Ich habe von Mitte April 2022 bis Mitte Juli 2022 ein Praktikum in der Verbindungsstelle Europapolitik des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Brüssel absolviert. Im Rahmen meines Studiums der Integrierten Europastudien an der Universität Bremen habe ich mich mit der Europäischen Union beschäftigt, weswegen ich gerne ein Praktikum in Brüssel, dem Hauptsitz der EU, machen wollte. Mit der Arbeit des Deutschen Gewerkschaftsbunds bin ich im Rahmen meiner Bachelorarbeit über die Situation polnischer Pflegearbeiter*innen in deutschen Privathaushalten in Berührung gekommen, durch die mein Interesse an gewerkschaftlicher Arbeit geweckt wurde. So hat das Praktikum diese beiden wichtigen Interessensgebiete in meinem Studium vereint. Nach einem Bewerbungsgespräch wurde mir ein dreimonatiges Pflichtpraktikum mit einer Vergütung und Urlaubstagen zugesichert.
Vorbereitung:
Der schwierigste Teil der Vorbereitung war das Finden eines Zimmers in Brüssel, da ich dies nicht vor Ort, sondern von Deutschland aus tun musste. Hierfür wurden mir einige Facebook Gruppen empfohlen, über die beispielsweise meine Vorgängerin ein Zimmer gefunden hatte. Nachdem ich ohne Erfolg einige Anbieter*innen von Zimmern kontaktiert hatte, versuchte ich es über eine eigene Anzeige. Auf diese folgen jedoch viele Spam Nachrichten und ich wäre fast auf einen falsches Wohnungsangebot hereingefallen. Besonders für Wohnungen und Zimmer in Brüssel sind diese Scams sehr verbreitet und man sollte sehr auf der Hut sein und niemals Geld überweisen, bevor man das Zimmer nicht in Person gesehen hat. Letztendlich habe ich mein Zimmer über die Empfehlung eines Freundes gefunden.
In der Vorbereitung auf mein Auslandspraktikum meldete ich mich zudem für einen Französisch Kurs an der Alliance Français an. Da ich mich jedoch etwas spät um die Anmeldung gekümmert habe war der Kurs, den ich belegen wollte, bereits ausgebucht und ich musste den Kurs einen Monat später als geplant beginnen. Es gibt bei der Alliance Français unterschiedliche Kurse, ich belegte einen Kurs zweimal die Woche abends in Person, was ich im Vergleich zum Sprachenlernen online sehr empfehlen würde.
Das Zimmer war mit einer monatlichen Miete von 600 Euro für meine Verhältnisse recht teuer. Für Brüssel ist es jedoch, besonders da es recht groß ist, ein normaler Preis. Zudem war mein Zimmer sehr gut gelegen, zu Fuß habe ich 10 Minuten zur Arbeit gebraucht, was insbesondere bei den relativ häufigen Streiks der öffentlichen Verkehrsmittel in Brüssel sehr praktisch war. Mein Arbeitsplatz und mein Zimmer lagen zudem in der Nähe eines großen Parks, des Park Cinquantenaire, der sich sehr gut zum Spazieren, Sport machen oder etwas in der Mittagspause essen eignet. In dem Haus, in dem sich mein Zimmer befand, wohnten zusätzlich fünf andere Praktikant*innen und Student*innen aus ganz Europa, mit denen ich mir Küche und teilweise auch das Bad teilte und mit denen ich mich gut verstanden habe. Etwas gewöhnungsbedürftig, da in Deutschland so nicht üblich, war es, dass mein Vermieter zudem die unteren zwei Etagen des Hauses bewohnt hat und man so also immer an seinen Privaträumen vorbeilaufen musste, um zu seinem Zimmer zu gelangen.
Tätigkeiten:
Das Verbindungsbüro Europapolitik des Deutschen Gewerkschaftsbundes vertritt die Interessen der Mitgliedsgewerkschaften und Arbeitnehmer*innen in ganz Europa gegenüber den europäischen Institutionen und arbeitet mit verschiedenem Sozialpartner*innen im Austausch. Die Besetzung des Büros besteht aus der Büroleiterin, einem weiteren Politikreferenten und einer Assistenz. Durch diese kleine Anzahl von Personen im Büro entstand schnell eine sehr persönliche, informelle Umgebung.
Da ich schon einige Zeit vor Praktikumsbeginn in Brüssel war, hatte ich bereits vor Arbeitsbeginn die Möglichkeit das Büro zu besuchen und mich auch mit meiner Vorgängerin auszutauschen. In der ersten Woche wurde ich in die Arbeit eingeführt. Ich bekam einen Zugang zum Intranet, wurde bei relevanten Newslettern angemeldet und erhielt Hintergrundinformationen zu der Interessensvertretung in der europäischen Union. Im Laufe des Praktikums unterstützte ich das Verbindungsbüro bei Politikbriefings, dem Schreiben des Newsletters und eines Artikels für die Website, den Überlegungen zur Gestaltung eines neuen Flyers und bei dem Empfang von Besuchergruppen. Zudem hatte ich die Möglichkeit zu für mich interessanten Politikbereichen des Verbindungsbüro, wie Migration, Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten, Geschlechtergerechtigkeit, Pflegearbeit, oder Künstliche Intelligenz, zu arbeiten. Hierbei nahm ich an Veranstaltungen und Gesprächen teil, verfolgte Ausschusssitzungen im Parlament oder organisierte Treffen mit Organisationen der zivilen Bevölkerung. Außerdem hatte ich die Möglichkeit den Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin zu besuchen.
Leben in Brüssel:
Brüssel überraschte mich als eine sehr schöne Stadt, über die ich zuvor neben der Assoziation mit der Europäischen Union nur sehr wenig wusste. Insbesondere in dem Viertel, in dem ich gewohnt habe, Etterbeek, hat es mir sehr gut gefallen. Andere sehr schöne Viertel sind St.Gilles und Ixelle. Die Innenstadt sollte man auch einmal gesehen haben, nach einem Besuch hat man jedoch auch alles Wichtige gesehen. Empfehlenswert ist die Aussicht vom Justizpalast, von dem man besonders schön den Sonnenuntergang betrachten kann, die vielen Märkte, von denen in jedem Viertel einer an einem anderen Tag in der Woche stattfindet, und der Place Sainte Catherine.
Auch um Belgien und Europa zu erkunden ist Brüssel sehr gut gelegen: Man kann innerhalb weniger Stunden in viele andere europäische Städte, wie Paris, Amsterdam oder Luxemburg gelangen und auch innerhalb Belgiens sind die Wege sehr kurz. In Belgien gibt es an den Wochenenden und für junge Menschen vergünstigte Zugtickets. Empfehlenswerte Städte in Belgien sind beispielsweise Leuven, Antwerpen, Dinant oder Brügge.
Für die öffentlichen Verkehrsmittel in Brüssel hatte ich zusätzlich eine Monatskarte, die mir von der Praktikumsstelle erstattet wurde. Man kann in Brüssel aber auch sehr gut mit dem Fahrrad unterwegs sein. Hierfür gibt es etliche Stationen und Angebote für das Ausleihen von Fahrrädern. Was Essen und Trinken angeht muss man in Brüssel natürlich die verschiedenen Biere, Pommes und Waffeln probieren. In der Zeit meines Praktikums hatte ich außerdem die Möglichkeit die Europäische Kommission von innen zu sehen, sowie das Europäische Parlament zu besuchen, für das man relativ einfach einen Besuchstermin buchen kann.
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