Da ich in den letzten Zügen meines Kunst- und Filmwissenschaftsmasters weitere praktische Erfahrungen sammeln wollte und eine Freundin aus Barcelona mir für zwei Monate ihr Wg-Zimmer als Bleibe anbot, machte ich im Juli und August ein Praktikum bei dem European Museum of Modern Art in Barcelona. Ich hatte bereits nach meinem Abi drei Monate Spanisch in einer Sprachschule in Ecuador gelernt und sah daher die perfekte Gelegenheit, mein Spanisch wieder aufzufrischen.


Ein paar Grundfakten über Barcelona:
Einwohner*innen: 1,62 Mio (2018)
Norden Spaniens, direkt an der Küste
Klima im Juli und August: feuchte Hitze, ca. 28-37 ºC
Sprache: Spanisch/Catalán

Das Leben in Nordspanien:
Vom verregneten Bremen direkt ins sonnenverwöhnte Barcelona zu kommen, fühlte sich im ersten Moment wie Urlaub an. Die Stadt besitzt so viele Strände, unzählige Lokale mit Köstlichkeiten wie Tapas, Paella und Sangría und Menschen, die wie es schien das Leben nicht allzu schwer haben. Es ist einfach sich in Barcelona zu verlieben, aber schwer hier Fuß zu fassen.

Barcelona im Sommer ist selbst den Spanier*innen zu heiß. Diese ziehen dann, soweit sie die Möglichkeit haben zu Verwandten, in die Berge oder machen selbst Urlaub. Daher waren gefühlt mit mir sehr viele Tourist*innen in dieser Stadt. Man lernt schnell, die Hotspots wie beispielsweise Las Ramblas zu meiden und dafür lieber andere Viertel oder Verstecke zu finden, wo beispielsweise auch das Essen authentischer ist.

Zu Beginn habe ich noch sehr viel in der Mittagszeit unternommen, um all die tollen Bauten des Architekten Gaudís oder Kunst von Joan Miró zu sehen. Nach zwei Tagen hatte ich dann den ersten Hitzschlag und gemerkt, dass man mit der Hitze hier nicht spielen sollte. Bei 33 Grad Zimmertemperatur war meine erste Anschaffung ein Ventilator. Ich begann mittags auch eine Siesta einzulegen und verschob Aktivitäten auf nachmittags/abends. Auch meine Essensgewohnheiten passte ich an die der Spanier*innen an: Da hier das Leben vor 9 Uhr morgens nicht begann, aß ich um 10 Frühstück, um 3 zu Mittag und um 20/21 Uhr zu Abend. Man sagte mir, dass Restaurants, die um 13 Uhr Mittagstisch anboten, schlecht waren, da sie sich nur an die Touris richten würden. Es war ganz normal auch erst um 4 Uhr Mittag zu essen. Nach der Arbeit geht man an den Strand, dort bleibt man bis zum Abend, geht dann nach Hause, macht sich frisch und trifft sich anschließend wieder in der Stadt zum Essen.

Die Wohnsituation in Barcelona entspricht der jeder beliebten Großstadt: Katastrophe. Ich hatte das Glück nicht suchen zu müssen, jedoch hat sich auch hier ganz unerwartet ein Kulturschock aufgetan. Da Barcelona so beliebt ist, wohnen hier sehr viele junge Erwachsene in Wgs. Diese entsprechen jedoch fast immer Zweckwgs. Gemeinsame Unternehmungen entstehen daher selten. Als Erasmusstudent*in hat man in der Uni viele Möglichkeiten neue Menschen kennenzulernen, in meinem Fall benutzte ich die App Meetup und Bumble Friends. Bestimmt gibt es aber auch genug Facebookgruppen.

Einen Fokus möchte ich noch auf die Sprache legen: Spanisch versteht jeder, aber Catalan ist sozusagen die Identitat vieler hier lebender Barceloner, daher ist es empfehlenswert ein paar Grundwörter wie „Merci“ oder „Bon Dia“ sich anzueignen. Wenn man weder Spanisch, noch Catalan spricht, versteht hier aber auch jede*r Englisch; Menschen schienen mir nur manchmal etwas offener, wenn ich versuchte Spanisch zu sprechen.

Foto: https://www.timeout.com/barcelona/museums/meam-museu-europeu-dart-modern (06.09.2023)

Das Museum
Das Museum existiert aufgrund einer privaten Stiftung und liegt im Herzen der Altstadt Barcelonas. Es beherbergt ausschließlich fotorealistische Kunst, welche mich für die gesamte Zeit während ich dort arbeitete, sprachlos machte. Da das Museum eine private Stiftung ist, arbeiten in dem Büro nur 6 Mitarbeiter*innen, 2 weitere waren für die Kasse zuständig, hinzu kamen Personen für Tontechnik, Sicherheit und Reinigung der Lokalitäten. So wie es schien, besitzt das Museum durchgehend Möglichkeiten für Praktika, welche jedoch nicht ausgeschrieben werden. Ich habe meinen Praktikumsplatz durch eine einfache Anfrage per Email erhalten.

Meine Aufgaben
Meine Aufgaben im Museum waren breit gefächert, mal saß ich an der Kasse und verkaufte Ticktes, mal oben im Büro und verfasste Social-Media Beiträge, mal schnitt ich Flyer oder brachte Pakete zur Post. Jeden Freitag- und Samstagabend veranstaltete das Museum in seinen historischen Hallen Konzerte, diese bereitete ich mit vor, verteilte Bier und konnte anschließend selbst im Publikum sitzen und entweder dem Blues oder Klassik lauschen. Persönlich hatte ich mir für die Arbeit im Museum auch anspruchsvollere Arbeit gewünscht, meine Kollegen waren jedoch zu jeder Zeit sehr freundlich, machten Witze, unterstützten mich und verbesserten mein Spanisch, sodass ich trotzdem viel Erfahrungen und ein besseres Spanisch mitnehmen konnte. Ich empfinde es sehr inspirierend wie Arbeit in Spanien angesehen wird und wie viel Spaß trotzdem alle Mitarbeitenden hatten, sie wirkten fast wie eine große Familie.

Fazit
Die zwei Monate hier vergingen wie im Flug. Ich hatte viele schöne Momente, aber auch Momente, in denen ich mich allein gefühlt habe. Ich habe gelernt, welchen Beruf ich in Zukunft ausüben möchte, wie wichtig das Arbeitsumfeld in einem Job ist und auch, dass ein Leben in einer fancy Stadt nicht ansatzweise so glamourös ist wie ein Urlaub dort. Vor meiner Zeit hier hatte ich mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte hier zu leben, diese Frage habe ich erstaunlicherweise mit nein beantwortet, da die Stadt sehr laut ist, zwar sehr viel Kultur aber wenig Natur hat. Auch muss man mit den
steigenden Temperaturen des Klimawandels mit immer heißeren Sommermonaten hier rechnen.

Nichtsdestotrotz ist Barcelona eine wundervolle Stadt, falls du die Möglichkeit hast hier als Erasmusstudent*in zu studieren, empfehle ich das sehr. Und falls du in meinem Museum arbeiten möchtest, empfehle ich dir in einem nicht so warmen Zeitraum zu kommen und vielleicht das Praktikum als Nebentätigkeit auszuüben, da es sonst eventuell zu langweilig sein könnte. Hätte ich das gewusst, hätte ich vielleicht noch paar Kurse an der Uni hier, welche sehr gut sein soll, belegt. Eine weitere Praktikantin hat beispielsweise nebenbei ihre Masterarbeit geschrieben, man kann dies also auch gut in die Semesterferien einfügen.

Para resumir todo: Es ist immer eine Reise wert ins Ausland zu gehen. Manchmal erlebt man nicht das, was man erwartet, aber trotzdem erfährt man immer wieder neue Dinge über sich und die Welt.