1. Vorbereitung
Planung
Im Rahmen meines Masterstudienganges „English-Speaking Cultures/Englisch“ ist ein Auslandsaufenthalt in einem englischsprachigen Land vorgesehen. Da ich bereits in meinem Bachelorstudium mit ERASMUS für sechs Monate in Frankreich war, fiel mir dieses Programm sofort als erste Option ein. Nun musste ich nur folgende Entscheidung fällen: Würde ich ein Auslandssemester oder ein Auslandspraktikum machen? Da ich ersteres bereits in Frankreich erlebt hatte und ich wegen der Erstellung meiner Masterarbeit die Zeit im Nacken sitzen hatte, entschied ich mich für das in meiner Prüfungsordnung zur Wahl stehende Praktikum. Dafür musste ich beim Prüfungsausschuss einen Antrag stellen, da ein Auslandspraktikum nur dann genehmigt wird, wenn es sprachrelevant ist und im Zusammenhang mit dem aktuellen Studium steht. Ich war mir sicher, dass ich mein Praktikum an einer (wenn möglich internationalen) Schule im englischsprachigen Ausland machen wollte.

Organisation und Bewerbung beim Unternehmen
Somit durchforstete ich sämtliche Internetseiten, welche internationale Schulen auflisteten und schrieb mir alle heraus, die für mich in Frage kamen. Parallel dazu erstellte ich ein Bewerbungsschreiben, dass ich so verfasste, dass es an alle Schulen angepasst werden konnte. Ich änderte lediglich ein bis zwei Sätze, je nach Schule (z.B., wenn es um das Schulprofil ging und weswegen mich die Schule besonders ansprach). Einige Homepages der Schulen haben einen eigenen Reiter, in dem steht, dass sie nach Praktikant/innen oder Mitarbeiter/innen suchen, doch ist dies leider nur selten der Fall. Daher entschied ich mich dafür einfach jede der von mir recherchierten Schulen zu kontaktieren und ihnen eine Initiativbewerbung zukommen zu lassen. Wichtig ist hierbei, dass das Wort „Praktikum“ stark kulturell geprägt ist und nicht jeder sofort weiß, was man sich darunter vorstellt. Daher betonte ich immer wieder, dass es sich bei mir um „voluntary work“ handelt und erklärte, welche Tätigkeiten ich mir während meines Aufenthaltes und meiner unbezahlten Beschäftigung in der Schule vorstellen und wünschen würde.

Es war toll zu sehen, wie schnell und vor allen Dingen, wie viele Schulen sich zurückgemeldet haben. An dieser Stelle muss ich betonen, dass der englische Schrift- und E-Mail-Verkehr überhaupt nicht mit den mir bereits begegneten zu vergleichen ist. Ausnahmslos jeder sprach mich mit dem Vornamen an und verabschiedete sich mit eben seinem und sogar die Absagen waren unglaublich höflich und freundlich formuliert, so dass man gar nicht das Gefühl hatte eine ebensolche erhalten zu haben. Glücklicherweise erhielt ich Zusagen und Interessensbekundungen von zahlreichen Schulen, was dazu führte, dass man sich besser kennenlernen wollte. Dafür nutzten wir Skype und führten auf diese Weise Kennenlern-/Bewerbungsgespräche. Beim ersten Mal war ich unheimlich nervös (ich vergaß sogar die Zeitverschiebung und saß bereits eine Stunde vorher vor dem Laptop, was das Warten noch schlimmer machte), allerdings muss ich sagen, dass man sich daran gewöhnt und ausnahmslos jeder unwahrscheinlich nett war (z.B. wurde ich mithilfe des Laptops durch die Schule geführt oder mir wurde der Ausblick aus dem Fenster gezeigt).

Letzten Endes hatte ich den Luxus, dass ich mir eine Schule aussuchen durfte. Ich schaute also nach den Angeboten, der Lage (die Preise der Flüge sind nicht zu vergessen) und nach den Profilen der Schulen – schnell war dann für mich die Entscheidung auf die „Dwight School London“ gefallen.

2. Unterkunft
Ich wusste nun, dass ich für zehn Wochen in London sein würde, also machte ich mich auf die Wohnungs- bzw. Zimmersuche. Glücklicherweise ist London eine Großstadt und man findet unzählige Seiten im Internet, über die Zimmer oder Wohnungen angeboten werden. Da ich schon wusste, wo sich meine Schule befindet, da ich die Zusage für das Praktikum hatte, habe ich bei den Suchmaschinen immer die Postleitzahl angegeben, so dass ich nicht zu weit von der Schule entfernt wohnen würde.

An dieser Stelle muss ich gestehen, dass das Vorurteil, dass London zum Leben teuer sei, kein Vorurteil ist, sondern die nackte Wahrheit (zumindest für mein Budget). Schnell fiel die Option, sich eine eigene kleine Ein-Zimmer-Wohnung zu mieten, flach, also suchte ich nach Zimmern in WGs oder bei Leuten, die diese untervermieteten. Da ich ein Praktikum machte und an keiner Londoner Universität eingeschrieben war, konnte ich leider in kein Studentenwohnheim oder in Apartments, die für Student/innen reserviert sind. Letzten Endes bin ich durch Airbnb fündig geworden. Dieses Portal ist wirklich jedem zu empfehlen: die Anbieter/innen sind authentifiziert, genauso wie die Suchenden und man findet ganz viele tolle Zimmer, die je nach Dauer des Aufenthalts günstiger werden. Dadurch, dass ich zehn Wochen blieb, hat mir das Pärchen, bei dem ich wohnte, ein besonderes Angebot gemacht (das im Vergleich zu allen anderen Inseraten auf sämtlichen Webseiten mit Abstand das beste war).

Da Ryanair günstige Flüge zwischen Bremen und London (Stansted) anbietet, habe ich mir den Luxus gegönnt und bin für einen Tag nach London geflogen, um mir potentielle Zimmer anzuschauen, da ich leider damals in Frankreich wirkliches Pech hatte (die Diskrepanz zwischen den Fotos im Internet und dem wahren Zustand war dann doch unverschämt groß). Daher würde ich jedem empfehlen, der länger bleibt, ruhig vorher die Zimmer zu besichtigen, da es schon viel ausmacht sich wohlzufühlen (sowohl in seinem Zimmer als auch mit den Leuten, mit denen man zusammenwohnt).

3. Praktikum
Angaben zum Unternehmen
Die “Dwight School London” ist eine private internationale Schule, die noch weitere Sitze in New York, Seoul, Shanghai und Dubai hat.
Wie an vielen britischen Schulen trugen auch hier die Schüler*innen Schuluniformen und das Schulgelände war durch ein Tor abgesperrt, durch das man nur mit einem Zugangscode kam. Dieser wurde mir sofort zu Beginn gegeben, so dass ich nicht jedes Mal klingeln musste (wie es Besucher/innen müssen).

Meine Aufgaben / Umfang der Eigenverantwortung
Während meines Praktikums war ich in drei Fächer involviert: Deutsch, Französisch und EAL (English as an Additional Language). In den ersten Wochen meines Praktikums beobachtete ich viel und lernte sowohl die Kolleg/innen als auch die Schüler/innen kennen.

Ab der zweiten Woche unterrichtete ich bereits zwei Schüler/innen in Deutsch im Einzelunterricht, die mit ihren Eltern (berufsbedingt) für eineinhalb Jahre in London leben und dann wieder zurück nach Deutschland gehen und dort wieder weiter in Regelklassen beschult werden. Für die beiden erarbeitete ich mir mit der Deutschlehrerin einen Plan und durchforstete die Kernlehrpläne für das Fach Deutsch in NRW, so dass sie nicht zu viel verpasst haben, wenn sie 2018 nach Deutschland zurückkehren. Wir machten aus, dass ich mit meinen Stunden den Part der Textproduktion (geschrieben und gesprochen) sowie der Diskussionen übernahm und sie sich in ihren Stunden mehr auf die Grammatik fokussierte.

In den Fächern Französisch sowie EAL übernahm ich rasch die Funktion des „Assistant Teacher“ und integrierte mich entweder selbst oder wurde bereits von Anfang an in die Stunden integriert. Davon profitierten alle Beteiligten, da ich mich ausprobieren konnte, die ursprüngliche Lehrkraft entlastet wurde und den Schüler/innen intensiveres Lernen zu Teil kam. Später übernahm ich auch in EAL einzelne Stunden alleine, bei denen die eigentliche Lehrkraft dann mir assistierte, wenn ich wollte. In meinen bisherigen Praktika und Nebenjobs unterrichtete ich bereits alleine und machte auch schon Erfahrungen mit dem Team Teaching, doch muss ich gestehen, dass das mit diesen kleinen Lernergruppen eine ganz neue Erfahrung war. Gerade der Einzelunterricht fühlte sich eher wie Nachhilfe an und die „großen“ Gruppen bestanden bei mir im Schnitt aus vier Schüler/innen. Es ist beeindruckend, wie intensiv die Unterrichtsstunden dadurch sind und wie viel besser man den Unterricht auf die Bedürfnisse der Schüler/innen ausrichten kann. Dennoch war es eine ganz neue Erfahrung für mich, da ich viele Methoden nicht anwenden konnte, da die Lernergruppe zu klein war.

Zusammenarbeit mit Kolleg/innen und Integration ins Unternehmen
Mit den Kolleg/innen, mit denen ich eng zusammenarbeitete, stand ich stets in engem Kontakt. Ich hatte wöchentliche Meetings mit den Lehrkräften, in deren Fächern/Gruppen ich einzeln unterrichtete, so dass wir uns gegenseitig auf dem Laufenden halten konnten (z.B. was beim letzten Mal gemacht wurde, was aufgefallen ist, wo man evtl. nochmal eine Wiederholung einbauen sollte etc.). Außerdem hatte ich zusätzlich noch mein wöchentliches Treffen mit meiner Mentorin, die für mich während des gesamten Praktikums zuständig war. Hier konnte ich von meinen Erfahrungen und Empfindungen berichten und sämtliche Fragen stellen. Sie stellte immer sicher, dass es mir an nichts fehlte und es mir gut ging an der Schule.

Man muss sagen, dass das gesamte Kollegium außerordentlich freundlich war. Alle waren sehr interessiert (z.B. würde ich behaupten, dass nun jeder weiß, woher ich komme, wie das Lehramtsstudium in Bremen abläuft und worüber ich meine Masterarbeit schreibe), man erzählte sich im Lehrerzimmer kleine Geschichten, immer wieder brachte jemand Obst oder Kuchen für das Kollegium mit und außerdem stand man permanent in E-Mail-Kontakt. Nachdem mich einmal eine Information nicht erreichte, wurde sofort ein E-Mail-Konto auf der Schulseite für mich eingerichtet, auf welchem mir alle Informationen zugeschickt wurden (täglicher Ablaufplan, Zugang zum Kalender, Rundmails über fehlende Kolleg/innen und/oder Schüler/innen, Veranstaltungsinformationen etc.). Da alle Kolleg/innen im internen Adressbuch abgespeichert waren, musste ich mich auch nicht mehr über E-Mail-Adressen informieren, da mir nun alle zugänglich waren.

Des Weiteren wurde ich nicht nur durch diesen Account ins Kollegium integriert, sondern stand ich auch auf der Mensaliste als „Mitarbeiterin“ verzeichnet und konnte somit jeden Tag im Wert von 3,50 Pfund speisen und trinken. Auch da, muss man sagen, war das Personal unheimlich freundlich und wusste immer genau, was ich an diesem Tag essen konnte (da ich diverse Unverträglichkeiten habe, war das nicht immer einfach) oder bereitete mir gar extra etwas Eigenes zu.

4. Alltag und Freizeit
Wer noch nie in London war, hat viel zu entdecken. Und sogar nach meinen zehn Wochen hier, kann ich keineswegs behaupten, dass ich London „kenne“. Es ist eine wunderschöne Großstadt, die unheimlich facettenreich ist und bei der jeder Stadtteil sein eigenes Flair hat.
Als riesengroßen Tipp nenne ich an erster Stelle die Märkte, die London zu bieten hat: Borough Market, Columbia Flower Market, Camden Market etc. Hier kann man nach Schnäppchen bummeln, Leckereien erhaschen oder einfach nur einen schönen Spaziergang machen. Das Essen ist immer fantastisch und die Menschen freundlich. Ich hatte immer eine tolle Zeit dort!
Außerdem würde ich definitiv die Museen Londons empfehlen, von denen die meisten (abgesehen von Sonderausstellungen) jeden Tag und für jeden umsonst sind. Abgesehen davon, dass ich ein großer Fan davon bin, dass kulturelle Bildung für jeden zugänglich sein sollte, hat London tatsächlich unfassbar viele und auch ganz spannende Museen und Ausstellungen.
Zuletzt würde ich noch allen Harry-Potter-Fans und auch Freunden des Filmemachens die Warner Bros. Studio Tour ans Herz legen. Sie kostet einiges, aber man kann online recht gute Deals finden, die die Hin- und Rückreise zu den Studios beinhalten.
Ansonsten würde ich aber sagen, dass man London einfach alleine erkunden sollte, ohne sich immer unbedingt etwas Bestimmtes vorzunehmen. Es reicht, wenn man sich in die U-Bahn setzt und an einer Haltestelle im Zentrum aussteigt, an die Oberfläche kommt und einfach mit offenen Ohren und Augen spazieren geht. So verbringt man eine tolle Zeit in London, entdeckt die Stadt und wird immer wieder von seinen Erkundungen überrascht!

5. Fazit
Alles in allem war mein zehnwöchiger Aufenthalt in London ein voller Genuss. Ich muss gestehen, dass meine Motivation zu Beginn eher gering ausfiel, da ich durch meine Masterarbeit doch ganz schön gestresst war und der Aufenthalt so gar nicht in meinen Zeitplan passte, doch muss ich sagen, dass ich das auf keinen Fall missen wollen würde. Tatsächlich wäre ich gerne noch länger da gewesen, da ich so langsam anfing mich einheimisch zu fühlen: Man wirkt weniger verloren und wird auch mal nach dem Weg gefragt, man geht in den U-Bahn-Tunneln automatisch in die richtige Richtung und muss nicht mehr nach den Schildern suchen, man hat sich mittlerweile an den Linksverkehr gewöhnt etc. London ist eine große Stadt, um dort für immer zu wohnen für mich vielleicht zu groß, doch um dort einen gewissen Teil seines Lebens – und sei es nur ein Praktikum oder ein Auslandssemester – zu verbringen, ist es ideal. Es gibt jede Menge zu entdecken und man ist umzingelt von der Melodie des britischen Akzents.

6. Tipps für Praktikant*innen
Vorbereitung
Praktikumssuche/Bewerbung: Auch, wenn es überall steht und man es nicht mehr hören kann: Kümmert euch frühzeitig um die Praktikumssuche und die Bewerbungen. Je nach Land liegen die Schulferien anders und die Schuljahre beginnen immer zu anderen Zeiten. Je früher man sich um alles kümmert, desto bessere Chancen hat man auf einen guten Praktikumsplatz und entgeht vor allem dem enormen bürokratischen Stress, der dann nämlich plötzlich innerhalb kurzer Zeit erledigt werden möchte. Was die Bewerbung betrifft, könnte man, sofern man die Möglichkeit hat, sich diese evtl. noch von jemandem durchlesen lassen, der/die Muttersprachler/in ist.
Wohnungssuche: Hier empfehle ich definitiv Airbnb für kürzere Aufenthalte als Praktikant*innen. Die Preise sind gut, man hat eine große Auswahl und lernt tolle Menschen kennen.
Versicherung: Das ERASMUS-Programm verweist selbst auf die DAAD-Versicherung, die in meinen Augen bezahlbar ist und alles abdeckt.
Kreditkarte: Es ist nicht verkehrt, sich über eine Kreditkarte zu informieren (die meisten Banken bieten eine solche für Student/innen kostenlos an) – egal, ob man vor Ort ein Konto eröffnen möchte oder nicht. In der Tat sind Kreditkarten hier vollkommen üblich und man kann alles damit bezahlen (Fahrtickets, Restaurantbesuche, Einkäufe etc.). Für einen kurzen Aufenthalt lohnt es sich nicht ein Konto zu eröffnen, deshalb ist eine Kreditkarte die kostengünstigste und beste Variante.

Formalitäten vor Ort
Für meinen zehnwöchigen Aufenthalt hat es sich nicht gelohnt ein Konto zu eröffnen, weswegen ich da leider keine Tipps geben kann.
Allerdings empfehle ich jedem sich sofort zu Beginn eine Oyster Card zu holen: Dies ist eine Art „Travel Card“, auf die man Guthaben lädt. Wenn man die U-Bahn nimmt, hält man seine Karte an ein Kartenlesegerät und wenn man aussteigt genauso. Das System erkennt dann, in welcher Zone man ein- und wieder ausgestiegen ist und errechnet so den Preis. Genauso wird, wenn man an einem Tag mehrere Fahrten gemacht hat, automatisch ein Tagesticket abgebucht. Egal wie, die Oyster Card ist die günstigste Variante in London zu reisen. Die Oyster Card bekommt man an jeder U-Bahn-Haltestelle am Automaten. Man lädt sie wie eine Prepaidkarte mit Guthaben auf und kann sie an eben diesen Automaten wieder aufladen. Außerdem kann man seine Oyster Card online registrieren lassen: Dort kann man u.a. seine „Travel History“ sehen und ausdrucken (sehr praktisch, wenn man vom Arbeitgeber Fahrtkosten erstattet bekommt) und sein Guthaben auch online aufladen.