Einleitung
Für alle Studierende sieht das 5. Semester eines Public-Health-Studiums ein Pflichtpraktikum vor. Ein solches Praktikum soll Studierenden die Möglichkeit geben, einen ersten Einblick in die gesundheitliche Arbeitswelt zu erhalten und das erlernte Wissen anzuwenden. Für mich stand dieses Pflichtpraktikum im Wintersemester an. Zur Unterstützung bei der Suche einen geeigneten Studienplatz zu finden, stellt die Administration meines Fachbereichs eine Liste mit über vierhundert Arbeitsstellen bereit, an denen Studierende bereits Praktika absolviert haben.

Bereits im Sommersemester machte ich mich, wie viele meiner Kommiliton:innen auf die Suche nach einem passenden Praktikumsplatz. Während meiner Studienlaufbahn entwickelte ich ein großes Interesse an Gesundheitsmanagement und -ökonomie. Eine Option war es, sich auf eine Praktikumsstelle in diesem Themenbereich zu bewerben. Praktika können jedoch auch entgegengesetzt wirken und das Interesse an einem Themenbereich wieder zurückbringen, das man verloren hatte. Ein Themenbereich, an den ich das Interesse verloren habe, war Epidemiologie. Und so entschied ich mich über den Zeitraum des Sommersemesters an Institutionen mit Schwerpunkt im Bereich Gesundheitsmanagement, Gesundheitsökonomie und Epidemiologie zu bewerben. Dabei griff ich überwiegend auf Institutionen aus der bereitgestellten der Liste zurück.

Während des Bewerbungsprozesses fragte ich auch bei der Danish Cancer Society an. Die Danish Cancer Society (DCS) (dän. Kræftens Bekæmpelse) ist mit über 400.000 Mitgliedern die größte Non-Profit-Organisation in Dänemark. Die DCS hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Überlebensraten von Krebserkrankten zu erhöhen, Krebserkrankungen insgesamt zu reduzieren und die Lebensqualität von Überlebenden und Erkrankten zu fördern und zu bewahren, und im besten Fall ein Leben ohne Krebs zu ermöglichen. Dieses Ziel soll durch Forschung, Präventionsarbeit und Patientenunterstützung im Bereich Krebserkrankungen erreicht werden.

Das Praktikum, auf das ich mich bewarb, sollte innerhalb der epidemiologischen Forschungsgruppe zu Childhood Cancer (CCA) in Kopenhagen absolviert werden.
Im August 2023 bekam ich die Information, dass die CCA mich gerne als Praktikanten bei sich aufnehmen würde.

Ich entschied mich für ein Praktikum bei der DCS und somit für den Themenbereich Epidemiologie. Ich wollte sicherstellen, ob ich mich nicht zu vorschnell gegen Epidemiologie als Themenbereich entschieden habe. Gleichzeitig gab mir ein Praktikum in Dänemark bei der DCS eine einmalige Gelegenheit, ein so weit fortgeschrittenes Gesundheitssystem wie das Dänische genauer zu betrachten und mit ihm zu arbeiten.

Ich begann mein Praktikum am 1. Oktober bei der DCS in Kopenhagen, welches bis 31. Januar andauern sollte.

Die Arbeit bei der DCS
Die Forschungsgruppe CCA hat ihren Sitz im Danish Cancer Instiut (DCI) in Kopenhagen, Dänemark. Das DCI fungiert als Forschungszentrum der DCS und wird auch als Danish Cancer Society Research Center bezeichnet. Hier arbeiten 250 Forscher:innen aus 20 verschiedenen Ländern, darunter Epidemiologen, Biochemiker, Mediziner, Bioingenieure und Informatiker. In den insgesamt mindestens 23 Forschungsgruppen des DCI wird epidemiologische, biologische und medizinische Forschung betrieben.

Die CCA-Forschungsgruppe bestand zu Beginn meines Praktikums aus acht Mitarbeiter:innen, darunter zwei dänische Ärztinnen, einer dänische und einer ägyptische Epidemiologin, zwei dänischen Datenmanager:innen sowie eine griechische Bioingenieurin und eine schweizerische Sekretärin. Geleitet wurde die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Jeanette Falck Winther. Die CCA führt primär registerbasierte, retrospektive Kohortenstudien und Fall-Kontroll-Studien auf Populationsebene durch. Sie extrahiert Kohorten und Fälle aus den seit 1940 existierenden dänischen Krebsregistern. Passende Kontrollgruppen werden aus dem nationalen Bürgerregister ausgewählt. Die Datenmanager:innen der Gruppe sind die Einzigen die mit den sensiblen Daten der Register umgehen dürfen.

Ich arbeitete 37,5 Stunden die Woche, die ich mir nach Belieben aufteilen konnte. In diesen Arbeitsstunden waren 2,5 Stunden Pause integriert, was die tatsächliche Arbeitszeit auf 35 die Woche senkte. In der Regel arbeitete ich montags bis freitags von 9:00 bis 16:30. Das DCI verfügt über eine eigene Kantine, wo die Forscher:innen täglich essen. Das Mittagessen ist für angestellte kostenlos. Ich als unbezahlter Praktikant musste 5 Euro pro Mahlzeit zahlen.

Vorab hatte ich mit meiner Supervisorin vor Ort, Dr. Nermin Ghith, vereinbart, dass ich an einem wissenschaftlichen Projekt der Forschungsgruppe zum Thema Medikamentenmissbrauch von Überlebenden von Krebs im Kindesalter mitwirke. Aufgrund verschiedener Umstände kam dieses Projekt jedoch nicht zustande, weshalb ich mich fortan überwiegend mit Literaturarbeit beschäftigte. Meine Aufgabe bestand darin eine wissenschaftliche Übersichtsarbeit zum Thema Childhood Cancer zu erstellen, dabei alle Systematic Reviews zum Thema Childhood Cancer aus einer Datenbank extrahieren und kategorisieren. Die Erstellung der Arbeit vollzog ich mithilfe der im Praktikum vorher erlernten Methoden zur systematischen Literaturarbeit. Neben meiner Hauptaufgabe konnte ich Einblicke in die Funktionen einer solchen Institution erhaschen. Gleichzeitig konnte ich weiter Arbeiten der Forschungsgruppe einlesen und minimal mitwirken.

Ich beherrsche leider die dänische Sprache nicht. Dies stellte allerdings kein Problem dar. In Dänemark und anderen skandinavischen Ländern spricht der Großteil der Bevölkerung einwandfreies englisch. Die Kommunikation mit meinen Kolleg:innen erfolgte somit in englischer Sprache, was für mich keine Schwierigkeiten darstellte.

Wenn ich Fragen bezüglich dänischen Mails oder anderer Angelegenheiten hatte, konnte ich mich auf englisch an meine Kolleg:innen wenden oder mit der Sekretärin der Forschungsgruppe auf deutsch verständigen.

Das Leben in Kopenhagen
Wie bereits erwähnt, sind das DCI und die DCS in der Hauptstadt Dänemarks, Kopenhagen verankert. Laut des European Thematic Cities Index belegt Kopenhagen Platz fünf der Lebenswertesten Städte in Europa. Der Andrang auf die Stadt ist dementsprechend sehr hoch. Aufgrund der Tatsache, dass ich die Zusage für das Praktikum, welches im Oktober anfangen wollte, erst Anfang August bekam, hatte ich nur wenig Zeit ein Zimmer oder eine Wohnung in Kopenhagen zu finden. Da der Immobilienmarkt aufgrund des hohen Andrangs sehr überlaufen ist wurde mir die Suche nach einer Unterkunft weiter erschwert.

Um sich auf ein Zimmer oder eine Wohnung zu bewerben, gibt es verschiedene Immobilienportale. Um mit Leuten, welche ein Zimmer vermieten in Kontakt zu treten muss man Geld zahlen. Zimmer und Wohnungen in Kopenhagen sind exorbitant teuer. Für ein 8-Quadratmeter-Zimmer innerhalb Kopenhagens zahlte man, als ich mich auf Suche war, mindestens 5.000 dänische Kronen, umgerechnet 675 Euro. Da ich in Kopenhagen nicht fündig geworden bin, wohnte ich ca. eine halbe Stunde außerhalb Kopenhagens in Vallensbaek im Raum Kopenhagen für 620 Euro in einer Wohngemeinschaft in einem 10-Quadratmeter-Zimmer.

Kopenhagen an sich ist eine wunderschöne Stadt. Die alten hanseatischen Stadthäuser und die Nähe zum Meer sind dabei besonders hervorzuheben. Das Wetter schwankt enorm. Man sollte allzeit für jedes Wetter gewappnet sein.
Ob Nachmittage im Café, einem Spaziergang am Wasser, ein treffen mit Freunden in einer Bar oder Bummeln durch einige Stadtteile. Kopenhagen hat viel zu bieten.

Ein Faktor, der den gesamten Aufenthalt negativ überschattet ist allerdings die finanzielle Situation der man Vorort ausgesetzt ist. Die finanzielle Unterstützung von ERASMUS+ von 750 Euro reichte bei mir für die Miete und ein Monatsticket. Für einen Kaffee zahlt man in der Stadt mindestens 6 Euro. Für einen Wocheneinkauf zahlt man aufgrund der höheren Mehrwertsteuer bis zu 10-15 Prozent mehr.

Ansonsten kann man nur von Kopenhagen schwärmen. Da ich im Wintersemester vor Ort war, war das Wetter eher trist und viel Sonne bekommt man leider auch nicht ab. Vitamin D sollte also bei längerem Aufenthalt supplementiert werden.

Fazit
Während der Arbeit am DCI konnte ich viele neue Erfahrung, insbesondere im Verfassen epidemiologischer Texte, im systematischen Lesen wissenschaftlicher Literatur und vor allem in der epidemiologischen Forschung. Aufgrund der Wohnsituation in Kopenhagen würde ich jedem empfehlen früh mit der Wohnungssuche zu beginnen und auch die Bezahlungspflichtigen Portale zu nutzen. Weitere Empfehlung an jeden der ein ERASMUS-Praktikum im Dänemark absolvieren will, sich eine bezahlte Stelle zu suchen. Die Lebenserhaltungskosten sind zu hoch, um unbezahlt zu arbeiten.