1. Warum hatten Sie sich zum Roots-Praktikum angemeldet und was waren Ihre Erwartungen an das Programm? Welche Vorteile haben Sie für sich in diesem Programm gesehen?

Zu aller erst hat mich Nurten Kurnaz aufmerksam auf das Roots-Programm gemacht, indem Sie uns dazu motiviert hat unsere Stärke einer zweiten Sprache weiterzuverfolgen und diese zu unserem Vorteil zu entwickeln. Nach einem persönlichen Gespräch mit Ihr, hatte ich die Erwartung aus mir rauszugehen und Chancen die mir mit diesem Programm gegeben sind zu nutzen und in der Türkei trotz Sprachproblemen ein Praktikum zu machen. Wir als “Brückenmenschen“ können nämlich im Arbeitsmarkt zwischen der Türkei und Deutschland unseren Platz finden, was uns mehr Wege im Berufsleben offen hält.

Das Interkulturelle Training, welches im Programm eingebunden ist, bietet zudem einen Ein-blick in die Kulturunterschiede zwischen Deutschland und der Türkei und zeigt, was man alles beachten muss, wenn man in einem anderen Land oder einer ungewohnten Umgebung ist. Ein Vorteil ist demnach, dass man besser vorbereitet wurde auf das Auslandspraktikum. Außerdem ist es sehr hilfreich, wenn man eine Betreuerin hat, die einem hilft, wenn man Fragen hat wie man auf Türkisch eine Bewerbung oder auch eine E-Mail schreiben sollte, da ich persönlich das noch nie gemacht habe. Durch den Wirtschaftstürkisch Kurs konnte man lernen, wie man sich bei einem türkischen Bewerbungsgespräch zu verhalten hat und was man bei der Kleidungswahl und bei einem Skype Gespräch beachten muss.

2. Beschreiben Sie kurz das Unternehmen/ die Organisation in dem Sie Ihr Praktikum absolviert haben. Benennen Sie grob Ihre Tätigkeiten.

Edirne Giyim Sanayi wurde im Jahre 1975 gegründet und hat sich vorerst auf die Produktion von Herrenhosen konzentriert. Vierzehn Jahre Später, im Jahre 1989, kam die Sakkoproduktion dazu.  Die Firma produziert ausschließlich Herrenanzüge. Zu den Kunden zählen sowohl renommierte deutsche Modeunternehmen wie Hugo Boss, Eduard Dressler, Windsor, als auch Tom Frank, eine griechische Marke. Die Textilien, die für die Produktion benötigt werden, werden alle samt vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt.

Die Firma ist ziemlich groß und beschäftigt über 1000 Mitarbeiter, weswegen Sie auch einen Kindergarten für die Kinder der Arbeiter bereitstellen, welches eine Kapazität von bis zu 100 Kindern hat. Neben dem Kindergarten befindet sich eine Krankenstation, wo ein Arzt sich um das Wohl der Mitarbeiter kümmert. Ebenfalls gibt es eine Kantine, eine Mensa und ein Spieleraum für die Mitarbeiter.

Innerhalb der Firma befinden sich zwölf Abteilungen, die Personalabteilung, Planungsabteilung und Finanzen, Logistik, Modelabteilung, Lager, Qualitätssicherung, IT-Abteilung, Maschinenwartung und den Produktionsabteil, welcher nochmals in vier Bänder unterteilt ist, welche Zuschnitt, Hose, Sakko 1 und Sakko 2 lauten.

In den Abteilungen, wo der Zuschnitt angefertigt wird, werden die einzelnen Stoffteile, welche für die Produktion der Kleidungsstücke notwendig sind mit Hilfe von Schablonen ausgeschnitten. Weiterführend werden diese dann an die Abteilungen Hose, Sakko 1 und Sakko 2 weitergegen, wo am Ende die angefertigten Stoffe zu vollständigen Kleidungsstücken weiter-verarbeitet werden.

Die Hierarchie in den Produktionsabteilungen ist wie folgt aufgebaut:
Hierarchie
Zeynep und ich haben kleinere Hausaufgaben und Projekte bekommen die wir ausführen sollten. Uns wurden beispielsweise von einem Produktionsleiter Fragen gestellt, welche wir in schriftlicher Form, innerhalb einer bestimmten Frist abgegeben mussten. Für den Generaldirektor mussten wir jede Wochen Fragen in Richtung Führung, Organisation oder Firmenkultur aufschreiben und er hat uns ebenfalls Fragen gestellt, um zu sehen, wie weit unser Wissen voran geschritten ist. Die meiste Zeit haben wir mit den Fortbildern, Gruppenleitern und deren Produktionsleitern verbracht, deren Tätigkeiten wir verfolgt haben.

3. Welche Erwartungen hatten Sie an Ihr Praktikum in der Türkei?  Haben sich diese Erwartungen erfüllt?

Einer der wichtigsten Erwartungen, die ich an mein Praktikum in der Türkei hatte war vorerst meine Türkischkenntnisse im Bereich der Wirtschaft, vor allem auf Betriebswirtschaftslehre bezogen, zu erweitern und mich somit auch auf dieser Sprache im Berufsleben ausdrücken zu können. Außerdem würde ich zugleich Berufserfahrung sammeln, was für mich ebenso von Bedeutung ist. Ich habe mir durch die Arbeit in der Türkei einen Einblick in die wirtschaftliche Lage dieser erhofft und würde somit einen Vergleich zu der in Deutschland sehen, was mir wiederum dabei behilflich wäre zu erkennen, ob ich mir eine berufliche Zukunft in der Türkei vorstellen könnte oder das Arbeitsumfeld und die Kultur zu unterschiedlich sind. Es ist sehr wichtig erst einmal das Berufsklima und das Arbeitsumwelt in einem Land zu sehen, wo man im späteren Verlauf vielleicht berufliche Chancen sieht. Des Weiteren wollte ich Selbst-bewusster und Selbstständiger werden. Zwei Monate ist eine lange Zeit und da ich noch nie über eine so lange Zeitspanne von meiner Familie weg war bietet mir das Praktikum die Möglichkeit auch diese Grenzen zu überschreiten.

Das was mir jedoch nicht aus dem Kopf gegangen ist, sind die Vorurteile, die gegenüber türkischen Praktika gemacht werden. Ich hatte im Voraus ehrlicherweise teilweise das Gefühl, am Ende nur Tee und Kaffee zubereiten zu müssen, was sich dann glücklicherweise nicht als Wahrheit herausgestellt hat. Meine Erwartungen an das Praktikum haben sich erfüllt, wurden teilweise sogar übertroffen. Durch die Hilfe der Mitarbeiter und unseres Zuständigen hat sich mein Türkisch ziemlich verbessert und das sogar im schriftlichen, da ich zuvor ziemlich viele Schwierigkeiten hatte Türkisch ins schriftliche zu verfassen. Außerdem haben wir sehr viel über die Führung einer Firma gelernt, was ebenfalls ein Teil meiner Erwartungen war. Ich hab nun einen sehr guten Einblick auf die wirtschaftliche Lage der Türkei und kann mir eine Meinung darüber bilden später dort zu arbeiten.

4. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede haben Sie als Türkeistämmige/r aus Deutschland in ihrer Heimat-und Gastkultur entdecken können? Gab es Verhaltensweisen, die Ihnen fremd waren?

Vorerst will ich die Gemeinsamkeiten schriftlich aufführen. Edirne Giyim Sanayi ist als Firma sehr an die Disziplin und dem Führungsstil der deutschen Firmen gewöhnt und hat dies auch teilweise übernommen und zu ihrer eigenen Kultur gemacht. Auf Pünktlichkeit legen die meisten sehr viel Wert drauf, was in Deutschland ebenfalls der Fall ist. Die Pausen sind geregelt und werden ohne Kontrolle auch von den Mitarbeitern eingehalten. Die Hierarchie beziehungsweise Organisation in der Firma ist dem deutschen System der Hierarchie sehr nahe.

Unterschiede lassen sich mehr finden als Gemeinsamkeiten. Ein positiver Unterschied ist, dass alle dich direkt freundlich behandeln und auf dich zu gehen, egal ob es Mitarbeiter der Produktion sind oder höhere Angestellte, alle sind direkt interessiert und versuchen dich näher kennenzulernen. In Deutschland widmet sich, laut meinen Erfahrungen, jeder außer der Zuständige seiner Arbeit, was an der Kultur des jeweiligen Landes liegt. In Deutschland wiederum sind die Mitarbeiter viel respektvoller, als in der Türkei. Es gibt zwar in beiden Ländern immer welche die sich respektlos verhalten, jedoch ist es in der Türkei ausgeprägter, da kam es mir teilweise so vor, als hätten die Mitarbeiter keine Angst rausgeschmissen zu werden. In den höheren Positionen, also abgesehen von den Mitarbeitern in der Produktion, war der Respekt voreinander viel deutlicher ausgeprägt. Deutschland ist ebenfalls viel geregelter als die Türkei, die Gesetze werden weitestgehend verfolgt. Um ein Beispiel zu nennen, nehme ich das was mich am meisten gestört hat. In der Türkei sind viele Zebrastreifen, jedoch hat kein einziges Auto jemals angehalten, wenn Zeynep und ich darüber gehen wollte, wobei es sogar unter dem zuständigen Verkehrsschild steht, dass die Autos an einem Zebrastreifen zu halten haben. Auch wurden zwei Spurige Wege zu drei Spuren gemacht und Krankenwägen teilweise nicht durchgelassen. Ein weiterer Unterschied weist sich draußen auf den Straßen auf, in der Türkei ist es leider so, dass man sehr viele verwilderte Tiere, meistens Katzen und Hunde, auffindet, was in Deutschland nicht der Fall ist.

Ein etwas merkwürdiger Unterschied war, dass die Menschen in der Türkei größtenteils zur Begrüßung gezwinkert haben, wohingegen bei uns eher genickt wird. Dies ist mir schon am Anfang meines Praktikums aufgefallen, was anfangs sehr seltsam war, da man in Deutschland ein Zwinkern in einer anderen Situation bevorzugt und es meist auch eine ganz andere Bedeutung aufweist.

5. Schildern Sie ein irritierendes Ereignis. Haben Sie dafür eine Erklärung? Denken Sie an das Interkulturelle Training für mögliche Erklärungsansätze.

Mich hat ein Ereignis sehr irritiert und auch teilweise sehr traurig gemacht, weil es mir so in dieser Form nie wiederfahren ist. In dem Wohnheim für Studenten in dem Zeynep und ich untergebracht waren, gab es inklusive einen Reinigungsdienst. Nachdem wir eines Tages nach Hause gekommen sind, hatte eine der Frauen unser Zimmer gereinigt und mir ist sofort aufgefallen, dass ein Wertgegenstand von mir zerbrochen auf dem Boden lag. Ich bin natürlich sofort zu dem Sicherheitsmann nach vorne gegangen, da er der Zuständige vor Ort war.  Der Sicherheitsmann hat mich direkt angeschnauzt, sich also nicht bei mir entschuldigt und meinte direkt, ob ich beweisen könnte, dass sie das gewesen wäre, ob ich es gesehen hätte. Ich hätte es ja nicht sehen können, da ich nicht anwesend war, aber seine Reaktion hat mich ziemlich schockiert. Er meinte des Weiteren, dass Leute dort Sachen im Wert von über 200 TL (türkische Währung) kaputt machen und das Wohnheim nie etwas sagt. Ich persönlich habe eigentlich nur eine Entschuldigung erwartet, das wäre das mindeste was man hätte machen können, nachdem eine Mitarbeiterin etwas persönliches kaputt macht, da es sicherlich sowieso ausversehen passiert ist, dies habe ich ihm auch gesagt, aber er hat seine Stimme weiter erhöht, weswegen ich dann gegangen bin. Ich war komplett unter Schock, da ich so eine Situation nicht erwartet hätte, denn wenn ich vorher wüsste, dass mir sowas wiederfährt, hätte ich es einfach sein gelassen. In Deutschland ist mir eine ähnliche Situation passiert und die wurde komplett anders gelöst, daher konnte ich hier einen guten Vergleich ziehen.

Ich hab eine Weile darüber nachgedacht, woran es liegen könnte und wieso er so gehandelt hat. Es liegt wahrscheinlich an dem Kulturunterschied. Er hat in dem Moment statt neutral auf meine Aussage zu reagieren ziemlich affektiv und temperamentvoll geantwortet, da es ihm in diesem Fall ums Geld ging und er meine Gefühle außer Acht ließ. Menschen in Deutschland achten zuerst auf den Kunden und versuchen direkt nach einer Lösung zu suchen, die beide Seiten zufrieden stellt.

6. Wie gestaltete sich Ihr Kontakt zu Ortsansässigen?

Da ich sehr vorsichtig bin, was den Kontakt mit Menschen betrifft, erwarte ich eher, dass man mit mir den Kontakt aufnimmt, als anders herum. Es ging relativ schnell, mit den ersten sympathischen Menschen ins Gespräch zu kommen, weil in der Firma in der wir waren, die Menschen offen auf uns zugegangen sind und Interesse an unserer Person gezeigt haben. Mit dem ein oder anderen haben wir uns auch nach der Arbeit getroffen, ebenfalls haben Sie uns die Sehenswürdigkeiten von Edirne gezeigt. Ganz besonders, die Familie Koc, denen wir auch dieses Praktikum größtenteils zu verdanken haben, waren sehr gastfreundlich und haben uns herzlichst aufgenommen, weswegen wir auch Zeyneps Geburtstag bei Ihnen gefeiert haben.

Außerhalb des Unternehmens haben wir jedoch keinen Kontakt zu Ortsansässigen aufgenommen. Weder Zeynep, noch ich sind Personen, die auf andere zugehen können. Bei Hilfe haben wir zwar nachgefragt, es aber auch dabei belassen.

7. Schildern Sie bitte ein spannendes oder schönes Ereignis, das sich durch den Kulturaustausch ergab.

Wie bereits in Aufgabe 6 erwähnt durften wir netterweise bei Familie Koc Zeyneps Geburtstag feiern, was mich sehr gefreut hat, da ich nicht wusste, wie wir ihn sonst verbringen sollten, weil wir uns in Edirne noch nicht genau auskannten. Zeynep durfte dort sogar Cupcakes backen, welche sie am nächsten Tag mit zur Arbeit nehmen wollte. In dem Wohnheim, wo wir waren gab es leider keinen Ofen, weswegen es uns diese nette Geste sehr gelegen kam. Ich glaube nicht, dass wir uns getraut hätten in Deutschland einen Mitarbeiter oder seine Frau zu fragen, ob wir in seiner Küche backen beziehungsweise kochen dürfen. Wir haben dann auch auf eines der Cupcakes eine Kerze aufgestellt und zusammen für Zeynep gesungen, was ihr ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat. An diesem Tag habe ich mich ziemlich wohl gefühlt, vor allem weil ich anfangs bedenken hatte, wie ich den Geburtstag schön gestalten sollte, damit auch Zeynep den Tag positiv in Erinnerung behält. Dazu muss ich auch sagen, dass ich fremden Personen gegenüber eigentlich ziemlich skeptisch und distanziert entgegen trete, was bei dieser Familie von Anfang an nicht der Fall war.

Ich bin mir sicher, auch jeder andere Mitarbeiter dort in der Firma hätte es uns erlaubt bei denen im Haus zu kochen oder zu backen, eine offene und schöne Geste der türkischen Kultur.

8. Wie hat der Auslandsaufenthalt Ihren Blick auf Ihre eigene Kultur verändert? Tragen Sie Ihre interkulturellen Erfahrungen nach Ihrer Rückkehr mit in Ihren Alltag? Beeinflussen sie Ihr Verhalten, Ihre Einstellung und Werte?

Innerhalb der Firma Edirne Giyim Sanayi A.S. wurde die deutsche Kultur teilweise übernommen und zur eigenen Kultur umgewandelt, was mir den Aufenthalt sicherlich erleichtert hat, da man vertraut mit der Umgebung war. Disziplin, Pünktlichkeit und eine übersichtliche Organisation waren alle vorhanden und wurden ebenfalls nach dem deutschen Prinzip gehandhabt. Jedoch kann man mit einer Kultur, die innerhalb eines Unternehmens angeeignet werden sollte, die Persönlichkeit beziehungsweise den Charakter der Mitarbeiter schwer ändern, weswegen sich auch Unterschiede aufzeigten. Einiges war prägender und ist in meinem Kopf geblieben, wohingegen andere Erfahrungen meine eigenen Einstellungen nur bestärkt haben.

Die Menschen dort waren, wie vorher schon erwähnt, viel wärmer und wollten Zeynep und mir sehr viel beibringen, man hat sich für uns interessiert und nicht wie normale Praktikanten, wie man es sonst so kennt, behandelt. Empathie, Leadership, Teamarbeit hatten in der Firma einen sehr hohen Stellenwert, weswegen uns auch gezeigt wurde, wie man diese am besten aufbauen und umsetzen kann. Ich kann von mir selbst behaupten, dass ich dadurch viel feinfühliger mit Personen umgehe und versuche erstmal zu verstehen, weswegen diese mir eine bestimmte Reaktion gegenüber bringen.

Meine eigene Kultur wird jedoch wahrscheinlich im Allgemeinen, die bleiben die sie war. Ich finde es persönlich sehr schwer in zwei Monaten sich an eine andere Kultur anzupassen, ich habe mich beispielsweise in der Innenstadt von Edirne trotzdem noch fremd gefühlt. Außer-dem ist man so an seine Kultur gewöhnt, dass alles andere einem am Anfang unbekannt und komisch vorkommt. Man versucht sich mit der Zeit daran zu gewähnen, aber das Gefühl des Unbekannten ging bei mir, zumindest außerhalb der Firma, nicht weg.

Es ist normal, dass sich ein Paar Verhaltensmuster oder Einstellungen verändern, aber vieles ist über die Jahre in einem verankert.

9. Inwiefern hat der Auslandsaufenthalt Ihre interkulturelle Kompetenz gefördert?

Ein Chinesisches Sprichwort besagt „入乡随俗 (Rù xiāng suí sú)“, welches aussagt, „When in Rome, do as the Romans do”. Damit wollten die Chinesen aussagen, dass man sich der örtlichen Kultur und somit den Sitten des jeweiligen Landes anpassen sollte. Dies kann sich als sehr schwer herausstellen, da es überall unterschiedliche Verhaltensweisen, auf die gleiche Situation, gibt. Der Auslandsaufenthalt hat diese Kompetenz gestärkt. Nun kann  ich einschätzen in welcher Sachlage ich mich wie Verhalten soll und mich somit Situationsbedingt anpassen. In schwierigen Gegebenheiten ist es ganz besonders schwer Empathie mit der gegenüberstehenden Person aufzubauen. Um dieser Person Empathie entgegen zu bringen, muss man die Person entweder sehr gut kennen oder wissen, wieso Sie sich so verhält. Ein wichtiger Punkt den man hervorheben kann ist die Kultur, wenn man die Kultur eines Menschen kennt, kann man sich viel mehr in Ihre Lage versetzen. Beispielsweise würde ich die ich das irritierende Ereignis, welches ich in Aufgabe 5 aufgegriffen habe anders angehen und mir das gesagte nicht zu Herzen nehmen.

Es ist im Allgemeinen sehr schwer sich auf eine neue Kultur vorzubereiten, weswegen es sehr fördernd ist über mehrere Monate in das auserwählte Land zu fahren und seine eigenen Erfahrungen zu sammeln.

10. Inwiefern hat das Praktikum Ihre (Fach-)sprachlichen Kenntnisse gefördert?

Meine (Fach-)sprachlichen Kenntnisse in einigen Bereichen sind stärker und selbstbewusster geworden. Am Anfang fiel es mir sehr schwer auch nur einen Satz, ohne mittendrin zu stocken, vernünftig meinem Gegenüber mitzuteilen. Es wurde von Woche zu Woche besser, auch weil wir ein Buch bekommen haben, welches wir lesen mussten. Dadurch, dass man mit Menschen nur auf Türkisch redet und Worte die man nicht kennt nachfragt oder aufschreibt wird das Vokabular verstärkt und man hat aus diesem Grund nicht mehr so viel Angst Fehler zu begehen und spricht dadurch automatisch Selbstbewusster. Zeynep und ich hatten teilweise anfängliche Schwierigkeiten im Bereich der Finanzen und des Rechnungswesens Fragen zu formulieren, weil wir die Fachbegriffe nicht kannten, weswegen wir das immer umschreiben mussten, was wir genau meinten. Dies war der Bereich, welcher uns am meisten Herausgefordert hat und auch der, der die meisten Fachbegriffe benötigte.

Auch mein schriftliches Türkisch hat sich verbessert. Vorher konnte ich fast gar nicht bis gar kein Türkisch schreiben, weil ich das nie gelernt habe und auch mit Verwandten oder Freunden nur auf Deutsch geschrieben habe. Dadurch, dass wir die Notizen nach der zweiten Woche auf Türkisch genommen haben und diese oft durchgegangen sind, hat sich dies bei mir deutlich verbessert, weswegen es mir sehr viel gebracht hat diese zwei Monate in der Türkei als Praktikantin zu verbringen. Des Weiteren ist es sogar so weit gekommen, dass mir manchmal die türkischen Begriffe vor den deutschen einfallen, was ich mir vorher nicht hätte vorstellen können.

11. Wenn Sie jetzt zurückblicken:  Welche Vorteile hat Ihnen die Teilnahme am Roots-Programm für Ihren persönlichen und berufspraktischen Werdegang bieten können?

Das Roots-Programm war ideal für mich, um die Chance zu ergreifen und ein Auslandspraktikum anzugehen. Ohne ein Programm, oder eher eine Betreuerin, hätte ich mich von selbst niemals dazu motivieren können eine Praktikumsgespräch auf Türkisch oder eine Bewerbung in dieser Sprache zu verfassen, da ich nicht Selbstbewusst genug dafür war.

Ein wesentlicher Vorteil ist, dass ich mich ohne Einschränkungen in der Sprache zu besitzen, auch in der Türkei bewerben kann und sicherer an ein Bewerbungsgespräch treten kann. Egal ob dies für Deutschland oder der Türkei gilt, der Aufenthalt im Ausland hat meine Kom-petenzen in vielen Hinsichten gestärkt. Durch die Berufserfahrung fällt es mir in der Zukunft leichter in die Berufswelt einzusteigen und mich an mein Umfeld schneller zu gewöhnen. Ich habe viel gelernt und weiß nun wie man bei Problemen innerhalb eines Unternehmens zu handeln hat. Ebenfalls ist es wichtig eine gute Firmenkultur zu besitzen, eine Vision und eine Mission, die man versucht zu erfüllen. Edirne Giyim Sanayi hat uns in diesen zwei Monaten sehr viel gelehrt, was wir in der Zukunft nutzen und umsetzen können. Des Weiteren haben wir Einblicke in verschiedene Bereiche bekommen wie beispielsweise, Rechnungswesen, Logistik oder die Organisation einer Firma, was mir persönlich für meinen späteren beruflichen Werdegang auch viel gebracht hat, da ich einiges was ich theoretisch in dem Studiengang Betriebswirtschaftslehre gelernt habe in der Praxis gesehen und umsetzen durften. Zudem habe ich dieses Semester als Schwerpunktmodul Personal & Organisation gewählt, wo wir mit genau denselben Themen konfrontiert werden, die wir in unserem Praktikum bearbeitet haben, was sicher ein zusätzlicher Pluspunkt ist.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich als Person sehr gewachsen bin und ich mich als “Brückenmensch“, so wie es im Roots-Programm auch niedergeschrieben ist, in der Gesellschaft wiederfinde. Vieles, was mir vorher nicht bewusst war, sei es im Zusammenhang mit der Kultur oder der Arbeitswelt, ist mir nun klarer und ich kann meine Ziele nun konsequenter und sicherer verfolgen.

12. Sonstige Bemerkungen, wie z.B. zur Betreuung durch das International Office, zum Sprachkurs oder Interkulturellen Training

Die Betreuung durch unsere Betreuerin des International Office Nurten Kurnaz, war sehr hilfreich, um die Entscheidung ins Ausland zu gehen nochmal zu befestigen. Sie hat uns in jedem Bereich, sei es bei der Sprachbarriere oder den Kontakt zur Praktikumsstelle, geholfen, weswegen ich hiermit nochmal meine Dankbarkeit deutlich machen will. Der Sprachkurs war fördernd und hat mir bei Themen wie Bewerbung und Praktikumsgespräch geholfen. Ich hätte jedoch den Grammatikkurs, der ebenfalls angeboten wurde auch zu machen, damit ich in diesem Bereich auch etwas stärker geworden wäre, bevor ich ins Ausland gegangen bin.

Zum Interkulturellen Training habe ich ebenfalls eine Reflektion verfasst, welches meine Meinung dazu verdeutlicht und zusammenfasst. Um es nochmal aufzugreifen mir hat das Interkulturelle Training sehr gefallen und hat uns laut meiner Ansicht größtenteils gut vorbereitet. Ich hätte mir gewünscht, dass wir das Training kurz vor dem Auslandsaufenthalt gemacht hätten, damit es noch frisch ist bevor wir in die Türkei gehen.

Alles in allem, war das Programm eine großartige Gelegenheit und eine schöne Erfahrung für mich, welches ich definitiv wiederholen würde, wenn ich die Chance dazu hätte. Ich hatte sehr viel Glück mit dem Betrieb, in dem ich mein Praktikum ausführen durfte, was natürlich auch dazu beigetragen hat, dass ich ein positives Erlebnis hatte.

Informationen zum Roots-Programm: uni-bremen.de/roots