Ich habe mein Auslandssemester meines ESC Lehramtsstudiums in Form eines dreimonatigen Praktikums in England verbracht. Dieses führte ich an einer weiterführenden Schule in Norwich, England, durch, wo ich für die Fächer Deutsch und Spanisch eingesetzt wurde.

Suche nach einem Praktikumsplatz
Ich habe mich im Vorfeld an einigen Schulen in Glasgow und London über ein potenzielles Praktikum informiert. Diese gaben jedoch an generell keine Praktikanten anzunehmen, weil dies unüblich sei. Bevor ich mich anderweitig bewarb, beschloss ich die Suche nach potenziellen Schulen einzugrenzen. Dafür las ich Erfahrungsberichte auf verschiedenen Websites und suchte nach konkreten Inseraten, in welchen Schulen Praktikumsplätze anboten. Diese waren jedoch sehr rar. Auf Grund des positiven Erfahrungsberichts für die Ormiston Victory Academy (OVA) in Norwich auf der Erasmus Plus Website der Uni Bremen, entschied ich mich dort anzufragen, ob es eine Vakanz Praktikantinnen für das SoSe 19 gibt. Nach einer positiven und schnellen Rückmeldung, bewarb ich mich dort und erhielt direkt eine Zusage. Meine Studienfächer sind Germanistik und Englisch und so sollte ich für den Deutschunterricht eingesetzt werden. Als ich nach einer zweiten Fremdsprache gefragt wurde, bot ich Spanisch an. Da beschloss die OVA mich auch für Spanisch einzusetzen, da ich mein Spanisch aufzufrischen plante, freute ich mich auf die Herausforderung.

Vorbereitung
Nach der Zusage für mein dreimonatiges Praktikum an der OVA, begann ich etappenweise meine Spanischkenntnisse aufzufrischen. Dafür blieb neben der Arbeit und meiner Bachelorarbeit wenig Zeit, jedoch konnte ich auch während meines Aufenthalts viel nacharbeiten und mich gut im Spanischunterricht einbringen. Ich suchte mir im Vorfeld ein möbliertes Zimmer und buchte auch den Flug und die Busfahrt mit National Express vorab. Das Busunternehmen fährt direkt von den Flughäfen in London nach Norwich (Bus Station oder University of East Anglia) und umgekehrt, die Tickets können aber auch spontan am Flughafen gekauft werden. Die Schule sandte mir im Vorfeld auch meinen Stundenplan zu, der sich nach meiner Ankunft nur minimal änderte. Die Schule wies mich an, mir ein polizeiliches Führungszeugnis ausstellen zu lassen und dies bei meiner Ankunft mitzuführen. Dies beantragte ich also auch rechtzeitig und damit war meine Vorbereitung weitestgehend abgeschlossen.

Durchführung
Ich war insgesamt 22 Wochenstunden im Unterricht an der Schule eingebunden. Dabei geht in England eine Schulstunde 60 Minuten und nicht 45 Minuten wie bei uns in Deutschland. Ich wurde etwas mehr in Spanisch als in Deutsch eingesetzt und war in den Klassen 7-11. In der ersten Woche sollte ich einfach hospitieren und konnte mir so Notizen zur Unterrichtsgestaltung machen, viel lernen und SuS, sowie Lehrer kennenlernen. Der Tag begann meist mit einer Versammlung der Lehrer in der Aula, wo das Tagesgeschehen besprochen wurde. Jeden Mittwoch gab es eine Teamsitzung des Modern Foreign Language Department (MFL), wo wichtige Ankündigungen und Termine ausgetauscht wurden. Ich wurde warmherzig begrüßt, gut in den Schulalltag eingebunden und fühlte mich sehr gut in das Kollegium integriert.

Meine Aufgabe war es im Unterricht zu sitzen und den Schülern zu unterstützen, wenn jemand Hilfe benötigte, oder den SuS generell unterstützend zur Seite zu stehen, wenn sie Aufgaben erledigten. Oft war es auch so, dass im Unterricht Geübtes noch einmal vertieft werden sollte. Dazu nahm ich SuS in Kleingruppen (3-6) auf den Flur, wo Tische und Stühle zur Verfügung standen. Dort übten wir die neuen Vokabeln, Konversation und alles, was gerade thematisch im Unterricht gemacht wurde. Dies versuchte ich, je nach Thematik und Zeitvorgabe, so kreativ wie möglich umzusetzen. Mal spielten wir Vokabelspiele, mal unterstütze ich die Textproduktion und mal hielten wir ungezwungen Konversation. Ich versuchte auch die SuS zu bestimmten Themen zum Sprechen zu motivieren. Ich half auch bei den Korrekturen der Hefte mit, die alle SuS in jedem Fach führten, welche anstelle von Mappen funktionieren. Dort werden die Aufgaben hineingeschrieben und Arbeitsblätter eingeklebt.

Außerdem durfte ich Unterrichtssequenzen in Spanisch durchführen, sowie einige Deutschstunden unterrichten, was mir sehr viel Spaß gemacht hat und sehr lehrreich war. Da an der OVA sehr interaktiv viel mit Power Point, Beamer und Whiteboards gearbeitet wird, war es sehr spannend ganze Unterrichtsstunden nach dem Prinzip Power Point zu planen und umzusetzen. Auch durfte ich in der “open classroom week“ bei anderen LehrerInnen und in anderen Fächern hospitieren und konnte so auch Geschichts-, Englisch- und Biologieunterricht sehen, was eine tolle Erfahrung war und mir viel Freude gemacht hat.

Ein Manko während meines Aufenthalts war jedoch, dass mein polizeiliches Führungszeugnis, welches ich im Vorfeld angewiesen wurde vorzuzeigen, plötzlich doch nicht ausreichte, um mich vom Visitorstatus zu befreien. Deshalb musste ich täglich in der Schule von Anfang bis Ende meines Praktikums einen roten Badge tragen und überallhin begleitet werden. Schulen sind in England nicht offen und nicht für jedermann zu betreten. So müssen sich Besucher anmelden und in einem abgeschlossenen Eingangsbereich sitzen, bis sie abgeholt werden. Jeder, der kein grünes, oder gelbes Schlüsselbändchen um den Hals trägt, ist offiziell kein Mitglied des Kollegiums und muss permanent von einem Kollegiumszugehörigen begleitet werden. Ist dies nicht der Fall und sehen die SuS eine Person mit rotem Band, (also mit Visitorstatus) die nicht in Begleitung ist und sich ungehindert in der Schule bewegt, dürfen und sollen die Kinder aus Sicherheitsgründen den Alarm auslösen. Meine Vorgängerin bekam wohl recht schnell ein grünes Bändchen, mir wurde dies jedoch verwehrt, was ich sehr schade fand und was den Ablauf meines Praktikums auch behinderte und schwierig gestaltete. Die Schule bestand auf ein englisches Führungszeugnis („DBS Check“), was nicht beantragt werden kann, wenn man in England keine Sozialversicherungsnummer hat und keine eigene Wohnung bezogen hat (also keine “bills“ an die Stadtwerke und co zahlt).

Als Alternative wurde mir nach einem Monat vorgeschlagen mir Referenzen von meinen Praktikumsschulen einzuholen. Diese sollten ein Dokument über mich ausfüllen. Als ich nach Wochen (es waren Ferien in Deutschland) endlich eine Referenz von meiner ehemaligen Mentorin hatte, reichte dies trotzdem nicht aus, weil es dann plötzlich hieß, dass ich zwei Referenzen bräuchte. Das MFL Kollegium beschloss dann, dass wir einfach mit der Situation umzugehen versuchen, da meine Praktikumsdauer zu dem Zeitpunkt schließlich nicht mehr allzu lang war. Schade war es trotzdem und vor allem war es ein unangenehmes Gefühl für mich immer begleitet werden zu müssen und von den kids gefragt zu werden, wieso ich immer noch ein rotes Band tragen muss. Ich kann also nur jedem empfehlen, der ein Schulpraktikum in England machen will: Informiert euch im Vorfeld genau darüber, was ihr braucht, um von der Schule überprüft zu werden. Wenn ihr eine eigene Wohnung in England bezieht, steht einem DBS Check nichts im Wege, andernfalls solltet ihr nach einem Referenzbogen fragen, den ihr euren ehemaligen Praktikumsschulen im Vorfeld zusenden könnt, denn die CP auf dem Transkript of Records von PABO, die Praktikumsbescheinigungen der Uni und auch die Bewertungsbögen aus den praxisorientierten Elementen könnten unter Umständen (wie bei mir) nicht ausreichend sein, um als offizielle Referenz anerkannt zu werden.

Abgesehen von diesem unglücklichem Umstand war das Kollegium jedoch immer darauf bedacht mir so oft wie möglich die Möglichkeit zu geben, mit Kleingruppen zu arbeiten, um mich aktiv einzubringen. Gegen Ende des Praktikums bekam ich sogar eine feste Nachhilfeschülerin aus Klasse 10, die ich jeden Freitag eine Stunde unterrichtete. Eigentlich wäre der Job sogar bezahlt gewesen, da mir jedoch der grüne Badge fehlte, klappte das natürlich nicht und so entschied ich mich ihr freiwillig Nachhilfe zu geben. Alles in allem war das Praktikum eine tolle Erfahrung, ich habe das englische Schulsystem kennengelernt, durfte mich im Unterricht einbringen, diesen auch in Einzelstunden selbst gestalten und konnte tolle Menschen kennenlernen. Ein Schulpraktikum im Ausland kann ich jedem Studenten des Lehramts nur wärmstens empfehlen, um eine andere Perspektive einzunehmen, sich weiterzuentwickeln und den eigenen Horizont auf didaktischer und persönlicher, sowie kultureller Ebene zu erweitern.

Unterkunft
Leider gab es an der OVA keinen verfügbaren Host für mich, weshalb ich auf der Website https://www.spareroom.co.uk/ nach einem Zimmer gesucht habe, welche mir netter Weise von dem Head of MFL während unseres Email-Kontakts im Vorfeld empfohlen wurde. Dort werden viele Zimmer vornehmlich an Studenten vermietet, die natürlich einen längeren Aufenthalt hatten als ich, aber wenn man dran bleibt, findet man dort auch ein Zimmer für einen etwas kürzeren Aufenthalt als ein Semester. Ich entschied mich für ein möbliertes Zimmer, welches ca. 15 Minuten Fußweg von der Schule gelegen war. In dem Haus wohnten noch 5 andere junge Menschen zwischen 25-35 Jahren, die alle aus England kamen und in Norwich arbeiteten. Dadurch konnte ich direkt Kontakte knüpfen und habe mich nicht einsam gefühlt.

Norwich
Norwich ist eine sehr historische und schöne kleine Stadt nordöstlich von London, die mit ihrem historischen Charme punkten kann. Es gibt unzählige alte Gebäude und so findet man Kathedralen, historische Bauten und alte Stadtmauern soweit das Auge reicht.

Vieles ist fußläufig erreichbar, aber es fahren natürlich auch Busse überall hin. Von Costessey z.B. (wo ich wohnte und arbeitete) kostet ein Bus Ticket ca. £ 2.70 in die Innenstadt. Dort gibt es alle Möglichkeiten zu Shoppen, die das Herz begehrt. Es gibt dort auch ein Kino namens “Vue“, welches für unschlagbare £ 4.99 Kinotickets verkauft, was wirklich günstig ist. Gegenüber vom Kino befindet sich das Norwich Castle, welches seit Jahren ein Museum ist. Dieses hat allerdings nicht ganz so viel zu bieten und ist dafür mit £ 9.90 pro Person ziemlich teuer. Daher empfehle ich jedem, der das Museum besuchen möchte das Twilight Ticket für £ 2.00 zu kaufen, welches man eine Stunde vor Schluss erwerben kann und was vollkommen ausreicht, um sich alles einmal anzusehen. Was in England, oder speziell in Norwich auch super ist, ist die Auswahl an veganen Lebensmitteln und Speisen im Supermarkt und in den Restaurants. Es gibt eigentlich überall eine vegane Option, das ist in den Pubs und Restaurants ganz normal und daher macht es Spaß Essen zu gehen und alles ausprobieren zu können und zwar von der Vorspeise bis zum Dessert. Meist ist die Option sogar ganz selbstverständlich auf der Speisekarte gekennzeichnet, sodass man nicht überlegen muss, wo man als VeganerIn essen geht, da es eigentlich immer passende Optionen gibt.