1. Einleitung
Bereits vor Beginn meines Studiums habe ich immer davon geträumt, ins Ausland zu gehen. Das tat ich dann auch mehrfach, immer mit der Unterstützung durch das ERASMUS+ Programm. Als ich erfuhr, dass mein Masterstudiengang zwei verpflichtende Praktika vorsieht, stand für mich schnell fest, dass ich eines davon erneut im Ausland absolvieren möchte. Auch die Frage nach dem Wo war schnell geklärt, denn da Traumländer wie Neuseeland und Australien aufgrund der Kürze meines Praktikums den Aufwand von Visa und Flug nicht wirklich wert waren, entschied ich mich fast sofort für mein Lieblingsausland in Europa, Italien. Jetzt musste ich nur noch ein Institut finden, das mich aufnehmen würde und schon konnte ich mich in die Organisation stürzen.

2. Vorbereitung
Wie immer waren persönliche Kontakte für die Vorbereitung meines Praktikums nicht zu unterschätzen. Eine kurze Mail an meine frühere Praktikumsbetreuerin, die mich während meiner bisherigen zwei Aufenthalte in Italien anleitete, lieferte mir eine Liste mit Institutionen in Italien, die meine Mentorin wärmstens empfehlen konnte. Natürlich war ich auch herzlich eingeladen, ein drittes Mal in ihr Institut zu kommen. Aber da sich mein Interessensgebiet in der Zwischenzeit ein wenig verlagert hatte und ich so viel wie möglich von Italien erkunden wollte, entschied ich mich dafür, ihre anderen Vorschläge zu verfolgen. Was dann folgte, waren lange Woche mit langsamen Email-Verkehr, doch nach einigen Umwegen hatte ich einen Professor gefunden, der mich gerne in seinem Labor aufnahm. Das Department of Neuroscience der Universität Parma beschäftigt mehrere Laboratorien, eines davon zum Thema Tierelektrophysiology. Hier würde ich zwei Monate lang an einem Projekt mitwirken können. Kaum war die Hürde „Institut finden“ geschafft, kam auch schon die nächste.

Es war fast unmöglich, eine Unterkunft zu finden. Über einem Monat lang suchte ich auf den unterschiedlichsten Websites nach Zimmern oder kleinen Wohnungen, aber es gab nichts, was in Frage kam. Und wenn ich doch einmal etwas fand, wurde ich nie als Bewerber in Frage gezogen, da mein Aufenthalt zu kurz war, um für die Vermieter lukrativ zu sein. Ich fand mich schon damit ab, im Hostel zu schlafen und all mein Erspartes für ein überteuertes Zimmer auszugeben, aber ich hatte dann doch noch Glück. Eine mit einem Studentenwerk vergleichbare Organisation in Parma bietet Zimmer für Studenten an, und sollten einmal nicht alle Zimmer zum Semesteranfang vermietet sein, wird der Rest auch für Kurzaufenthalte zur Verfügung gestellt. So gelangte ich eine Woche vor Beginn meines Praktikums an ein bezahlbares Zimmer und konnte mich nun wirklich auf meinen Auslandsaufenthalt freuen.

3. Mein Praktikum
Mein Praktikum selbst verlief mehr oder weniger chaotisch, womit ich aufgrund meiner bisherigen Italienerfahrungen fast schon gerechnet hatte. Ich wurde sehr herzlich willkommen geheißen und bekam einen Mentor zur Seite gestellt, der für meine tägliche Betreuung zuständig war. Da das Projekt, an dem ich eigentlich mitarbeiten sollte, sich immer weiter verzögert hatte und ich deshalb vorerst gar nicht daran mitarbeiten konnte, wurde ich zwei Wochen lang von Arbeitsgruppe zu Arbeitsgruppe gereicht und bekam erst einmal einen groben Überblick darüber, welche unterschiedlichen Themengebiete in unserem Labor erforscht werden. Am Ende der zwei Wochen stießen noch zwei italienische Studenten zu meinem Team und wir konnten endlich mit unserem eigenen Projekt starten.

Im Laufe der nächste Wochen lernten wir, einen Versuchsaufbau zu planen und vorzubereiten, das Verhaltensprotokoll im Umgang mit Tieren einzuhalten und natürlich, unser Projekt durchzuführen. Hierbei fand ich es viel informativer, zu sehen, wie viele Dinge schief gehen können, als einen erfolgreichen Arbeitstag zu haben. Fast täglich hatten wir mit neuen Problemen zu kämpfen. Dadurch lernten wir schnell, mit uns unbekannten Situationen umzugehen und zu improvisieren. Ich habe viele meiner Soft-Skills ausbauen können. Aber auch logisches Denken und der Austausch von Ideen waren sehr wichtig und wurden von meinem Mentor gefordert und gefördert.

Überhaupt war das Arbeitsklima im Labor sehr offen, und ich wurde nicht als Praktikant, sondern als vollwertige Arbeitskraft angesehen. Auf der Suche nach Lösungen von unzähligen Problemen wurden meine Vorschläge willkommen geheißen, und ich wurde häufig aufgefordert, Teilschritte in mir fremden Experimenten zu übernehmen, damit ich so viel wie möglich aus meinem Praktikum mitnehmen konnte. Vor allem begeistert war ich von der Bereitschaft meiner Kollegen, jede noch so kleine (und für sie offensichtliche) Frage bis ins Detail zu beantworten und dafür auch gerne mal ihre eigentliche Arbeit für eine halbe Stunde zu unterbrechen, um mir nicht nur eine theoretische Antwort zu geben, sonder mir gleich auch am echten Versuchsaufbau zu zeigen, wie die Dinge funktionieren.

Auch auf sozialer Ebene waren meine Kollegen sehr offen und luden mich gleich zum gemeinschaftlichen Mittagessen ein. So konnte ich in meinen Pausen viele Einblicke in die italienische Kultur erhalten und mir viele Tipps und Tricks bezüglich meiner Freizeitplanung verraten lassen.

4. Leben in Parma
Parma ist eine typisch italienische Stadt im Norden des Landes und weit bekannt für Parmesan-Käse und Parmaschinken. Aber auch kulturell hat Parma einiges zu bieten. In meiner Freizeit erkundigte ich die Stadt zu Fuß, besuchte den Dom, die Nationalgallerie sowie viele weitere kleine Museen und bestaunte die Büchersammlung der Pallatina Bibliothek, welche tausender uralter Exemplare für die Öffentlichkeit bereitstellt und auch architektonisch einen Besuch wert ist. Da Parma aber keine allzu große Stadt ist (man kann den Stadtkern bequem zu Fuß erkunden), habe ich meinen Radius bald ein bisschen weiter ausgedehnt und Ausflüge in die umliegenden Städte gemacht. Die Gegend um Parma ist für ihre Schlösser und Burgen bekannt (ein Besuch ist sehr empfehlenswert) und man erreicht mit dem Zug auch recht schnell bekannte Städte wie Bologna (hier sollte man Pasta essen) und Milano (kulturell genauso interessant wie zum Shoppingausflug geeignet). Ein Muss ist auch ein Ausflug Richtung Genua, in die Cinque Terre. Eine wunderschöne Landschaft mit niedlichen kleinen Ortschaften, in der man das Leben bestens genießen kann. Und Genua selbst ist natürlich auch einen Besuch wert. Mit der Karte des ESN (Erasmus Student Network) erhält man hier einen großen Rabatt auf den Eintritt in Europas größtes Aquarium.

Aber egal in welcher Stadt man sich befindet, eine italienische Tradition, die jeder einmal mitgemacht haben sollte, ist der Aperitivo. Am frühen Abend trifft man sich mit Freunden in einer Bar, wo man zum Getränk einen kostenlosen Teller „Snacks“ (für den genügsamen Studenten meist ein vollwertiges Abendbrot) gereicht bekommt. Je nach Bar kann es auch ein offenes Buffet geben. Das angebotene Essen ist meist nach der Tradition der Stadt ausgerichtet, soll heißen, in Parma hat man gute Chancen, Parmaschinken auf dem Teller zu finden. Aber auch sonst ist von Pizza bis zu warmen Nudelspeisen am Buffet alles dabei. Ich selbst bin auf meinen Ausflügen manchmal auch allein zum Aperitivo gegangen. Da Italiener abends gerne durch die Straßen flanieren, gibt es immer viel zu sehen und auch allein wird es einem dabei nicht langweilig.

5. Fazit
Ich habe während meines Praktikums nicht unbedingt das gelernt, was ich vermutet hätte, aber dafür sehr viele andere, hilfreiche Erfahrungen gemacht. Ich habe definitiv Forschung im echten Forschungsalltag gesehen, mit allen Höhen und Tiefen. Mein Praktikum hat mir dabei geholfen, herauszufinden, ob ich später im Beruf in diesem Forschungszweig arbeiten möchte (ja, gerne) und mir gezeigt, wie umfangreich das Aufgabenfeld eines Forschers sein kann. Darüber hinaus habe ich meine Vorliebe für Italien bestätigt gefunden, weiß jetzt aber auch, dass ich später nicht wirklich einen langfristigen Job hier annehmen möchte. Das wäre dann doch etwas zu chaotisch und unorganisiert. Aber für kurze Aufenthalte zu Weiterbildungszwecken kann ich mich immer begeistern!