Vorbereitungen:
Im Februar 2023 während der Ableistung meines ersten Pflichtpraktikums für mein Jura-Studium entwickelte ich den Gedanken, im Zuge meines zweiten Praktikums gerne Praxiserfahrungen auch in nicht-deutschen Kanzleien sammeln zu wollen, um das europäische Rechtssystem besser verstehen zu können und um meine Sprachkenntnisse aufzuwerten.

In meiner Wahl für einen geeigneten Standort entschied ich mich schnell für Barcelona, da ich durch den Spanischunterricht während des Abiturs bereits Vorkenntnisse in der Landessprache vorweisen konnte, die Stadt schon länger auf meiner Reiseliste stand und sie mich als solche für einen längeren Aufenthalt auch einfach ansprach.

Ich fand meine Kanzlei über eine Liste des Auswärtigen Amtes zu deutschen Anwälten in Barcelona. Nachdem ich die Zusage von der Kanzlei hatte, kümmerte ich mich um die Wohnungssuche. Diese gestaltet sich übers Internet und über den kurzen Zeitraum von zwei Monaten eher schwierig, da die meisten Vermieter und Vermittlungsagenturen die WG-Zimmer gerne eher semesterweise vermieten möchten. Zudem sollte man sich vor betrügerischen Anzeigen in Acht nehmen. Leider hörte ich direkt zu Beginn meines Auslandsaufenthaltes von anderen Erasmus-Studenten, dass einige Leute bereits Kaution und eine Monatsmiete gezahlt hatten und es die Wohnung bspw. nicht gab oder das Zimmer mehrfach vermietet worden war. Von anderen hörte ich, dass sie zuerst in einem verschimmelten Zimmer untergebracht werden sollten oder die Wohnung von Kakerlaken besiedelt war. Dazu muss man sagen, dass der Standard in dem Bereich sowieso ein anderer ist als in Deutschland. Ich würde dazu raten, bei längeren Aufenthalten direkt vor Ort nach Wohnungen zu schauen, da die in Annoncen gezeigten Bildern auch oftmals nicht der Realität entsprechen und man zudem so die Möglichkeit eines Betrugs deutlich reduziert. Ich kenne auch einige, die so verfahren sind oder über eine Agentur ein Zimmer gebucht haben, die auch im Nachhinein bei Schäden und Mängeln zur Seite steht. Ich kam in der ERASMUS-Residencia in Gràcia unter und war dort vor allen Dingen angesichts der Lage zufrieden.

Arbeiten in der Kanzlei:
Mein Arbeitstag begann meist um 10:00 Uhr und endete gegen 17:00 Uhr. Mein Arbeitsalltag war vielseitig, da ich mich sowohl mit unterschiedlichen juristischen Themen und Inhalten als auch mit verschiedenen Aufgaben in verschiedenen Sprachen (Spanisch, Englisch, Deutsch) auseinandersetzen durfte und ich immer genügend Zeit zur Verfügung gestellt bekommen habe, mich in die Materie einzuarbeiten. So durfte ich zu einzelnen Feldern nähere, detaillierte Recherche betreiben, Artikel verfassen, Texte übersetzen, bei der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen Hilfe leisten, usw.. Bei der Kanzlei handelt es sich um eine deutsch-spanische Kanzlei, in der alle Mitarbeiter und Anwälte spanisch sprechen können und zwei Anwälte und eine Sekretärin deutsche Muttersprachler sind. Zwei andere Anwälte und ein Sekretär hingegen waren spanische Muttersprachler und auch nur der spanischen Sprache mächtig. Der Sprachaustausch, der in der Kanzlei herrscht, hat mir sehr gut gefallen, zudem man auch gezwungen war Spanisch zu sprechen, beispielsweise als der Sekretär mich um Hilfe bei der Übersetzung eines Vertrages von Spanisch nach Deutsch bat.

Leben vor Ort:
Durch verschiedene Events von ESN oder anderen Erasmus-Veranstaltern habe ich schnell Anschluss und Freunde gefunden, mit denen man in der Freizeit die verschiedensten Sachen unternommen hat und die Stadt erkundet sowie die Kultur kennengelernt hat. In Spanien verschiebt sich der Alltag im Gegensatz zu Deutschland um etwa 3 Stunden nach hinten, sodass man spät abends auch wochentags häufig unterwegs war und zusammen Tapas gegessen hat und durchs Barrí Gotic geschlendert ist oder noch am Strand war. Durch Erasmus kann man auch von Montag-Sonntag in jeglichen Clubs kostenlos feiern und ein Vortrinken in einer Bar war auch stets organisiert. Es gibt beinahe auch für jedes Wochenende Angebote für Ausflüge oder Fahrten zu einem günstigen Preis von ESN oder anderen Anbietern. Ich bin mit meinen Freunden an einem Sonntag für einen Tag an die Costa Brava nach Cadaques und Empuriabrava gefahren. Schon im Bus hat man wieder viele andere Erasmus-Studenten kennengelernt und am Strand haben wir dann zusammen in einer großen Gruppe Beachvolleyball gespielt und uns danach den Ort angeschaut. Ein anderes Mal bin ich zusammen mit Freunden und anderen Erasmus-Studenten den Berg Montserrat erklummen.

Ein weiteres Highlight während meines Aufenthalts war das Stadtfest La Mercè, welches in dieser Zeit standfand. Es wurden viele Feuerwerke, Paraden, kostenlose Konzerte am Strand und andere Attraktionen wie das Anschauen von Menschentürmen verteilt über die ganze Stadt an diesem Wochenende angeboten. Hier war es wirklich schön die katalanische Kultur einmal so miterleben zu dürfen.

Als Verkehrsmittel habe ich eigentlich ausschließlich das Metronetz benutzt, welches echt gut ausgebaut und einfach zu verstehen ist. Mit der günstigen Metrokarte, die für drei Monate gültig ist und 40€ kostet, hat man außerdem eine große Reichweite auch über die Stadtgrenzen hinaus, sodass man auch hier leicht Ausflüge in andere Städte und Küstenregionen machen konnte. Die Bahnen fahren auch eng getaktet und an den Sams- und Feiertagen sogar 24 Stunden lang. Ansonstan hat man nachts unter der Woche die Möglichkeit einen Nachtbus zu nehmen.

Fazit:
Abschließend kann ich sagen, dass meine Erfahrungen in Barcelona durchweg positiv waren und ich mich hier von Beginn an wohl gefühlt habe. Ich kann jedem einen Auslandsaufenthalt in Barcelona empfehlen. Die Stadt ist super lebhaft, die katalanische Kultur sehr vielfältig und interessant und die Stadt hat neben den schönen Gebäuden von Gaudí und vielen Museen, die an bestimmten Tagen des Monats kostenlosen Eintritt gewähren auch eine facettenreiche Natur zu bieten.