1. Vorbemerkung
Zur Zeit befinde ich mich kurz vor dem siebten Semester der Hanse Law School. Im Rahmen meines Studiums verbrachte ich das 5. und 6. Semester an der Aristotle University of Thessaloniki in Griechenland.
Zudem bin ich verpflichtet ein 14- wöchiges Praktikum im juristischen Bereich zu absolvieren. Nachdem ich das erste Semester an der Aristotle University of Thessaloniki erfolgreich absolviert habe, gefiel mir die Idee, mein Pflichtpraktikum auch im Ausland zu verbringen. Neben meinen erworbenen Kenntnissen zum griechischen Recht gefiel mir die Tatsache, eine zweite europäische Gesetzgebung näher kennenzulernen. Da mir die Sprachen Englisch und Spanisch gut liegen und ich bereits eine Zeit lang in Spanien verbracht hatte, entschied ich mich dazu zwei Praktika dort zu machen. Ich wollte die spanische und englische Sprache mit den Rechtsgebieten verbinden, die mich am meisten interessieren.
Mein Studiengang „Comparative and European Law“ steht zudem für die Mischung von Sprachen und dem ausländischen Recht.
2. Die Praktikumssuche
Ich bekam eine Zusage für ein 4-wöchiges Praktikum bei einer internationalen juristischen Einrichtung im spanischen Torrevieja, im Gebiet Communidad Valenciana. Durch bereits vorhandene Kontakte im internationalen Business an der Costa Blanca, erhielt ich die Zusage für das Praktikum.
Die zweite Praktikumsinstitution, Zumaquero Abogados &Int. Inv. Cons., ebenfalls in Torrevieja, empfohl mir eine deutsche Juristenvereinigung in Spanien. Ich verfasste eine Bewerbung in englischer Sprache und führte ein Bewerbungsgespräch am Telefon.
3. Praktikum CSB Consulting
Die Firma CSB Consulting hat einen sehr guten Ruf in der Stadt Torrevieja und umzu und ist in einer guten Lage gelegen. Ihre internationalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Sprachen Englisch, Finnisch, Deutsch, Schwedisch, Französisch und natürlich Spanisch mitbringen, führen unter anderem zu dem guten Ruf. Zusammen mit acht Kolleginnen und Kollegen verbrachte ich meine vier Wochen Praktikum.
3.1. Tätigkeitsbereiche
In der ersten Woche wurde ich mit dem Sortieren von Akten und dem Job als Sekretär, bzw. Organisator betraut gemacht. Ich erhielt Einblicke in das System der Akten und wurde mit den wichtigsten Fällen bekannt gemacht. Schon bald erhielt ich die verantwortungsvolle Aufgabe des Sekretärs. Ich nahm Anrufe entgegen und kommunizierte mit den Klienten auf Spanisch, Englisch und Deutsch. Klienten, die Finnisch und Französisch sprachen, leitete ich an die speziellen Mitarbeiterinnen weiter. Zudem begrüßte ich die Klienten persönlich und führte sie in den Warteraum. Im Verlauf meiner Zeit bei CSB wurden mir zahlreiche Einblicke gewährt. So durfte ich meine Kolleginnen und Kollegen zu Ämtern begleiten. Ich war regelmäßig bei verschiedenen Notaren und sah, wie Verkäufe und Käufe von Immobilien abgehandelt wurden. So lernte ich auch ein wenig die Arbeit von Notariaten kennen.
In der Institution bereitete ich Testamente und Vollmachtsurkunden vor.
Um zu wissen, wie ein Verkauf von Immobilien in Spanien von statten geht, musste ich lernen, welche Dokumente dafür benötigt werden.
Da die Institution ihren Schwerpunkt auf dem Steuerrecht hat, speziell auf Käufen von Immobilien und Erbschaften, hatte ich die Aufgabe die spanischen Steuern als sogenannte Modelle 600 der Gemeinde Valenciana, 211 und 650 der hacienda espaniola vorzubereiten und darzustellen. Die genannten Modelle sind Online- Programme, die die jeweiligen Steuern für den Klienten bestimmt. Dabei lernte ich die spanischen Steuergesetze kennen, die für Ausländer in Spanien gelten (modelo 210). Auch bei Beratungsgesprächen mit Klienten zu Themen wie dem Erbrecht, Testamenten und den damit verbundenen Steuern war ich dabei und präsentierte die Testamente, die ich vorher für den Klienten vorbereitet hatte.
Bei den Gesprächen lernte ich vor allem die Unterschiede zwischen der britischen Gesetzgebung und der spanischen Gesetzgebung kennen, da die meisten Klienten aus Großbritannien kamen.
Regelmäßig musste ich die Kartei durchgehen und überprüfen, ob alle Daten noch aktuell waren. Dazu gehörte auch das Informieren der Klienten über ihre Datenschutzrechte, gemäß des spanischen Grundgesetztes (ley organica) 15/1999 vom 13. Dezember. Im Verlauf der vier Wochen in der Institution war ich gut integriert in den Arbeitsablauf und fand mich als vollwertigen Kollegen wieder.
4. Praktikum Zumaquero Abogados & Int. Inv. Cons.
Meine noch ausstehenden zehn Wochen Praktikum verbrachte ich in der Kanzlei Zumaquero Abogados & Int. Inv. Cons., welche ebenfalls einen sehr guten Ruf in Torrevieja und umzu hat. Durch ihre internationale Ausrichtung hat diese sehr viele Klienten. Diese kommen hauptsächlich aus Russland, Weißrussland, der Ukraine und Spanien, sowie aus Deutschland, da die Anwältinnen und Anwälte Russisch, Spanisch und Deutsch, sowie Englisch sprechen.
Die Kanzlei deckt fast alle Rechtsgebiete ab.
Neben der Anwaltstätigkeit hat diese Kanzlei – und sehr viele andere Kanzleien im Gebiet Communidad Valenciana – noch ein zweites Standbein: Die Finanzberatung für Ausländer, die in Spanien leben.
4.1. Tätigkeitsbereiche
Bereits an meinem ersten Arbeitstag wurde ich von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nett empfangen und mit meiner zukünftigen Arbeit vertraut gemacht. Sehr wichtig für die Kanzlei war es, den deutschen Kundenstamm weiter auszubauen. So musste ich in den ersten Wochen Verträge von Spanisch und Englisch auf Deutsch übersetzen und die wesentlichen Unterschiede der deutschen Gesetzgebung in einigen Aspekten den Anwälten vorstellen.
Auch den Internetauftritt der Kanzlei sollte ich überarbeiten, indem ich die Texte und die Artikel zu Themen wie zum Beispiel spanisches Einwanderungsrecht und Insolvenzrecht in deutscher Sprache verfasste. Für die Werbung der Kanzlei war ich auch zuständig. So musste ich deutsche Unternehmen aus der deutschen Community von Torrevieja und Umgebung heraussuchen, um dort potenzielle Klienten zu gewinnen.
Für einen sehr bekannten Fall an der Costa Blanca, der dem Strafrecht zuzuordnen ist, musste ich Recherche tätigen.
Um meine Aufgaben in Ruhe ausführen zu können, wurde mir ein eigenes Büro zugeteilt.
5. Arbeitsatmosphäre bei CSB Consulting
Vom ersten bis zum letzten Tag wurde ich sehr herzlich und respektvoll behandelt, sodass ich als vollwertiger Kollege angesehen wurde. Klassische ,,Praktikantenaufgaben“, wie zum Beispiel Kaffeekochen oder ähnliches wurde von Beginn an ausgeschlossen. Ich vertrat die sich im Urlaub befindende Sekretärin bereits zu Beginn des Praktikums und erhielt sofort Zugriff auf die gesamte Kundenkartei. Dies war ein großer Vertrauensbeweis. Auch wurde mir der Praktikumsaufenthalt so interessant wie möglich gemacht, sodass ich in alle Bereiche schauen durfte. Meine 160 Arbeitsstunden in den vier Wochen waren sehr lehrreich, da ich nicht nur von netten und freundlichen Kolleginnen und Kollegen umgeben war, sondern auch viel vom spanischen und britischen Erb- und Steuerrecht mitnehmen konnte.
Nach der Arbeit habe ich mich gelegentlich mit meinen Kollegen getroffen, die mich in das spanische Freizeitleben eingeführt haben.
6. Arbeitsatmosphäre bei Zumaquero Abogados & Int. Inv. Cons.
Auch bei Zumaquero Abogados & Int. Inv. Cons. wurde ich vom ersten Tag an sehr herzlich und respektvoll behandelt und ich fühlte mich wohl. Die internationale Arbeitsatmosphäre gefiel mir sehr gut. Es wurde auf Russisch, Spanisch, Englisch und Deutsch kommuniziert. Kam ich sprachlich einmal nicht weiter oder hatte Fragen bezüglich wichtiger Angelegenheiten, so wurde mir immer sofort weitergeholfen, ganz egal wie viel Betrieb in der Kanzlei war. Alle waren auch hier sehr verständnisvoll. Bereits an meinem zweiten Tag war ich komplett alleine in der Kanzlei und musste abschließen. Dies ist ein sehr großer Vertrauensbeweis.
7. Erwartungen
Im Vorfeld war mir bereits klar, dass in internationalen Institutionen Aufgaben wie Übersetzungen auf mich zukommen würden. Da dies eine meiner Stärken ist, empfand ich diese Arbeit als zufriedenstellend.
Vor Antritt der Praktika war mir bewusst, dass ich den Anwältinnen und Anwälten keine große Hilfe im spanischen Recht sein würde. Dass ich jedoch so gut von meinen Kolleginnen und Kollegen in die Materie eingearbeitet wurde, übertraf meine Erwartungen. Ich konnte für das spanische Recht recherchieren und eine gute Gegenüberstellung zum deutschen Recht erhalten.
8. Praktikumsdauer
Von Seiten meines Studiengangs bin ich verpflichtet ein 14- wöchiges Praktikum zu absolvieren – entweder im Inland oder im Ausland. Gemäß der Praktikumsordnung der Hanse Law School ist das Praktikum nur in zwei Teile teilbar, wobei der erste Teil mindestens vier Wochen lang sein muss. Ich entschied mich zunächst ein Praktikum im Ausland zu machen – erst einmal ein vierwöchiges Praktikum im Februar in Spanien. Das zweite machte ich von Juli bis September.
9. Leben in Spanien an der Costa Blanca
Die 14 Wochen Praktikum in Torrevieja an der Costa Blanca waren einer von vielen Aufenthalten in Spanien für mich. Doch das Arbeitsleben hatte ich zuvor in Spanien noch nicht kennengelernt.
Das Arbeitsleben und das Leben außerhalb der Kanzlei geht deutlich entspannter zu als in Deutschland. Man muss sich jedoch klar sein, dass ein Arbeitsleben an der Costa Blanca, speziell in der Stadt Torrevieja, in den Sommermonaten nicht ganz einfach ist. Zwar sind die Räume der meisten Kanzleien klimatisiert, doch außerhalb der Räume sind es konstant um die 36 Grad. Zudem trifft man auf sehr viele Touristen, sodass man sich leicht wie im Urlaub fühlen kann, was manchmal verwirrend sein kann.
Geht man aus der Kanzlei auf die Straße, beispielsweise zu verschiedenen Ämtern, so geht man an palmengesäumten Straßen entlang. Mir gefiel es gut zu sehen, wie anders eine Arbeitsumgebung im Vergleich zu Deutschland sein kann.
10. Resümee
Die zwei Aufenthalte in Spanien haben sich für mich in jeder Hinsicht gelohnt. Da das Studium an der Hanse Law School international ausgerichtet ist, fand ich es sehr passend neben dem Auslandsstudium in Griechenland, nun noch weitere Arbeitserfahrung im Ausland zu gewinnen. Die Praktika haben mir die Chance gegeben einen interessanten Einblick in die mit Deutschland verglichene eher lockere Arbeitsweise zu bekommen. Ich konnte das spanische Rechtssystem genauer kennenlernen und gewann an neuem spanischen und auch englischen Rechtsvokabular dazu.
In beruflicher Hinsicht waren die beiden Kanzleiaufenthalte ebenfalls ein Gewinn. So konnte ich für meinen späteren Berufsweg interessante Kontakte knüpfen, auf die ich sicherlich zurückgreifen werde.
Ich kann jedem an einem Praktikum Interessierten sehr empfehlen, mindestens ein Auslandspraktikum zu absolvieren, um kennen zu lernen, wie in einem anderen Land mit einem anderen Kulturkreis gearbeitet wird. Da die Welt im Rahmen der Globalisierung schon längst näher zusammenrückt, ist es meiner Meinung nach essentiell und auch wichtig zu wissen, wie das Arbeitsleben im Ausland verläuft. Gerade Kanzleien, die internationale Bezüge haben, sind nicht irrelevant kennenzulernen für angehende Juristen oder Rechtsberater, die vorhaben später in ihrem Beruf nur in Deutschland zu bleiben, denn auch in Deutschland wird Internationalität – Sprache, Umgang mit verschiedenen Nationalitäten, bestimmte Arbeitsweise – zunehmend wichtig.
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