Dame an der Rezeption keines meiner Worte zu verstehen schien und stets den Google Übersetzer auf ihrem Handy zur Rate zog. Auch Freundlichkeit war kaum vorhanden. Nichtsdestotrotz bewegte ich mich mit dem Schlüssel in der Hand in Richtung meiner Wohnung (4er-WG, Zimmer jeweils zu zweit) und hoffte dort niemanden aufwecken zu müssen. Leider war das Gegenteil der Fall. In meinem Zimmer schlief mein Mitbewohner und war nicht begeistert mich zu sehen. Er wusste nicht, dass ich anreisen würde und gab mir zu verstehen, dass er schlafen wolle. Daraufhin aß ich noch eine Kleinigkeit, machte mich bettfertig und versuchte einzuschlafen. Nach der stressigen Anreise war ich wirklich froh, dass ich noch einen Tag Puffer als Erholung eingeplant hatte. Nur wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, wie ich die tschechische Bevölkerung einschätzen soll. Ich hatte die Bekanntschaft mit drei Personen gemacht, deren Verhalten unterschiedlicher nicht hätte sein können.

Erster Tag in der Stadt Mladá Boleslav
Am nächsten Morgen wurde ich recht früh durch Sonnenstrahlen geweckt. Trotz der etwas kurzen Nacht fühlte ich mich etwas erholt. Der Blick aus dem Fenster war meiner Meinung nach nicht schlecht (s. Abbildung 1).

Abbildung 1: Der Blick aus dem Fenster meiner Wohnung.

Ich stellte mich meinem Zimmernachbarn vor und kam mit ihm ins Gespräch. Seine schlechte Laune hatte sich glücklicherweise gelegt. Er kam selbst aus Tschechien und beantwortete mir gerne alle Fragen, die ich zu diesem Zeitpunkt zu der Wohnsituation oder dem Arbeitgeber hatte. Der Zustand und die Ausstattung der Wohnung waren leider unterhalb des deutschen Standards. Da mir die Unterkunft kostenlos zur Verfügung gestellt wurde und nur für einen begrenzten Zeitraum mein zu Hause sein würde, konnte ich mich damit trotzdem anfreunden. Ich holte mir in der Nähe der Wohnung etwas zu Essen und nutzte den Rest des Tages, um die Stadt zu erkunden. Das Wetter war sehr gut und die Architektur mancher Gebäude sehr schön (s. Abbildung 2 und Abbildung 3).

Auch machte ich mich auf die Suche nach meinem zukünftigen Arbeitsplatz. Der Bereich der technischen Entwicklung, in welchem ich tätig sein sollte, befindet sich nämlich nicht im Hauptwerk, sondern auf dem Gelände „Cesana“ am anderen Ende der Stadt (s. Abbildung 4).

Abbildung 4: Bereich der technischen Entwicklung am Standort Cesana direkt am Fluss Jizera (links) und zugehöriges Schild am Eingangstor (rechts).

Während meines Praktikums sollte der Umzug des Prototypen- und Modellbaus in ein eigens dafür neu errichtetes Gebäude (s. Abbildung 5) erfolgen.

Abbildung 5: Neues Gebäude für den Prototypen- und Modellbau (Umzug der einzelnen Abteilungen ab 08/2020).

Der erste Eindruck des Wohnortes war durchaus positiv, sodass ich mich schon auf den nächsten Tag freute.

Entry Training und erster Arbeitstag
Den ersten Tag verbrachte ich im Schulungszentrum von Škoda, wo mir die Geschichte und die Prinzipien des Unternehmens sowie Einzelheiten zu meinem Beschäftigungsverhältnis näher gebracht wurden. Auch die Arbeitssicherheit wurde thematisiert. Am Ende der Schulung musste ich einige Dokumente unterschreiben und bekam meinen Firmenausweis ausgehändigt. Normalerweise ist im Zuge des Entry Trainings auch eine Tour über das Firmengelände geplant. Diese musste jedoch leider aufgrund der Situation hinsichtlich Corona ausfallen. Am nächsten Tag begab ich mich zu meiner Arbeitsstelle. Dort wurden mir mein Arbeitsplatz sowie die weiteren Räumlichkeiten der Abteilung gezeigt. Ich wurde den Kollegen vorgestellt und erzählte auch ein wenig über mich. Am ersten Arbeitstag ging es hauptsächlich um die Klärung organisatorischer Angelegenheiten und um das Einrichten des Arbeitsplatzes. Anschließend bekam ich dann meine ersten Aufgaben als Praktikant.

Vorstellung der Abteilung und Aufgaben während des Praktikums
Diesen Abschnitt möchte ich bewusst kurz halten, da zum einen der Fokus dieses Berichtes woanders liegen soll und da ich zum anderen auch hinsichtlich Informationen aus dem Unternehmen zur Verschwiegenheit verpflichtet bin. So war es auch nicht gestattet Fotos auf dem Werksgelände anzufertigen. Positiv möchte ich hervorheben, dass ich ca. zwei Wochen nach Praktikumsbeginn eine Präsentation über mich (auf Englisch) halten sollte. So konnten sich die Kollegen ein Bild davon machen, wer ich bin, woher ich komme und welche Erfahrungen ich bislang gesammelt habe. Auch Bestandteil dieser Präsentation waren meine Erwartungen an das Praktikum. Dementsprechend konnte ich selbst Ideen und Wünsche äußern und somit meine eigenen Interessen bei der Gestaltung des Praktikums einbringen.

Ich arbeitete in der Abteilung Prototypen-Karosseriebau (interne Bezeichnung EGV/4). Die Abteilung bildet mit den übrigen sechs EGV-Abteilungen den Prototypen- und Modellbau (EGV) bei Škoda. Das Ziel des EGV ist die Konstruktion und Produktion von Prototypen, Modell- und Konzeptfahrzeugen und die Herstellung von Montagevorrichtungen für Schweißprozesse. Die hergestellten Prototypen werden für Crashtest, Ausstellungen, Testfahrten und Dauerversuche benötigt. Ich selbst fertigte z.B. Konstruktionsunterlagen an oder unterstützte bei Angelegenheiten in der Layoutplanung. Viele meiner Aufgaben waren mit dem Umzug in das neue Gebäude verbunden. So musste beispielsweise sichergestellt werden, dass die Schweiß-, Laserlöt-, und Laserschneideanlagen auch am neuen Ort reibungslos funktionieren konnten. Das bedeutet ich durfte vom Transport der Maschinen, über den Anschluss, die Funktionsüberprüfung und die Parametereinstellung bis hin zur Inbetriebnahme verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen. Organisation und Administration, Kommunikation mit Geschäftspartnern und Erstellung von Präsentationsunterlagen gehörten dazu. So habe ich die jeweils die Funktionsweise der unterschiedlichen Anlagen kennengelernt.

Auch wenn ich in der Abteilung EGV/4 angestellt war, konnte ich in alle sieben Bereiche des EGV kurz hineinschnuppern. Ich war erstaunt, wie umfangreich die Entwicklung eines Prototyps tatsächlich ist. Für interessierte Leser empfehle das Video „We are EGV: The Secret Department“, in welchem sich alle Abteilungen kurz vorstellen (verfügbar unter: https://youtu.be/ppkQ1dyv34U ).

Sprache
Die englische Sprache ist in Tschechien noch nicht sehr verbreitet. Das bedeutet sowohl im privaten Alltag als auch auf der Arbeit gestaltete sich die Kommunikation manchmal etwas schwierig. Glücklicherweise gab es in meinem Büro einen Kollegen der deutsch sprechen konnte. Mit den anderen Kollegen kommunizierte ich auf Englisch. Aufgrund des grundsätzlich niedrigen Sprachlevels kamen dabei dann auch Hände und Füße oder ein Übersetzungsprogramm zum Einsatz. Wir konnten uns trotz der Schwierigkeiten immer verständigen und hatten manchmal auch etwas zu lachen. Hin und wieder wagte ich es auch mit meinem begrenzten tschechischen Wortschatz ein paar Sätze zu bilden. Diese Worte habe ich aus Gesprächen der Kollegen untereinander aufgeschnappt oder mithilfe des ERASMUS+ Online-Sprachkurses gelernt. Beeindruckend fand ich die Tatsache, dass sehr viele Ausdrücke als Begrüßung und gleichzeitig zum Abschied verwendet wurden. „Ahoj“ ist ein Beispiel hierfür und kommt, anders als ich dachte, nicht ausschließlich an Bord eines Schiffes zum Einsatz. Auch sehr interessant fand ich den Ausdruck „ty vole“. Er bedeutet wortwörtlich „du Ochse“ und dient als Universalausdruck, der unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Man kann damit Empörung, Verwunderung, Enttäuschung, aber auch Freude oder sogar Anerkennung ausdrücken. Aus diesem Grund findet er sehr häufig Anwendung.

Essen und Trinken
Die Auswahl an Essen ähnelt in Tschechien eigentlich größtenteils der aus Deutschland. Mir sind lediglich die folgenden Dinge besonders aufgefallen. 1. Zu vielen Gerichten werden Knödel serviert (in verschiedenen Variationen). Auch süße Knödel mit Fruchtfüllung sind beliebt. 2. Das Mittagessen ist sehr deftig. Es enthält in den meisten Fällen Fleisch. 3. Die Preise für Lebensmittel sind, verglichen mit denen in Deutschland, etwas höher. Diese Tatsache hat mich verwundert, da die tschechische Bevölkerung grundsätzlich über ein geringeres Einkommen verfügt. 4. Nahezu jeder Tscheche kauft im Supermarkt eine Tüte voll (z.B. 20 Stück) einer Backware namens „Rohlik“. Dies ist ein längliches, trockenes Brötchen, welches in jedem Supermarkt angeboten und anscheinend in sehr hohen Mengen konsumiert wird. 5. Die Tschechen sind stolz auf ihr Bier, insbesondere Pilsner Urquell, und trinken es gerne sowie häufig. Das habe ich selbst oft miterlebt und ist auch statistisch nachgewiesen. So waren es im Jahr 2018 in Tschechien 141 Liter Bier pro Kopf, während es in Deutschland 101 Liter waren. Die Tschechen belegen beim Thema Bierkonsum in Europa daher insgesamt den ersten Platz. 6. „Tocená Zmrzlina“ (Softeis) ist sehr beliebt. Es wird im Sommer an jeder Ecke verkauft. Nach einem Eis in Kugelform oder gar nach Spaghettieis muss man dagegen sehr lange suchen.

Freizeitgestaltung
Ich habe in meiner Freizeit gerne etwas unternommen. So habe ich durch Spaziergänge, Joggingrunden und Fahrradtouren in und um Mladá Boleslav die Gegend erkundet. Die Stadt besteht leider größtenteils aus hohen Wohnblöcken. Highlights sind die bereits gezeigten Gebäude, eine Burg (s. Abbildung 6, links) ein Laufpark sowie einen Naturpark, in dem viele Kaninchen und Erdhörnchen zu Hause sind (s. Abbildung 6, rechts).

Abbildung 6: Burg von Mladá Boleslav (links) und Erdhörnchen im Naturpark „Radouc“ (rechts).

Auch habe ich die Zeit genutzt, um das Škoda Museum zu besichtigen (s. Abbildung 7) oder angebotene Veranstaltungen zu besuchen (s. Abbildung 8).

Abbildung 7: Schriftzug vor dem Škoda Museum (links) und Ausstellung historischer Škoda Fahrzeuge (rechts).

Außerdem beginnt nur etwa 20 km entfernt das Böhmisches Paradies. Es bietet eine besonders hohe Vielfalt für Naturliebhaber. Wälder, Felder, Seen, Felsformationen, Hügel und sehr viele Burgruinen lassen sich hier entdecken (s. Abbildung 9).

Abbildung 9: Felsformation nahe „Hrubá Skála“ (links) und Burgruine „Trosky“ (rechts) als Wahrzeichen des Böhmischen Paradieses.

Auch für sportliche Fahrradtouren ist diese Gegend sehr gut geeignet. In anderer Richtung befindet sich die Hauptstadt Prag. Sie bietet eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten und ist ebenfalls einen Besuch wert (s. Abbildung 10).

Abbildung 10: Karlsbrücke und Schloss von Prag am Abend (links) sowie Blick von oben bei Tageslicht (rechts).

Wer gerne wandert oder grundsätzlich Berge mag, dem empfehle ich einen Aufenthalt im Riesengebirge. Dort befindet sich der höchste Berg der Tschechischen Republik „Snežka“ und es gibt sehr viele Wanderwege, sodass es eigentlich nicht langweilig werden kann. Die Aussicht ist wirklich lohnenswert (s. Abbildung 11).

Abbildung 11: Ausblick vom Berg „Snežka“ im Riesengebirge in zwei verschiedene Richtungen.

Fazit
Nach insgesamt 5 Monaten Praktikum in Tschechien möchte ich meinen Aufenthalt kurz beurteilen. Negativ in Erinnerung geblieben sind mir insbesondere die drei folgenden Aspekte. 1. Komplikationen bei der Anreise, 2. Zustand der Wohnung und 3. Situation durch das Coronavirus. Die ersten beiden Punkte habe ich bereits erläutert. Die Zugverspätung und die damit verbundene nächtliche Ankunft waren ärgerlich, sind jedoch technischen Ursprungs und können daher niemandem zu Last gelegt werden. Die Tatsache, dass die Wohnungen renovierungsbedürftig sind, scheint der Arbeitgeber glücklicherweise erkannt zu haben. Es wurden bereits erste Schritte der Sanierung eingeleitet, sodass der Zustand der Wohnungen in den nächsten Jahren womöglich nach und nach besser sein wird. Den dritten Punkt habe ich bislang noch nicht wirklich thematisiert, er hat mich jedoch über mein gesamtes Praktikum hinweg begleitet. Bereits vorab war unsicher, ob das Praktikum wie geplant stattfinden kann. Auch musste ich bei der Einreise die gesamte Zug/-Busfahrt über einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Während des Praktikums fiel mir auf, dass außer mir wenige ausländische Praktikanten vor Ort waren. Im Entry Training war ich beispielsweise der einzige neue Praktikant aus dem Ausland. Die wenigen Praktikanten, die dort waren, kamen aus Tschechien und arbeiteten überwiegend in Teilzeit. Dementsprechend waren sie nur 2 oder 3 Tage in der Woche in der Stadt und es gab wenige Möglichkeiten mit gleichgesinnten oder -altrigen etwas zu unternehmen. Ungefähr ab der zweiten Hälfte meines Praktikums stiegen die Corona-Infektionszahlen stark, sodass Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung getroffen werden mussten. Es musste beispielsweise auch am Arbeitsplatz eine Maske getragen werden oder es wurde wechselweise im Home Office gearbeitet. Geschäfte und Restaurants wurden über mehrere Wochen geschlossen und es gab eine Ausgangssperre. Darüber hinaus wurde das Land von Deutschland als Risikogebiet eingestuft, was die Aus- und Einreise zwischen beiden Ländern verkomplizierte (Quarantäne-/Testpflicht). Auch mussten interessante Termine auf der Arbeit teilweise abgesagt werden, da ein erhöhtes Infektionsrisiko bestand. Darüber hinaus befand ich mich selbst für einige Tage in Quarantäne, da ich Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatte. Trotz dieser Vielzahl an coronabedingten negativen Aspekten freue ich mich, dass ich gesund geblieben bin und dass das Praktikum nicht vorzeitig abgebrochen werden musste.

Auch die positiven Aspekte möchte ich kurz zusammenfassen. Zunächst ist festzuhalten, dass ich während des Praktikums fast ausschließlich gutes Wetter hatte. Ich absolvierte das Praktikum größtenteils im Sommer und es gab selten einen Tag an dem es mehrere Stunden am Stück regnete. Somit konnte ich viel unternehmen und die schöne Landschaft entdecken. Ich machte viele Ausflüge in die Natur oder nahm an öffentlichen Veranstaltungen teil. Hierfür konnte ich mich dank meines internationalen Studentenausweises besonders günstig mit Bus und Bahn fortbewegen. Innerhalb der Stadt nutzte ich Leihfahrräder, die, aufgrund des Sponsorings durch Škoda, für kurze Strecken kostenlos verwendet werden konnten. Somit war es z.B. möglich, den Arbeitsweg zurückzulegen. Die Tschechen sind allgemein sehr Fahrrad-verrückt. Daher konnte ich mir für längere Touren oft ein Mountainbike meines Kollegen ausleihen. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass ich die Kollegen sehr positiv in Erinnerung habe. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Umgang im Büro und das grundsätzliche Arbeitsklima einen wesentlichen Faktor für Zufriedenheit und Freude an der Arbeit darstellen. Ausnahmslos alle Kollegen waren mir gegenüber sehr hilfsbereit. Ich konnte stets Fragen aller Art stellen und bekam z.B. auch Unterstützung bei organisatorischen Angelegenheiten, Behördengängen oder der Wochenendplanung. Auch eine gemeinsame Fahrradtour half dabei, alle kennenzulernen und mich in das Team zu integrieren. Die Gespräche, egal ob fachlich oder privat, waren immer freundlich und humorvoll, sodass ich mich von Anfang an wohl gefühlt habe. Ich erhielt für meine Arbeit stets Wertschätzung sowie Lob und wurde als gleichwertiger Kollege behandelt. Darüber hinaus wurde Rücksicht darauf genommen, was mich persönlich interessiert und versucht dies in meinen Praktikumsaufenthalt einfließen zu lassen.

Meiner Meinung nach sind die negativen (hauptsächlich coronabedingten) Aspekte zu verkraften, sodass die positiven Aspekte stark überwiegen. Ich habe fachlich und sprachlich neue Kenntnisse erlangt, einiges vom Land gesehen und mich persönlich weiterentwickelt. Außerdem habe ich viele neue, nette Menschen kennengelernt, mit denen ich auch nach meiner Abreise weiterhin gerne in Kontakt bleibe. Jeder, der ein solches Praktikum absolviert erhält die Möglichkeit eine andere Kultur zu erleben und gleichzeitig seine Pläne hinsichtlich der beruflichen Zukunft zu konkretisieren. Aus diesem Grund stellt das Auslandspraktikum für mich eine wertvolle Erfahrung dar und ich würde mich jederzeit wieder dafür entscheiden. Abschließend danke ich sowohl dem Arbeitgeber Škoda als auch der Universität Bremen bzw. dem Team des International Office, dass sie mir durch das ERASMUS+ Praktikum die Chance gegeben haben, diese wichtigen Lebenserfahrungen zu sammeln.