Aktiv, für Alle, grün oder königlich – Die Werbemittel der Listen

Du läufst über den Campus und plötzlich findest du überall Zettel, Plakate, kleine Stände auf dem Boulevard und ein Hauch von Politik und Versprechungen. Die Listen kämpfen um eure Gunst, um am Ende in der Lage zu sein, ihre Ideen für unsere Universität und die Studierendenschaft umzusetzen.

Und mit eurem Stimmrecht habt ihr die Möglichkeit, eure eigene Position auf dem Campus zu vertreten, doch viele nehmen dieses Recht gar nicht in Anspruch. Gerade mal 2080 Studierende hatten sich letztes Jahr bei der SR-Wahl zu Wahlurne begeben, das sind gerade mal 11.1% der Studierendenschaft. Doch woran mag dies liegen? Viele der Studierenden sind sicherlich schlicht und ergreifend nicht allzusehr an den internen Strukturen der Universität interessiert, manche finden vielleicht einfach keinen Zugang zur Hochschulpolitik. In einem EULe-Interview zur Bremer Bürgerschaftswahl hatten wir schon festgestellt, dass das „sich aktiv informieren“ schnell zur Hürde wird, die potenzielle Wähler vom Kreuzchen abschrecken – man hat ja schließlich auch so schon so viel zu tun.

Aber auf dem Campus hat man aber unweigerlich Kontakt zu quintessenziellen Aussagen der Listen, die zur Wahl stehen. Mit Plakaten und Flyern auf dem Mensatisch erhascht man sicherlich die ein oder andere Punchline. Dies kann ein guter Zugang sein, sodass zumindest die Neugierde geweckt wird und Nichtwähler ein wenig von den Studierenden und ihren Überzeugungen mitbekommen. Aber wie informativ sind diese Flyer, kann man sich wirklich einen Reim daraus machen oder ist es nur schlechte Werbung?

In diesem Artikel möchte ich gerne einen schnellen Blick auf jene Flyer werfen, die ich bei meinem Mensabesuch letzte Woche aufgelesen habe. Ich versetze mich in die Lage eines uninformierten Studierenden und schaue, was ich von den Flyern abgewinnen kann. Ich erhebe hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit, es wird hier eine subjektive naive Perspektive auf das Werbematerial angewandt.

Liste Promotion

Die Liste für Promovierende ist mir nur durch einen Flyer zur SR-Wahl aufgefallen, der sich gleich mit der Fragestellung beschäftigt, warum man sie überhaupt wählen sollte. Dieser Liste scheint es nur um ein spezifisches Problem zu gehen. Wie ihr Name verrät, setzt man sich hier für die Interessensvertretung von Promotionsstudierenden ein. Wenn diese Liste zumindest eine Vertretung im Studierendenrat erwirken kann, so können auch ihre Interessen verteidigt werden. Aber es ist auch klar dass eben fast ausschliesslich Personen dieser Interessensgruppe hier ihre Stimme abgeben und vielleicht diejenigen, die mit Promotionsstudierenden sympathisieren. Die große Menge wird weder vom Flyer noch vom Werbematerial hier wirklich angesprochen.

LiSA – Liste der StudiengangsAktiven

Schwupp, hier ein Beispiel, was über einen Flyer hinausgeht. Mit einem Informationsheft scheint LiSA nicht nur ausführlich informieren zu wollen, sondern argumentiert auch gleich mit schnittigem Ton. Unter Kritik fällt so einiges und einige. Selbst die SR-Wahl als Solches wird abgelehnt, auch wenn LiSA hier erstmal schluckt und ihre Position über eine erfolgreiche Wahl vertreten will. LiSA möchte nicht, LiSA will. Und sie wollen eine ganze Menge. Das Informationsheft wirkt erschlagend, aber dank der Überschriften kann man die Quintessenzen recht schnell zusammenfassen. LiSA arbeitet hier mit Schwung und Biss. Das kann teilweise verschrecken aber auch eben den Anreiz geben, sich für Hochschulpolitik zu interessieren. Diejenigen, die aufgrund der Informationsknappheit (und fehlender Motivation, sich zu informieren) keinen Zugang zu den Wahlen haben, die haben hier mit dem LiSA-Heft einen guten Ansatzpunkt. Generell werden auch viele Nichtwähler zumindest schonmal die reißerische Tante Paul in den Händen gehalten haben. Mit scharfer Kritik wird nach links und rechts geschossen, aber man kann eben durch dieses Material, die Präsenz und Ausführlichkeit festhalten, dass diese Liste sich aktiv bewegt und Dinge verändern will. Das mag also durchaus überzeugen, wenn die Argumente nach einem selbst klingen. Persönlich sehe ich einen Gewinn darin, wenn andere Listen die gleiche Kraft an den Tag bringen und ihren Argumenten die Stirn bieten.

Infoheft LiSA

Die Monarchisten

Als ich die ersten Plakate erblickte musste ich schmunzeln. Mir war so als wäre dies ein ironischer Ausdruck der Kritik zum Eilbeschluss, wo sich das Rektorat über die Studierendenvertretung hinwegsetzte und dieser das Wort abschnitt. Aber dann erblickte ich, dass diese königliche Präsenz tatsächlich zur Wahl steht und diese wie sie selbst zum Ausdruck bringen, nur einmal gewählt werden müsse. Eine klare Gegenbewegung zur Demokratie, denn sobald wir unter der glorreichen Führung einer königlichen Familie stehen, brauchen wir uns um eben diese Führung gar nicht mehr kümmern. Praktisch! Denn anscheinend funktioniert es ja eh nicht so recht mit der Demokratie. Erbfolge sichert unser politisches System in der Zukunft und es wird sichergestellt, dass das Volk, die Studierenden, zufriedengestellt wird. Clevere Ideen wie Wegzoll in der Linie 6 sichern, dass campusnahe Studierende unter besseren Umständen studieren können, während Pendler die über den Hauptbahnhof einschwärmen sich ihr Recht, vom Königreich Universität Bremen zu profitieren, erkaufen können. Aber mal im Ernst, während „Die Partei“ dieses Jahr auf der Liste vermisst wird, übernehmen die Monarchisten nun den Platz im Humorabteil. Während andere Listen sich mehr oder weniger in seriöser Absicht auf die Probleme des Campus einlassen, sehe ich persönlich nicht den Mehrwert dieser Lach-Argumente in der SR-Wahl. Insbesondere die Anonymität macht es schwer, diese Liste auch nur annähernd ernst zu nehmen. Nichtsdestotrotz bin ich gespannt auf die Wahlergebnisse bezüglich der Monarchisten.

gaL – grün-alternative Liste

Diese Liste kannte man zuvor noch als Campus Grün, ihr Werbemedium wird liebevoll Knallfrosch genannt. Während sich diese Liste nun mittlerweile als grün-alternative Liste präsentiert, betitelt sie sich zwischendurch noch immer als Campus Grün. Gefordert wird studentische und kreative Vielfalt. Das Versprechen ist, Freiräume für eben jene zu schaffen und zu erhalten. Insgesamt kann man als Außenstehender nicht so recht nachvollziehen, in welcher Form dies nun in Angriff genommen wird. Was wäre denn dann eine konkrete Aktion für Vielfalt? Worin liegen die Kernprobleme ihrer Gefährdung? Sicherlich, man kann sich recht schnell mit diesen Idealen identifizieren, jedoch fehlt hier die Gegenständlichkeit, um zu überzeugen, dass das eigene Kreuzchen hier den Campus entscheidend verbessert. Und gerade Nichtwähler sind doch von vielen Problematiken auf dem Campus fern, wenn sie nicht gerade direkt selbst betroffen sind. Hier kann ein wenig mehr Ausführlichkeit sicherlich helfen, Leute zur Partizipation zu bewegen.

Infoblatt Campus Grün

AfA – AStA für Alle

Der Caféten-Kurier vom AfA ist vielen Studierenden ähnlich wie Tante Paul auch nicht ganz unbekannt. Passend zur SR-Wahl nutzt man eben dieses Infoblatt, um ausführlich von den Plänen des AfA zu berichten und geht dabei löblicherweise mit einer ähnlichen Ausführlichkeit vor, wie LiSA und ihr Informationsheft. Damit kann man etwas anfangen. Auch interessant: Der Caféten-Kurier zeigt als einziger Vertreter in meinen fünf Beispielen tatsächlich die zur Wahl stehenden Personen. Während recht oft in Propaganda das stupide Lächeln von Menschen das einzige Element darstellt, finde ich es hier gar nicht schlecht, die Studierenden auch mal verbildlicht sehen zu können. Das ist aber eben auch nur deshalb nützlich, da sonst auch viele Informationen zu deren Absichten vorliegen und ich mir ein gutes Bild von der Liste machen kann.

Rückblickend auf diesen exemplarischen Exkurs auf die Informationsmedien der Listen kann man durchaus feststellen, dass Ausführlichkeit, Kontakt und die Ansprache von konkreten Problemen viel eher dazu anreizen, sich eben mit diesen Dingen zu beschäftigen und eventuell eine Wahl zu tätigen um eben diese anzugehen. Nichtwähler müssen informiert werden und wenn die Listen sich dies zur Aufgabe machen, dann können meiner Meinung nach gute Argumente entstehen, die auch etwas zählen. Sonst interessiert man Außenstehende nicht und man verbleibt im Grau der Masse.

Was denkt ihr über all das Werbematerial, welches die Listen aushängen und in der Mensa verteilen? Geht ihr wählen? Was könnte verbessert werden? Schreibt einfach eure Gedanken in den Kommentarbereich unter diesen Artikel.

10 Kommentare
  1. Hannes Han
    Hannes Han sagte:

    Macht doch mal n Interview über die Leute hinter dem Monarchisten. Ich finde deren Sprüche mega geil, kann die aber überhaupt nicht einschätzen. Am besten ein Videobeitrag wo man die Leute mal in einer „Stresssituation“ sehen kann (Noch besser in guter alter RTL Manier mit indiskreten Fragen).

    Antworten
    • Stefan
      Stefan sagte:

      Moinmoin Hannes,

      könnten wir durchaus machen. Gerade nach den Wahlen wäre es sicherlich interessant herauszufinden, wie diese Liste mit ihrer humoristischen Strategie vorangekommen ist, da wir dann auch im Angesicht der Wahlergebnisse vor vollendeten Tatsachen stehen. Aber wer kam auf die Idee und wie ernst hat man sich selbst genommen, da man ja anscheinend auch großteilig anonym geblieben ist. Nur die RTL-Schlieren lassen wir dabei definitiv aus ;)

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      • Hannes Han
        Hannes Han sagte:

        aber wieso das denn ? Ein wenig Witz gegenüber einer Satire-Partei ist ja schon fast ein must have. Wie wäre es mit der Wöchentlichen Sendung „Stefan fragt nach“ in der ihr sehr Studenten nahe Themen aufdeckt wie:
        Was muss ich für einen Bachelor wirklich am ende vorweisen?
        Warum wird bei der Studienrats Wahl meine Ausweiß gestempelt und nicht ein anderes System verwendet?
        Warum ist Agile Webentwicklung in einem so kleinen Raum?
        Wieso ist die Kelle für Soße in der Mensa so klein? ..
        Das wären Themen für die Studenten und würde dem EULe Blog die Aufmerksamkeit zukommen lassen welche er verdient.

        Antworten
        • Stefan
          Stefan sagte:

          Mit RTL Schliere spiele ich eher auf den Sensationsjournalismus an, der Wahrheiten und Personen im falschen Licht verzerrt und wirklich schon bescheuerte Themen aufreißt. Humorvolle und gezielte Provokation halte ich jedoch für sinnvoll, wenn die eigentliche Informationswiedergabe darunter nicht verfälscht wird. Ich könnt mir vorstellen etwas Spaßiges mit den Monarchisten anzustellen.

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  2. Robin
    Robin sagte:

    Ist ja schön und gut das der AfA viel Infomaterial zur Verfügung stellt aber sind wir mal ehrlich wer würde denn diesen unansehnlichen Haufen Text wirklich lesen?

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    • Stefan
      Stefan sagte:

      Ich saß davor und hab mich auch erstmal gefragt, ob die Leute überhaupt daran interessiert wären, so viel zu lesen. Gerade beim Mensatisch wohl eher nicht. Ein gewisses Grundinteresse muss natürlich irgendwo bestehen, sonst würde man ja nichtmal den kurzen übersichtlichen Flyer in die Hand nehmen. Nichtsdestotrotz denke ich dass flüchtige Propagandazeilen hier das Interesse eher wieder erstickt als dass es weitere Neugierde schürt. Meiner Meinung nach können ausführlichere Texte schon eher eine gute Basis für Interesse bilden, aber ich sag ja auch nicht dass das LiSA-Infoheft als auch der Caféten-Kurier ideale Lösungen sind.

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      • Hannes Han
        Hannes Han sagte:

        Ich denke das gerade die Monarchisten grad diese Schiene fahren. Der Flyer is Pop kulturell 1A und enthält auf der Rückseite wenig, aber dennoch sehr lustigen Text der mit genialen Pointen am ende abgerundet ist. Der Flyer is dadurch deutlich ansprechender als ein Heftchen welches ich noch nicht mal in einer Mittagspause quer lesen kann..

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  1. […] Nuske, Mitglied der Grün Alternativen Liste (ehemals Campus Grün), AStA-Vorsitzende, engagierte Studentin für Geflüchtete und Mitbegründerin der […]

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