1. Vorstellung des Unternehmens
Ich habe mich dazu entschieden, mein Praktikum in einer Sprachschule in Barcelona zu absolvieren. Es werden dort Spanischkurse für jedes Niveau angeboten. Insgesamt arbeiten ca. 30 Beschäftigte, davon ca. 15 Lehrer. Je nach Jahreszeit besuchen ca. 50-200 Sprachschüler die Schule, um Spanisch zu lernen. Neben dem Sprachunterricht bietet die Schule außerdem gemeinsame kulturelle Aktivitäten an. Diese sind organisierte Besuche von Sehenswürdigkeiten der Stadt, Parties auf der Terrasse der Schule oder auch Exkursionen außerhalb Barcelonas. Zu den 30 Beschäftigten kommen je nach Jahreszeit noch 10-25 Praktikanten dazu. An dieser hohen Zahl an Praktikanten lässt sich bereits erkennen, dass hier Praktikanten weniger als Unterstützung, sondern vielmehr als günstige Alternative zur festangestellten Arbeitskraft, zur Erfüllung des Tagesgeschäfts gebraucht werden.

Als ich mein Praktikum im September 2017 begann, waren wir insgesamt ca. 20 Praktikanten. Dies führte zu teilweise sehr chaotischen ersten Tagen. Es gab weder genug Personal, welches eine vernünftige Einarbeitung ermöglichen konnte, noch genug Arbeitsplätze, sodass einige Praktikanten teilweise keine Computer zur Verfügung hatten. Während des ersten Monats meines Praktikums musste ich also erstmal meinen Platz in den Strukturen der Sprachschule finden, was in teils langweiligen und frustrierenden Arbeitstagen resultierte. Häufig hatte ich keine Aufgaben, keinen richtigen Ansprechpartner oder keinen Computer zum Arbeiten.

Zwar besserte sich meine persönliche Situation im Oktober, jedoch kamen neue Spannungsfelder hinzu. So wurde ein anderer Erasmus+ Praktikant aus Deutschland nach ca. drei Wochen ohne eine wirkliche Begründung entlassen. Einem weiteren Praktikanten aus Italien wurde mitgeteilt, dass er unser Team Ende Dezember verlassen sollte, obwohl sein Praktikum eigentlich bis Ende Februar andauern sollte. Anschließend berichteten andere Praktikanten, dass ähnliche Vorfälle in den Monaten zuvor bereits häufiger vorkamen. Auch wurde Praktikanten immer wieder mit ihrer Entlassung gedroht, weil sie teilweise im Kundenkontakt zu wenig gelächelt haben. Hierdurch sah ich mich sogar veranlasst in Kontakt mit meinem Erasmus+ Koordinator, Herr Mathias Bücken, zu treten und nach möglichen Alternativen zu fragen. Zwar habe ich am Ende mein Praktikum wie vereinbart beenden können, jedoch sollte jedem, der sich hier für ein Praktikum an dieser Sprachschule interessiert, bewusst sein, dass die vorzeitige Entlassung von Praktikanten hier nichts Unübliches ist.

Erschwerend kam hinzu, dass die wirtschaftliche Situation der Schule besonders zum Jahresende 2017 sehr angespannt war. Ein Grund war möglicherweise die vage politische Lage in Barcelona und Katalonien aufgrund des Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober. Einige Sprachschüler buchten daraufhin Kurse in anderen Städten Spaniens und stornierten ihre Buchung. Dies führte zu einer großen Anspannung bei den Besitzern der Sprachschule und selbst auf kleinste Fehler oder Abweichungen wurde sehr harsch reagiert. Alles in allem war das Arbeitsklima besonders von Oktober bis Dezember sehr unangenehm.

Positiv zu erwähnen ist jedoch, dass ein großer Zusammenhalt unter den Praktikanten herrscht. Des Weiteren findet man sofort Anschluss, um Barcelona zu erkunden oder zusammen abends etwas zu unternehmen. Dadurch, dass die Praktikanten aus ganz Europa kommen, arbeitet man wirklich in einem internationalen Team zusammen, welches eine gute Erfahrung für den späteren Berufseinstieg, vor allem zum Beispiel in einem internationalen Konzern, ist.

2. Praktikumsrecherche, Bewerbungsverfahren und Ankunft
Seit dem Anfang meines Studiums war mir bewusst, dass ich ein Pflichtpraktikum im Rahmen des Moduls 10 ausüben müsste. Mein erster Gedanke war, dass ich das Praktikum in Brasilien ausübe, so könnte ich in der Nähe meiner Familie sein und mir gleichzeitig Einblicke in das brasilianische Arbeitsklima verschaffen. Im März 2017, während ich ein anderes Praktikum in der Schweiz absolvierte, startete ich mit der Suche. Ich schickte Bewerbungen an viele Firmen aus São Paulo und Taubaté, in Brasilien. Von den vielen Bewerbungen haben mir drei Firmen geantwortet (innerhalb zwei Monate) und diese wären interessiert mich zu interviewen – allerdings hatte keine dieser Firmen Verfügbarkeit für ein Praktikum im Wintersemester, sondern nur für das Sommersemester 2017. Da es mir zu knapp war und ich damit nicht gerechnet habe, habe ich diese drei Firmen abgelehnt und wartete darauf, dass einige andere Firmen, die ich ebenfalls angeschrieben hatte, antworteten.

Im Juni 2017 fing ich an mir Sorgen zu machen, da ich bisher nichts gefunden hatte. Mir war klar, ich würde nichts in Brasilien finden und da ich eine längere Zeit bräuchte um alles zu planen, musste ich mir diese Idee wohl aus dem Kopf schlagen.

Obwohl die Idee mit Brasilien gestrichen war, war mir klar, dass ich mein Praktikum nicht in einem deutschsprachigen Land ausüben wollte. Daher fing ich an, Bewerbungen an spanische Firmen zu senden. Eine davon, bei dem ich mein Praktikum absolviert habe, antwortete mir nach vier Tagen und fragten, ob ich bereits am kommenden Tag Zeit hätte ein Interview via Skype durchzuführen. Selbstverständlich war ich damit einverstanden. Das Interview wurde sowohl auf Spanisch als auch auf Englisch gehalten und ich war sehr nervös. Dennoch, direkt am kommenden Tag, haben sie mir eine Zusage per E-Mail geschickt und ich akzeptierte den Job als Marketing Assistent der Schule für ein halbes Jahr.

Am 8. September 2017 bin ich in Barcelona angekommen. Am 12. hatte ich meinen ersten Arbeitstag. Normalerweise, müssen diejenigen, die am Montag Früschicht haben, um 7:30 Uhr ankommen. An den anderen Tagen um 8:30 Uhr (bis 16:00 Uhr mit einer halben Stunde Pause). Die Montage sind speziell, weil auch neue Schüler ankommen. Deshalb muss die Schule für sie vorbereitet werden und sie müssen einen mündlichen Sprachtest vor Unterrichtsbeginn absolvieren, sodass sie in der richtigen Gruppe des entsprechenden Niveaus platziert werden. Speziell bei dieser Sprachschule gibt es zwei Gebäude, das Hauptgebäude und noch ein anderes, welches drei Minuten vom Hauptgebäude entfernt ist. An meinem ersten Tag starteten auch vier andere Praktikanten. Eine aus Deutschland, einer aus Italien und zwei aus England. Wir wurden vom Schuldirektor empfangen und uns wurde nichts von der Schule erzählt, so wie es sich an ersten Tagen gehört, sondern wir mussten die Schule vorbereiten und lächelnd Studenten willkommen heißen. Erst später hatten wir eine Tour mit einer Festangestellten, die auch über die Schule erzählt hat und uns die zahlreichen Bereiche der Schule besser erklärt hat. Wir wurden auch gefragt, welcher Bereich uns am meisten ansprach. Ich entschied mich für den Marketingbereich, aber jetzt, zum Ende meines Praktikums, ist mir bewusst, dass ich überall mitgeholfen habe. Es hat nur zwei Wochen gedauert bis ich etwas wirklich beherrschte und dementsprechend komplett alleine machen konnte.

3. Meine Aufgaben innerhalb des Unternehmens
Besonders zu Beginn meines Praktikums bestanden meine Aufgaben darin, die diversen Social Media Kanäle der Sprachschule zu managen. Die Schule hatte zuvor begonnen, kleine YouTube Lehrvideos über verschiedene Themen aufzunehmen. Dies waren durchaus interessante Aufgaben, da ich hier viel über die verschiedenen Social Media Plattformen wie YouTube, Twitter, Facebook und Googleplus gelernt habe.

Im weiteren Verlauf meines Praktikums habe ich jedoch mehr und mehr Aufgaben bekommen mit dem Ziel, neue Buchungen zu akquirieren. Besonders das Senden von sogenannten „Follow-Up“ Emails machte einen Großteil meines Arbeitstages aus. Dabei handelte es sich um Emails, welche an potentielle Kunden geschrieben wurden, die vorher wegen eines Sprachkurses bereits einmal Kontakt zu der Sprachschule aufgenommen haben. Die Mehrheit der Emails habe ich in Englisch, Deutsch oder Portugiesisch geschrieben. Ab und zu musste ich auch Emails in Spanisch schreiben oder Telefonanrufe tätigen. Durchschnittlich habe ich pro Tag ca. 10 Emails schreiben müssen.
Generell muss festgehalten werden, dass man quasi keine Autonomie bei der Erfüllung seiner Aufgaben hatte. Alles wurde kontrolliert, selbst Mails auf Deutsch mussten vor dem Abschicken kontrolliert werden. Jedoch wurden nicht nur die Praktikanten kontrolliert, sondern auch die Arbeit der Festangestellten wurde stark kontrolliert, was häufig zu Frust und schlechter Stimmung geführt hat.

Der Wechsel meiner Aufgaben kann vermutlich mit der angespannten wirtschaftlichen Situation der Sprachschule erklärt werden. Wie oben bereits erwähnt, haben viele Sprachschüler ihre Buchungen im Zuge des Unabhängigkeitsreferendums und der angespannten politischen Situation wieder storniert, sodass die oberste Priorität in dieser Zeit war, neue Buchungen zu akquirieren und eine Insolvenz der Schule abzuwenden. Daher kann ich den Wechsel meiner Aufgaben durchaus nachvollziehen, auch wenn es manchmal sehr langweilig war, jeden Tag nur Emails zu schreiben. Positiv kann hier jedoch festgehalten werden, dass ich durch das Schreiben der vielen Emails immerhin mein schriftliches Spanisch, Englisch und auch Deutsch verbessern konnte.

Das Organisieren von Aktivitäten gehörte ab und zu auch zu meinen Aufgaben. Oft musste ich in Klassenräume hineingehen, um ein, zwei zwei Aktivitäten zu promoten, sodass die Schüler auf jeden Fall hingehen.

Viele E-Mails, Dokumente und sogar die Website der Schule mussten übersetzt werden. Sehr viel Zeit habe ich damit verbracht. Auch am Design der Website habe ich mitgeholfen. Meetings fanden oft statt um dafür Ideen zu sammeln, was wir an der Page ändern könnten. Diese wurden meist auch im Nachhinein durchgeführt.

Mit der Zeit kam auch die Verantwortung dazu, die Schule auf- und zuzuschließen. Dann musste ich auch das Geld unserer Kasse zählen und eine E-Mail an die Buchhalterin mit dem genauen Betrag senden.

Das Antworten auf Google sowie Facebook Reviews gehörte auch zu meinen Aufgaben mit der Zeit. Oft half ich auch dem akademischen Bereich bei Schüler-
Listen, Stundenplan- oder Klassenraumänderungen.

Im Dezember 2017 haben sie mir die volle Verantwortung der wöchentlichen Fragebogen zugetraut. Ab dieser Zeit musste ich jeden Mittwoch all die Fragebögen vorbereiten und gegebenenfalls anfertigen. Jeden Donnerstag wurden die Fragebögen von mir verteilt. Zum Ende meines Praktikums musste ich ein Meeting vorbereiten, um neuen Praktikanten den gesamten Prozess der Fragebögen beibringen.

Die wichtigste Aufgabe, die nicht nur ich, aber all die Praktikanten hatten, war den Studenten immer zu helfen, egal was für Probleme sie hatten. Ob persönlich oder akademisch. Dadurch, dass einige der Schüler im selben Gebäude der Schule wohnen (die Schule bietet auch Unterkünfte an), mussten wir oft zu den Wohnungen, weil sie irgendwelche Probleme hatten. Manchmal mit den Geräten, manchmal aber auch mit den Nachbarn.

4. Bezug des Praktikums zu Studium und Beruf
Ein wesentlicher Grund, weshalb ich mich für dieses Praktikum entschieden habe, war das Verbessern meiner Sprachkenntnisse, besonders natürlich Englisch und Spanisch. Dies ist mir rückblickend gut gelungen. Ich fühle mich jetzt deutlich sicherer und selbstbewusster, wenn ich auf Englisch kommuniziere oder schreibe. Während meiner Zeit hier, wurde es mehr und mehr zu einer Selbstverständlichkeit. Auch meine Spanischkenntnisse konnte ich verbessern, auch wenn Englisch wichtiger für mein späteres Berufsleben sein wird. Dazu kommt, dass das Arbeiten in einem internationalen Team in der heutigen Arbeitswelt immer mehr zur Selbstverständlichkeit wird. Auch hierfür hat mir mein Praktikum in einer Sprachschule wertvolle Erfahrungen gegeben.

Auch die neuen Kenntnisse, welche ich insbesondere über Social Media Marketing bekommen habe, werden mir bestimmt in meinem späteren Berufsleben helfen, auch wenn ich keinen direkten Berufseinstieg im Bereich Marketing anstrebe. Social Media wird auch in der allgemeinen Arbeitswelt immer wichtiger. Es kann daher nicht schaden, mehr über die Funktionsweisen von Facebook, YouTube, Twitter etc. zu wissen. Da ich im Rahmen meiner Marketing Seminare während des Studiums der Kommunikations- und Medienwisssenschaften bereits einiges über die Relevanz von Social Media erfahren habe, war es interessant, die Anwendung von Social Media in einem unternehmerischen Kontext zu erfahren.

Das Schreiben der Follow-Up Emails hat natürlich nur einen geringen Bezug zu meinem Studium bzw. meinem späteren Berufsleben. Nichtsdestotrotz hat es mir geholfen, mein schriftliches Englisch, Spanisch und Deutsch zu verbessern. Dies wird mir später von Nutzen sein.

Auch die wichtigen Aufgaben, die mir zugetraut worden sind, wie zum Beispiel, mich komplett alleine mit den Fragebögen zu befassen, wird später von ordentlichem Nutzen sein. Da musste ich sehr organisiert und vor allem konzentriert arbeiten, da jeder kleiner Fehler die Datenerhebung beeinflussen konnte.

Oftmals musste ich Meetings planen und diese auch auf Englisch halten. Dies wird mir für mein späteres Berufsleben auf jeden Fall weiterhelfen, da man mit der Übung selbstbewusster wird – oder wirkt.

6. Kritische Zusammenfassung
Meine Zeit hier war wirklich gut. Auch mit den obengenannten Problemen, die ich am Anfang hatte, konnte ich wirklich viel lernen. Was mich am meisten beeindruckt hat, ist, dass die Praktikanten so viel Verantwortung haben. Wenn alle Praktikanten an einem Tag nicht kommen würden, wüsste ich nicht wie die Schule funktionieren könnte, da die Festangestellten viele wichtige Angelegenheiten nicht lösen könnten. Zugleich bringt es auch Nachteile mit sich. Ein Beispiel dafür wäre das eine Mal, als ich krank war und niemand anderes die Fragebögen vorbereiten konnte. Demnach musste ich kurz in die Arbeit, diese für den kommenden Tag vorbereiten und dann durfte ich aber auch gehen. Die Lockerheit innerhalb dieses Themas fand ich auch gut. Man wurde nicht hinterfragt und auch nicht gezwungen zu arbeiten wenn man krank war. Es hat immer eine E-Mail gereicht und dazu kam auch immer eine Antwort von einer der Office Managers, die mir noch gute Besserung gewünscht haben.

Außerdem hatte ich die Möglichkeit in vier Sprachen zu kommunizieren und das fast die ganze Zeit. Es wird immer geredet, sei es mit den Arbeitskollegen oder mit den Schüler selbst. Viele Schüler sind zu meinen Freunde geworden und es war manchmal sehr hart für mich, Abschied zu nehmen. Viele tolle Menschen kamen und gingen. Es gab immer wieder auch welche, die nur für eine Woche blieben.

Die Schule bietet jeden Tag eine Aktivität an. Ich fand es richtig gut, dass die Praktikanten da teilnehmen konnten (natürlich nur außerhalb der Arbeitszeiten – die Aktivitäten fanden meistens nachmittags/abends statt). Meine Lieblingsaktivität war die Paella Party auf der Terrasse der Schule (siehe Bilder oben). Da hat einer unserer Lehrer den Schülern beigebracht, wie man die berühmte spanische Paella zubereitet. Sangria und zahlreiche spanische Tapas gab es auch. Die Stimmung war immer super, vor allem im Sommer.

Die Atmosphäre innerhalb der Praktikanten ist sehr gut. Wir halfen einander und ich würde die Note der Zusammenarbeit als eine eins bezeichnen. Nochmals kommt der Nachteil, dass Praktikanten auch kommen und gehen und es ist jedes Mal sehr hart. Die Firma erklärt sich bereit für jeden Praktikanten, der die Firma verlässt, 10 Euro auszugeben um eine kleine sogenannte „Despedida“ (Abschiedsfeier) innerhalb der Praktikanten zu veranstalten.

Am Anfang wurde den Praktikanten gesagt, wir könnten den Bereich, in dem wir arbeiten, selbst aussuchen. In Realität wurden uns oft Aufgaben zugeteilt, von denen wir keine Ahnung hatten und sie daher nicht erfolgreich abschließen konnten. Mir ist es nicht so oft passiert, aber ich sah viele Praktikanten, die etwas unglücklich waren, weil sie in einem Bereich tätig waren, wo sie gar nicht arbeiten wollten, aber keine Wahl hatten.

Generell fand ich dieses halbe Jahr gut und vor allem super interessant. Ich verlasse meine Praktikumsstelle auf jeden Fall mit anderen Vorstellungen vom Arbeitsleben. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel Erfahrung in dieser scheinbar kurzen Zeit sammeln würde. Daher bin ich mehr als froh, hier in Barcelona gewesen zu sein. Ich nehme Freunde sowie spezielle Erlebnisse fürs Leben mit nach Hause … und noch wichtiger: Arbeitserfahrung und Selbstbewusstsein.