Am Ende April bin ich nach mehreren Jahren zurück in meiner Heimatstadt, in Athen angekommen, und zwar um mein Pflichtpraktikum durchzuführen. Im sechsten Semester vom Psychologie-Studium habe ich mir entschlossen, das Pflichtpraktikum im Ausland zu machen. Dann kam die Idee von Athen. Da ich in dieser Stadt geboren bin, aber seit sechs Jahren in Deutschland lebe und studiere, wollte ich einmal erleben, wie es in Athen ist als Psychologin zu arbeiten. Meine Entscheidung wurde von mehreren verschiedenen Faktoren beeinflusst. Es war mir nämlich bewusst, dass mir der Migrationsbereich und auch die Flüchtlingssituation in Athen sehr wichtig ist und dass ich mich auch in der Zukunft damit beschäftigen will. Deswegen war der richtige Moment mein Praktikum in einer NGO zu machen.

Die NGO, wo ich angenommen wurde, heißt ‘SolidarityNow’ und beschäftigt sich mit der Unterbringung und der Integration von Flüchtlingen in Athen. Meine Stelle war im Bereich der psychosozialen Unterstützung, in dem zwei Psychologen gearbeitet haben. Die psychosoziale Unterstützung findet hauptsächlich durch psychotherapeutische Sitzungen statt, die allerdings nicht langfristig sind, denn die Bedürfnisse der Flüchtlinge sind eher kurzfristig. Die Organisation hat in mehreren verschiedenen Orten in Griechenland Wohnheime und Büros. Das Büro, in dem ich gearbeitet habe, befindet sich in Metaksourgio, im Zentrum von Athen.

In der ersten Woche ging es mit meiner Vorstellung in den verschiedenen Bereichen los. Im Büro, wo ich gearbeitet habe, gibt es den Bereich der Sozialarbeiter, der Techniker, der Dolmetscher und der Psychologen. Mit den Psychologen haben wir allerdings nicht nur im Büro im Zentrum von Athen gearbeitet, sondern auch in einem Wohnheim im Vorort von Athen, in Peania. Was mich begeistert hat, war, dass ich vom Anfang an in den psychotherapeutischen Sitzungen anwesend sein durfte. Einmal in der Woche fand unsere klinische Supervision statt, wo wir, die Psychologen, alles besprechen konnten, bzw. sollten, was neu in unseren Sitzungen war oder was uns in den letzten Sitzungen beschäftigt hat. Es könnte entweder ein Problem sein, wo wir wirklich eine Lösung brauchten oder nur Gedanken, die wir uns miteinander teilen wollten. In den Sitzungen durfte ich nach den ersten zwei Wochen auch mitreden, was mich wirklich fasziniert hat, da ich dadurch zum erstem Mal die Verantwortung einer psychotherapeutischen Sitzung wahrgenommen habe.

Nach dem ersten Monat habe ich sogar meine erste Sitzung übernommen, und zwar mit einem 16-jährigen Mädchen aus Syrien. Das war für mich vielleicht die wichtigste Erfahrung im Praktikum, da ich zum ersten Mal die einzige Verantwortliche einer Sitzung war und das erste Mal war, wo ich mit so vielen Fragen und Gedanken konfrontiert wurde. Dabei hat mir die klinische Supervision mit meinem Verantwortlichen sehr geholfen, weil ich so das Gefühl hatte, dass ich nicht alleine bin. Noch eine Aktivität, die mir geholfen hat und jeden Tag durchgeführt werden sollte, war die Beschreibung jeder psychotherapeutischen Sitzung. Durch ein bestimmtes Formular sollte ich jede Sitzung protokollieren, was mir jedes Mal die Chance gegeben hat, mir viele Gedanken über die jeweilige Sitzung zu machen und besser die Emotionen des jeweiligen Begünstigten wahrzunehmen.

Im ersten Monat hat ein Ausbildungsseminar mit Thema „Integration der Flüchtlinge in die griechische Gesellschaft“ stattgefunden. Das Ziel des Seminars war Vorschläge zu machen, wie wir einfacher und effizienter unsere Begünstigten in die griechische Realität integrieren können. Durch den ganzen Prozess dieses Seminars hatte ich das Gefühl, dass ich sehr viel gelernt habe. Auf der einen Seite hatte ich zum ersten Mal mit den Experten von allen Bereichen zu tun, weil das Ausbildungsseminar für das ganze Fachpersonal stattgefunden hat. Menschen aus dem Bereich von Dolmetschern, von Sozialarbeitern und Psychologen haben nämlich in diesem Seminar mitgemacht, was dazu geführt hat, Aspekte aus allen Bereichen konzipiert zu werden. Auf der anderen Seite hatte ich zum ersten Mal die Chance meine Mitarbeiter wirklich kennen zu lernen. Wir haben nämlich in kleinen Gruppen gearbeitet, bestimmte Themen besprochen und die Ergebnisse aus unseren Gesprächen präsentiert. Der ganze Prozess hat sechs Stunden gedauert, was genug Zeit war, die Themen möglichst ausführlich zu besprechen und sich gegenseitig kennen zu lernen.

Im Oktober, fünf Monate nach dem Beginn des Praktikums, hat noch ein Ausbildungsseminar stattgefunden. Das Thema dieses Seminars hat sich auf die wichtige Rolle der Kommunikation im Rahmen der Sitzungen mit den Begünstigten bezogen. Das Ziel war wieder Vorschläge zu machen, im Bezug auf die bessere Kooperation der Dolmetscher und der Experten. Meine Erfahrung vom zweiten Ausbildungsseminar war besser, als die erste, da ich beim zweiten Ausbildungsseminar die Chance hatte, nicht nur als Fachpersonal mitzumachen, sondern auch bei der Organisation des Seminars mitzuentscheiden. Mein Praktikumsverantwortlicher war nämlich auch der Verantwortliche für dieses Ausbildungsseminar und hat mir angeboten, in der zweiten Woche bei der Organisation mitzuhelfen. Dadurch konnte ich nämlich einen Einblick haben, wie man eine Präsentation und Aktivitäten für bestimmtes Fachpersonal am besten vorbereiten kann, sodass man ihr Interesse und ihre Teilnahme bekommt.

Noch ein sehr wichtiges Teil meines Praktikums war der Alltag im Büro. Ich wurde nämlich sowohl mit dem langweiligen Teil des „Büro-Alltags“ konfrontiert als auch mit dem spannenden Teil, da ich jeden Tag zum Büro gegangen bin und manchmal es nichts zu tun gab, aber auch die Chance hatte, Gespräche mit meinem Verantwortlichen durchzuführen. Das letztere hat mir sehr geholfen, denn er ist eine Person mit großer Erfahrung in seinem Bereich. Er ist ein Psychotherapeut, der gerade sich mit Flüchtlingen beschäftigt, aber vorher viele Jahre mit Drogenabhängigen gearbeitet hat. Deswegen konnte ich alles mögliche erfragen und immer eine sehr hilfreiche Antwort bekommen. Wenn man nach so vielen Semestern, in denen man das theoretische Teil der Wissenschaft lernt, auch den praktischen Aspekt aller dieser Kenntnisse wahrnimmt, ist ein sehr hilfreicher Prozess für die berufliche Weiterentwicklung.

Noch ein sehr wichtiger Punkt des Praktikums in Athen war meine Freizeit, wo ich die Gelegenheit hatte Athen ‘wieder’ zu entdecken. Obwohl ich in dieser Stadt geboren bin, konnte ich diesmal Athen anders betrachten und erleben, im Vergleich zu meiner Schulzeit. Es gibt nämlich zahlreiche Ecken im Zentrum der Stadt zu genießen, wofür man wirklich viel Freizeit braucht um alles zu entdecken. Die Stadt war seit immer multikulturell, aber in den letzten Jahren ist das sehr deutlicher geworden, was Athen in eine spannendere und schönere Umwelt umwandelt.

Ich bin sehr dankbar, dass ich die Chance hatte das Praktikum in der NGO ‘SolidarityNow’ zu machen, und zwar in Athen, da es hilfreich in mehreren Bereichen war. Sicher würde ich es weiterempfehlen, Praktikum im Ausland zu machen. Eine sehr wichtige Rolle spielt natürlich, der Bereich, wo man das Praktikum macht, aber man kann auch sehr von neuen Erfahrungen in einer anderen Stadt profitieren.