Ich schließe die Augen und sehe endloses Meer, in mitten einer Bucht zwischen zwei Klippen. Eine weiße meterlange Treppe führt hinunter zum orangefarbenen Sand. Ich höre das aufschlagen der Wellen am Strand. Die Sonne scheint mir ins Gesicht, die mediterrane Wärme auf meiner Haut. Ich spüre puren Seelenfrieden, das Meer und ich an solch einem herrlichen Junitag.

Plötzlich sind sie wieder da, meine geliebten Kirchenglocken, niemals zu überhören, immer pünktlich. Es ist 6:00 Uhr morgens und ich muss aufstehen um bloß früh genug an der Bushaltestelle zu sein, den eine einstündige Fahrt zur Schule wartet auf mich. In der Schule angekommen, erwarten mich Schüler aus der Klasse 6 bis hin zur Klasse 13. Mein Alltag besteht aus gutorganisierten, gleichzeitig chaotischen Kunststunden die ausschließlich auf Englisch stattfinden. Hier bin ich nun, das ist meine Reise.

Ich studiere English-Speaking Cultures und Kunst auf Lehramt und das Auslandssemester ist Teil meines Bachelorstudiums. Ich bin nun im sechsten Semester und eigentlich hatte ich mich für ein Auslandssemester in Nottingham beworben, um dort Kurse an einer Universität zu belegen. Wie das Schicksal es so wollte, wurde ich nicht angenommen. Das ist das beste was mir überhaupt passieren konnte, denn so bin ich hierher auf diese wunderschöne Insel geführt worden. In Momenten wie diesen, realisiere ich immer wieder, dass die Dinge des Lebens seinen Lauf nehmen und das ist genau richtig so.

Zu der Zeit als ich nach neuen Alternativen gesucht habe, waren zwei Freunde aus der Universität bereits in Malta. Durch sie rückte Malta absolut in meinen Fokus. Die einzigartige Kultur, das unendliche Meer und die wunderschöne Natur haben mich von der ersten Sekunde an überzeugt. Dort ein Praktikum zu absolvieren wäre doch ein Traum habe ich mir gedacht. Besonders weil die Praxis von hoher Bedeutung für mich ist, da ich so nicht nur persönliche Erfahrungen für meinen späteren Werdegang als Lehrkraft, sondern auch für mein Leben sammeln kann. Mithilfe von meinen Freunden, habe ich den Kontakt zu einer Internationalen Privatschule erhalten, wo durchweg Englisch gesprochen wird. Da Englisch als Amtssprache auf Malta vertreten ist, wird mir das Praktikum für mein Auslandssemester anerkannt. Mithilfe von dem Förderprogramm Erasmus habe ich überhaupt die Möglichkeit erhalten, diese Reise anzugehen.

Mein dreimonatiges Praktikum am St. Martin’s College
Ich absolviere für insgesamt drei Monate mein Praktikum am St. Martin’s College, es ist eine englischsprachige Internationalschule und hat circa 350-550 Schüler die sich auf Klasse 6 bis Klasse 13 verteilen. Als ich die Bestätigung der Schule erhalten habe, wurde mir direkt mitgeteilt, dass ich im Kunstbereich der Schule mein Praktikum absolvieren werde. Für mich ist dies die perfekte Kombination, da ich meine beiden Fachbereiche Englisch und Kunst damit gleichzeitig abdecke und es wie bilingualer Kunstunterricht für mich ist.

Ich wurde bereits am ersten Tag sehr herzlich in der Schule empfangen und wurde direkt dem ganzen Kollegium aus dem Kunstbereich vorgestellt. Somit habe ich einen wirklich tollen Einstieg in meine erste Praktikumswoche erlebt. Die erste Woche beschränkte sich ausschließlich darauf, das Unterrichtsgeschehen, Methoden und die Interaktion zwischen Schülern und Lehrer anhand von Beobachtungskonzepten zu beobachten. Schnell jedoch legte sich der Fokus von passiver Teilnahme zu aktiver Mitarbeit. Ich wurde sehr in den Unterricht miteinbezogen.

Seit der zweiten Woche habe ich an Seite der Lehrer den Unterricht mitgestaltet und Ihnen als sogenannte Co-Lehrkraft geholfen. Da ich Klassen aus jeder Klassenstufe mit unterrichte, habe ich dementsprechend auch unterschiedliche Aufgabenbereiche die von Klasse zu Klasse variierten. Zu meinen allgemeinen Aufgaben gehören zum einen organisatorische Hilfeleistungen wie das aufbauen der Kunstmaterialien, das Erstellen von Tafelbildern und das austeilen jeglicher Kunstarbeiten und Zetteln. In den Klassen 6-8 fokussieren sich meine Aufgaben mehr im pädagogischen Bereich, den SuS Erläuterungen und Beispiele zu bieten, z.B Aufgaben die sie nicht verstanden haben, in einer einfacheren Weise zu erklären, sie bei ihrem künstlerischen Prozess zu unterstützen, ihnen Ideen und Motivation mitzugeben. Bei den jüngeren SuS bin ich so gut wie durchgehend in Bewegung und versuche Ihnen bei jeglichen Fragen zu helfen und unterstütze den Lehrer dabei, eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen. In den Klassen 9-13 arbeite ich noch individueller mit den SuS zusammen, in dem ich Ihnen bei ihren eigenen Projekten helfe, dazu gehört Ideenfindung, Demonstrierung bzw. Ansätzen zu zeigen, wie z.B Nasen gezeichnet werden können und allgemeine Unterstützung bei Fragen.

Im Großen und Ganzen bin ich einfach nur begeistert, wie kreativ und lerngierig die SuS bereits im sehr jungen Alter sind. Die SuS werden von den Lehrkräften absolut gefordert und unterstützt. Da es eine internationale Schule ist, sind Nationalitäten aus aller Welt vertreten, welche die Schule zu einem sehr inklusiven Lernort macht. Des Weiteren bietet die Schule jedem SuS mit Lernschwächen oder SuS mit Behinderung individuelle pädagogische Hilfskräfte, welche meiner Meinung nach jede Schule bieten sollte. An dieser Schule sehe ich es zum aller ersten Mal, dass jeder SuS unterstützt wird, jedoch liegt es wahrscheinlich daran, dass es eine Privatschule ist und die Eltern dies selber bezahlen. Außerdem tragen die SuS bis zur Klasse 10 eine Schuluniform, welches meiner Meinung nach, auch zu einer Inklusion beiträgt.

Das Leben als Student auf Malta
Kurzgefasst: Ein Traum.
Um ehrlich zu sein, liebe ich es, ohne jegliches Vorwissen und ohne die Beeinflussung von Menschen oder Medien ein Ort ganz neu für mich zu entdecken. Als es darum ging, meine Wohnung für Malta zu suchen wusste ich nur eins, ich will ans Meer. Ohne mich großartig zu informieren habe ich ein Zimmer in einer Air-BnB Wohnung in der Nähe vom Strand gemietet und wer hätte es gedacht, es war die beste Entscheidung. Ich lebe in einer kleinen Ortschaft namens L-Mgarr, für jemanden der ein friedlichen Ort, in wunderschöner Natur sucht, kann ich dies nur empfehlen. Alles in diesem Ort ist in einem zweiminütigen Spaziergang zu erreichen, Bars, Restaurants, sowieso süße kleine Einkaufsläden. Drei unterschiedliche Strände sind in 10-15 Minuten mit dem Bus zu erreichen.

Bevor ich nach Malta gekommen bin, habe ich gehört es soll hier sehr billig sein. Dem stimme ich nur vereinzelnd zu. Die Lebensmittel sind hier im Vergleich zu unseren deutschen Preisen teilweise dreimal so hoch. Wenn ich die Preise von den öffentlichen Verkehrsmitteln, wobei es hier nur Busse gibt, vergleiche, dann ist es um einiges billiger als in Deutschland. Studenten die drei Monate an einer Universität oder Schule in Malta sind, bekommen sogar eine Studentenkarte mit der eine Busfahrt nur 0,75 Euro kostet. Zum Thema öffentliche Verkehrsmittel, nun ja, das ist ein Thema für sich. Dies hängt ganz von deiner Einstellung und deinen eigenen Erfahrungen ab. Die Buszeiten kannst du niemals abschätzen, sie kommen manchmal viel zu früh, manchmal zu spät und manchmal gar nicht. Mein erster Tag in Malta sah wie folgt aus, meine Bushaltestelle ist eine Minute von mir entfernt, ich gehe also zur Bushaltestelle und sitze und warte einfach bis ich einen Bus sehe. Nach dreißig Minuten warten sehe ich überglücklich ein Bus, der zu meinem Bedauern einfach an mir vorbeifährt. Was ich zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht wusste ist, dass das Handzeichen ein absolutes „Muss“ ist, wenn du möchtest, das der Busfahrer an der Bushaltestelle auch anhält.

Maltas unbeschreiblich schöne Natur
Zu Maltas einzigartiger Natur gehören türkisblaue Strände wie Paradise Bay, Ghajn Tuffieha und Ramla Bay, das Meer soweit das Auge reicht. Drei kleine Inseln gehören ebenfalls zu Malta: Gozo, Comino und Filfla, wobei Filfta unbewohnt ist und Comino genau drei Einwohner hat. Gozo jedoch hat eine atemberaubende Natur zu bieten, mit Höhlen, Inlandseen und einer riesigen Zitadelle. Auf Malta findest du Tempel, älter als die Pyramiden, unbeschreiblich schöne Gebäuden mit einzigartiger Architektur aus cremefarbigen Sandsteinen. Steilküsten, die die ganze Insel umschließen. In Malta habe ich wortwörtlich die Wanderlust in mir entdeckt, denn was die Malteser alle gerne und oft machen ist es auf der bergigen Landschaft wandern zu gehen.

Die Malteser und ihre 365 Kirchen
Wie bereits erwähnt gibt es sogar sogenannte „Tracking-Gruppen“ auf Facebook wo sich die Malteser treffen und gemeinsam mehrere Stunden wandern gehen. Auf solchen Wandertouren habe ich wirklich unbeschreibliche Momente erlebt, mit herzensguten Menschen und einer unbeschreiblichen Landschaft. Dies würde ich jedem empfehlen, einmal mitzumachen. Was die Malteser außerdem auszeichnet ist das sie sehr gerne und laut reden, denn sie sind ein wirklich geselliges Volk. Ich hatte das Glück viele lokale Malteser kennenzulernen und wurde sogar nachhause zu Familienessen eingeladen. Besonders, da ich in einer sehr kleinen Ortschaft lebe, kenne ich mittlerweile sehr viele hier. Untereinander sind sie alle wie Nachbarn. Ich habe schon oft vergessen, Bargeld abzuheben und beim Bezahlen im Supermarkt unglücklicherweise auf einmal festgestellt, dass ich habe nichts habe. Die Menschen reagieren jedes Mal super freundlich und sagen, dass sie mich ja kennen und ich es einfach die nächsten Tage vorbeibringen kann. In Deutschland ist diese Situation kaum vorstellbar.

Wie bereits oben erwähnt, werde ich Malta auch immer mit Kirchenglocken verbinden, nicht nur, weil ich direkt neben einer Kirche gewohnt habe, sondern weil Malta sage und schreibe 365 Kirchen hat. Außerdem lieben die Malteser Feste zu veranstalten. Sie haben im Sommer so gut wie jedes Wochenende in einem Dorf ein Fest, dass sie zu ehren eines Sankt veranstalten. Es versammeln sich alle Leute, es werden Feuerwerke gemacht, Groß und Klein, es sind alle dabei. Feuerwerke gibt es hier übrigens so gut wie zu jeder Feier. Am 1. Mai habe ich ein Feuerwerk am Grand Harbour in Valletta gesehen, größer als das Silvesterfeuerwerk in meiner Heimat.

Englisch vs. Maltesisch
Englisch ist zwar die Amtssprache in Malta, trotzdem stelle ich fest und es wurde mir auch so erklärt, dass die ältere Generation versucht maltesisch beizubehalten und dies an ihre Kinder weiterzugeben, jedoch sprechen einige jungen Menschen gar kein maltesisch mehr und bleiben ausschließlich bei Englisch. Für mich persönlich ist es echt interessant wie ich nach und nach nur anhand des Akzentes sofort erkennen kann, wer maltesisch ist und wer nicht. Dies ist nicht unbedingt einfach, da auf Malta so viele unterschiedlichen Nationalitäten vertreten sind.

Fazit:
Ich bin absolut dankbar die Möglichkeit zu haben, dieses fremde Stück Erde kennenlernen und schätzen zu dürfen. Die Zeit hier ist so kostbar, das Auslandssemester ist wirklich eine Bereicherung für mich als zukünftige Lehrkraft, aber auch als Menschen. Ich lerne hier täglich neue Dinge über mich selbst, über die Malteser und dieses wunderschöne Land. Abschließend kann ich sagen, dass ich jedem empfehlen würde, ins Ausland zu gehen, seinen Horizont zu erweitern und mit offenen Armen in die Welt zu spazieren.