Im Rahmen meines Masterstudiums der Sozialpolitik habe ich ein dreimonatiges Praktikum beim Informationsbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern bei der Europäischen Union absolviert. Für das Praktikum habe ich mich initiativ drei Monate vorher beworben und bekam 6 Wochen vor Beginn die Zusage. Da das Praktikum zum Studium gehörte, erhielt ich dafür keine Bezahlung, insofern war die Förderung durch Erasmus+ für mich persönlich sehr wichtig.
Unterbringung
Die Wohnungssuche erfolgte daraufhin über eine Liste der Wohnungen meiner Vorgängerpraktikanten, die ich von dem Informationsbüro erhielt. Brüssel besitzt allgemein einen relativ teuren Wohnungsmarkt, der sich auf die Situation mit der EU und dem dazugehörigen Arbeitsmarkt eingestellt hat. Also es gibt auch sehr viele Wohnungen oder Zimmer, die befristet gemietet werden können und möbliert sind, vorausgesetzt man kann es sich leisten. Ich selbst wohnte in einer relativ günstigen Wohnung, die am Stadtrand lag und dafür allerdings sehr gut angebunden war. Mein täglicher Arbeitsweg betrug eine halbe Stunde und Supermärkte waren zu Fuß erreichbar.
Die Arbeit und das Informationsbüro
Das Informationsbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern bei der Europäischen Union gehört zum Innenministerium und besitzt für die Landesregierung vielfältige Aufgaben. Es berichtet zum einen im Rahmen eines monatlichen Berichts der „Europainformationen“ über alle für das Land relevanten Ereignisse und Gesetzesinitiativen auf europäischer Ebene. Die Euroinformationen richten sich vor allem an die Landtagsabgeordneten, sind jedoch auch für jeden im Internet frei verfügbar. Darüber hinaus leitet das Informationsbüro Informationen an die entsprechenden Fachministerien weiter. Außerdem ist es dafür zuständig, die Besuche von Politikern aus dem Land vorzubereiten und unterstützt diese bei ihrer Arbeit im Rat der Regionen. Das Büro besitzt hierfür acht Mitarbeiter und stellt damit eine vergleichsweise kleine Landesvertretung dar.
Zunächst wurde ich im Rahmen meines Praktikums in die Grundbegriffe der europäischen Politik eingeführt. Daraufhin habe ich mich in verschiedene sozialpolitische Gesetzesentwürfe eingearbeitet und diese für das Informationsbüro zusammengefasst. Darüber hinaus habe ich auch Artikel für die bereits erwähnten Europainformationen geschrieben. Außerdem habe ich viele Vorträge und Diskussionsveranstaltungen besucht und habe dabei die relevanten Informationen für das Informationsbüro protokolliert. Während des Praktikums fanden auch Veranstaltungen statt, bei deren Durchführung und Organisation ich ebenfalls beteiligt war.
Umfeld
Für einen Politikwissenschaftler ist Brüssel ein hoch interessantes Umfeld. Dort sind viele internationale Instituten vertreten und es arbeiten dort auch Menschen aus ganz Europa. Insofern bieten gerade Diskussionsveranstaltungen die Möglichkeiten sich danach am Buffet auszutauschen und mit Menschen aus anderen europäischen Staaten Kontakte zu knüpfen. Zu Einheimischen hatte ich hingegen sehr wenig Kontakt und es existiert auch eine deutsche Blase in Brüssel. Diese besteht aus einem wöchentlichen Stammtisch der deutschen Praktikanten und den Veranstaltungen der Landesvertretungen und deutschen Abgeordneten. Dazu kommen die Veranstaltungen der politischen Stiftungen, die allerdings zum Teil auch auf Englisch sind. Dies führt zwar dazu, dass man relativ schnellandere deutsche Praktikanten kennen lernt, das Praktikum selbst jedoch nicht wirklich geeignet ist, interkulturelle Erfahrungen zu sammeln.
Zu Belgien und zu Brüssel
Brüssel besitzt neben dem politischen Angebot auch eine sehr schöne Innenstadt, die allerdings gerade an Wochenenden ziemlich voll ist. Darüber hinaus ist die Stadt auch sehr multikulturell und es gibt sehr unterschiedliche Viertel, die oft auch nicht weit von einander entfernt liegen, sodass man oft auch überrascht wird, wenn man durch die Stadt läuft und auf einmal in einer sozioökonomisch komplett anderen Gegend ist. Allerdings hat die Stadt ein ziemlich großes Verkehrsproblem, weswegen auch die Busse im Berufsverkehr nicht zu empfehlen sind. Außerdem war es auch mal interessant beim Streik der Mitarbeiter des Nahverkehrs eine etwas andere Streikkultur als in Deutschland zu erleben, da Streiks hier unangekündigt kommen und auch wirklich den Großteil des Nahverkehrs lahmlegen.
Ich habe die Wochenenden während des Praktikums auch genutzt, um mir die belgischen Städte Gent, Antwerpen und Brügge anzusehen. Hierbei handelt es sich um sehr schöne Städte, die von der mittelalterlichen Blütezeit der Region geprägt sind. Belgien besitzt für derartige Tagesausflüge ein sehr gut ausgebautes Schienennetz und die Preise sind gerade am Wochenende sehr günstig, sodass sich derartige Reisen anbieten. Belgien besitzt mit Pommes, Pralinen, Bier und Waffeln auch einige Köstlichkeiten, die man bei einem Aufenthalt dort genießen sollte.
Sprache
In Brüssel wird niederländisch und französisch gesprochen, wobei das Französische deutlich verbreiteter ist. Da das Informationsbüro Teil des Innenministeriums und somit einer deutschen Behörde ist, wird dort deutsch gesprochen. Bei der Arbeit selbst brauchte ich allerdings sehr oft Englisch, um Gesetzesentwürfe zu lesen und um Fachvorträge bzw. Diskussionen zu verstehen. Meine Englischkenntnisse reichten hier für gut aus. Probleme hatte ich hingegen aufgrund meiner mangelnden Französischkenntnisse im Alltag. Zwar kommt man auch hier mit Englisch und Deutsch weiter, wenn man jedoch dauerhaft in Brüssel lebt, muss man schon zumindest Französisch lernen, da ich zum Beispiel starke Verständigungsprobleme mit meinem Vermieter hatte.
Auswertung
Das Praktikum war eine sehr interessante Erfahrung für mich. Ich habe viel über die Europäische Union gelernt und deren Institutionen zu sehen und deren Mitarbeiter zu treffen, hilft einem auch die Union besser zu verstehen. Seit dem Praktikum kann ich politische Ereignisse auf europäischer Ebene wesentlich besser einordnen. Außerdem war es für als Politikwissenschaftler auch eine neue Erfahrung so viel mit Gesetzestexten zu arbeiten und ich denke, dass ich im Rahmen des Praktikums auch gerade im Auftreten viel gelernt habe, das mich beruflich weiterbringt. Allerdings bin ich mir unsicher ob mich die die Arbeit in Brüssel selbst reizen würde, weil ich das Umfeld dort schon als eine Blase erlebt habe, die etwas unnatürliches hat und ich, um dort zu leben, auch wirklich die französische Sprache lernen müsste. Insofern war die Dauer von drei Monaten für mich eine recht gute Zeitspanne, da ich richtig eingearbeitet werden konnte und mich auch in die Stadt einleben konnte, die Zeit allerdings auch nicht zu lang war, um wirklich die Heimat zu vermissen. Die relativ geringe Größe des Büros habe ich als Vorteil erlebt, da ich hierdurch die Chance hatte, mich in sehr unterschiedliche Gebiete einzuarbeiten und man so auch Eindrücke aus sehr verschiedenen Fachbereichen gewonnen hat.
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