VPauto ist ein französisches Unternehmen, welches gebrauchte Fahrzeuge auf Auktionen im Internet und live in ihren Auktionshäusern (in Lorient ist der Hauptsitz, dann gibt es noch die Filialen in Nantes, Rouen und Lyon) verkauft. Die Fahrzeuge können nur bei den Live-Auktionen von Privatpersonen gekauft werden. Ansonsten werden sie ausschließlich an professionelle Gebrauchtwagenhändler verkauft (im Inland, sowie im Ausland). Die Auktionen sind täglich neu, beinhalten immer wieder wechselnde Fahrzeuge und sind nur für eine begrenzte Zeit geöffnet. Es gibt Auktionen für bestimmte Marken, für Unfallwagen und auch für Firmen- und Lieferwagen. Zudem gibt es auch nicht exklusive Auktionen, die gleichzeitig auf mehreren Plattformen von Leasing-Unternehmen online sind. Ich war für die Kommunikation zwischen den Kunden aus Export-Ländern und unserer Firma zuständig. Ich habe somit eine beratende und helfende Funktion gehabt. Meine Aufgabe war es nicht, Fahrzeuge den Kunden anzubieten und zu verkaufen, denn das haben größtenteils meine Kollegen erledigt.
1. Wie kam ich zu dem Praktikum
Ich habe vom Januar bis Ende Mai 2018 mein Auslandssemester in Nantes absolviert und habe dementsprechend Kontakte geknüpft, Freunde gefunden, die Stadt näher kennengelernt und eine tolle Zeit erlebt. Ein neu gewonnener Freund von mir hat sein Bachelorstudium beendet und hat danach angefangen bei VPauto zu arbeiten. Er hat ein Auslandsjahr in Deutschland absolviert und engagierte sich für Erasmus-Studenten, sowie für Neuzugänger/innen in der „Faculté de langues et cultures étrangères“. Ich war in der Zeit sehr mit meinem Studium beschäftigt und habe zunächst keinen Zugang zu seiner Tätigkeit gefunden. Als mein Auslandssemester dem Ende nahte, fühlte ich mich noch nicht bereit Nantes zu verlassen. Da kam es mir sehr gelegen, dass mein Bekannter mich auf eine freie Praktikumsstelle bei VPauto aufmerksam machte. Zunächst fühlte ich mich nicht dazu hingezogen in der Automobilbranche zu arbeiten, weil ich darüber keine großen Kenntnisse verfügte. Allerdings haben sich für mich immer mehr Vorteile offenbart, da ich schon mein Auslandssemester hier gemacht habe und die Gegend kenne, eine Wohnung habe und eine Bezugsperson für mein angehendes Praktikum habe. Diese Chance hat man nicht immer, und es ist außerdem eine wichtige Berufserfahrung. Es war dennoch keine leichte Entscheidung für mich, weil sich große Hürden in den Weg stellten, die Auswirkungen auf mein Studium zeigten auf die ich erstmal reagieren musste und Lösungen bzw. Kompromisse dafür finden musste. Es fing bei den Nachschreibklausuren an bis hin zu dem Nachholen einiger Kurse, die ich dann während des Zeitraums im Ausland nicht machen konnte. Es würde außerdem einiges an Stress auf mich warten, wenn ich vom Praktikum zurückkehre, da ich ganze zwei Semester nachholen müsste. Resultierend musste ich mit meiner Chefin einen Kompromiss über die Praktikumsdauer finden. Solange schwebte ich in der Ungewissheit, wie es mit meinem weiterführenden Studium in Deutschland weitergeht
2. Arbeitsatmosphäre
Die Büros der Mitarbeiter, die mit dem Verkauf von Gebrauchtwagen zu tun hatten waren in einem Seitenraum des eigenen Auktionshauses eingerichtet. Es gab nicht sehr viele Mitarbeiter, deshalb konnte man sich mit fast allen unterhalten und in allen Bereichen etwas durch deren Erzählungen reinschnuppern. Wir haben zwar getrennt voneinander gearbeitet, denn in meinem Büroraum saßen nur die zuständigen Mitarbeiter für den Export und Import von Gebrauchtwagen, dennoch waren wir ständig miteinander in Kontakt. Die Informatiker, die sich um Reklamationen gekümmert haben, die Mitarbeiter die die Auktionen organisiert haben, die Mechaniker, die Sekretärin und der Chef (der sich um den Einkauf von Gebrauchtwagen und den Kontakt mit den Verkäufern gekümmert hat), saßen in anderen Räumen. Die größte Firmenstelle war aber nicht in Nantes, somit war die Buchhaltung auch nicht bei uns und man konnte sie nur durch Mails erreichen. Die Rechnungen für Auktionen, die nicht die internen in Nantes betrafen, und die Bearbeitung von speziellen Formularen für den Export eines Fahrzeugs wurden leider auch in der größeren Geschäftsstelle getätigt. Man musste ständig Kontakt mit den anderen halten, um zu wissen, ob die richtigen Dokumente dem Kunden zugeschickt wurden und ob sie sie überhaupt erhalten haben. Die Arbeit als Vermittler zwischen Kunden, Firma und Verkäufer hat also eine sehr starke Arbeitsgemeinschaft kreiert. In der Mittagspause kamen die Mitarbeiter zusammen, nicht alle waren immer da, aber man hatte immer jemanden zum Reden gehabt. Die Mittagspause konnte man auch gut nutzen, um in der firmeninternen Küche zu kochen, oder um Bekannte in der Nähe zu besuchen und mit ihnen gemeinsam zum Mittag zu essen. Mein Export-Team bestand aus drei weiteren Personen. Mein Bekannter war für die deutschen, holländischen und den wenigen dänischen, rumänischen und ungarischen Kunden zuständig, obwohl er nicht alle Sprachen spricht und nur wenige seiner Kunden englisch sprechen können; ein weiterer Arbeitskollege war für den portugiesischen und spanischen Raum zuständig und meine Chefin war für den polnischen und italienischen Kundenstamm verantwortlich. Ich habe mich nicht um alle Kunden kümmern müssen, aber ich habe alle Anrufe entgegengenommen, wenn meine Kollegen beschäftigt waren.
3. Arbeitsaufgaben
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- Ich habe den Kunden die Kopie des Fahrzeugbriefes geschickt. Die waren nur leider nicht immer in dem System zu finden. Man musste dann Kollegen aus Lorient fragen, ob der Verkäufer den Gebrauchtwagen die Kopie mit dem Original überreichen kann. Manchmal haben sie dann eine Kopie geschickt, ohne die Originalpapiere.
- Ich musste Kunden informieren, dass während der Ferien die Rechnungen verspätet erstellt werden und dass es Parkplatzgebühren gibt nach einer gewissen Zeitspanne bei Nichtabholung.
- Die Kunden sollten bevor sie das Auto abholen wollen mindestens einen Tag beim Parkplatz anrufen und ihnen Bescheid geben. Das wurde nicht immer befolgt, somit waren sie nicht befugt das Auto abzuholen. Manchmal stand das Auto nicht auf dem gleichen Parkplatz, wie auf dem Abholschein von uns beschrieben wurde. Den Abholschein haben nämlich nicht wir erstellt, sondern andere Mitarbeiter aus Lorient und man gleicht nicht bei jedem Dokument ab, ob es so auch in unserem System steht. Es musste somit das Auto gesucht werden. Wenn die Parkplätze geschlossen waren und keine Abholung möglich war, haben wir die Kunden darüber einzeln informieren müssen. Leider haben sie nicht immer Sprachen gesprochen, die man selber spricht (auch kein Englisch), also kam es vor, dass sie ohne nachzufragen das Auto abholen gefahren sind und sie vor verschlossenen Türen standen und sich dann beschwerten.
- Der Kunde, der ein Auto bei uns gekauft hat, muss zunächst die Rechnung zugeschickt bekommen (das erfolgte nicht immer automatisch und nicht immer wurde der Betrag richtig berechnet oder falsch adressiert, welches schwerwiegende Folgen für den Export-Kunden hatte), dann musste er das Fahrzeug bezahlen und ein spezielles Dokument ausfüllen, woraufhin er sich verpflichtet die Steuern für das Auto im Ausland zu bezahlen (dies wurde nicht immer richtig ausgefüllt oder komplett vergessen). Wenn er das Dokument zu uns gesendet hat, musste er darauf warten, bis eine Kollegin aus Lorient dies erhalten und geprüft, sowie auf Salesforce (Programm) vermerkt hat um schlussendlich den Abholschein zu erhalten. Sobald er das Fahrzeug abgeholt hat musste er die Kopie des „CMR“ abgeben, um zu beweisen, dass er das Auto tatsächlich bis zum Zielort mit einem Transportunternehmen verladen hat, nur wenn er den Wagen Netto gekauft hat. Danach hat er die Schlüssel und den Fahrzeugschein bekommen. Genau bei dieser Abfolge gab es die meisten Probleme, die ich versucht habe zu lösen.
- Ich habe alle Anrufe entgegengenommen, wenn meine Arbeitskollegen beschäftigt waren und musste dann auf die Fragen und Probleme individuell antworten und auf allen Sprachen sprechen, die ich beherrsche. Fragen zu:
- dem Transport
- den Dokumenten die ausgefüllt werden sollen
- dem Kontrollbericht des Wagens
- Ich habe die Kunden angerufen, wenn sie ihre ersteigerten Fahrzeuge noch nicht bezahlt haben und ich habe auch diejenigen angerufen, die für ein Fahrzeug das beste Angebot gegeben haben. Ich musste denen mitteilen, ob sie das Auto gewonnen haben oder nicht, weil wir immer auf die Antwort des Verkäufers warten mussten. Oft haben die Kunden dann ein Gegenangebot abgegeben, welches ich weitergeleitet habe. Wir durften nie den Verkäufer direkt anrufen, sondern mussten das immer per Umwege machen und haben teils lange auf eine Antwort gewartet.
- Ich habe die Anträge von einer Person für ein neues Konto bei uns bearbeitet. Später rief ich sie an, um ihnen unsere Internetseite zu erklären. Vorher hab ich Folgendes auf die Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft:
- Gültigkeit des Personalausweises
- Ist er berechtigt Autos zu kaufen und zu verkaufen.
- Ist er im Handelsregister zu finden.
- An welchen Fahrzeugen ist er interessiert.
- Mein Auftrag war auch, die polnischen Kunden meiner Chefin anzurufen, die schon seit Jahren bei ihnen ein Konto haben, aber noch nie oder schon seit paar Monaten nicht mehr eingekauft haben. Ich habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass sie noch bei uns ein Konto haben und habe nachgefragt ob sie noch Interesse hätten bei uns zu kaufen. Mein Ziel war es, so viele Informationen über ihre persönlichen Interessen an Fahrzeugen zu erfragen, um dann gezielt ihnen Fahrzeuge und Auktionen vorstellen zu können. Zudem sollte ich diejenigen aus dem System aussortieren, die kein aktuelles Gewerbe hatten und die sich nicht mehr dafür interessierten bei uns zu kaufen, um die Datenbank zu aktualisieren.
4. Persönliche Entwicklung
Dadurch, dass mein Büro wie ein Callcenter aufgebaut war, habe ich erfahren wie diese Arbeitsform funktioniert. Ich habe es gelernt mit Kunden am Telefon umzugehen. Allerdings muss ich sagen, dass wir als Vermittler von Gebrauchtwagen einen lockeren Umgang mit den Kunden hatten. Es waren zwar nur professionelle Händler und Verkäufer an die wir die Fahrzeuge verkauft haben, dennoch haben sie mit ihrem persönlichen Berater einen freundschaftlichen Umgang. Ich habe nur Erfahrungen sammeln können in dem Export von den Fahrzeugen, aber keine mit dem Import. Die Arbeitsweise, die Anforderungen an die Mitarbeiter und an die Käufer, die Kundenwünsche und Rechte in dem jeweiligen Land unterschieden sich stark voneinander. Nicht alle Fahrzeuge, die von uns in den Auktionen angeboten wurden, konnten in die verschiedenen Länder exportiert werden. Ich konnte meine Teamfähigkeit in diesem Praktikum gut unter Beweis stellen und habe viele unterschiedliche Menschen kennengelernt und deren Weg bis zu VPauto. Es führte sogar soweit, dass in der Zeit meines Praktikums das erste Treffen unter Export- und Import- Kollegen außerhalb der Arbeit organisiert wurde, wo sich alle in einer gelassenen Atmosphäre näher kennenlernen konnten. Denn vorher haben sich nur Arbeitsgruppen gebildet, aufgrund dessen dass noch zwei weitere Partnerunternehmen in unserem Büro gearbeitet haben. Es war für mich schwer, von der Arbeitseinteilung und dem Stundenplan eines Studenten abzuweichen und von morgens bis abends sich kaum zu bewegen und nur mit wenigen Pausen ständig zu arbeiten. Ich habe für mich herausgefunden, dass ich zwar einen Bürojob machen könnte aber nicht auf eine lange Zeitspanne verteilt. Schwierig ist es dennoch eine Arbeitsstelle zu finden, die etwas mit Frankoromanstik zu tun hat und dessen Arbeitsbereich nicht ausschließlich im Büro ist. Dennoch bin ich sehr dankbar diese Erfahrung gemacht zu haben.
5. Professionelle Entwicklung
Auch wenn ich anfänglich keine große Ahnung von der Automobilbranche hatte, kann ich mit Stolz behaupten eine gute Arbeit geleistet zu haben. Nun weiß ich ungefähr, wie sich ein Quereinsteiger fühlt. Ich habe mich nicht darum gekümmert Autos zu verkaufen, sondern war für die Kommunikation verantwortlich. Nicht immer in den Sprachen die ich am besten spreche; dafür habe ich aber eine größere Herausforderung auf mich genommen und diese auch bewältigt. Ich habe Mails auf Polnisch schreiben müssen, obwohl ich überhaupt nicht auf Polnisch schreiben kann, sondern nur sprechen und verstehen (auf einem grundlegenden Niveau). Ich musste Kunden helfen, während meine Chefin und mein Bekannter im Urlaub waren. Da war ich plötzlich nur mit einem Arbeitskollegen aus dem Export-Team arbeiten, der überhaupt kein Polnisch und kein Deutsch mit den Kunden sprechen konnte. Dies geschah drei Wochen nach meinem Anfangsdatum.
Währenddessen wurden unsere Systeme mit denen wir arbeiteten immer wieder geändert. Das was ich gelernt hatte musste ich dann wieder verwerfen, weil es ein neues Design gab und ich Informationen immer wieder woanders suchen musste oder nicht mehr nach dem gleichen Vorgang wie vorher finden konnte. Als ich angefangen hatte dort zu arbeiten, haben sie schon eine neue Internetseite gehabt und kamen mit dieser auch noch nicht so gut zurecht. Sie waren dabei es mit mir neu zu erlernen. Ich musste dementsprechend auch oftmals unseren Kunden erklären wie unsere neue Internetseite funktioniert.
Alles in allem habe ich viel aus dem Praktikum lernen und mitnehmen können, die mich in vielerlei Hinsicht für den Arbeitsmarkt gestärkt haben. Ich kann allen nur empfehlen sich auch auf ein Praktikum einzulassen, dass den persönlichen Interessen zunächst nicht entspricht.
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