Im Rahmen eines Auslandspraktikums habe ich zwei Monate in der Sprachabteilung des Goethe-Instituts Nancy verbracht. Meine Hauptaufgaben lassen sich in zwei Themenbereiche unterteilen: zum einen war ich in die Organisation und Veranstaltung von interkulturellen Trainings involviert und zum anderen an der Organisation eines Treffens von Europaabgeordneten beteiligt. Hinzu kamen kleinere Projekte im Bereich der Sprachkurse, im organisatorischen und administrativen Bereich.
Auf das Goethe-Institut Nancy bin ich durch eine Ausschreibung aufmerksam geworden. Ich habe eine Anzeige im Internet gelesen, in der das Goethe-Institut nach einer Praktikantin/einem Praktikanten suchte und an einer längeren Zusammenarbeit interessiert wäre. Im weiteren Verlauf des Bewerbungsprozesses stellte sich allerdings heraus, dass es sich dabei nicht um eine mögliche Stelle handelte, sondern um die Mitarbeit als Honorarkraft im Bereich der interkulturellen Trainings.
Erwartungen
Im Grunde genommen stellte ich keine großen Erwartungen an das Praktikum. Durch ein persönliches Gespräch am Telefon mit der für mich Verantwortlichen, bei der ich dann auch das Praktikum absolviert habe, wusste ich schon recht detailliert, was für Aufgaben auf mich zu kommen würden. Alles in allem habe ich mir erhofft, im Rahmen des Praktikums in die Arbeit eines größeren Goethe-Instituts hineinschnuppern zu können. Ein weiterer ausschlaggebender Punkt war die Möglichkeit, für eine längere Zeit in Frankreich zu sein, um Erfahrungen zu sammeln und meine Französischsprachkenntnisse auffrischen zu können.
Vorbereitung
Da ich mich nach meinem Bachelor-Abschluss und vor meiner Exmatrikulation für ein Erasmus + Praktikums-Stipendium beworben habe und da sich das International Office bereit erklärt hatte, als dritte Partei meinen Praktikumsvertrag zu unterschreiben, war es möglich für mich, ein Praktikum in Frankreich zu absolvieren, obwohl ich zu Beginn des Praktikums keine Studentin mehr war. In Frankreich ist es rechtlich festgelegt, dass man fast ausschließlich nur als eingeschriebene Studentin/ eingeschriebener Student ein Praktikum machen darf. Nach meiner Kenntnis hat das versicherungstechnische Gründe.
Bei der Wohnungssuche gab es die Möglichkeit, mit Hilfe des Goethe-Instituts ein Zimmer zu finden. Da ich jedoch alleine wohnen wollte, gestaltete sich die Wohnungssuche recht schwierig. Letztendlich habe ich ein kleines Studio in einem angrenzenden Ort bei einer sehr alten französischen Vermieterin gefunden. Da ich in Deutschland viel Fahrrad fahre, hatte ich in Nancy nach der Möglichkeit eines Leihrads gesucht. In ganz Frankreich gibt es im Moment Bestrebungen die Fahrradinfrastruktur auszubauen. Aus diesem Grund gibt es zum einen Stadträder, wie man sie auch aus deutschen Großstädten kennt und zum anderen stadtsubventionierte Leihräder, die man für einen günstigen Preis für ein Wochenende oder bis zu einem Jahr leihen kann. Da die Leihstationen der Stadträder nur im Stadtkern zu finden sind, bot sich für mich ein Leihrad an, das gut ausgestattet und sehr günstig für die zwei Monate zu mieten war. Auf diese Weise konnte ich mich völlig unabhängig von Bus und Bahn fortbewegen und Geld sparen. Allerdings sind Fahrräder in den meisten Städten Frankreichs noch nicht so im Verkehrsbild angekommen und viele Fahrradwege müssen noch ausgebaut werden, um sicher am Straßenverkehr teilnehmen zu können.
Vorstellung der Praktikumsorganisation
Das Goethe-Institut ist eine weltweit arbeitende Organisation, mit der Aufgabe Wissen über die deutsche Sprache und Kultur innerhalb und außerhalb Deutschlands zu vermitteln und die internationale kulturelle Kooperation zu unterstützen. Das Programm der Kultur- und Bildungsförderung richtet sich an alle, die Interesse an der deutschen Sprache und Kultur haben. Das Goethe-Institut ist inner- und außerhalb Deutschlands vertreten. Der Hauptsitz befindet sich in München, des Weiteren gibt es Außenstellen in Berlin und anderen deutschen Städten.
Seine Aufgaben können in drei Bereichen zusammengefasst werden. Erstens: Deutschunterricht, welcher häufig in Kooperation mit ausländischen Instituten und der Betreuung von Lehrenden verbunden wird. Zweitens: internationale kulturelle Kooperation, unter anderem Veranstaltung kultureller Events, wie zum Beispiel Filmvorführungen, Konzerte, Ausstellungen. Drittens: Verbreitung eines differenzierten Bildes von Deutschland durch Informationsvermittlung über die deutsche Kultur, Gesellschaft und Politik.
Finanziert wird das Institut durch die Bundesrepublik Deutschland. Abhängig von der Ausstattung des Goethe-Instituts werden unterschiedliche Praktika in unterschiedlichen Bereichen angeboten. In Frankreich sind es die Bereiche Kulturprogramm, Bildungskooperation Deutsch, Sprache und Information und Bibliothek.
Das Goethe-Institut Nancy organisiert und unterstützt eine Vielfalt an kulturellen Veranstaltungen aus einem breiten Spektrum der deutschen Kultur. Alle Veranstaltungen werden in Zusammenarbeit mit französischen oder europäischen Institutionen durchgeführt. Der Fokus liegt auf interkulturellen Begegnungen im deutsch-französischen oder europäischen Bereich.
Aufgrund seiner Lage im Osten Frankreichs und seiner Nähe zu Deutschland, funktioniert es als ein „Scharnier“ zwischen Frankreich und Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern Belgien und Luxemburg. Sein Einzugsbereich umfasst die gesamte Region Grand Est (Champagne-Ardenne, Lothringen und Elsass). Das Goethe-Institut Strasbourg ist als Nebenstelle des Goethe-Instituts Nancy aktiv und arbeitet in enger Kooperation mit Nancy zusammen. Im Rahmen der Spracharbeit werden Sprachkurse und ein umfangreiches Prüfungsprogramm, eine detaillierte Beratung und Materialien für Lehrer des Fachs Deutsch als Fremdsprache bereitgestellt, darüber hinaus gibt es ein weitreichendes Angebot an Weiterbildungsseminaren und Workshops. Außerdem werden verschiedene Kulturveranstaltungen angeboten.
Der Informationsbereich ist mit der Vermittlung von Informationen zum kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben in Deutschland und mit der Förderung der Zusammenarbeit mit französischen Bibliotheken und dem Fachaustausch mit Deutschland betraut. Die Bibliothek vor Ort stellt einen ausgewiesenen Bestand an Büchern, Medien und digitalen Angeboten Deutschinteressierten und Deutschlernenden mit den Schwerpunkten deutscher Gegenwartsliteratur, Comics, Graphic Novels, Aktuelles aus Politik und Gesellschaft, deutscher Kinder- und Jugendliteratur und Deutsch als Fremdsprachenliteratur zur Verfügung.
Abteilung Sprache
Ich habe mein Praktikum in der Sprachabteilung absolviert. Normalerweise habe ich morgens um neun Uhr begonnen und bis um siebzehn Uhr gearbeitet einschließlich einer einstündigen Pause um die Mittagszeit. Des Öfteren kamen allerdings Veranstaltungen am Abend oder am Wochenende hinzu. Die zusätzliche Arbeitszeit konnte ich abbauen, so dass die wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden nicht überschritten wurde. Darauf wurde im Institut sehr geachtet. Meine Mentorin übertrug mir verschiedene Aufgaben, dabei habe ich auch hin und wieder in anderen Bereichen ausgeholfen.
Meine Aufgaben würde ich in drei Hauptaufgaben unterteilen. Zu den zwei Hauptaufgaben gehörten zum einen die Mithilfe und Organisation interkultureller Trainings und die Erstellung und Übersetzung von Materialien und zum anderen die Organisation der Begegnungen von Europaabgeordneten und die Erstellung von Materialien für dieses Treffen. Zum dritten, administrativen Teil zähle ich alles, was man als typische Praktikumsaufgaben bezeichnen kann: kopieren, sortieren, kleinere Veranstaltungen vorbereiten, in unterschiedlichen Sprachkursen hospitieren, Sprachtests korrigieren und Sprachnachweise ausstellen. Außerdem zähle ich die Vorbereitung und Durchführung eines Infostands beim Lernfest in Saarbrücken dazu. Hierfür habe ich Vokabelwürfel erstellt. Was zuerst nach einer kleinen Aufgabe aussah, entpuppte sich als aufwändige Arbeit, wie die Beschaffung bzw. den Kauf von Bildern und die Formatierung der Schrift der Würfel.
Auch die Mithilfe am „Tag der offenen Tür“, an dem ich ein Deutschlandquiz veranstaltet habe, welches ich vorher mit einer App erstellt hatte, benötigte viel Vorbereitungszeit. Beide Projekte waren interessante Erfahrungen, bei denen ich von der Idee bis hin zur Durchführung in Absprache mit der Leitung selbst entscheiden konnte. Ein weiteres Projekt in der Sprachabteilung umfasste eine Didaktisierung der Ausstellung der Künstlerin Rana Matloub, die während meines Praktikums im Institut ausstellte. Sprachlehrer und Schulklassen von außerhalb konnten die Ausstellung im spielerischen Rahmen erkunden und gleichzeitig die deutsche Sprache anwenden. Die Arbeit war völlig neu für mich, da ich noch nie zuvor Sprache unterrichtet hatte. Aber die Erarbeitung hat mir großen Spaß gemacht. Leider war bei der Präsentation meiner Arbeit die Dominanz einiger Lehrkörper so groß, dass es mir fast unmöglich war, meine Arbeit vollständig vorzustellen. Aber auch das war eine Erfahrung. Hier war meine Betreuerin sehr hilfreich, da sie mir durch ein positives Feedback meine Arbeit im Nachhinein bestätigte und sie die Sprachlehrer allgemein als ein schwierige Publikum darstellte.
Interkulturelle Trainings
Das Goethe-Institut Nancy befindet sich durch seine Nähe zu Deutschland in einer prominenten Position um den interkulturellen Austausch zwischen Deutschen und Franzosen zu unterstützen. Aus diesem Grund gibt es unterschiedlichste Projekte, die in diesem Bereich wirken. Ein weiteres Projekt, an dem ich mitgearbeitet habe, heißt Grenzgänger. Es handelt sich hierbei um ein Programm, das in Kooperation mit der Saarbrücker Organisation Interreg veranstaltet wird und sich an Berufsschüler richten soll.
Im Programm werden die Berufsschüler bei der Suche und Durchführung eines Praktikums im Partnerland unterstützt. Zum einen soll das Schüler an Berufsschulen, die in Frankreich einen weitaus schlechteren Ruf als in Deutschland genießen, unterstützen und ihnen einen besseren Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Zum anderen soll es dabei behilflich sein, einmal über den Tellerrand zu schauen. Viele junge Leute würden nicht im Partnerland einen Job suchen, obwohl sie in unmittelbarer Nähe der Grenze leben und zum Beispiel die Bezahlung in Deutschland höher als in Frankreich ist.
Bei dem Programm herrscht Arbeitsteilung zwischen dem Goethe-Institut Nancy und der Organisation Interreg, die ihren Sitz in Saarbrücken hat. Interreg hilft bei der bürokratischen Organisation der Praktika und das Goethe-Institut bildet die Jugendlichen mit Hilfe interkultureller Trainings aus und unterstützt sie dabei, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen.
Treffen mit Europaabgeordneten
Das umfangreichste Projekt war die Vorbereitung der Begegnungen der Europaabgeordneten. Es handelte sich um Veranstaltungen im Rahmen des Programms „Europa Netzwerk Deutsch“, bei dem in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt Deutsch als Verkehrs- und Arbeitssprache in den Europäischen Institutionen gefördert wird. Das Programm richtet sich an Abgeordnete Europäischer Institutionen, die Deutsch bereits auf einem hohen Niveau sprechen. Bei den Treffen in Deutschland werden in Unterrichtseinheiten die Sprachkenntnisse anhand von aktuellen politischen beziehungsweise europapolitischen Themen vertieft und verfestigt.
Neben dem Unterricht werden auch Veranstaltungen organisiert, wie zum Beispiel die Besichtigung des Landtages des Saarlandes und anschließender Diskussion mit dem Landtagspräsidenten. Ich hatte die Chance, die Organisation eines solchen Treffens vollständig zu übernehmen und die Aufgaben von der Kommunikation mit allen Beteiligten bis hin zur Erstellung von Lehrmaterialien zu erledigen. In diesem Rahmen habe ich zwei Dossiers erstellt, die zum einen meiner Chefin, die die Treffen und den Unterricht durchführte, mit der nötigen Hintergrundinformation ausstatten und zum anderen auch den Grundstock für den Unterricht bilden sollten. Ein Dossier befasste sich mit der Großregion, die gerade auf Europapolitischer Ebene interessant ist und das andere Dossier befasste sich mit der Völklinger Hütte, einem ehemaligen Stahlwerk, da sich an seiner Geschichte die Entwicklungsgeschichte der Region gut ablesen lässt.
Überlegungen zu Theorie und Praxis
Meine Erfahrung im Umgang mit wissenschaftlichen Texten half mir, die zwei Dossiers für das Programm „Europa Netzwerk Deutsch“ zu verfassen. Des Weiteren war besonders meine Erfahrung der Selbstorganisation während der Zeit meiner Abschlussarbeit im Bachelor hilfreich, da ich während meines Praktikums mich sehr stark selbst organisieren und unterschiedliche Aufgaben gleichzeitig bearbeiten musste.
Kritik des Praktikums
Schade fand ich, dass während der Arbeit hauptsächlich Deutsch gesprochen wurde. Zum Verbessern meiner Sprachkenntnisse musste ich auf Bekannte oder auf Begegnungen beim Einkaufen oder Ähnlichem zurückgreifen.
Als negativ empfand ich, dass meine Praktikumsverantwortliche nur eine 75 Prozent Stelle hatte und damit eineinhalb Tage pro Woche weniger vor Ort war als ich. Ich hatte zwar immer meine Aufgaben zu erledigen, aber am meisten habe ich in gemeinsamer Arbeit mit meiner Mentorin gelernt. Hinzu kam, dass sie durch die Teilzeitstelle sehr viel zu tun hatte und sich meiner Meinung nach nicht immer genug Zeit für mich nehmen konnte. Vor allem geht meine Kritik hierbei an das Goethe-Institut als Arbeitgeber, da es nicht weitere Stellen schafft, um das Arbeitspensum angemessen erfüllen zu können und nicht das, was zu erarbeiten ist, gleich wie bei einer Vollzeitstelle bleibt.
Als sehr positiv bewerte ich, dass es mir durch die Größe und Offenheit des Instituts möglich war in unterschiedliche Bereiche Einblicke zu erhalten und in Projekten zu arbeiten, die meinen Interessen entsprachen und die mir Spaß brachten. Des Weiteren gab es eine große Abwechslung in meinen Aufgaben, wodurch es nicht langweilig wurde und ich Spaß an der Arbeit hatte.
Fazit
Alles in allem hat mir das Praktikum gut gefallen. Ich habe in der Zeit viel gelernt und mein Wissen erweitern können. Anderen würde ich den Praktikumsplatz auf jeden Fall weiter empfehlen, da es sich um einen abwechslungsreichen Arbeitsplatz handelt und das Team ausgesprochen nett und hilfsbereit ist.
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