Nach meinem Bachelorstudium habe ich die Chance wahrgenommen und ein Praktikum in Spanien gemacht. Mein Ziel war es sprachliche und kulturelle Fortschritte zu machen und vor dem Berufseinstieg noch einmal ins Ausland zu gehen. Das Praktikum habe ich bei einem Online-Weinhändler in Barcelona gemacht, der in die gesamte EU Wein verkauft.

Vorbereitung

Im April begann ich mit der Suche nach einem Auslandspraktikum. Von Beginn an stand Spanien für mich im Fokus, da ich spanisch noch aus Schulzeiten (7 Jahre) einigermaßen beherrschte. Ich wollte die Sprache auf ein Level bringen, um sie später im Job nutzen zu können. Also schaute ich im Internet nach Praktikumsangeboten in Spanien. Ich fand einige Agenturen, die für eine gewisse Summe geeignete Stellen für den Interessenten finden. Ich bin auf eine Firma gestoßen, die mir dabei geholfen haben. Man zahlt einen gewissen Betrag pro Monat für die Vermittlung und erhält dafür recht gute Angebote (in meinem Fall). Somit kam ich mit dem Weinhändler namens Decántalo in Kontakt und nach ein paar Skype-Interviews habe ich die Zusage für 6 Monate in Barcelona bekommen. Im Juni war dann klar, dass ich in 3 Monaten bereits nach Barcelona gehen werde. Zuvor war ich nie dort gewesen und ich war sehr gespannt, was auf mich zukommen würde. Über das Portal idealista.es habe ich ein Zimmer mitten im Zentrum gefunden. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich viel Glück hatte, da ich die Unterkunft bereits zu Hause zugesichert bekommen habe. Viele Leute suchen nach Ihrer Ankunft wochenlang nach einem geeigneten Zimmer. Im Bereich von 300€ werden wirklich viele miserable Zimmer angeboten, die kein Fenster und ein viel zu kleines Bett haben. Ich würde die Suche nach einer Unterkunft also nicht unterschätzen und mich rechtzeitig vorbereiten. Für ein einigermaßen ordentliches Zimmer sollte man ca. 350€ einplanen.

Ankunft in Barcelona

Ende August kam ich in Barcelona an und hatte zwei dicke Koffer und eine Sporttasche mit mir. Irgendwie habe ich es vom Flughafen bis zur Haustür der WG geschafft und konnte mein Zimmer im Barrio Gotico bestaunen. Meine WG teilte ich mit 3 weiteren Leuten, die seit einigen Jahren in Barcelona lebten. In den ersten Tagen musste ich viele Dinge regeln, wie zum Beispiel die NIE (Ausländeridentifikationsnummer) zu beantragen. Zuerst besorgte ich mir ein gebrauchtes Fahrrad, um die ganzen Amtsbesuche schnell zu meistern. Bezüglich der NIE rate ich für Barcelona sehr viel Geduld mitzubringen. Während in anderen Teilen Spaniens dieser Prozess (Erhalt der NIE) recht schnell geht kann es in Barcelona locker 2-3 Wochen dauern. Das zentrale Problem ist die Terminvergabe beim Amt. Wer also weiß, dass er die NIE gleich zu Beginn braucht, der sollte sich damit schon in Deutschland ein wenig befassen. Wer die Nie sofort braucht und aus bestimmten Gründen nicht länger als 1 Woche warten kann, der kann auch eine Agentur beauftragen. Solche eine Agentur kann dann helfen innerhalb von ein paar Tagen die NIE zu besorgen. Solche Agenturen stellen allerdings recht hohe Kosten in Rechnung. Dies lässt sich durch vorzeitige Informationsbeschaffung und Planung vermeiden.

Klimatisch waren die Bedingungen traumhaft als ich eintraf. Ich konnte noch die letzten Wochen des Sommers genießen und war sehr oft am Strand. Auch nach der Arbeit war immer noch viel los dort. Das hat für einen guten Einstieg gesorgt. Denn viele der Erasmusstudenten trafen sich dort zum Volleyball spielen und relaxen. So konnte man schnell neue Kontakte knüpfen.

Das Praktikum

Direkt zu Beginn habe ich meine Aufgaben zugeteilt bekommen und bekam einen Einblick. Wie ich bereits vorher informiert wurde, gehörten hierzu der Kundenkontakt und die Übersetzungen von Weinbeschreibungen für die Homepage. Leider war die Arbeit über die gesamte Zeit recht eintönig. Es gab kaum Abwechslung und ich war von der Arbeit an sich recht gelangweilt. Dies war jedoch nicht sonderlich schlimm für mich, da kulturelle und sprachliche Aspekte klar im Fokus standen. Die meiste Zeit des Tages übersetzte ich Weinbeschreibungen von der Website vom Spanischen ins Deutsche. Zu Beginn war dies nicht einfach, denn gerade mit dem Thema Wein sind viele Fachbegriffe verbunden, die ich auch auf Deutsch oder anderen Sprachen nicht kannte. Ich musste mir erstmal ein grobes Fachwissen aneignen und konnte Stück für Stück neue Vokabeln lernen. Nach einer Weile waren die Texte extrem einfach zu übersetzten, da Sie sich im Grunde alle ähnelten. Somit wurde es mit der Zeit wirklich langweilig. Interessanter war es, wenn ich Kundengespräche am Telefon hatte. Allerdings kamen an meinem Telefon leider nur deutschsprachige Kunden an.

Der größte arbeitskulturelle Unterschied zu Deutschland ist die Zeit. Während man in Mitteleuropa meist zwischen 7 und 8 Uhr mit der Arbeit beginnt, geht zur dieser Zeit in Spanien gar nichts. Selbst Supermärkte öffnen meist erst um 10 Uhr. Mein Job begann offiziell morgens gegen 9 Uhr. In Wirklichkeit war niemand um 9 Uhr im Büro. Die ersten trafen dann so gegen 9:15 Uhr ein. Dies bedeutet nicht, dass Spanier weniger Arbeiten. Wie auch ich, arbeiten die meisten Spanien 40 Stunden die Woche. Bloß beginnt der Tag eben erst 1-2 Stunden später in Spanien.

Die Kollegen waren alle sehr nett und freundlich. Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt. Sprachlich war es recht schwer in der Firma, denn in Katalonien ist Katalanisch die Landessprache und dies wird auch wirklich von den Einheimischen gepflegt. Trotz gewissen Ähnlichkeiten zum Spanischen habe ich kaum etwas vom Katalanischen verstanden und konnte vielen Konversationen nicht folgen. Mich persönlich haben die Kollegen natürlich auf Spanisch angesprochen, aber untereinander wurde eben Katalanisch geredet. Dies ist für mich im Nachhinein kein Grund dafür, von Barcelona abzuraten, man sollte jedoch wissen, dass Katalanisch mit großem Stolz der Bevölkerung gesprochen wird.

Es war eine interessante Zeit, in der ich das Arbeitsleben der Spanier etwas besser kennen gelernt habe. Durch die Bezahlung von 450€ im Monat war ich auch finanziell recht gut aufgestellt. Man muss dazu sagen, dass 450€ für ein Praktikum in Spanien schon ziemlich viel ist. Trotzdem ist man natürlich noch auf die Erasmusförderung angewiesen.

Das Leben in Barcelona

Barcelona ist eine unvergleichliche Mittelmeermetropole. Als ich im August ankam waren die Strände voll mit Touristen. Unglaublich welche Menschenmasse das ganze Jahr über nach Barcelona kommen, um hier Urlaub zu machen. Der Grund ist logisch, denn die Stadt ist wunderschön und bietet sehr viele besondere Orte und Möglichkeiten. Es gibt viele verschiedene Stadtviertel, die alle Ihren eigenen Charme haben und voll mit Menschen aus allen Ländern sind. Barcelona ist so multikulturell, dass man auf den Straßen alle möglichen Sprachen hört. Es ist ein bunter Mix aus Einheimischen, Austauschstudenten, Immigranten, Touristen und Geschäftsreisenden. Wenn man eine typisch spanische Stadt als Ziel hat, dann würde ich Barcelona nicht unbedingt empfehlen. Wenn man eine kosmopolitische Metropole mit tollem Wetter und Unmengen an kulturellen Angeboten sucht, dann ist es Barcelona.

Ich habe direkt im Gotischen Viertel (Barrio Gotico) gewohnt und war genau im Zentrum. Meine Wege waren immer ziemlich kurz und somit kam ich zu Fuß, mit U-Bahn und mit Fahrrad überall in kurzer Zeit hin. Die Infrastruktur ist wirklich gut und im öffentlichen Nahverkehr werden faire Preise angeboten.

Darüber hinaus lohnt es sich in der Umgebung von Barcelona einige Orte anzusehen. In den ersten Monaten machte ich einige Trips mit Erasmus-Studenten. Empfehlenswert sind die Orte Cadaqués und Empuriabrava im Norden Kataloniens, sowie Tarragona und Sitges südlich von Barcelona. Wer möchte kann auch in die Pyrenäen fahren, ein alpines Gebirge, indem man von Dezember bis März auch Ski fahren kann.

Bezüglich des Nachtlebens in Barcelona fehlt es eigentlich an nichts. Jeder wird Bars und Clubs nach seinem Geschmack finden. Auch in der Woche sind die Bars bis in die Nacht gut gefüllt und während der Sommermonate findet man oft kaum einen Platz in den überfüllten Bars.

Überall trifft man auf ausländische Studenten oder auch Leute die für Praktikumsplätze oder einen festen Job nach Barcelona gekommen sind. Einen Freundeskreis nur mit Einheimischen aufzubauen ist eine Kunst. Ich habe wahnsinnig viele Deutsche und Italiener während meiner Zeit getroffen. Es gibt sogar so viele Ausländer in der Stadt, dass sich viele Katalanen darüber beschweren. Denn die „neuen“ sprechen und lernen meist kein Catalan (Katalanisch) und treiben mit Ihrer hohen Nachfrage die Preise für Wohnraum in die Höhe. Ich konnte dies mit der Zeit schon etwas verstehen, jedoch lebt diese Stadt nun mal von seiner Bekanntheit in der Welt. Der Tourismus und die internationalen Firmen haben erheblich zum Wohlstand der Stadt beigetragen.

Fazit

Trotz eines recht langweiligen Praktikums, würde ich diese Chance erneut wahrnehmen. Es war eine große Chance für mich, dass ich nach meinem Studium noch ins Ausland gehen konnte. Sprachlich und kulturell hat die Zeit mir viel genützt und das war mein Ziel. Es ist wahnsinnig spannend in ein Land zu kommen und sich Stück für Stück ein Bild von Unterschieden bezüglich Kultur, Mentalität, Sprache und vielen weiteren Dingen zu machen. Während des Aufenthaltes habe ich immer wieder versucht, mit möglichst vielen Leuten in Kontakt zu kommen. Ich denke, dass sollte der zentrale Punkt jedes Auslandsaufenthaltes sein.

Barcelona