1. Vorbereitung & Planung
Da für alle Public Health Studierenden im 5. Semester ein Praktikum vorgesehen ist, habe ich ca. ein Jahr im Voraus angefangen mich damit zu beschäftigen, welcher Bereich mich interessieren könnte. Bei der Suche habe ich hauptsächlich die Liste mit ehemaligen Praktikumsstellen genutzt, was mir sehr geholfen hat, viele mögliche Bereiche kennenzulernen. Nachdem ich mich zuerst für ein Auslandsstudium anstatt eines Praktikums entschieden hatte, bin ich durch Zufall auf das Danish Cancer Institute in Kopenhagen aufmerksam geworden. Eine ehemalige Mitarbeiterin des Instituts, die gleichzeitig zuvor auch Dozentin an der Universität Bremen war, hielt in einer Epidemiologie-Vorlesung einen Vortrag über eines ihrer Projekte aus Dänemark. Das Forschungsinstitut war auch schon in der Liste aufgeführt, allerdings habe ich die Chance genutzt und sie persönlich nach einem Kontakt gefragt. Nachdem sie meine Bewerbung weitergeleitet hatte, habe ich sehr schnell eine Rückmeldung und eine Einladung zu einem online Vorstellungsgespräch erhalten.
Das Vorstellungsgespräch fand in einer sehr entspannten Atmosphäre zwischen mir und meinen jetzigen Chefinnen aus dem Praktikum statt. Nachdem wir über mögliche Projekte für ein fünfmonatiges Praktikum gesprochen hatten, wurde mir eine Praktikumsstelle in einer der Forschungsgruppen mit Fokus auf Epidemiologie „Cancer Survivorship (CSV)“ angeboten, die ich sofort angenommen habe. Die Forschungsgruppe ist ein Zusammenschluss aus drei verschiedenen Gruppen und beschäftigt sich hauptsächlich mit Krebsüberlebenden und Langzeitfolgen, aber auch mit psychologischen Aspekten von Krebsüberlebenden. Mein Team war das „Team Survivorship and Inequality in Cancer“. Mir ist während meiner Zeit besonders aufgefallen, dass es (zumindest) in meiner Forschungsgruppe sehr ungewöhnlich war Bachelor-Studierende aufzunehmen. Generell gibt es viele jüngere Forscher:innen am Institut, die aber alle fast ausschließlich ihre Masterarbeit oder Doktorarbeit in Kooperation mit dem DCI schreiben. Ich habe außerdem in späteren Gesprächen erfahren, dass ich nur auf Grund der Verbindung zu der ehemaligen Dozentin überhaupt in Erwägung gezogen wurde. Nachdem ich den Praktikumsplatz angenommen hatte, habe ich mich zuerst für die finanzielle Unterstützung durch Erasmus+ beworben und anschließend angefangen nach einem WG-Zimmer zu suchen.
Die Wohnungssuche in Kopenhagen ist wirklich schwierig und die meisten Unterkünfte sind sehr teuer. Ich habe durch Zufall auf WG-Gesucht ein Zimmer in einem Studentenwohnheim zur Untermiete gefunden, für das ich nur ca. 400€ Miete zahlen musste. Das Studentenwohnheim lag etwas außerhalb, was mir aber nichts ausgemacht hat, da ich nur ca. 15 Minuten in die Innenstadt gebraucht habe. Für längerfristig würde ich aber vor allem die zentralen Stadtteile Nørrebro, Frederiksberg, Vesterbro, Østerbro, Indre By oder Amager empfehlen, in denen man jedoch schnell bis zu 1000€ für ein Zimmer zahlen kann.
1. Praktikumsalltag & Aufgabenbereiche
Das Danish Cancer Institute (DCI) ist ein Forschungs-Institut, das Teil der NGO Danish Cancer Society (Kræftens Bekæmpelse) ist. Sie ist eine der größten Non-Government-Organisationen in Dänemark mit ca. 250 beschäftigten Forscher:innen aus ca. 20 verschiedenen Ländern. Ihr Ziel ist es die Überlebenschancen für Krebserkrankte zu erhöhen, die Lebensqualität von Krebserkrankten zu verbessern und irgendwann ein Leben ohne Krebs zu ermöglichen. Sie verfolgen dieses Ziel sowohl mit Forschungs- als auch mit Präventions- und Patientenarbeit. Forschung wird dabei im biologischen, medizinischen und epidemiologischen Bereich betrieben.
Zu Beginn des Praktikums wurden erstmal ein paar organisatorische Punkte geklärt, ich bekam einen eigenen Laptop, wurde meiner Ansprechpartnerin und dem gesamten Team vorgestellt und musste eine Schulung zur Datensicherheit absolvieren. Datensicherheit spielte eine besonders große Rolle, da Dänemark über ein einzigartiges System verfügt, das die Daten der gesamten Bevölkerung sammelt und es ermöglicht diese für Forschungszwecke zu nutzen. Alle Daten werden dabei über die sogenannte CPR-Nummer gesammelt, über die alle Einwohner:innen verfügen.
Gerade in der Anfangszeit waren meine Aufgabenbereiche noch etwas unklar, da alle etwas unsicher waren, welche Aufgaben ich übernehmen kann und wie viel Wissen ich schon habe. Daher habe ich am Anfang erstmal viel Literaturrecherche betrieben und mir wurde nochmal gezeigt, wie ich systematisch mit PubMed relevante Literatur finden kann. Außerdem habe ich in einem Online-Kurs für das Statistik-Programm R mein Wissen aufgefrischt. Generell war am Anfang relativ viel Eigeninitiative gefragt und ich hatte das Gefühl zeigen zu müssen, dass ich motiviert bin neues zu lernen und wirklich in die Arbeit miteingebunden werden möchte. Die Arbeit hat mir dadurch im Laufe der Zeit immer mehr Spaß gemacht und ich konnte viele Einblicke erhalten, wie die Arbeit in der Forschung aussieht. Ich hatte außerdem großes Glück mit meiner Ansprechpartnerin vor Ort, die ich bei Unklarheiten immer fragen konnte.
Während meiner Praktikumszeit habe ich mit den Daten aus einer bereits existierenden Kohorte gearbeitet und habe die Möglichkeit bekommen mir einen bis dahin noch nicht erforschten Teil des Datasets zum Thema „Health Literacy“ und Krebsüberleben anzuschauen. Meine Ansprechpartnerin hatte ein Jahr zuvor ihre Doktorarbeit zu Forschung innerhalb dieser Kohorte abgegeben und konnte mir daher super viele Tipps geben. Mir wurde z.B. gezeigt, wie ich Datenanalysen in R durchführe und ich habe an einem eigenen kleinen Paper zu meiner Studie gearbeitet. Daraus ergab sich dann auch die Möglichkeit meine Bachelorarbeit über meine Arbeit im DCI zu schreiben und ich habe ab Dezember begonnen mein Thema und die Datenanalyse, gemeinsam mit meiner Ansprechpartnerin und meinen Chefinnen zu planen. Für meine Bachelorarbeit entschied ich mich, mir die Beziehung zwischen Bildung, Gesundheitskompetenz, Lifestyle-Verhalten und verschiedenen Gesundheits-Outcomes bei Brustkrebsüberlebenden in Dänemark anzuschauen und quantitativ zu erforschen.
Das Team insgesamt bestand aus ca. 25 Forscher: innen, die bis auf eine Gast-Forscherin aus den Niederlanden alle aus Dänemark kamen. Innerhalb der Gruppe wurde sowohl qualitativ (z.B. Interventionsstudien), als auch quantitativ (größerer Fokus auf statistischen Methoden) geforscht und es war super interessant in den regelmäßigen Gruppenmeetings einen Einblick in die verschiedenen Projekte und das sehr moderne dänische Gesundheitssystem zu erhalten. Es wurde zwar hauptsächlich Englisch gesprochen, allerdings hatte ich zum Teil Probleme z.B. beim Mittagessen Gesprächen zu folgen, da sich dort natürlich auch manchmal auf Dänisch unterhalten wurde. Alle haben sich aber immer viel Mühe gegeben zu Englisch zu wechseln. Generell war mein Team super und ich hatte die Möglichkeit an Seminaren zum Thema Krebsepidemiologie, regelmäßigen Gruppen- und Einzelmeetings und sogar an einer Phd-Defense teilzunehmen. Es gab außerdem mega schöne Social-Events wie eine große Weihnachtsfeier, ein 14 km Lauf durch Kopenhagen, gemeinsame Frühstücke und Mittagessen, Café-Besuche, Bar-Abende und sogar ein ganztägiges Retreat in einem Hotel am Strand!
2. Leben in Kopenhagen
Das Leben in Kopenhagen ist einfach toll. Die Stadt ist super modern, hat extrem viele Kunst- und Kultur-Angebote und man kann sich überall sehr gut mit Englisch verständigen. Außerdem ist die Stadt trotz über einer halben Millionen Einwohner:innen sehr überschaubar und man kann fast alles mit dem Fahrrad erreichen. Ich hatte das Glück, dass ich mein Fahrrad mitnehmen konnte, was ich besonders für die wärmere Zeit nur empfehlen kann. Da ich bereits Ende August angekommen bin und sehr viel Glück mit dem Wetter hatte, konnte ich noch zwei ganze Monate den dänischen Sommer genießen und viel schwimmen gehen und Zeit am Meer verbringen. Aber auch der Herbst und die Weihnachtszeit waren super gemütlich, obwohl es natürlich auch mal geregnet oder geschneit hat (nicht mehr als in Bremen haha). Anschluss zu finden fand ich etwas schwieriger als es vermutlich in einem Auslandssemester gewesen wäre, da man nicht automatisch Kontakte z.B. durch eine Orientierungswoche knüpfen konnte. Ich habe allerdings trotzdem relativ schnell, auch neben der Arbeit, Freundschaften geschlossen, die hauptsächlich auch alle internationale Studierende waren. Man kann trotz des Winters wirklich super viele verschiedene Dinge unternehmen und die Stadt ist sehr jung, offen und alle sind gerne unterwegs. Wir haben alle beschlossen auf jeden Fall im Sommer nochmal wiederzukommen!
Negativ muss ich auf jeden Fall hervorheben, dass Kopenhagen wirklich sehr teuer ist, besonders Lebensmittel, Café-Besuche und Bars sind teurer als in Deutschland. Außerdem fand ich die öffentlichen Verkehrsmittel, wie z.B. ein Monatsticket, recht teuer. Ich habe aber nach kurzer Zeit einen viel besseren Überblick bekommen und oft günstigere Alternativen gefunden.
3. Fazit
Insgesamt war meine Zeit in Kopenhagen und am DCI wirklich toll und ich konnte spannende Einblicke in die epidemiologische Forschung und allgemein den Arbeitsalltag als Forscher:in erhalten. Obwohl ich mir noch nicht ganz sicher bin, in welche Richtung ich nach dem Bachelor gehen will, hat mir das Praktikum sehr geholfen einen besseren Überblick zu bekommen. Außerdem ist Kopenhagen eine traumhafte Stadt mit super netten Menschen, in der ich mir sehr gut vorstellen könnte irgendwann nochmal zu leben und zu arbeiten.
Neueste Kommentare