Im Studiengang Public Health/ Gesundheitswissenschaften steht für das 5. FS ein Praktikum oder ein Auslandssemester auf dem Programm. Ich habe mich dafür entschieden, ein Praktikum zu machen. Mir war es wichtig, während der Studienzeit bereits Einblicke in eines der späteren möglichen Arbeitsfelder zu bekommen.
Im Verlauf des Studiums ist mir noch bewusster geworden, dass Englisch eine wichtige Rolle spielt und weiterhin spielen wird, meine Kenntnisse aber trotz eines vor dem Studium absolvierten Sprachkurses nicht ausreichen. So kam die Überlegung, mein Praktikum auch mit der Verbesserung der Sprache zu verknüpfen. Ich hatte dabei allerdings nicht die Ambition, in weit weg liegende, englischsprachige Länder wie Kanada, die USA, Australien oder Neuseeland zu reisen. In der engeren Auswahl standen für mich Groß Britannien und – weil ich wusste, dass dort viele Menschen fließend Englisch sprechen – die Niederlande, Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen. Nach dieser Festlegung habe ich hin und wieder im Internet recherchiert, ohne konkrete Praktikumsstellen gefunden oder mich auf einen Praktikumsplatz beworben zu haben.
Für das 3. FS und im Rahmen der General Studies Angebote bin ich auf das Seminar Cancer Research for Prevention aufmerksam geworden. Da mich das Thema Krebsforschung und Präventionsansätze in diesem Feld sehr interessieren, habe ich mich hierfür angemeldet. Die Inhalte des Seminars waren sehr aufschlussreich und haben mein Interesse geweckt, mich vielleicht schon im Rahmen eines Praktikums in diesem Bereich zu engagieren. Wie es der Zufall so wollte, arbeitete unsere Dozentin im Research Center der Danish Cancer Society in Kopenhagen, Dänemark. Ich habe sie nach der ersten Blockeinheit um ein Gespräch gebeten, um mich erst einmal zu informieren und mein Interesse an einem möglichen Praktikum kund zu tun. Das war im Oktober 2018. In den Folgemonaten habe ich mich weitergehend informiert und hielt mit unserer Dozentin via eMail den Kontakt.
So stand im Januar 2019 fest: Ich gehe für mein Praktikum in die dänische Hauptstadt. Die Sprache bei der aufnehmenden Einrichtung ist Englisch. Die nötigen Formalitäten wurden unkompliziert abgearbeitet, erforderliche Unterlagen digital oder postialisch nach Kopenhagen gesandt. Einen kleinen Dämpfer erlitt meine Freude, als ich erfuhr, dass das Praktikum nicht vergütet wird. Die Frage war nun, wie ich die Miete und weitere anfallende Kosten in Kopenhagen abdecken kann. Inklusive der Tatsache, dass Kopenhagen zum Leben teurer ist, als ich es aus Deutschland bisher kannte. Aber ich habe mich dadurch nicht entmutigen lassen und über finanzielle Unterstützungsangebote informiert.
Neben der Möglichkeit, Auslands-BaföG zu beantragen, wurde ich auf ERASMUS+ aufmerksam. Auch hier liefen Informationsgespräch, die Bewerbung auf Förderung und das Einreichen aller Unterlagen reibungslos und unkompliziert. Ich wusste zeitnah, dass eine Förderung bewilligt wurde. Gemeinsam mit meiner Dozentin, die gleichzeitig auch meine Betreuung während der Praktikumszeit übernommen hat, legten wir meinen 6-monatigen Praktikumszeitraum fest.
Zudem erhielt ich die Information, dass mir eine Day-to Day Supervisorin, PhD Studentin, ab sofort für jegliche Rückfragen zur Verfügung stehen würde. Alles war bereits im Vorfeld sehr gut organisiert, die Kontaktaufnahme unkompliziert und mit zeitnahen, hilfreichen Rückmeldungen verbunden. Die Forschungsgruppe, der ich angehören würde, beschäftigt sich mit Kinderkrebs und hat epidemiologische Arbeitsschwerpunkte. Gleichzeitig kam bereits die Idee auf, die Erfahrungen und Projektbegleitungen während des Praktikums in irgendeiner Weise in meine Bachelorarbeit einfließen zu lassen. Diese Idee ließ ich mir offen, stand ihr aber sehr aufgeschlossen gegenüber.
Die Rahmenbedingungen und offene Fragen waren demnach geklärt, von Seiten meiner Praktikumsstelle konnte dieses also starten.
2. Formalitäten und Unterkunft (Wohnsitz anmelden in Kopenhagen, Civil Personal Registration Number (CPR))
Parallel zu den Formalitäten, die mit der Praktikumsstelle abgearbeitet werden mussten, bin ich bereits im Januar 2019 damit angefangen, nach einem WG-Zimmer zu suchen. Ich kann diesbezüglich nur jedem empfehlen, so früh wie möglich mit einer Wohnungssuche anzufangen und alle Kontakte, die bestehen, so gut es geht zu nutzen. Denn, ein geeignetes Zimmer zu finden, wird so oder so eine Challenge. Ich habe zwei Tage vor meiner Ankunft am 31.08.19 eine Zusage für ein Zimmer in einer 3er WG bekommen. Bis dahin hatte ich unzählige Mails geschrieben, Telefonate und Skypeinterviews geführt. Ich habe mich auch bei Facebook angemeldet und in sämtlichen Gruppen nach einer Übernachtungsmöglichkeit gesucht. Das kann ich übrigens auch jedem empfehlen. Hier gibt es unter anderem die Gruppen ”Roommate Copenhagen”, ”Deutsche in Kopenhagen”, ”Expats in Copenhagen”, ”International Students in Copenhagen” oder “ESN Erasmus Student Network Copenhagen”. Zimmer ausserhalb von Kopenhagen kann man für 3000-4000 DKK monatlich finden, innerhalb der Stadt muss man aber um die 5000 DKK monatlich einplanen. Nach oben sind wie immer keine Grenzen gesetzt. Es bietet sich auch an, ohne seine Wunschvorstellungen, auf jedes Angebot einzugehen. Denn es ist wichtig, erst einmal etwas zu finden. Man sollte es vermeiden, beispielsweise nur in bestimmten Stadtvierteln nach WG´s zu suchen. Es hat sich bei mir gezeigt – und das bestätigen auch andere – dass es vor Ort wesentlich einfacher ist, noch etwas anderes zu finden, wenn man denn will. Ich musste kurz vor Ende meines Praktikums noch einmal umziehen und mir für vier Wochen eine neue Unterkunft suchen. Das hat deutlich entspannter und schneller zum Erfolg geführt als die Suche für mein erstes Zimmer. Man ist vor Ort, kann sich schnell und unkompliziert die WG anschauen und die Leute kennenlernen.
Bei der Wohungssuche wird man immer wieder auf “CPR available” oder “CPR not available” stoßen. CPR (Central Person Register) ist die individuelle Civil Personal Registration Number, die jede/r Däne/Dänin von Geburt an bekommt. Diese ist für sämtliche Behördengänge, Arztbesuche, Eröffnung von Bankkonten, Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio etc. – also fürr so ziemlich alles – erforderlich. Diese Nummer trägt man als eine Art Ausweis, der sogenannten Yellow Card, mit sich. Es ist sinnvoll, nach einem Zimmer mit der Möglichkeit zur CPR Registrierung zu suchen. Für Wohnungen können sich nur eine bestimmte Zahl an Personen registrieren lassen. Ob man dann letztendlich eine CPR benötigt, hängt von verschiedensten Faktoren ab. Wichtig zu wissen: Auch als Student aus der EU und auf Zeit kann eine CPR verpflichtend erforderlich werden! Da ich während meines Praktikums kein Gehalt bekommen habe und unter 6 Monate in Dänemark gewesen bin, musste ich keine CPR beantragen. Dennoch waren auch bei mir Behördengänge für eine sogenannte Residence Permit Application nötig. Hierbei standen mir meine ArbeitskollegInnen allerdings auch wieder sehr hilfsbereit zur Seite, die Human Ressources Abteilung des Research Centers war für Rückfragen diesbezüglich erreichbar und auch auf den Internetseiten der ”Danish Agency for International Recruitment and Integration (kurz: SIRI)” findet man gut verständliche Informationen hierzu.
3. Informationen zum Praktikum (Arbeitsalltag, Aufgabenbereich, Betreuung)
Nachdem die oben genannten Aufgaben vor Beginn oder während der ersten zwei Wochen des Praktikums abgearbeitet wurden, konnte ich mich nun auf meine Tätigkeiten innerhalb der Childhood Cancer Research Group konzentrieren.
Ich fühlte mich vom ersten Tag an sehr gut integriert, bekam eine optimal organisierte Einarbeitung und durfte mich danach selber orientieren. Heißt konkret, dass ich die wichtigsten Basics innerhalb der ersten Zeit erklärt bekam und mich dann in allen Themenbereichen, meinem persönlichen Interesse entsprechend, selber einarbeiten durfte. Wichtig war zu Beginn ein Onlinekurs zum Thema General Data Protection Regulation (GDPR) und die Einarbeitung in interne Datenschutzrichtlinien. Dazu wurden mehrere Module bearbeitet und mit kurzen Zwischentests erfolgreich abgeschlossen. Nach der Einarbeitungs- und Findungsphase bestanden meine Hauptaufgabenbereiche darin, Literaturrecherchen zu den verschiedensten Fragestellungen bezogen auf Kinderkrebs durchzuführen (bspw. Folgeerkrankungen im Erwachsenenalter nach einer Krebserkrankung im Kindesalter). Bei anderen Literaturrecherchen spielten hingegen auch Geschwister und Eltern eine Rolle (bspw. Auftreten von psychischen Erkrankungen unter Eltern eines an Krebs erkrankten Kindes). Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Mitarbeit an einem Forschungsprojekt zu sozialen, beruflichen und finanziellen Beeinträchtigungen von ehemaligen Kinderkrebspatientinnen und -patienten im Erwachsenenalter (The socioeconomic consequences in Adult Life after Childhood Cancer in Scandinavia, kurz SALiCCS). Darüber hinaus wirkte ich bei der Datenharmonisierung von Registerdaten der nordischen Länder mit, unterstützte bei epidemiologischen Datenanalysen und konzeptionellen sowie methodischen Überlegungen zu geeigneten Auswertungsstrategien und der Planung sowie Vorbereitung von regelmäßigen Projektmeetings.
Nicht zu vergessen ist die Vielzahl der Seminare, die ich kostenlos besuchen durfte. Die meisten fanden innerhalb des Research Centers statt. Aber auch in Räumen der Universität Kopenhagen wurden Seminare mit epidemiologischen Schwerpunkten und zum Thema Krebs angeboten.
Dazu habe ich in andere Forschungsabteilungen einen Einblick erhalten und durfte für einige Stunden bspw. in der Gruppe ”Work, Environment and Cancer” oder ”Brain Tumor Biology” hospitieren.
Zum Ende meines Praktikums stand die Entscheidung, meine Bachelorarbeit über ein spezifisches Thema der Kinderkrebsforschung zu schreiben. Da ich mich für einen entsprechenden Themenschwerpunkt entschieden habe, beschäftige ich mich Kinderkrebs auch über die Absolvierung des Praktikums hinaus.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass neben meiner Day to Day Supervisorin und meiner Praktikumsbetreuerin über den kompletten Zeitraum hinweg von allen Seiten Interesse daran bestand, dass mir mein Praktikum Spaß bringt, mich fordert und ich mit einer Vielzahl an neuen Erfahrungen, Eindrücken und neu Erlerntem nach Deutschland zurückkehre. Darüber hinaus war meinen KollegInnen viel daran gelegen, dass ich mich auch abseits der Arbeit in Kopenhagen gut zurecht finde und schnell in meiner neuen Umgebung einlebe. Hauptsächlich durch diese Unterstützung ist mir dies sehr schnell gelungen.
4. Leben in Kopenhagen (Freizeit, Sehenswürdigkeiten, Kultur, Sprache, Traditionen, persönliche Empfehlungen, Tipps)
Natürlich spielt für die Wahl eines geeigneten Praktikumsplatzes auch das Umfeld, also die Stadt und das Land eine Rolle. Rückblickend kann ich sagen, dass ich mit Kopenhagen eine hervorragende Wahl getroffen habe. Abschreckend wirken mag primär, dass das Leben hier sehr teuer ist. Wie oben bereits geschrieben, sind die Mieten für ein Zimmer beachtlich. Und auch das Bier in der Kneipe, das Abendessen in einem Restaurant oder der Einkauf im Supermarkt um die Ecke sind nicht günstig. Das bringt aber auch seine Vorteile mit sich. Ich gehe viel bewusster einkaufen und koste den Abend in einer Bar oder einem Restaurant mehr bzw. ganz anders aus, als ich es vielleicht vor einem halben Jahr noch gemacht habe. Für den ganz normalen Wocheneinkauf kann ich LIDL, gefolgt von Netto, Fakta oder Rema 1000 empfehlen. Die Preise sind zum Teil nur geringfügig teurer als in Deutschland. Es empfiehlt sich auch, gerade bei den ersten Einkäufen mehr Zeit einzuplanen. So kann man sich in Ruhe mit den Preisen vertraut machen, die preiswertesten Lebensmittel finden und das umrechnen üben. Wenn man auf günstige Preise wert legt, sollte der Irma-Supermarkt nicht die erste Anlaufstelle sein. Ein zusätzlicher Hinweis, damit Glasflaschen (oder Plastikflaschen) nicht im Hausmüll oder Altglas entsorgt warden: Seit einigen Monaten hat Dänemark auch das Pfandsystem eingeführt.
Soll es dann doch mal das Dinner in einem Restaurant sein, würde ich gerne Empfehlungen abgeben, aber es sind einfach zu viele. Kopenhagen hat unzählige, einfach tolle und gemütliche Restaurants und Bars – und das in eigentlich jedem Stadtviertel. Daher sollte es jede/r, priorisiert nach seinen/ihren Vorlieben, selber herausfinden. Ich habe gerade in der Anfangszeit jede freie Minute genutzt und bin mit dem Fahrrad durch die Stadt gefahren. Habe ich etwas augenscheinlich nettes gefunden, bin ich vom Rad abgestiegen und habe mir das Lokal genauer angeschaut. So wurde meine Liste an Favoriten immer länger und ich konnte leider nicht annähernd alles ausprobieren. Ich bin froh, diese Variante der vorgezogen zu haben, nur auf Internetempfehlungen zu hören. Gepaart mit einzelnen Empfehlungen von KollegInnen konnte ich so sehr gut einen Teil von Kopenhagens besten Bars und Restaurants austesten. Für den Fall, einen netten Abend mit Freunden verbringen zu wollen, empfiehlt sich der Besuch in einem der vielen Spiele-Bars. Vor Ort kann man aus einer Vielzahl von hauptsächlich Brettspielen wählen und bei Unsicherheiten von sogenannten Spiele-Gurus beraten lassen. Meiner Meinung nach ein Muss, wenn man in Kopenhagen ist! Ist irgendwann die Rechnung fällig, bietet es sich an, mit Karte oder via Mobilepay zu zahlen. Das ist überall möglich und wird auch eher erwartet, als dass man mit einem Geldschein bezahlen möchte. Ich habe selbst meine gebrannten Mandeln auf dem Weihnachtsmarkt mit der Kreditkarte gezahlt. Was in diesem Zusammenhang auch nicht erwartet wird, ist, Trinkgeld zu geben. Dies ist in Dänemark nicht üblich. Hat einem der Service so gut gefallen, dass man etwas Trinkgeld vor Ort lassen will, wird dies nichtsdestotrotz mit Freude angenommen.
Auch an Sehenswürdigkeiten habe ich einiges ausgetestet, was ich weiterempfehlen kann. In meinen Augen reicht es, sich die kleine Meerjungfrau – dem Wahrzeichen von Kopenhagen – vom Wasser aus anzuschauen, wenn man eine der angebotenen Bootstouren macht. Der Freizeitpark Tivoli bietet sich gut an, wenn dieser nach einem bestimmten Motto gestaltet ist. Ich durfte das ”Halloween-” und ”Winter-”Special erleben. Beides war sehr beeindruckend und aufwändig geschmückt. Dazu gibt es viele kleine Verkaufsstände und Restaurants, wodurch man durchaus mehrere Stunden dort verweilen kann. Kopenhagen von oben lässt sich sehr gut vom Rundetårn/ Roundtower, der Vor Frelsers Kirke/Christiansborg Church (mit Studierendenrabatt) oder Copenhill betrachten. Die grüne Skipiste auf dem Dach einer Müllverbrennungsanlage kann zu Fuß erklommen oder mit dem Fahrstuhl erreicht werden. Auch die Carlsberg Brewery, der Stadtteil Christianshavn mit seinem speziellen und in Bezug auf Cannabis toleranten Viertel Christiania, Nyhavn, der Meatpacking District oder ein Spaziergang durch einen der vielen Grünanlagen und Parks ist einen Besuch wert. Etwas weiter außerhalb wurde mir häufig das Louisiana Museum empfohlen. Selbst gewesen bin ich in Klampenborg, einem großen Wald- und Grünflächengebiet mit einer ebenso großen Population an Rehen und Hirschen. Oder der kleinen Stadt Dragør, unweit von Kopenhagen, mit einem Hafen für Segelboote, am Wasser gelegen und bekannt durch seine kleinen, fast durchweg in gelb gestrichenen Häuser.
Beim Essen und Trinken sollte man auf jeden Fall die Traditionsgerichte Smørrebød, eingelegten Hering, ein beliebiges Gebäck aus Zimt oder die Desserts Risengrød sowie Æbleskiver probiert haben. In der Weihnachtszeit wird auf den Julemarkets, die mit den deutschen Weihnachtsmärkten auf jeden Fall mithalten können, häufig Gløegg getrunken: Glühwein in einer süßeren Form und optional mit Mandelraspeln und Rosinen serviert. Es gibt also viele Möglichkeiten, hier sein Geld auszugeben. Hält man die Augen offen, stößt man aber auch auf regelmäßige Kulturangebote, die for free sind. Eine davon wären zum Beispiel die Open Air Konzerte in Christiania, die in den Sommermonaten immer sonntags auf der dortigen Bühne stattfinden. Auch ein tolles Erlebnis: die spontanen Dinge, die in einer Großtadt so passieren. Im September fahre ich beispielsweise abends gegen 19 Uhr von der Innenstadt in Richtung Stadtteil Nørrebro, als in Höhe der angelegten Seen ein DJ an einer größeren Kreuzung sein Pult plus zwei grosse Boxen aufgebaut hat und den gesamten Bereich beschallt. Immer mehr Menschen halten, teils mit Getränken im Gepäck, mit ihren Rädern an und erklären den Bürgersteig zur Tanzfläche oder setzen sich auf eine angrenzende Rasenfläche. Auch auf soetwas sollte man achten – und sich vom Hygge-Gefühl anstecken lassen, das Fahrrad abstellen und sich dazu gesellen. Am ehesten wird man auf solche Veranstaltungen natürlich aufmerksam, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist.
Und da komme ich zu einem Punkt, den ich eigentlich viel zu spät ausführlicher thematisiere: das Fahrrad. Ein Muss in Kopenhagen und nicht weg zu denken. Jeder, der sich überlegt, nach Kopenhagen zu gehen, sollte sein Fahrrad mitnehmen oder sich hier eines kaufen. Es wird einfach alles mit dem Fahrrad erledigt. Neben den normalen Rädern werden auch viele Lastenräder genutzt, mit denen unter anderem Einkäufe transportiert werden. Im Dezember war das Haupttransportgut – natürlich – der Tannenbaum. Die Rush Hour bekommt hier eine ganz andere Bedeutung – und zwar auf den Radwegen. Das Radfahren macht einfach Spaß. Es gibt breite Fahrradstraßen, die teils vierspurig genutzt werden können. Dazu kommen separate Ampelschaltungen, die das Fahren im Straßenverkehr sicherer machen. Die Radwege sind zudem meistens getrennt vom Autoverkehr. Natürlich muss man durch den vielen Radverkehr noch aufmerksamer fahren, als man es vielleicht gewöhnt ist. Kein Spurenwechsel oder Abbiegen ohne Schulterblick und Handzeichen und möglichst bald wieder rechts einordnen – es wird immer jemanden geben, der schneller unterwegs ist. Außerdem wird eine Hand ausgestreckt und ungefähr auf Kopfhöhe nach oben gehalten, wenn man beabsichtigt, seine Fahrt zu verlagsamen oder anzuhalten (bspw. um abzubiegen oder vor einem Geschäft zu halten). So wird dem nachfolgenden Radverkehr gezeigt, dass man bremsen muss oder überholen kann.
Natürlich gibt es auch einen öffentlichen Personennahverkehr. Wenn dieser regelmäßig genutzt wird, bietet sich eine sogenannte Reisekjord oder Blue Card an. Diese kann allerdings auch nur erworben werden, wenn man eine CPR beantragt hat. Durch Nutzen dieser Karte ergeben sich deutliche Rabatte pro Fahrt. Außerdem kann diese mit mehreren Personen genutzt werden, wenn man beispielsweise als Gruppe von A nach B fahren will. Eine solche Karte wird an einer Station mit Geld aufgeladen, bevor man sich vor dem Zustieg an einer Säule mit einem auffallend blauen Button durch Gegenhalten einloggen und beim Verlassen ähnlich wieder ausloggen kann. Vor allem die Metros sind pünktlich und fahren ohne Zugführer im 3 bis 7 Minuten Takt. Bei den Bussen kommt es hin und wieder zu Verspätungen. Allerdings wurde Ende 2019 – als möglicher Grund – das Busnetz angepasst, da die Linie M3 in Betrieb gegangen ist. Auch die Züge für Nah- und Fernverkehr sind in der Regel pünklich.
Für einen längeren geplanten Aufenthalt in der dänischen Hauptstadt empfehle ich, zumindest ein wenig Dänisch zu lernen. Ab Sommer 2020 sollen entsprechende Sprachkurse auch wieder kostenlos angeboten werden. Man kommt immer und überall sehr gut mit Englisch zurecht. Dennoch ist es schön zu sehen, wie Einheimische sich freuen, wenn man sie auf ihrer Landessprache begrüßt, sich verabschiedet, nach dem letzten Wochenende fragt oder sein Getränk in einer Bar bestellen kann.
Abschließend noch ein paar Zeilen zum Thema Sicherheit: ich habe häufig von Taschendiebstählen in der Innenstadt auf Facebook gelesen. Auch wurde mehrfach berichtet, dass Nørrebro (wo ich gewohnt habe) eher zu den unsicheren Stadtteilen gehört. Allerdings bin ich nach 6 Monaten mehr als überzeugt davon, dass man in Kopenhagen nicht vorsichtiger sein muss, als wenn man in einer anderen größeren Stadt unterwegs ist. Persönlich habe ich mich hier eher noch sicherer gefühlt. Und das egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. Und es war auch egal, in welchem Viertel ich unterwegs gewesen bin. Ich bin nachts regelmäßig noch mit dem Fahrrad von Freunden gekommen oder aus der Innenstadt nach Hause gefahren. Dabei habe ich keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht. Auch meinem Besuch, Freunden und Bekannten ist nichts dergleichen widerfahren. Die Polizeipräsenz auf Plätzen oder auch in der Innenstadt ist nicht besonders hoch, aber vielleicht auch gerade deshalb, weil es in der Regel friedlich bleibt. Bezogen auf das eigene Fahrrad sollte man hier jedoch darauf achten, es gut abzuschliessen.
5. Abschließendes Fazit (Was hat mir dieses Praktikum gebracht? Welche Auswirkungen hat dieses Praktikum auf meinen weiteren (beruflichen) Werdegang?)
Dieses Praktikum hat mich in vielerlei Hinsicht weiter gebracht. Es ist gelungen, in einer fremden Stadt, in einem fremden Land, mit einer fremden Sprache in einem mir noch nicht bekannten Berufsfeld möglichst schnell Fuß zu fassen. Ich habe einige meiner persönlichen Fähigkeiten verbessern können, mich sprachlich sowohl in Dänisch, aber vor allem in Englisch weiterentwickelt. Durch das Praktikum habe ich zudem das Wissen über Krebs und epidemiologische Forschung, fortgeschrittenes eigenständiges Arbeiten mit stetiger Kommunikation im Team und einer selbstständigen Priorisierung von Arbeitsaufträgen weiterentwickeln und vertiefen können. Durch das Praktikum im europäischen Ausland habe ich interkulturelle Kompetenzen stärken können und nachhaltig internationale Kontakte geknüpft.
Diese Zeit hat mein Interesse an einem Beruf im Bereich der epidemilogischen Forschung geweckt. Zudem fuehle ich mich jetzt sicher, in Zukunft auch Aufgabenbereiche zu übernehmen, in denen Englisch von großer Bedeutung ist. Allerdings hat mich das Praktikum auch neugierig auf andere mögliche Berufsfelder gemacht, in die ich noch keinen Einblick erhalten habe. Ziel ist, dies in Form eines bspw. freiwilligen Praktikums im Jahr 2020 umzusetzen und so weitere Erfahrungen für eine finale Berufswahl nach dem Studium sammeln zu können.
Im Arbeitsalltag waren einige Abläufe und Herangehensweisen der KollegInnen besonders prägend. So wird beeindruckend viel konstruktiv diskutiert, die Meinung jedes/r Kollegen/in ist wichtig, es findet eine Wertschätzung statt. Die Hierarchien sind flach, der Umgang miteinander sehr kollegial und fair. Jeder wird mit seinem Vornamen angesprochen und quasi geduzt.
Nicht umsonst steht Kopenhagen in den Top 10 der lebenswertesten Städte weltweit. Hier kann man sich wohlfühlen und die Stadt genießen. Ist man offen für die dänische Kultur mit all ihren Facetten, kann man sich schnell vom Hygge-Feeling anstecken lassen. Ein See, ein Fluss, ein Kanal, die Ostsee. Das Wasser ist nie weit weg. Dazu viele schöne alte Gebäude, immer wieder kleine Parks oder Grünflaechen, dazwischen eine gemütliche Bar, ein Café oder Restaurant. Es gibt so viele Ecken, an denen man mit dem Rad einfach anhalten muss, um sie auf sich wirken zu lassen und sich klar zu machen, dass man hier unbedingt noch einmal wieder herkommen muss. Und ich war im Winter hier. Wie muss es wohl im Sommer sein. Das heißt natürlich, dass ich nicht das letzte Mal in Kopenhagen gewesen bin…
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