USB-Stick gecheckt und eingepackt, die Thermoskanne mit Kaffee und aufgewärmter Hafermilch im Rucksack verstaut, Schülerliste samt Abbildungen zur Linken und in der rechten Hand die Akkreditierungskarte meiner Stammschule. Tägliches Equipment um als junger, angehender Deutschlehrer im französischen Schuleinsatz zu überleben, vielleicht aber auch zu glänzen. Diese, für mich als Fremdsprachenassistenzkraft an zwei Schulen der im Centre gelegenen Stadt Orléans arbeitenden jungen Studenten, überlebenswichtigen Ausrüstungsstücke, begleiteten mich im alltäglichen Dasein in den Einsatzstellen. Wie genau sie zum Einsatz kamen, werde ich im weiteren Verlauf noch aufklären. Zum Verständnis jedoch erst einmal die “hard facts”:

Das Ende meiner Zeit als ordentlicher Bachelor-Student an der Universität Bremen, wurde markiert durch einen freiwilligen Auslandseinsatz als Fremdsprachenassistenzkraft in Orléans, Frankreich. Da ich meinen Bachelor mit der Lehramtsoption Deutsch und Geschichte für die Schulformen Gymnasium und Oberschule in Bremen absolvierte, ist das Lehramt mein späteres Berufsziel, weshalb auch ein Aufenthalt im europäischen Ausland für mich eine gewinnbringende Erfahrung sein sollte. Somit bewarb ich mich im Winter des Jahres 2018 beim „Pädagogischen Austauschdienst“ der „Ständigen Kultusminsterkonferenz“ für einen 6-monatigen Dienst als “Fremdsprachenassistenzkraft” in Frankreich. Ziel dieses Programms ist es, als junger Lehramtsstudierender im Deutsch-Unterricht des Ziellandes nicht nur als sprachliche Hilfe zu agieren, sondern auch als Abbild Deutschlands und seiner Kultur zu fungieren. Kurzum: Während ich also von Oktober 2019 bis April 2020 in Orléans tätig war, versuchte ich besten Wissen und Gewissens meine muttersprachlichen Fähigkeiten der deutschen Sprache zum bestmöglichen Wissenszuwachs der Schülerinnen und Schüler einzusetzen, aber sollte auch einen authentischen Einblick in das “Deutsche Vita” geben und meinen Eindruck meines Heimatlandes über die Grenzen der Bundesrepublik bekannt machen.

Konkret wurde ich an zwei verschiedenen Gymnasien in der Stadt Orléans angestellt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug lediglich zwölf Stunden, sodass jeweils sechs Stunden für beide Schulen aufgeteilt werden konnten. Im Grunde genommen bestand meine Aufgabe übergeordnet darin, einen unterstützenden Beitrag im Deutsch-Unterricht der französischen Schüler_innen zu leisten. Im weitesten Sinne organisierte ich jedoch auch einzelne Unterrichtsstunden, die ich alleine anleitete, sodass die Arbeit auch über das Unterstützer-Dasein hinaus ging. In den meisten Fällen war es jedoch die Lehrkraft, die den Unterricht organisierte und mir Teilaufgaben zu kommen ließ, die ich umsetzen durfte. So ergab sich oft das folgende Stundenbild: Der Klassenverbund wurde in zwei Teilgruppen geteilt, sodass die Lehrkraft eine Gruppe betreute und ich eine andere Teilgruppe. In getrennten Räumen konnte im weiteren Verlauf an unterschiedlichen Inhalten und Aufgabenstellungen gearbeitet werden und nach ca. 20 Minuten haben die Gruppen getauscht, sodass alle Schüler_innen des Verbands alle Inhalte und Aufgabenstellungen bearbeiten konnten.

Da der Job als Fremdsprachenassistenz nicht nur eine sprachliche Komponente aufwies, sondern ebenfalls einen kulturellen Aspekt besaß organisierte ich für die unterschiedlichen Lerngruppen Teilstunden mit “spezifisch deutschen” Themen. Zur Weihnachtszeit gestaltete ich also Unterrichtssequenzen zum Thema des deutschen Weihnachtsmarktes, deutschen Weihnachtsbräuchen und der Art und Weise, wie in Deutschland das höchste Fest des Christentums zelebriert wird. Vor allem die Beschäftigung rundum die Weihnachtsmärkte stieß auf großen Anklang, da die französischen Märkte in der Vorweihnachtszeit weniger beliebt sind und nicht auf eine langdauernde Tradition und Geschichte zurückblicken können. Aber auch Ausschnitte zur vielfältigen, regionalen Essenskultur wurden von mir angeleitet und umgesetzt. Wie ich kennenlernen konnte, ist das Thema „Essen“ in Frankreich zentraler Bestandteil und überaus wichtig, sodass sich die Schülerinnen und Schüler sehr für „Kohl und Pinkel“ oder die “Currywurst” begeistern ließen.

Die Unerlässlichkeit der eingangserwähnten Utensilien für das alltägliche Handeln an den Schulen ist für mich sehr erwähnenswert. Wie bereits angeschnitten, hatte ich stets einen USB-Stick, eine Thermoskanne, Klassenlisten mit Fotos, wie auch eine Akkreditierungskarte in meinem Rucksack, wenn ich mich auf den Weg in die Schulen begab. Im Kontrast zu den digital weniger gut ausgestatteten Schulen in Bremen, sind die französischen Gymnasien technologisch und digital durchweg gut organisiert. In jedem Klassenraum befand sich ein EDV-System mit Computer, Beamer und Lautsprecher. Dieser Umstand führte für mich dazu, dass meine Unterrichtsplanungen allesamt digital vorgenommen wurden und auf dem USB-Stick gespeichert wurden, den ich somit in der täglichen Nutzung hatte. Besitzen die französischen Schulen den deutschen gegenüber den digitalen Vorteil, so sind die im Kaffeeverzehr jedoch in untergeordneter Stellung. In jedem Lehrerzimmer befand sich ein großer Kaffeevollautomat, der bei Einwurf von 50 Cent einen Kaffee im Plastikbecher ausspuckte, sodass ich mich aus, umwelt- und geschmackstechnischen Gründen dazu entschied, einen eigenen Kaffee von zu Hause mitzubringen. Ebenfalls für den täglichen Bedarf von großer Bedeutung waren die Klassenlisten der Kurse, in denen ich eingesetzt war. Mein Einsatz beschränkte sich nicht auf eine oder zwei Klassen. In der Regel war ich in vielen unterschiedlichen Kursen eingesetzt, sodass es eine Herkulesaufgabe war, sich die Namen der Schülerinnen und Schüler einzuprägen. Als kleine Denkstütze nutzte ich diese Listen also, um die Verwechslungsgefahr zu minimieren und die Schüler und Schülerinnen beim Namen nennen zu können. Zu guter letzt besaß ich eine Zugangskarte für das Schulgebäude. Da die französischen Schulen im Nachgang der Terroranschläge viele Sicherheitskehrungen im öffentlichen Raum vornahmen, betrafen diese auch die Schulen. So wurden große Tore und Zäune installiert, um die Schule abzuschirmen und schützen. Für mich hieß das: Ich brauchte eine eigene Karte, um überhaupt eigenständig in die Schule zu gelangen. Aber auch für einige Türen im Gebäude war die Karte von Nöten, um nicht vor verschlossenen Türen zu stehen.

Für mich war der Auslandsaufenthalt in Orléans eine positive Bereicherung. Ich schaffte es nicht nur in ein anderes europäisches Schulsystem einzutauchen und Eindrücke zu sammeln, sondern durfte mich selber in diesem Rahmen erproben und ausprobieren. Eine einmalige Chance, die mir auch dabei half, Sicherheiten im Umgang mit Schulklassen zu gewinnen und mein eigenes Lehrerhandeln auszuüben. Allerdings konnte ich auch viele Unterschiede zum deutschen Schulsystem kennenlernen und einordnen. Zwar empfinde ich die Ausstattung französischer Schulen in Bezug auf EDV-Systeme wesentlich besser als in den bremischen Schulen, doch deutsche Schulen wirken familiärer, kleiner und weniger hierarchisch organisiert und strukturiert.

Im Unterricht in Frankreich erkannte ich, dass vieles sehr lehrerzentriert abläuft, wodurch erstens weniger Freiraum für die Lernenden entsteht, aber auch ein großes Autoritätspotenzial bei der Lehrkraft liegt, was teilweise große Distanz zwischen Lehrkraft und Schülerschaft aufbaut, die meines Erachtens nicht immer förderlich für den Lernprozess war. Doch diese kurze Bewertung soll keineswegs negativ gemeint sein: Ich denke viel eher, dass beide Schulsysteme im innereuropäischen Rahmen voneinander lernen könnten und die jeweils positiven Eigenschaften des Nachbarlandes mit einbeziehen könnten.

Neben der schulischen Arbeit in Frankreich, durfte ich jedoch auch in den Genuss des französischen “belle vie” kommen. Da ich schnell ein WG-Zimmer mit zwei Französinnen bezog, hatte ich stetigen und engen Kontakt zu jungen Menschen, der nicht nur einen Zuwachs an Sprachkenntnisse garantierte, sondern auch Verständnis für “Frankreich” erleichterte. Ich möchte diese Zeit nicht missen und hoffe, dass ich nochmal zurückkehren kann!