1. Warum hatten Sie sich zum Roots-Praktikum angemeldet und was waren Ihre Erwartungen an das Programm? Welche Vorteile haben Sie für sich in diesem Programm gesehen?
Über das Roots Programm habe ich bei einem Gespräch mit meinen Kommilitoninnen erfahren. Mein Interesse wurde geweckt als sie mir erzählten, dass sie ihre Praktika mit Begleitung des Roots Programms in der Türkei absolviert haben. Im International Office wurde ich von Frau Nurten Kurnaz mehr über das Roots Programm informiert. Ich habe erfahren, dass ich durch das Roots Programm sehr gut betreut und durch entsprechende Vorbereitungskurse gut vorbereitet werde. Dies hat mich motiviert an diesem Programm teilzunehmen.
Meine Erwartungen für das Roots Programm lagen darin, dass ich auch während meines Praktikums unterstützt werde, falls es zu Problemen kommen sollte. Durch das Auslandspraktikum in der Türkei möchte ich meine Türkischkenntnisse für mein Berufsleben personalisieren, die türkische Arbeitskultur sehen, einen Netzwerk bilden, Praxiserfahrungen sammeln und meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt in meinem Heimatland und im internationalen Arbeitsmarkt verbessern. In der Zukunft könnte ich mir gut vorstellen in der Türkei zu leben und zu arbeiten. Daher möchte ich durch dieses Auslandspraktikum einen direkten Vergleich machen zu dem was mich in Deutschland erwartet.
Vorteilhaft war für mich, dass die Koordinatoren mich bei der Suche nach einem Praktikumsplatz sehr gut unterstützt hatten. Wir haben zusammen die Unternehmen und Gemeinden angerufen und nach einem Praktikumsplatz gefragt. Außerdem wurde ich sehr gut über das Erasmus Programm informiert. Ein weiterer Vorteil des Roots Programms liegt darin, dass wir auf das Auslandspraktikum vorher durch die Kurse „Wirtschaftstürkisch“, „Interkulturelles Training“ und „Türkisch als Erstsprache“ gut vorbereitet wurden. Da haben wir vor allem gelernt, wie man sich auf ein Vorstellungsgespräch vorbereitet und wie man ein Lebenslauf auf Türkisch schreibt. Über die türkische Geschichte und Kultur haben wir in dem Kurs “Türkisch als Erstsprache“ gelernt.
2. Beschreiben Sie kurz das Unternehmen/ die Organisation in dem Sie Ihr Praktikum absolviert haben. Benennen Sie grob Ihre Tätigkeiten.
Kayseri Büyükşehir Belediyesi Kentsel Dönüşüm Daire Baskanlığı
Die Großstadtgemeinde Kayseri Stadt- und Regionalentwicklungsabteilung
Die Großstadtgemeinde Kayseri Stadt- und Regionalentwicklungsabteilung ist seit November 2016 aktiv. Die Hauptaufgabe der mit 22 Mitarbeitern besetzten Abteilung besteht darin, Siedlungen mit Bürgern auszuhandeln, die im städtischen Transformationsbereich leben, und dann Vereinbarungen über die abzubauenden Gebäude abzuschließen.
Vollendung des Wirtschaftslebens, Ersetzung alter und beschädigter Strukturen, Errichtung von gesunden, sicheren, standardisierten Lebensräumen, Verhinderung von Verlust von Leben und Eigentum in möglichen Katastrophen und schließlich Erhöhung der städtischen Wohlfahrt und Lebensqualität der Bürger stellen die allgemeinen Pflichten des Abteilungsleiters dar.
Benennen Sie grob ihre Tätigkeiten:
Das Projekt für Sahabiye
Die Region Sahabiye ist eines der ältesten Regionen in Kayseri, welches sich jetzt in Stadt- und Regionalentwicklung befindet. Sahabiye Projekt ist ein sehr teures und großes Projekt. Diese Region hat ihre Funktionalität verloren und leidet viel an materieller Verlust. Es herrschen Sicherheitsprobleme auf den Straßen und Parkplätzen. Ich habe für das neue Projekt die Planungs- und Bauprojektionen überprüft und mit paar Mitarbeitern zusammen die Pläne für soziale Einrichtungen, Grünflächen, Bildung, Anbetung oder Gesundheitsgebiete entsprechend der erwarteten Bevölkerungsdichte untersucht.
Einer meiner Aufgaben war die Bürger im Büro zu beraten. Meistens kamen fragen wie: “Ich würde gerne mehr über die Regionalentwicklung von Sahabiye erfahren“ oder über ihr privates Grundstück Informationen sammeln. Ich habe vorgesetellt, wie der Plan für Sahabiye ist und wie lange die Umwandlung dauern wird. Beim Gespräch leitete ich die Bürger zu den Modellen hin und zeigte wie die Gebäuden nach dem Umbau aussehen werden. Hier sieht man die erste Bauetappe der Region Sahabiye, welches sich voraussichtlich in zwei Jahren entwickeln wird.
Zudem habe ich mit einem Mitarbeiter zusammen die aktuelle Lage der Region Sahabiye besichtigt. Bevor wir uns auf den Weg gemacht haben, musste ich die durchzuführende Sicherheitsmaßnahmenüberprüfen, die ich in Sahabiye einhalten musste. Bei der Besichtigung ist mir die schlechte Lage der Region schnell aufgefallen. Die Häuser sind nicht wohnhaftig und nicht erdbebensicher. Diese sind eines der wichtigsten Gründe, warum die gesamte Region neu entwickelt wird. Meine Aufgabe bestand darin in Sahabiye die Häuser zu fotografieren und beim Versiegeln der Häuser mitzuhelfen.
3. Welche Erwartungen hatten Sie an Ihr Praktikum in der Türkei? Haben sich diese Erwartungen erfüllt?
Meine Erwartungen, die ich an meinem Praktikum in der Türkei hatte, waren folgendermaßen: Die türkische Arbeitskultur und neue Menschen kennen lernen, mich unterhalten und meine Türkischkenntnisse auffrischen. Diese Erwartungen haben sich soweit erfüllt. Meine Kollegen sind zu meinen Freunden geworden, wir haben uns auch privat getroffen und uns unterhalten. Im Büro habe ich gehofft, dass ich nicht nur rumsitze, sondern Aufgaben bekomme und sogar selbständig arbeiten darf.Ich wurde sehr gut und freundlich betreut, daher hatte ich auch den Mut selbständig Aufgaben zu erledigen und Eigeninitiative zu zeigen. Im Großen und Ganzen konnte ich meine Soft Skills, wie Anpassungsfähigkeit, Problemlösungsfähigkeit, Neugier, etc. weiterentwickeln.
4. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede haben Sie als Türkeistämmige/r aus Deutschland in ihrer Heimat-und Gastkultur entdecken können? Gab es Verhaltensweisen, die Ihnen fremd waren?
Als Türkeistämmige aus Deutschland habe ich in meinem Heimat- und Gastkultur einige Unterschiede entdeckt.
Für mich war z.B. das Aufstehen, wenn der Ableitungsleiter aus seinem Büro raus kam oder die Gebäude betrat, sehr fremd. Am ersten Tag kannte ich das noch nicht, und bin nicht aufgestanden, während alle anderen aufgestanden sind. Daraufhin hat die Sekretärin mir erzählt, dass ich das nicht machen muss, aber es aus Respekt gemacht wird. Ab diesem Moment habe ich mitgemacht. Ich hatte anfangs ein komisches Gefühl dabei, weil ich für den Ableitungsleiter jedes Mal aufgestanden bin. Aber dies hat sich schnell geändert, ich habe mich mit der Zeit angepasst und fühlte es sogar als sehr unhöflich wenn ich nicht aufgestanden bin.
Dazu kommt, dass die Menschen alle sehr offen, hilfsbereit und freundlich sind. Ich habe mich sofort dazugehörend gefühlt. Da die Abteilung aus einem jungen Team besteht, konnte ich mich mit allen ohne jegliche Ängste oder Bedenklichkeiten unterhalten. Die Mittagszeit ist genauso wie in Deutschland. Die Reinigungskraft ist den ganzen Tag in der Abteilung und hat Tee serviert und geputzt.
Draußen im Verkehr ist mir zudem aufgefallen, dass viele in der Türkei auf die Verkehrsregeln nicht so wie in Deutschland achten. Die Menschen laufen auch bei „rot“ über dem Zebrastreifen wenn nur wenige Autos lang fahren. Aber wenn mal viele Autos lang fahren, kann man auch bei „grün“ nicht auf die andere Straßenseite laufen, weil die Autos nicht warten wollen.
5. Schildern Sie ein irritierendes Ereignis. Haben Sie dafür eine Erklärung? Denken Sie an das Interkulturelle Training für mögliche Erklärungsansätze.
Die Sekretärin ist die erste Person, die mit den Bürgern in Kontakt kommt. Ich bin oft bei ihr gewesen, wenn zu viele Bürger kamen. Sie erzählte mir was für unterschiedlichen Menschen sie begegnet ist. Ich konnte z.B. sehr gut beobachten, wie neugierig die Menschen sind. Wenn die Bürger auf den Abteilungsleiter warten müssen, sitzen sie vor dem Tisch der Sekretärin und fangen an sich mit uns zu unterhalten. Einmal fragten mich zwei Frauen ob ich hier arbeite. Ich erzählte daraufhin dass ich eine Praktikantin bin. Die Fragen endeten nicht und irgendwann kam es dazu, dass die mich gefragt haben ob ich verheiratet bin. Das kam mir schon zu weit. Ich verließ den Tisch und ging zu den anderen Mitarbeitern rüber. Diese Frauen wollten sich mit mir alleine unterhalten,was ich nicht wollte. Daraufhin hat die Sekretärin mit einer höheren Stimme betont, dass sich sowas innerhalb einer Gemeinde nicht gehört und bat diese Frauen die Gebäude zu verlassen.Es war für mich eine sehr ungewöhnliche Situation. Das haben alle anderen Mitarbeiter auch mitbekommen und darüber gelacht. Die Sekretärin erzählte mir, dass sowas normal ist und dass ich noch mehr von dieser Art Situationen erleben könnte.
6. Wie gestaltete sich Ihr Kontakt zu Ortsansässigen?
Die Gesellschaft betreffend war ich überrascht was für Herzensmenschen sie sind. Alle waren offen, hilfsbereit und freundlich auch wenn diese am Existenzminimum leben.
Wenn ich vor einem Restaurant oder Cafe vorbeilaufen wollte, wurde ich höflich ins Restaurant/ Cafe eingeladen. Diese Menschen zählten schnell auf was sie mir alles anbieten könnten und versuchten mich ins Laden anzulocken.
7. Schildern Sie bitte ein spannendes oder schönes Ereignis, das sich durch den Kulturaustausch ergab.
Ich habe in Kayseri mein Praktikum absolviert, die Stadt, in der ich geboren bin. Mit dessen Kultur ich aufgewachsen bin. Daher konnte ich viel über die Stadt Kayseri und über die Lebensweise der Menschen mit den Mitarbeitern sprechen. Ich habe mich dadurch wie Zuhause gefühlt.
Jeden Freitag gibt es das Freitagsgebet. Und die Männer lassen ihre Arbeit und gehen um die Gebetszeit mit Aufruf von Azan (Gebetsruf) in die Moschee, um dort das Freitagsgebet zu verrichten. Die Frauen bleiben entweder im Büro oder machen draußen länger Pause. An einem Freitag habe ich auch vorgenommen zu der Zeit wo das Gebet stattfindet eine Moschee zu besuchen und zu beten. Die Moscheen waren alle so voll, dass sich die Menschen draußen ein Platz zum Beten suchen mussten. Ich habe zugesehen wie alle friedlich gebetet haben und sich nach dem Gebet gegenseitig ein gesegnetes Freitag gewünscht haben.
Weil ich ein religiöser Mensch bin, war das für mich ein sehr spannendes und schönes Ereignis.
8. Wie hat der Auslandsaufenthalt Ihren Blick auf Ihre persönliche Kultur verändert?Tragen Sie Ihre interkulturellen Erfahrungen nach Ihrer Rückkehr mit in Ihren Alltag? Inwiefern beeinflussen sie Ihr Verhalten, Ihre Einstellung und Werte?
Mein allgemeiner Blick auf meine eigene Kultur hat sich nicht stark geändert. Ich bin ein offener Mensch und traue mich auf Menschen zuzugehen. Das war schon immer so, wäre es nicht könnte ich mich nicht trauen ein Auslandspraktikum zu machen. Ich habe nach dem interkulturellen Training festgestellt, dass ich mich der türkischen und deutschen Kultur zugehörig fühle. Diese Meinung vertrete ich immer noch. Die türkische Kultur spricht mir am meisten zu, weil ich türkische Wurzeln habe. Zudem fühle ich mich der deutschen Kultur zugehörig, da ich in Deutschland lebe und in Deutschland die deutsche Kultur miterlebe. Die interkulturellen Erfahrungen haben mich positiv beeinflusst.
Während meines Auslandspraktikums wurde ich befragt, ob ich mich‚ eher als Türkin oder Deutsche fühle. Ich antwortete: „Sowohl als auch!“ Ich bewege mich zwischen zwei oder drei Sprachen und mehreren kulturellen Traditionen und das bestimmt somit meine Identität.
9. Inwiefern hat der Auslandsaufenthalt Ihre interkulturelle Kompetenz gefördert?
Mein Auslandsaufenthalt hat mich auf jeden Fall interkulturell gefördert. Mir ist aufgefallen, dass die Kultur auch negative Denkweisen mit sich bringt, wie zum Beispiel Vorurteile. Diese Vorurteile können durch Austausch von Menschen zu gegenseitigem Verständnis behoben werden oder erst gar nicht entstehen. in der Türkei geborene und aufgewachsene Menschen sind anders als die die in Deutschland aufgewachsen sind. Jeder sollte überlegen, was seine Handlungen bei seinem Gegenüber auslösen kann. In einer ungewohnten Umgebung sollte darauf geachtet werden, wie man sich verhält. Ich kann jetzt viel besser mit Vorurteilen umgehen, da ich weiß, dass nicht jeder Mensch, dieselbe Kultur hat, wie ein Mensch aus demselben Land und deshalb keine Verallgemeinerungen gemacht werden sollten.
10. Inwiefern hat das Praktikum Ihre (Fach-)sprachlichen Kenntnisse gefördert?
Ich war in Wort und Schrift schon immer gut in Türkisch, deswegen haben sich meine sprachlichen Kenntnisse nicht großartig verbessert.
11. Wenn Sie jetzt zurückblicken: Welche Vorteile hat Ihnen die Teilnahme am Roots-Programm für Ihren persönlichen und berufspraktischen Werdegang bieten können?
Ich denke, dass sich meine Chancen auf einen neuen oder besseren Arbeitsplatz
verbessert haben. Ich weiß nun genauer, wohin ich mich persönlich und beruflich entwickeln möchte. Ich möchte in der Zukunft noch ein Praktikum im Bereich Regionalentwicklung machen, durch dieses Zertifikat denke ich, dass ich leichter eine Praktikumsstelle finden kann.
Ich denke außerdem, dass ich besser als zuvor in der Lage bin, verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen und könnte mir gut vorstellen, zukünftig im Ausland sowie in Deutschland zu arbeiten.
Durch diesen Aufenthalt habe ich meine Persönlichkeit entwickelt, ich habe herausgefunden, dass ich mutiger bin, als das ich es mir vorstellen könnte und dass ich das erreichen kann, was auch immer ich möchte, es muss nur aus meinem Herzen kommen.
12. Sonstige Bemerkungen, wie z.B. zur Betreuung durch das International Office, zum Sprachkurs oder Interkulturellen Training
Abschließend kann ich nur gutes zum Interkulturellen Training, Wirtschaftstürkisch und zur Betreuung sagen. Der Kurs Interkulturelles Training war lehrreich und empfehlenswert, vor allem für diejenigen, die sich mit dem Thema Kultur auseinandersetzen möchten. Der Kurs Wirtschaftstürkisch vor dem Auslandsaufenthalt hat uns als Einstieg beim Bewerbungsschreiben, Texte verfassen und sprechen viel geholfen. Ich bedanke mich herzlich an Frau Nurten Kurnaz und Herrn Sevinc Topal, die mir im Rahmen des Roots Programms viel geholfen und mich bei der Suche nach einem Praktikumsplatz sehr unterstützt haben. Das Roots Programm, das meine Berufschancen erhöht hat und mir in der Zukunft neue Wege öffnen wird und mir die Möglichkeit gegeben hat mich weiterzuentwickeln; sei es beruflich oder kulturell, kann ich jedem nur weiterempfehlen.
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