1. Suche des Praktikumsplatzes
Da ich Englisch und Spanisch auf Lehramt studiere und mein Freund in Schweden lebt, habe ich mich entschlossen, während des Studiums ein Praktikum in Göteborg oder Umgebung zu absolvieren.
Meine erste Anlaufstelle war die Internetseite der Uni Bremen, wo Praktikumsstellen im Ausland präsentiert werden (https://www.uni-bremen.de/studium/starten-studieren/studium-international/praktika-im-ausland/praktikumsplatz-angebote). Das Angebot der Marks Gymnasieskola in Skene in der Nähe von Göteborg (dazu später mehr) war das einzige Angebot für Schweden, aber auch ein direkter Treffer für mich. Ich meldete mich bereits im Dezember 2018 per Email bei der Mentorin und im Frühjahr 2019 erhielt ich meine Zusage für ein Praktikum von März bis Juni 2020. Als ich kurz daraufhin meinen Freund besuchte, traf ich mich zum ersten Mal persönlich mit meiner zukünftigen Mentorin Dörte und einer aktuellen Praktikantin. Alles wirkte sehr sympathisch und meine Antizipation stieg.

2. Vorbereitungen
In diesem Teil schildere ich kurz die Vorbereitungen, die ich persönlich vor meiner Abreise durchlief. Für mich war es der zweite Austausch mit Erasmus.

Formalitäten
Wichtig ist natürlich die Anmerkung, dass es sich um ein unbezahltes Praktikum handelte. Selbstverständlich kommen aber verschiedene Förderprogramme in Frage, wie z.B. der DAAD oder Erasmus.

Das Lehramtsstipendium des DAAD ist vielversprechend, aber leider auch etwas chaotisch und streng. Für dieses Stipendium sollte man frühzeitig mit der Planung anfangen, da viele Formulare und Dokumente verlangt werden, sowie gibt es eine frühe Deadline. Es gibt außerdem sehr viele Bewerber*innen, aber nur wenige Plätze. Glücklicherweise ist das Erasmusprogramm unserer Uni sehr zuverlässig und ermöglicht einen schnellen Bewerbungsprozess und eine schnelle Zusage der Förderung. Dörte hilft ganz schnell und mit bereits geübten Fingern das Ausfüllen der benötigten Formulare und Unterschriften. Von Seiten der Schule gab es keine Formalitäten, die im Vornherein getroffen werden müssen.

Für Erasmus muss eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen werden. Ich bin bei der Techniker Krankenkasse versichert, die solche Zusatzversicherungen für TK-Kunden anbietet (“Envivas”). Ansonsten weiß ich von anderen, dass die Versicherung des DAADs ebenfalls empfehlenswert ist.

Wohnungssuche
Da das Gymnasium auch als Internat für Basketballschüler*innen dient, bietet die Schule Wohnheime für Schüler*innen an. Dieses Angebot wird auch normalerweise von den Praktikanten und Praktikantinnen genutzt, da die Wohnheim nahe der Schule situiert sind und daher schnell erreicht werden können.

Wie bereits erwähnt ist mein Freund Schwede und lebt in Göteborg. Daher war logischerweise von Anfang an geplant, dass ich mit ihm zusammen wohnen werde. Daher musste ich an vier Tagen die Woche eine knapp einstündige Busfahrt (oneway) in Kauf nehmen. Dies war aber gut so, da ich mich in Göteborg wohl fühle und man dort mittendrin ist. Für andere Studierende würde ich dies aber wahrscheinlich nicht empfehlen. Für Studierende, die lieber in Göteborg leben möchten, sind wertvolle Anlaufstellen für das Finden einer Unterkunft zum Beispiel Facebook-Gruppen (Erasmus, International, etc.), aber auch unter bostadsportal.se.

Persönlich
Dadurch, dass ich in Göteborg wohnte und pendeln musste, habe ich mir ein monatliches Busticket angeschafft. Das Ticket nennt sich ,,Regionen runt” und wie man schon hören kann, ist dies ein Ticket für die gesamte Region um Göteborg herum. Wenn man sich darum kümmert, eine schwedische Student-ID zu erhalten (www.mecenat.se), kann man für den reduzierten Preis das monatliche Ticket für knapp 130 Euro ergattern. Das hat sich bei mir auf jeden Fall gelohnt und alles ging recht schnell. Für diesen stolzen Preis kann man, wie gesagt, in der ganzen Region (bspw. Bis Falkenberg/Varberg) auf die öffentlichen Verkehrsmittel so oft, wie man möchte, zurückgreifen. Daher lohnte sich das auf jeden Fall!

Da ich norwegisch spreche und mein Freund schwedisch ist, hatte ich vor Anreise bereits ein stabiles Level an Schwedischkenntnissen. Aber auch ohne diese Grundbasis ist ein Praktikum auf jeden Fall möglich und empfehlenswert. Trotzdem sollte man sich etwas auf das Land und die Sprache vorbereiten, indem man bspw. an der Uni einen Sprachkurs belegt, schwedische Dokus oder schwedische Serien/Filme im Original mit Untertiteln schaut. Besonders empfehlenswert sind unterhaltsame Serien wie Bonusfamiljen, Bron, Störst av allt und Solsidan. Ebenfalls empfehle ich tolle Bücher für Lernende der schwedische Sprache: der Verlag ,,circon” bietet einfache Kurzgeschichten und Lernkrimis auf schwedisch an. Diese werden stets begleitet von Vokabellisten Schwedisch-Deutsch, Infokästen zu Land und Sprache, Übungen zur Grammatik, etc. Die Geschichten sind für Anfänger*innen, aber auch für fortgeschrittene Lernende gut geeignet.

Von der Freude des Sprachenlernens würde ich jetzt gerne kurz über den finanziellen Teil des Praktikums reden. Jeder weiß, dass Skandinavien ein sehr teurer Teil Europas ist. Die Erasmusförderung ist super, aber man sollte definitiv vorher sparen und ein gutes finanzielles Polster mitbringen, da das Leben hier im Vergleich zu Deutschland kostspieliger ist. Nicht nur Lebensmittel, Mieten und Unterhaltung sorgen für ein leeres Portemonnaie, besonders Feiern und Alkohol sind alles andere als günstiger Spaß.

Ein leeres Portemonnaie hat man ohnehin in Schweden, da es hier kaum bis gar kein Bargeld mehr gibt. Alles ist elektronisch ausgelegt und überall kann man mit Karte bezahlen. An vielen Orten kann man sogar nur noch “mit Plastik” bezahlen, wie zum Beispiel in Bussen oder im Kino. Man kann ganz einfach mit der deutschen EC-Karte bezahlen, was für mich bspw. überhaupt nichts kostet.

3. Vorstellung der Schule
Die Marks Gymnasieskola liegt in Skene, was etwa 45 Minuten mit dem Auto von Göteborg entfernt ist (ein passender Vergleich wäre Bremerhaven-Bremen). Es ist eine sehr ländliche Gegend und es kommen viele SuS aus den umliegenden Dörfern und Kommunen. Auch die Lehrkräfte kommen teilweise aus Göteborg, Kinna oder auch aus Varberg. Die Schule ist für knapp 200 Jahre ein großer Arbeitgeber. In unterschiedlichen Programmen bereiten sich knapp 1000 SuS drei Jahre lang (10. bis 12. Klasse) auf das Abitur (“studenten”) vor. Die Programme gehen von Technik und Naturwissenschaften über Gesellschaft und Wirtschaft. Die Schule dient auch als Erwachsenengymnasium und bietet speziellen Unterricht für neuzugewanderte SuS an, die Schwedisch als Zweitsprache lernen (ähnlich wie DaZ). Die Schule pflegt eine eigene Bibliothek, eine große Cafeteria und ein kleines Café, direkt nebenan befindet sich ein großer Lidl. Bei schönem Wetter konnten wir unser Mittagessen draußen in der Sonne genießen, denn die Schule verfügt über viel Platz im Grünen.

4. Praktikumsverlauf
Im Vornherein habe ich mit meiner Mentorin abgesprochen, dass ich hauptsächlich in Deutsch (als Fremdsprache) und Englisch hospitieren werde. Jedoch konnte ich sowohl für Englisch, als auch für Spanisch die Praxisorientierten Elemente (POE) angerechnet bekommen, da es hier genug Auswahl an der Schule gibt und die KollegInnen einen mit offenen (und neugierigen) Armen begrüßen. Diesbezüglich sollte man sich früh genug mit den verantwortlichen Dozenten der Uni Bremen in Verbindung setzen.

Demnach habe ich also in allen Deutschkursen von Dörte hospitiert und mich an verschiedensten Stellen eingebracht. Oft haben wir die Klasse in zwei geteilt, um besser mit jedem Einzelnen sprechen zu können. Außerdem habe ich sehr viel bei der Korrektur und Besprechung von Noten geholfen. Besonders spannend war es, gemeinsam Material zu erstellen und den Unterricht zu planen – generell ist es in Schweden gelassener, da sich Lehrkräfte nicht an einen Bildungsplan halten müssen und stattdessen flexibler in der Themengestaltung sein können. In Englisch habe ich aber auch sehr viel hospitiert und engen Kontakt zu Lehrkräften gepflegt. Anfangs habe ich mich auch im Schwedisch als Zweitsprache Kurs zugesetzt, den Dörte unterrichtet; das empfehle ich besonders denen, die noch kein oder nur wenig Schwedisch sprechen.

A. Besonderheiten durch die Corona-Pandemie
Nach zwei Wochen an der Schule wurde diese aufgrund der weltweiten Pandemie geschlossen. Seitdem gab es ausschließlich digitalen Unterricht – trotz eines etwas unerwarteten Events blicke ich auf ein sehr spannendes Praktikum zurück. Ich denke, dass diese Art von Unterricht sehr zukunftsnah ist, denn wir rücken stets mehr in Richtung digitales Unterrichten (nicht in diesem Ausmaß, natürlich).

Generell war das Leben in Schweden nicht so eingeschränkt wie in Deutschland, zum Beispiel. Schweden setzte auf eine andere Strategie, jedoch wurden die Gymnasien geschlossen und stattdessen eben digital unterrichtet. Dies klappt tatsächlich sehr gut, da die schuleigene Platform itslearning nicht Neues für die SuS war und diese bereits sehr flink mit Technik sind – dies war etwas anderes im Vergleich zu deutschen Schulen. Daher haben wir Frontalunterricht und Klassengespräche über Microsoft Teams realisiert, während die Platform besonders für Einreichaufgaben und das Hochladen von Dokumenten genutzt wurde. Durch die Menge an Einreichaufgaben gab es immer sehr viel zu korrigieren. Einen engen Kontakt mit den SuS gab es aber weiterhin, da auch ich Fragen der SuS beantwortet und Gruppen über Teams geleitet habe. Mithilfe von Digiexam konnten wir Klausuren ausführen, auch dies klappte wirklich gut. Es gab selbstverständlich zwischendurch technische Probleme, manchmal stellten freche SuS unser Mikrofon aus, etc. Im Großen und Ganzen klappte alles aber ausgesprochen gut und Dörte und ich blicken positiv auf die letzten drei Monate des Schuljahres zurück.

5. Persönliche Erfahrungen
Für mich war es natürlich nicht der erste längere Aufenthalt in Schweden. Trotz der Coronakrise haben wir einiges unternommen und uns in kleineren Kreisen mit engen Freunden und der Familie getroffen. Die Familie meines Freundes besitzt ein Sommerhaus auf Styrsö (Insel außerhalb von Göteborg); ein Ausflug auf diese Insel(n) ist immer einen Besuch wert! Weiterhin haben wir Tagesausflüge nach Vänersborg, Varberg und Falkenberg unternommen. Auch um Göteborg herum kann man sehr schön spazieren gehen – gerade am Delsjömotet oder auch in der Nähe der Schule gibt es viele schöne Seen und Wanderwege.

Wir hatten fast immer schönes Wetter und einen strahlend blauen Himmel. Wir waren sogar schon Anfang April baden … das Wasser war aber nur 9 Grad kalt! Wenn man keine Bekannte oder Anhaltspunkte in Schweden hat, so wie ich es habe, nimmt Dörte einen an die Hand und man unternimmt gemeinsam etwas – wir waren oft zusammen essen oder in einem der vielen Cafés in Göteborg einen Kaffee trinken.

A. Fazit
Das Praktikum hat mir trotz der Umstände durch die Pandemie sehr gut gefallen und ist meinen Erwartungen zu 100% gerecht geworden. Schweden war bereits vor dem Aufenthalt mein zweites Zuhause, aber ich habe trotzdem viel Neues über Schweden gelernt. Weiterhin habe ich auch kritisch über die Unterschiede zu anderen Ländern und über das schwedische Schulsystem reflektiert. Ich kann ein Praktikum an der Schule allen empfehlen, die die schwedische Schule kennenlernen möchten. Man kann sich auf jeden Fall auch bewerben, wenn man kein Schwedisch spricht oder, wenn man keine Sprache, sondern eine Naturwissenschaft o.Ä. studiert. Flexibilität wird in Schweden generell und auch am Marks Gymnasium großgeschrieben: allt kommer att lösa sig (Deutsch: alles wird sich regeln)!