Anlässlich meines Politik- und Rechtswissenschaftsstudiums, welches ich an der Universität Bremen studiere, habe ich mein 6-wöchiges Pflichtpraktikum in dem Auslandsbüro der Friedrich-Ebert-Stiftung in der Hauptstadt Polens, Warschau verbracht. Bereits zu Beginn des Studiums stand für mich fest, dass ich die Chance nutzen möchte, mein Praktikum im Ausland zu absolvierten. Rückblickend war das Praktikum in Warschau wohl die beste Entscheidung. Bereits während meines Studiums belegte ich Seminare zur internationalen Politik, wo unter anderem auch Schwerpunkte auf die osteuropäische Außenpolitik gelegt wurde. Mit den zunehmenden Konflikten sowie meinen polnischen Wurzeln und dem Drang mich kulturell sowie sprachlich noch intensiver von der dortigen Luft berieseln zu lassen, war für mich klar, ich muss live und in Farbe am Geschehen teilhaben.

Meine Praktikumsstelle:
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (pol. Fundacja im. Fridricha Eberta) auch FES genannt, ist eine vom Staat subventionierte politische und auch sehr parteinahe Stiftung (SPD), die im Namen des damaligen Reichspräsidenten Friedrich Ebert gegründet wurde. Sie hat ihren Sitz in Bonn und Berlin und wird unter anderem in über 100 weiteren Ländern repräsentiert. Eines davon ist das Auslandsbüro in Warschau, Polen. Die FES steht in ihrer Arbeit für soziale Demokratie und richtet ihre Arbeit auf Gerechtigkeit, Solidarität und Bildung aus. Diese Schlüsselwörter stehen in der politischen Bildungsarbeit, der politischen Beratung, der Begabtenförderung und in der internationalen Zusammenarbeit immer im Fokus.

Das Büro in Warschau besteht dabei bereits seit 1990 und ist ein integraler Bestandteil der deutsch-polnischen Beziehung und Verbundenheit. Insgesamt zählt die Stiftung in Polen sieben feste Mitarbeiter*innen. Diese werden dabei regelmäßig durch studentische Praktikanten*innen unterstützt. Der Arbeitsschwerpunkt liegt hierbei in dem Aufrechterhalten sowie der Verbesserung von Gewerkschaftsverhältnissen, der internationalen Zusammenarbeit für eine starke Europäische Union, der deutsch polnischen Beziehungsverfestigung, aber auch der Begleitung der demokratischen Entwicklung Polens sowie der Förderung des Ideen und Meinungsaustausches. Diese Schwerpunkte werden dann mithilfe von Publikationen, Forschungen oder aber Veranstaltungen thematisiert. Diese Öffentlichkeitsarbeit soll einen Beitrag zur allgemeinen Gesellschaft leisten und einen noch größeren Beziehungskreis in der deutsch-polnischen Gesellschaft schaffen. So finden alle Projekte immer in Kooperation mit deutschen Partnern statt.

Mein Weg bis zum Praktikum:
Vor meinem Praktikum sagte mir der Begriff NGO’s nicht wirklich viel. Während meines Studiums belegte ich dann zufälligerweise ein Seminar, in welchem wir uns diese Institutionen einmal näher anschauten. Nachdem mein Interesse aufgrund des Seminars geweckt wurde und einer kurzen anschließenden Recherche für mein anstehendes Praktikum, kam ich dann auf die Friedrich-Ebert-Stiftung. Dort sah ich dann, dass es auch Auslandsbüros gibt, welche sogar Praktikanten suchen. Dennoch machte ich mir aufgrund der damaligen COVID-19-Pandemie nicht wirklich viel Hoffnung, dies im Ausland antreten zu können. Dennoch versuchte ich mein Glück und bewarb mich kurzerhand unmittelbar in dem Büro in Polen mit meiner Bewerbung auf Polnisch und Deutsch. Währenddessen suchte ich mir einen Professor meines Fachbereiches, welcher mein Praktikum begleiten würde. Dann bewarb ich mich vorab schon mal für das Erasmus+ Stipendium und hoffte auf die Zusage aus Polen. Nach der Bewerbung, zahlreichen E-Mails und Telefonaten wurde mir dann die Zusage mitgeteilt. Mit dem Büro konnte ich dann relativ zügig alle Einzelheiten klären.

Nach der Zusage musste ich mich nur noch um alle anderen organisatorischen Angelegenheiten kümmern. Ich habe den Vertrag unterschrieben, die letzten Erasmus+ Unterlagen eingereicht, meinen Professor, welcher mich begleitet informiert, mich um die Anmeldung und Anerkennung des Praktikums gekümmert, eine Auslandsversicherung abgeschlossen sowie letztendlich nach einer Wohnung Ausschau gehalten. Insgesamt war alles sehr unkompliziert, dennoch muss ich anmerken, dass ich aufgrund der COVID-19 Pandemie erst nicht vor hatte ins Ausland zu verreisen und mich dann doch relativ kurzfristig für diesen Schritt entschieden habe, was zur Folge hatte, dass ich einen kleinen zeitlichen Engpass hatte und für alles Organisatorische lediglich 7 Wochen Zeit hatte. Dennoch muss ich auch sagen, dass mir die Pandemie in der Hinsicht ein wenig in die Karten gespielt hat bei der Wohnungssuche. Viele haben ihre Reise nicht angetreten oder konnten aufgrund der Pandemie nicht verreisen, sodass ich sehr schnell eine Wohnung mit einem Fußweg von 5 Minuten von meiner Arbeitsstelle gefunden habe. Es stand meinem Auslandsaufenthalt also nichts mehr im Weg, so ich fuhr 2 Tage vor Arbeitsbeginn nach Polen, um mich dort in Ruhe auf alles Vorbereiten zu können.

Meine Aufgaben:
Während meines Praktikums war mein Aufgabenbereich sehr weitreichend und abwechslungsreich. Ich spielte während meines Praktikums keine Nebenrolle im Büro, sondern eher die Hauptrolle. An jeder Aufgabe und Entscheidung, die getroffen wurde, nahm ich wie als ein vollwertiges Teil des Teams an den Projekten teil. Grob könnte ich sagen, dass ich wirklich in allen Bereichen mitarbeiten durfte. In den ersten beiden Tagen meines Praktikums lernte ich zunächst die Arbeitsweisen/-strukturen sowie auch die Arbeitsbereiche der FES kennen. Ich machte mich mit den Themen, Publikationen aber auch mit den Partnern vertraut. Dafür durchstöberte ich jegliche Publikationen, Programme, Verläufe und Berichte, welche mir zur Verfügung gestellt wurden. Nachdem ich mich mit allem vertraut machen konnte, bekam ich bereits erste Aufgaben, wie das Übersetzen, Lektorieren oder auch überarbeiten von Presseberichten, Programmen oder ähnliches.

Bereits am ersten Wochenende meines Praktikums wurde mir angeboten an einer Veranstaltung Namens „Politikwissenschaftlertagung“ in Sopot teilzunehmen. Dafür lud die Stiftung deutsch-polnische Professoren zu einer Diskussion ein. Dabei sollten die möglichen Folgen der Pandemie für politische und parteipolitische Systeme in der Demokratie mit Schwerpunkt auf populistische und nicht-populistische Regierungen diskutiert werden.

Vor der Konferenz beschäftige ich mich mit den organisatorischen Angelegenheiten der Veranstaltung. Anschließend führte ich ein Protokoll und verfasste abschließend einen Bericht, welchen ich schließlich veröffentlichte. Bereits eine Woche später stand schon das nächste große Event fest. Veranstaltet wurde ein Seminar für Lehrer*innen aus Polen und Deutschland in der Stadt Tarnow in der Nähe von Krakau, in Kooperation mit der Centropa und dem jüdischen Museum Galicia. Das Seminar diente dem Austausch und sollte den Lehrer*innen aufzeigen, wie die jüdische Geschichte im Unterricht besser und sensibler umgesetzt werden kann.

Es gab eine Reihe an Veranstaltungen, an welchen ich mitarbeiten und teilnehmen konnte. Die FES arbeitet eng mit Gewerkschaften zusammen und möchte aufmerksam auf die ukrainische Migration in Polen aber auch auf gerechteren Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz in Polen machen. Dafür wurden online Debatten, hybride Veranstaltungen oder auch Akademien für Arbeitnehmer und Arbeitgeber organisiert. Außerdem fand auch eine weitere Akademie für soziale Demokratie statt, welche regelmäßig von jungen politisch engagierten Akteuren/Aktivisten besucht wird.

Während meines Aufenthaltes in Polen fanden gerade die Bundestagswahlen in Deutschland statt, aus diesem Anlass heraus wurden vielerlei Publikationen, an welchen ich mitrecherchieren und schreiben konnte, veröffentlicht. Auch fanden Interviews mit Politikern und anderen wichtigen Akteuren statt. Wir veranstalteten unter anderem eine öffentliche Diskussion, an welcher deutsche in Polen lebende Bürger teilnehmen konnten, um die anstehenden Veränderungen zu diskutieren. In der Regel beschäftigte ich mich auch mit der Pressearbeit, um auf alle diese Veranstaltung aufmerksam zu machen. Da die Veranstaltungen jeweils an unterschiedlichen Orten stattfanden, bekam ich die Möglichkeit, an unterschiedlichen Orten in Polen zu arbeiten. So war ich nicht nur in Warschau, sondern auch in Krakau, Tarnow, Lublin, Danzig, Sopot, Lodz und in vielen kleinen anderen Ortschaften. Mir wurde die Möglichkeit geboten, vielen neue Menschen kennenzulernen und neue Kontakte auch in Hinblick auf mein späteres Berufsleben zu knüpfen. So kam ich nicht nur mit anderen polnischen Institutionen in Kontakt, sondern auch mit vielen anderen deutschen Institutionen aufgrund der engen Zusammenarbeit.

Fazit:
Aufgrund meines polnischen Migrationshintergrundes und meiner regelmäßigen Besuche in Polen bestand bereits im Vorfeld ein großes Vorinteresse an einem Praktikum in Polen. Dies in Kombination mit der besonderen Geschichte und der starken Erinnerungskultur Polens, welche ich hochinteressant finde, war der Reiz, das Land näher und vor allem anderes kennenzulernen noch höher. Vor meinem Praktikum hätte ich behauptet, ich würde die Strukturen, Lebensweisen und die facettenreichen Umstände in Polen kennen. Ich wurde vom Gegenteil überzeugt. Ich lernte das Land auf eine andere neue und noch schönere weise kennen. Ich bin positiv von den Eindrücken der Menschen und des Landes beeindruckt. Ich fühlte mich unglaublich wohl in dem Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung und würde es jedem weiterempfehlen, diese Erfahrung selbst zu erleben. Ich habe gesehen, wie toll die kooperative Arbeit zwischen Ländern funktionieren kann und vor allem wie wichtig diese Arbeit ist.

Mein großes Fragezeichen zu der Arbeit von NGO’s konnte beantwortet werden und die politische sowie menschliche Zusammenarbeit faszinierte mich. Das Praktikum öffnete mir neue Perspektiven, da ich mir jetzt gut vorstellen kann in der Zukunft in dem Bereich vielleicht auch voran zu schreiten. Gerade da mir nach meinem Praktikum das Angebot einer Verlängerung gemacht wurde und sogar eine zukünftige Zusammenarbeit auf anderen Ebenen angeboten wurde. Das Antreten eines Auslandspraktikums sehe ich eine als große Chance an und empfehle sie wirklich jedem selbst zu erfahren. Ganz nach dem Motto: Es einfach mal zu wagen.