Warum das Ganze?
Bevor ich mit meinen ausführlichen Erzählungen von meinem Praktikum und meinen Auslandserfahrungen in Montpellier beginne, sollte ich vielleicht erst einmal erklären wie ich auf Montpellier und auf das Praktikum gekommen bin. Angefangen hat alles mit einem Auslandssemester an der Université Paul Valérie III in Montpellier. Ich studiere Geographie im Bachelor und hatte mich zunächst dazu entschlossen ein Auslandssemester in Frankreich zu machen. Montpellier hat sich hier mit seiner Partneruniversität und der südlichen Lage einfach angeboten. Meine Stimmung wechselte von „Warum mache ich das überhaupt, in Bremen habe ich das schönste Leben, was man sich nur vorstellen kann“ wirklich kurze Zeit später zu „Warum bin ich nur vier Monate in Montpellier, es ist viel zu schön, um wieder zurückzugehen“. Ich habe super schnell meine sehr enge Freunde kennengelernt, habe mein Französisch von Woche zu Woche verbessert und wollte einfach noch ein bisschen länger das schöne Wetter, die französische Kultur, das Meer und (zumindest meiner Meinung nach) die schönste Stadt Europas genießen.

So kam es, dass ich Anfang Dezember, einen Monat, bevor ich eigentlich abgereist wäre, nach Praktikumsplätzen gesucht habe. Lange musste ich nicht suchen. Ein Dozent, von dem ich wusste, dass er in einem Forschungsinstitut für Ökologie arbeitet, hat mich auf meine Anfrage hin, direkt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Alles war relativ schnell entschieden, nur gab es noch das Problem der Finanzierung. Durch meinen Erasmus- und Studienkoordinator an der Uni Bremen bin ich jedoch auf die Idee gekommen, mich für ein Erasmus-Praktikumsstipendium zu bewerben. Ich bin sehr froh, dass mir diese Möglichkeit geboten wurde, denn ansonsten wäre es mir finanziell nicht möglich gewesen, das Praktikum zu machen.

Vorbereitungen
Viel gab es eigentlich nicht mehr vorher zu tun. Da ich bereits viele Leute in der Stadt kannte, ergab es sich beispielsweise, dass ich bei einem guten Freund in die WG ziehen konnte. Trotzdem kann ich hier nochmal Tipps geben, wo man gut nach WGs schauen kann: „La Carte des Colocs“, „Appartager“ und „Leboncoin“ sind Internetseiten, wie „WG-gesucht“ in Deutschland. Trotzdem kann ich empfehlen über Facebookgruppen, wie „Colocation Montpellier“ zu suchen. Hierüber habe ich meine vorherige WG gefunden.

Ansonsten ist es in Montpellier super praktisch ein Fahrrad zu haben. Zwar kann man die Bedingungen für Fahrradfahrer nicht mit deutschen Verhältnissen vergleichen, doch es bietet sich dennoch bei den kurzen Strecken an, ein Fahrrad zu haben. Auch das kann man gut für wenig Geld über die Internetseite „Leboncoin“ ersteigern.

Bei den Prozessen, die mit dem Erasmus-Programm zu tun hatten, wurde alles übersichtlich und strukturiert angeleitet, weshalb dies nicht allzu schwierig war. Ich hatte keinerlei Probleme mit Formularen oder sonstigen bürokratischen Angelegenheiten und wenn doch, dann waren meine Ansprechpartner sehr hilfsbereit.

Das Praktikum
Mein Praktikum ging insgesamt 9 Wochen. Das Institut, in dem ich gearbeitet habe, nennt sich „Centre d’Écologie fonctionelle et évolutive“. Es ist das größte Forschungsinstitut für Ökologie Frankreichs. Ich habe jedoch in einer kleineren Abteilung, die sich hauptsächlich auf Bodenfauna spezialisiert, gearbeitet. Hier gibt es ca. 20 Mitarbeiter und Doktoranten, sowie 7 Praktikanten. Ich war die Praktikantin von Herrn Cortet, der sich speziell mit Collembolen, also Springschwänzen, befasst.

Meine Aufgabe war es, ihm bei einem Projekt zu unterstützen, welches das Ziel hatte, die Bodenqualität eines Stadtgartens zu analysieren. Da Springschwänze als guter Indikator für Bodenqualitäten dienen, war es meine Aufgabe diese zu zählen und zu bestimmen. Die Proben wurden bereits genommen. Deshalb musste ich lediglich unter einem Binokular die Springschwänze extrahieren und die restlichen Arten (vor allem verschiedene Milbenarten) zählen und bestimmen. Dies war eine sehr langwierige Aufgabe, doch es hat auch Spaß gemacht, den Alltag in einem Labor kennenzulernen. Hier habe ich auch viel Unterstützung und Hilfe von den anderen Praktikanten bekommen. Der zweite Schritt war die Aufbereitung der Springschwänze, damit später ihre Unterarten unter dem Mikroskop bestimmen konnte. Danach kam dann die Identifikation und das Überführen der Daten und Informationen in eine Exceltabelle. Nebenbei habe ich viel zu dem Thema recherchiert, da ich mich vorher noch nicht intensiv mit Mesofauna und Boden beschäftigt hatte.

Insgesamt war die Arbeitsatmosphäre sehr entspannt, mein Chef war sehr nett und verständnisvoll und hat meine Arbeit wertgeschätzt. Auch die anderen Kollegen waren sehr sympathisch. Ab und zu haben wir uns auch auf ein Bier abends in einer Kneipe getroffen. Ich habe gelernt, wie es ist, in einem richtigen Forschungsprojekt involviert zu sein und in einem Labor zu arbeiten. Schade war es nur, dass ich das Projekt nicht zu Ende führen konnte, dafür hat leider die Zeit gefehlt. Sonst hätte ich ein viermonatiges Praktikum machen müssen.

Leben in Montpellier
Wie bereits zu Anfang erwähnt lässt es sich in der Studentenstadt mit ca. 250.000 Einwohnern, 10 km vom Mittelmeer und 20 km vom Nationalpark der Cevennen entfernt, sehr gut leben. In den 9 Wochen (Ende Januar bis Ende März), in denen ich mein Praktikum gemacht habe, gab es vier Tage, an denen die Sonne nicht geschienen hat. Ich habe viel Zeit am Strand verbracht oder war auch ab und zu an den Wochenenden mit meinen Freunden Wandern in den Bergen. Ansonsten hatte ich aber nicht den Drang weiter zu reisen und Städte zu besichtigen, da es einfach schon so viel in Montpellier zu sehen und zu erleben gibt. Einfach durch die kleinen Gassen der autofreien Altstadt zu schlendern und sich dort zu verlieren, ein Buch in einem Café lesen oder im Parc de Peyrou den Sonnenuntergang anschauen hat mir meistens gereicht. Wir haben auch die eine oder andere Fahrradtour zum Strand gemacht, direkt am Fluss entlang. Und auch an das Essen (Baguette, Käse, Croissants und leckeren Wein) kann man sich sehr schnell gewöhnen.

Um in Frankreich zu leben, bietet es sich wirklich an Französisch zu können. Nicht nur für das Praktikum war es sehr wichtig die Sprache zu verstehen, auch der Alltag erforderte zumindest minimale Kenntnisse. In Frankreich sprechen im Vergleich sehr wenig Menschen Englisch, was einerseits sehr gut ist, weil man die Sprache umso schneller lernt, andererseits natürlich die Integration erschwert.

Fazit
Alles in allem war es eine tolle Zeit in Montpellier und ich bin froh, dass ich noch für das Praktikum geblieben bin. Es ist eine lebenswerte Stadt mit vielen jungen Menschen und einer optimalen Lage zum Meer, zu Wildwasserflüssen und Bergen. Das Praktikum hat Spaß gemacht und meine Kollegen waren nett. Mit meinen Freunden in Montpellier habe ich jeden Tag etwas unternommen. Es war die beste Entscheidung, die ich machen konnte.