1. Vorbereitung

Die ersten Schritte zum Praktikum
Im Rahmen meines Masterstudienganges „English Speaking Cultures/ Englisch“ muss ein Auslandsaufenthalt in einem englischsprachigen Land erfolgen. Da ich neben meinem Studium auch Vollzeit Mama bin und zusätzlich gerade zu meiner Masterarbeit geforscht habe, war der Auslandsaufenthalt ein eher ungelegener Gast für mich. Warum ich dennoch enorm von diesem profitiert habe, wird hoffentlich im Laufe des Erfahrungsberichtes deutlich. Nachdem ich mich gegen ein Auslandssemester und für ein Auslandspraktikum entschieden hatte, stellte ich einen entsprechenden Antrag beim Prüfungsausschuss. Um das Auslandspraktikum realisieren zu können, wird eine sprachliche Relevanz vorausgesetzt. Zusätzlich muss es inhaltlich in das aktuelle Studium eingebettet sein. Ich hatte mich früh dazu entschlossen das Praktikum an einer internationalen Schule zu absolvieren. Aufgrund der finanziellen Umstände als Studentin, habe ich mich nach Möglichkeiten zur finanziellen Unterstützung erkundigt und über diverse Kanäle vom Erasmus Plus Programm an der Universität Bremen erfahren.

Organisation und Bewerbung bei den Institutionen
Im nächsten Schritt suchte ich nun im Internet nach sämtlichen internationalen Schulen in London. Ich entschied mich für London, da ich keine allzu große Distanz zwischen mir und meiner Familie haben wollte, und um jederzeit flexibel nach Bremen kommen zu können. Ich habe mir die Homepages sehr aufmerksam durchgelesen und mir die Schulen notiert, die mein Interesse weckten. Daraufhin habe ich eine schriftliche Bewerbung aufgesetzt, und diese je nach Schule inhaltlich modifiziert und den Namen der adressierten Institution geändert. Ich habe die Bewerbung daraufhin sämtlichen Schulen per E-Mail zugeschickt. Leider waren meine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt und der zeitliche Druck stieg. Entweder befanden sich die Schulen in einer Umstrukturierungsphase oder sie hatten keinen Bedarf an Praktikanten/innen. Neben den zahlreichen sehr höflichen Absagen und den „Vielleicht“ Rückmeldungen, gab es leider sehr viele Schulen, die sich nicht meldeten. Da ich parallel nun mit meiner Masterarbeit begonnen hatte und mir auch diese Frist im Nacken saß, musste schnell eine Lösung gefunden werden. Auch mit der sehr freundlichen Beratung durch Lehrende an der Universität Bremen, entschied ich mich andere Orte in Großbritannien mit in meine Auswahl zu nehmen. Hierbei stieß ich unter anderem auf Bristol, eine für mich bisher unbekannte Stadt. Nur kurz darauf kam die erste positive Rückmeldung und eine der besten öffentlichen Schulen bekundete ihr Interesse an meiner Person 😊. Zwischen mir und der Colston’s Girls‘ School fand nun einer reger Informationsaustausch zur Klärung aller Fragen und Anliegen beider Parteien und den Formalitäten statt.

Ich entschied mich letztendlich für diese Schule, weil Sie ein breites Spektrum an Sprachen anbietet und Mädchen/junge Frauen mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen zu ihrem Schülerklientel zählen.

2. Unterkunft
Die Schule stand nun fest und, dass ich für 10 Wochen in einer Stadt Namens Bristol verbringen würde. Ich habe mich zuvor im Internet über diese Stadt erkundigt, um eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen was mich dort erwarten würde. Nun galt es jedoch eine Unterkunft zu finden. Und auch hier gestaltete sich die Suche nicht ganz einfach. Bei der Sichtung unterschiedlicher Internetportale, die sich an Studenten/innen richteten blieb der Erfolg aus. Da es sich um ein Praktikum handelte, wurden Studenten/innen bevorzugt, die einen längeren Aufenthalt als 10 Wochen aufwiesen und sich in erster Linie an den Universitäten vor Ort aufhalten würden. Jedoch fiel mir in einem geistesgegenwärtigen Moment mein Mentor ein, den ich im Rahmen meines letzten Praktikums an einer Bremer Schule kennengelernt hatte. Dieser stammte eben aus Bristol und verwies mich an eine Familie. Diese lebt in einem kleinen Ort mit dem Namen Shirehampton. Ich durfte diese sofort kontaktieren und bekam Bilder, auf denen die Räumlichkeiten zu sehen waren, die vermietet wurden. Mir hat die Offenheit und Transparenz hinsichtlich der preislichen Vorstellung und dem Zustand der Räumlichkeiten sehr zugesagt, da es meiner Meinung nach von enormer Bedeutung ist, sich in den eigenen vier Wänden vor Ort wohl zu fühlen. Generell hat sich gezeigt, dass Kommunikation das A und O ist, wenn man Überraschungen vermeiden möchte. Alle Menschen, die in diesen Prozess involviert waren haben sich als unglaublich hilfsbereit und nett erwiesen, daher sollte man keine Scheu davor haben sich mit Fragen und Anliegen auch an die Personen vor Ort zu wenden.

3. Praktikum

Informationen zur Schule
Die „Colston’s Girl’s School“ (CGS) ist eine der besten öffentlichen Schulen in Bristol. Es handelt sich um eine Mädchenschule, was in England eine verbreitete Schulform darstellt. In Deutschland kenne ich hingegen keine einzige, auch wenn ich von reinen Mädchen- und Jungenschulen hier gehört habe. An der CGS tragen alle Schülerinnen Schuluniformen. Die Schülerinnen verfügen über eine eigene Chipkarte, die Ihnen den Zugang zum Gebäude ermöglicht. Zudem unterliegt die Schule enormen Sicherheitsvorkehrungen. Ich habe morgens an der Rezeption gewartet, bis ich von der jeweiligen Lehrkraft abgeholt wurde und durfte mich innerhalb des Gebäudes nicht alleine bewegen. Hierfür müsste man einen gesonderten Antrag stellen. Jedoch hatte ich beschlossen erst einmal eine Pause einzulegen was Formalitäten betraf 😊. Da ich mich mit den Räumlichkeiten nicht auskannte und die Schule recht groß ist, fand ich es schön abgeholt zu werden und mich mit der Lehrkraft auch nochmal auf dem Weg zur Klasse zu unterhalten.

Mein/e Tätigkeitsfeld/er an der Schule
Ich wurde sehr freundlich vom Lehrerkollegium aufgenommen und hatte schon am ersten Tag zahlreiche Unterhaltungen auf Deutsch, Englisch und Spanisch. Für die Sprachen gibt es einen eigenen Schultrakt, in dem der Sprachunterricht stattfindet und sich das Lehrerzimmer der Lehrkräfte befindet. Dieser Trakt ist zudem mit einer eigenen Bibliothek ausgestattet sowie Computern, die den Schüler/innen zur Verfügung gestellt werden.

Ich habe in unterschiedlichen Klassenstufen unterrichtet. Hierbei übernahm ich sowohl Unterrichtssequenzen als auch ganze Unterrichtsstunden. Ferner wurde ich als Assistant Teacher eingesetzt und half den Schülerinnen bei der Stillarbeit, wenn sie Fragen hatten. Englisch, Spanisch und Deutsch waren die Sprachen, die in meinen Aufgabenbereich fielen. Für den Deutschunterricht arbeitete ich mit Kleingruppen von bis zu vier Schülerinnen und konnte Themen wie „Feste und Feiertage in Deutschland“ in intensiver Form mit ihnen durchführen. Zudem durfte ich die angefertigten Hausaufgaben der Schülerinnen Korrekturlesen und tauschte mich mit meiner Mentorin zum Sprachstand der Schülerinnen und ihren Entwicklungen aus. Ich hatte für die Dauer des Praktikums eine Lehrkraft, die mir in jeglicher Hinsicht mit Rat und Tat zur Seite stand. Ich durfte zudem am Sportfest der Schule teilnehmen, was für mich eine sehr schöne Erfahrung darstellte und mit viel Spaß verbunden war. Ich bekam sehr viel Eindrücke, die für mich als angehende Lehrkraft eine große Bereicherung dargestellt haben.

Für das leibliche Wohl an der Schule ist auch gesorgt. Es gab täglich sehr leckere Mahlzeiten, wie ich bei den Lehrkräften beobachten konnte. Hierfür benötigt man jedoch eine Karte, die man beantragen muss und mit der man dann bezahlen konnte. Ich habe die Essenszeit dann gerne dafür genutzt, die Gegend in der die Schule liegt ein bisschen näher zu erkunden.

Insgesamt habe ich mich an der Schule sehr willkommen gefühlt. Die Lehrkräfte zeigten großes Interesse an dem Schulsystem in Deutschland. Zudem konnte ich mich genauso nach dem dortigen Schulsystem und insbesondere der Lehrerbildung erkundigen. Ich durfte auch bei einem gemeinsamen Treffen der Lehrkräfte außerhalb der Schule sein, was mir sehr gefallen hat und die eher freundschaftliche Haltung der Kollegen/innen, die aus ganz unterschiedlichen Ländern kommen hat mir enorm zugesagt. Vertreten waren Frankreich, Russland, Spanien, Italien und eben auch England.

4. Das Leben in und um Bristol herum
Shirehampton selbst lässt sich als ein eher ruhiger und fast schon ländlicher Ort beschreiben. Circa 20 Minuten Zugfahrt sind es bis zur Schule gewesen. Ein Tagesticket bekommt man schon für 3 Pfund. Mit dem Bus sind es circa 30 Minuten für 4.50 Pfund. Die Schule befindet sich ungefähr 15-20 Minuten Fußweg vom City Centre entfernt. Obdachlosigkeit ist ein großes Thema in Bristol. Allerdings werden seit Jahren schon wichtige Programme und Initiativen durchgeführt, um diesen Menschen zu helfen. Auf meinem Weg in die Stadt bin ich Vielen begegnet und habe gerne mal etwas Geld dagelassen, wenn auch nicht viel möglich war im Rahmen meines Budgets.

Ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt in Bristol ist der Harbour. Hier tummelt sich das tägliche Leben. Ein wunderschöner Ort, den ich fast täglich besucht habe. Entlang des Harbours finden sich auf beiden Seite zahlreiche Cafés und Clubs, die sich sowohl am Tag als wunderbare Spots zum Entspannen eignen als auch am Abend und sich in eine wunderschöne lebendige Partymeile verwandeln.

Jede Woche fand ein Festival statt. Nach sechs Wochen, die ich nur mit dem Schreiben meiner Masterarbeit verbracht hatte, konnte ich nun die letzten Wochen nutzen, um Bristol zu erkunden. Ich durfte auch die sehr schöne Stadt Bath sehen, in der man Reliquien aus der römischen Zeit findet. Ich habe hier eine Führung durch „The Roman Baths“ gemacht, die für mich als Studentin 14.50 Pfund gekostet hat.

Ich hätte mir insgesamt noch etwas mehr Zeit gewünscht, um mehr über Bristol und die Gegend in Erfahrung zu bringen. Allerdings war es auch eine gute Möglichkeit intensiv an meiner Masterarbeit zu schreiben. Zudem finden sich in Bristol diverse Museen, die für Besucher/innen kostenlos sind. Diese Möglichkeit konnte ich leider nicht nutzen, jedoch hatte ich eine wundervolle Begegnung mit der Clifton Suspension Bridge, die als Wahrzeichen Bristols gilt. Um dort hinzukommen sollte man sich ein wenig Zeit einplanen. Allerdings ist sie mit Bus und Bahn sehr gut zu erreichen.

5. Fazit
Ich glaube, dass es insgesamt sehr schwierig ist alle meine Eindrück und Erlebnisse festzuhalten. Bristol war für mich eine der schönsten Erfahrungen, die ich machen durfte. Man muss diese Stadt einfach mal erlebt haben. Insbesondere die Musikszene hier hat mich begeistert. Täglich finden sich in der Innenstadt junge Künstler/innen, die ihre musikalischen Fähigkeiten zum Besten geben. Banksy, der weltweit für seine Kunstwerke berühmt ist, ist ein Streetart-Künster und in Bristol geboren. Seine Werke findet man auch in Bristol an unterschiedlichen Gebäudefassaden. Bristol ist für mich eine Künstlerstadt mit sehr vielen tollen Talenten.

Regen und schlechtes Wetter waren während meines Aufenthaltes eher die Ausnahme. Entgegen der Annahmen, dass es in England stets regnet hatten wir Temperaturen von bis zu 30 Grad.

Und am Ende war es die schwierigste aber beste Entscheidung, dass mein Kind nicht mitgekommen ist. Es hätte meiner Meinung nach eine sehr große finanzielle und organisatorische Herausforderung dargestellt. Trotz der zahlreichen anfänglichen Momente, die bedingt durch die Trennung von der Familie sehr tränenreich waren, war es eine sehr positive Erfahrung. Dank Ryanair, WhatsApp und Co. hatte ich immer die Möglichkeit meinen Mann und mein Kind zu sehen und zu hören.

6. Tipps für Praktikanten/innen
Eine Empfehlung meinerseits wäre, dass man sich einfach so früh wie möglich mit den organisatorischen Abläufen, Voraussetzungen und Bedingungen auseinandersetzt, die für einen Auslandsaufenthalt notwendig sind. Es ist am Ende doch sehr viel und bedarf eines enormen Zeitaufwandes, den man nicht unterschätzen sollte.

Wer als Student/in nicht das große Geld über hat, profitiert zudem von solchen tollen Angeboten wie dem Erasmus Plus Programm enorm. Auch hier sollte man die Formalitäten so früh wie möglich klären und Anträge stellen, um mögliche Fristen nicht zu verpassen. Hierzu gibt es auf der Homepage des Erasmus Plus Programmes umfangreiche Informationen. Von den finanziellen Mitteln konnte ich größtenteils die Miete abdecken. Zudem habe ich mir eine MasterCard (Prepaid) bei meiner Bank zugelegt, die mir den Zahlungsverkehr im Ausland enorm erleichtert hat. Ich konnte nur fünfmal Bargeld abheben, wofür keine Gebühren erhoben wurden, jedoch hat das für den Zeitraum völlig ausgereicht. Zudem kann man in jedem noch so kleinen Shop mit Karte bezahlen.

Optimal und nicht immer möglich, wäre es von allen universitären Verpflichtungen, wie zum Beispiel Bachelor- oder Masterarbeit befreit zu sein, um neben der Arbeit im Zielland auch die Sehenswürdigkeiten vor Ort zu entdecken und den Aufenthalt zu genießen 😊.