Nachdem ich das Wintersemester bereits als Erasmusstudent an der UiT in Tromsø verbracht hatte, ergriff ich die Chance an diesem schönen Ort zu bleiben und dort ein Praktikum zu machen. Dem Department of Geology zugehörig ist das CAGE, das Centre for Arctic Gas Hydrate, Environment and Climate. Bereits in Deutschland kam ich durch meinen Hiwi-Job an der Uni in Kontakt mit dem Zentrum, da es mit meiner Arbeitsgruppe kooperiert. Das Praktikum und die Ergebnisse, die ich dadurch erziele, kann ich mir als die Geowissenschaftliche Projektübung im Master Geowissenschaften anrechnen lassen.

Organisation
Die Organisation des Praktikumsplatzes war für mich relativ einfach, da ich durch mein Studium bereits vor Ort war. Ich konnte also persönlich mit den Verantwortlichen vor Ort sprechen und gemeinsam mit ihnen eine Projektidee entwickeln. Da das CAGE zur Universität gehört, war die Handhabung dort ebenfalls recht einfach, da mein Erasmusaufenthalt dort einfach verlängert wurde. Dies ist für bereits eingeschriebene Studenten sehr einfach und wird in der Regel für alle Studenten gewährt. Auch im Wohnheim konnte ich sehr einfach meinen Vertrag verlängern, da ich während des Praktikums weiterhin als Student gelten würde. Für Erasmus musste ich mich jedoch komplett neu bewerben, da für Praktika eine andere Stelle zuständig ist als für Studienaufenthalte. Die Bewerbung war relativ einfach, die erforderlichen Dokumente mussten bis zum 1. Dezember eingereicht werden. Die Zusage für die Unterstützung kam sehr kurz darauf. Mein Praktikum führte ich daraufhin vom Anfang Februar bis Ende April durch.

Für ein Erasmus Praktikum ist es Pflicht eine Auslandskrankenversicherung zu haben. Diese habe ich über das vom DAAD angebotene Paket für Auslandspraktika bekommen.

In Tromsø selber war nicht mehr viel Organisation nötig, da ich das meiste, wie zum Beispiel die Registrierung bei der Polizei, bereits Anfang des letzten Semesters erledigt hatte.

Blick von oben auf Tromsø

Im Zentrum von Tromsø

Wohnheim
Da ich während meines Praktikums an der Universität eingeschrieben war, war es wie bereits beschrieben für mich möglich, im Studentenwohnheim zu wohnen. Wohnheime kosten meistens so um 400 €, ich war mit meinem Wohnheim in Ørndalen sehr zufrieden. Es liegt im Norden der Insel mit einem wunderschönen Blick auf die umliegenden Berge, besteht aus vielen kleinen Häusern in denen jeweils sechs Leute wohnen mit einer Küche und zwei Bädern. Hier leben zwar hauptsächlich Austauschstudenten und Praktikanten, bei mir im Haus haben zwei Norweger und drei internationals gewohnt, also eine gute Mischung! Zum Studentenwohnheim gehören ein laundry house, ein common room, den man für Partys oder andere Events mieten kann und in dem es alle zwei Wochen einen waffle evening gibt, und eine Sauna. Die Umgebung ist sehr schön, zur Uni kann man in einer halben Stunde durch einen idyllischen Birkenwald laufen, oder auch in 10 min mit dem Bus fahren. Die Häuser bei uns waren sehr unterschiedlich ausgestattet, die meisten hatten aber eine komplett eingerichtete Küche und einen gut gefüllten storage room, sodass man auch Bettzeug, zusätzliche Matratzen für Gäste oder auch Skier finden kann. Außerdem gibt es zu Beginn des Semesters second hand markets, wo man viele nützliche Dinge von ehemaligen Studenten für sehr wenig Geld erwerben kann, man muss nur früh genug da sein.

Das Praktikum
Mein Praktikum hat mir sehr gut gefallen, sowohl thematisch, als auch vom persönlichen Umfeld her. Ich habe meinen eigenen Arbeitsplatz innerhalb der Räumlichkeiten am CAGE bekommen und Vollzeit gearbeitet. Ich hatte ein eigenes Projekt, an dem ich arbeiten konnte, was vom Umfang her gut für die Dauer des Praktikums geeignet war. Gemeinsam mit zwei Forschern am CAGE führte ich Diskussionen zur weiteren Projektentwicklung. Das Thema der Arbeit ist eine globale Übersicht über die beeinflussenden Faktoren auf die Gas Hydrat Stabilität, durch den Vergleich von seismischen und modellierten Daten. Nun am Ende des Praktikums habe ich alle Ergebnisse, schreibe jedoch noch an dem Bericht, welcher sowohl vom CAGE gewünscht wurde, als auch Teil der Prüfungsleistung der geowissenschaftlichen Projektübung sein wird. Außerdem planen wir eine Publikation über die Ergebnisse des Praktikums zu schreiben, und so die Zusammenarbeit aufrecht zu erhalten.

Ein Praktikum hier ist eine tolle Möglichkeit einen tieferen Einblick in die akademische Arbeit zu gewinnen und sich eventuell auch darüber klar zu werden, ob man einen PhD anstreben möchte. Das Umfeld ist natürlich nicht allzu verschieden von dem an der Heimatuniversität, da es sich auch hier um ein Forschungsinstitut handelt. Die Arbeit unterscheidet sich somit nicht zu sehr von einer Masterarbeit, dies sollte man also Bedenken, bevor man sich an einem solchen Institut bewirbt.

Im Anschluss des Praktikums bekam ich noch die Möglichkeit auf eine Forschungsausfahrt des CAGE in der nördlichen Barents Sea mitzufahren, was ebenfalls ein tolles und lehrreiches Erlebnis war.

Freizeit
Neben der Arbeit sollte man sich aber auch Zeit für die wundervolle Umgebung von Tromsø und die unterschiedlichen Möglichkeiten die sich durch die verschiedenen Jahreszeiten ergeben nehmen. In unmittelbarer Umgebung sind tolle alpine Landschaften, wer outdoor-Aktivitäten mag, für den ist Tromsø ein absolutes Muss! Sowohl im Winter als auch im Sommer finden sich hier unendlich viele Möglichkeiten die Natur zu erleben. Ski fahren ist der am weitesten verbreitete Sport im Winter, auch als Anfänger kann man auf Langlaufskiern schöne Touren unternehmen. Bei Trips in die Berge muss jedoch das auf die Lawinengefahr geachtet werden, die sich bei steigenden Temperaturen und viel Neuschnee so erhöhen kann, dass Touren fast unmöglich werden, vor Allem für unerfahrene Wanderer. Die aktuelle Gefahrenstufe kann leicht online abgerufen werden.

Im Sommer bieten sich viele Wanderungen, klettern oder Hüttentouren an. Outdoor Equipment wie Schlafsäcke, Zelte oder Angeln, im Winter auch Skier, kann man sich als Student kostenlos bei Turbo in der Innenstadt direkt beim großen Kino ausleihen. Für die Hütten, bereitgestellt durch DNT, dem norwegischen Alpenverein, empfiehlt es sich den Schlüssel für fast alle Hütten in Norwegen im örtlichen Büro auszuleihen und eine Mitgliedschaft abzuschließen. Auch etwas weitere Ausflüge beispielsweise nach Senja oder auf die Lofoten lohnen sich!

Außerdem lohnt es sich nach zum Beispiel von der Uni angebotenen Sportkursen oder anderweitigen Hobbies zu schauen. Ich habe im Akademischen Frauenchor von Tromsø (TAKk) gesungen, was nicht nur viel Spaß gemacht hat, sondern auch meinen Norwegischkenntnissen geholfen hat, da dieser Chor ausschließlich auf Norwegisch gehalten wird. Da das CAGE sehr international ist und ich dieses Semester keinen Sprachkurs gemacht habe (was ich aber durchaus empfehle, von der Uni werden diese kostenlos angeboten), war der Chor die beste Möglichkeit für mich, die Sprache besser zu verstehen und mehr in Kontakt zu Norwegern zu kommen. Neben dem Chor habe ich noch einen auch von der Uni angebotenen Strick-Kurs besucht. Stricken ist in Norwegen ein sehr beliebtes Hobby und vor Allem in der dunklen Jahreszeit ein toller Zeitvertreib und die Treffen alle zwei Wochen mit frisch gebackenem Kuchen waren immer wieder Highlights!

Klima
Das Klima ist deutlich weniger extrem, als man es sich vielleicht vorstellt. Wenn man im Februar anfängt, ist die Polarnacht bereits wieder vorbei und die Tage werden schnell länger. Die Temperaturen sind durch die Lage am Meer relativ moderat und es wird selten kälter als -12 °C. Der Februar diesen Jahres war wunderschön, es gab kaum Niederschlag und die Sonne schien fast durchgehend. Durch die langanhaltenden kalten Temperaturen waren es traumhafte Schneebedingungen. Viel Neuschnee kam dann im März, auf gut einen Meter Schnee und regelmäßige Schneestürme sollte man sich also schon einstellen. Dann hält auch langsam der Frühling Einzug und die kräftige Sonne taut den Schnee langsam weg. Es ist ein wunderschönes Gefühl, wenn die Tage länger werden, auch wenn einem dann der Blick auf die atemberaubenden Nordlichter verwehrt bleibt. Anfang Mai wird es bereits nicht mehr dunkel in der Nacht und die Temperaturen erreichten an manchen Tagen 20 °C, was sich nach dem Winter allerdings wie Hochsommer anfühlt! Die Mitternachtssonne erreicht Tromsø am 19. Mai. Ich selber habe sie nur für wenige Tage in Tromsø und davor auf dem Forschungsschiff miterlebt. Ein faszinierendes Gefühl, wenn es die Sonne rund um die Uhr scheint, auch wenn es den Schlafrhythmus leicht durcheinanderbringen kann. Doch auch vor der Polarnacht braucht man keine Angst zu haben, selbst an den dunkelsten Tagen gibt es ein paar Stunden Dämmerung, die die Landschaft in ein wundervolles blaues Licht hüllt, ich war sehr positiv überrascht von dieser Zeit! Um möglicher negativer Stimmung oder großer Müdigkeit vorzubeugen, sollte man Vitamin D zu sich nehmen und gegebenenfalls auf die Tageslichtlampen, welche in der Uni aufgestellt werden, zurückkommen.

Beginn der Mitternachtssonne in Tromsø

Kosten
Mein Praktikum war unbezahlt, jedoch denke ich, dass es hier generell üblich ist, für Praktika bezahlt zu werden. Die Lebenshaltungskosten in Norwegen sind schon recht hoch, doch wenn man den Alkoholkonsum einschränkt und im Supermarkt auf Angebote achtet, kann man gut mit seinem Geld und der zusätzlichen Förderung durch Erasmus auskommen. Bei einem sparsamen Lebensstil aber trotzdem einigen Aktivitäten und Trips, sollte man so 700 bis 800 € im Monat einkalkulieren.

Fazit
Ich kann das CAGE sehr als Praktikumsort oder auch als Organisation für die Masterarbeit empfehlen, wenn man sich für die akademische Arbeitswelt interessiert. Als Praktikant bekommt man hier viel Verantwortung übertragen und wird gut bei der Arbeit unterstützt, es sind immer Diskussionspartner ansprechbar. Außerdem ist Tromsø mit seiner Landschaft und den arktischen Bedingungen ein faszinierender Ort an dem es sich lohnt für eine Weile zu leben.
Mir hat es hier also sehr gut gefallen und ich könnte mir gut vorstellen, hierher für meine Masterarbeit oder einen PhD zurückzukehren.