Einleitung
Im Anschluss an meinen Studienabschluss diesen Sommer wollte ich gerne noch die Chance nutzen, als Absolvent*in ins Ausland zu gehen. Erasmus+ fördert Praktika von Absolvent*innen noch einige Monate nach Studienabschluss. Die Beantragung der Erasmus+ Förderung an der Uni Bremen war unproblematisch, ich musste mir nur vorher selbst einen Praktikumsplatz organisiert haben. Mein Praktikum habe ich über das Programm schulwärts des Goethe-Instituts vermittelt bekommen, dass sich an Lehramtsstudierende und -absolvent*innen richtet. So konnte ich dann vom 06.09.2021 bis zum 10.12.2021 ein Praktikum an der Osnovna Škola Pantovcak in Zagreb, Kroatien machen.
Vor Praktikumsbeginn
Meine Hauptmotivation dafür, zwischen Masterabschluss und Referendariat ein Praktikum im Ausland absolvieren zu wollen, war es, durch einen längeren und intensiven Aufenthalt ein anderes Land und Schulsystem wirklich erleben zu können. Indem ich in den Unterricht in einem anderen Land eingebunden werden würde, erhoffte ich mir einen vertieften Einblick in das Schulsystem, die Lehransätze und Lernmethoden, aber auch in das Leben eines anderen Landes gewinnen zu können. Mich hat insbesondere interessiert, wie Lernumgebungen in anderen Ländern gestaltet werden, v.a. auch mit Blick auf die Heterogenität der Lernenden, um so Anregungen für die Gestaltung meines eigenen Unterrichts ableiten zu können.
Durch den Einsatz im Unterricht für Deutsch als Fremdsprache, der v.a. im Sekundarbereich stattfindet, ergab sich für mich außerdem die Möglichkeit, Einblicke in zwei für mich neue Bereiche zu gewinnen: Erstens in den Sekundarbereich, in dem ich als angehende Sonderpädagogin für die Grundschule vor Praktikumsantritt noch keine praktische Lehrerfahrung sammeln konnte; und zweitens in den fremdsprachlichen Deutschunterricht. Da eines meiner studierten Unterrichtsfächer Englisch ist, ist mir der Fremdsprachenunterricht zwar für eine andere Zielsprache (und Zielgruppe) vertraut und ich erhoffte mir durch den Einsatz im DaF-Unterricht unter anderem auch eine Erweiterung meiner fremdsprachdidaktischen Kompetenzen – Deutsch als Zielsprache des Unterrichts war für mich jedoch vor dem Praktikum ein noch unbekannter Bereich.
Die Schule & Meine Aufgaben
Meine Praktikumsschule war eine dreizügige Grundschule, in der die Klassen 1 bis 8 unterrichtet werden. Ich wurde fast ausschließlich im Unterricht für Deutsch als Fremdsprache eingesetzt. Deutsch konnte an meiner Praktikumsschule ab der 4. Klasse als zweite Fremdsprache oder sogar ab der 1. Klasse gewählt werden. Mir wurde an der Praktikumsschule eine betreuende Lehrkraft zugewiesen, die in den Klassen 4 bis 8 DaF unterrichtet und an deren Stundenplan ich mich hauptsächlich orientiert habe. Ich war jeden Tag in der Schule, im DaF-Unterricht von insgesamt 10 verschiedenen Klassen. Der Stundenplan war jedoch zeitlich ganz anders organisiert, als ich es aus Deutschland kannte. Wir hatten abwechselnd Unterricht in der „Früh-“ und „Spätschicht“, also einen unterschiedlichen Stundenplan für die Wochen A und B. Dabei war der Unterricht in den Tagen der „Spätschicht“ quasi gespiegelt zur „Frühschicht“. So war ich frühestens um 8.45 Uhr und spätestens bis 18.00 Uhr in der Schule. Daran musste ich mich erstmal gewöhnen, später war es aber sogar ganz praktisch, mal den Vormittag und mal den Nachmittag „schulfrei“ zu haben. Zusätzlich habe ich auch die Unterrichtsvor- und -nachbereitung unterstützt, was ich flexibel mit meiner betreuenden Lehrkraft organisiert habe. Ich hatte aber dennoch genügend Freizeit, um Zagreb und am Wochenende teilweise auch andere Teile Kroatiens zu erkunden.
Die Zusammenarbeit mit der betreuenden Lehrkraft hat sich sehr natürlich ergeben und durch unser freundschaftliches Verhältnis hat es sich für mich so angefühlt, als wenn wir beide als Team durch den Schultag gehen. In vielen Stunden, v.a. in den höheren Klassenstufen, habe ich der Lehrkraft im Deutschunterricht assistiert, indem ich z.B. den Schüler*innen bei der Bearbeitung von Aufgaben geholfen oder Korrekturen übernommen habe. Teilweise habe ich auch einzelne Phasen des Unterrichts übernommen. In den jüngeren Klassen, insbesondere in den drei vierten Klassen, habe ich auch mehr Lehrverantwortung übernehmen können und häufig Stunden oder Unterrichtsphasen geleitet.
Insgesamt habe ich mich an meiner Praktikumsschule sehr wohlgefühlt und wurde durch alle Mitarbeitenden freundlich empfangen. Einige Stunden konnte ich auch bei anderen Lehrkräften im Deutsch- oder Englischunterricht hospitieren. Außerdem konnte ich während meiner Praktikumszeit mehrere Aktivitäten miterleben, die das Goethe-Institut an meiner Praktikumsschule organisiert hat und einen Workshop zum Europäischen Tag der Sprachen mitgestalten.
Organisatorisches in Zagreb
Vor Ausreise habe ich von Deutschland aus nach einer passenden Unterkunft in Zagreb gesucht. Eigentlich wäre ich gerne in eine WG gezogen, um so im besten Fall direkt Kontakt zu kroatischen Gleichaltrigen knüpfen zu können. Ich konnte aber keine Website finden, die dem deutschen „wg-gesucht“ entspricht und bin auch in diversen Facebook Gruppen (das war ein Tipp, den ich von mehreren Seiten bekommen habe) nicht fündig geworden. Ein Problem war, dass ich nur für 3½ Monate gemietet habe und oftmals eine Mindestdauer von 6 Monaten vorgegeben war. Deshalb habe ich mir am Ende über eine Vermittlungsagentur (trawerk.com) ein Ein-Zimmer-Apartment organisiert. Ich war mit meinem Apartment, der Lage und den netten Vermieter*innen zufrieden, habe aber in jedem Fall mehr Geld für die Miete bezahlt als ortsüblich. Wenn man örtlich etwas flexibler ist und auch früher als ich mit der Wohnungssuche beginnt, sollte man in Zagreb aber eigentlich ziemlich günstig wohnen können. Lebensmittel und Restaurants sind in Zagreb etwas günstiger als in Deutschland. Kauft man z.B. bei LIDL, sind die Preise tatsächlich fast identisch mit den deutschen Supermarktpreisen, Obst und Gemüse auf den Wochenmärkten sind jedoch günstiger.
Da ich mich länger als 90 Tage in Kroatien aufgehalten habe, musste ich mich bei der Polizei in Zagreb anmelden. Dafür musste ich eine Reihe von Unterlagen einreichen, die ich erstmal zusammen sammeln musste. Ansonsten war der Anmelde-Prozess jedoch sehr einfach, da alles über E-Mail-Kontakt geregelt werden konnte.
Leben außerhalb der Schule
Von meinen Vorgänger*innen, die auch über das Goethe-Institut ein Praktikum in Zagreb gemacht haben, habe ich den Tipp bekommen, mich in den sozialen Medien über das Erasmus Student Network zu informieren. Die Zagreber ESN-Gruppe hat verschiedene Aktivitäten für internationale Studierende organisiert, durch die ich Studierende aus der ganzen Welt kennenlernen konnte. Auch über die vom ESN betreute WhatsApp-Gruppe haben sich gerade am Anfang viele Möglichkeiten ergeben, sich privat mit anderen Studierenden oder Praktikant*innen zu treffen. Dadurch habe ich mich während meiner Praktikumszeit nie einsam gefühlt, denn es gab immer die Möglichkeit, an ESN-Aktivitäten teilzunehmen oder sich privat auf einen Kaffee oder in einer Bar zu treffen. Zagreb hält als größte Stadt Kroatiens in dieser Hinsicht natürlich einige Optionen bereit. Ich denke, ich hatte Glück, dass ich mein Praktikum im September begonnen habe, denn zu dieser Zeit hat auch das akademische Jahr in Zagreb begonnen und viele internationale Studierende waren neu in der Stadt, auf der Suche nach Kontakten. Während meiner Praktikumszeit gab es außerdem eine kulturweit Freiwillige am Goethe Institut Zagreb, mit der ich mich auch gut verstanden und ab und zu getroffen habe. Die ersten Wochen meines Praktikums war außerdem noch eine andere deutsche Praktikantin an der OŠ Pantovcak, mit der ich mich ebenfalls gut verstanden habe.
Insgesamt hat es mir in Zagreb gut gefallen. Als Hauptstadt Kroatiens hat Zagreb kulturell und gastronomisch einiges zu bieten. Gerade die Café-Kultur kam mir sehr entgegen und ich habe mich durch viele verschiedene Cafés probiert. Für eine Hauptstadt ist Zagreb allerdings doch eher klein, was ich aber nicht als Nachteil empfunden habe. Ich habe mich schnell in der Stadt zurechtgefunden und für die paar Monate „zuhause“ gefühlt. Die Menschen in Zagreb haben alle gut Englisch gesprochen, was für mich sehr praktisch war, da ich vor Praktikumsantritt kein Wort Kroatisch sprechen konnte. Ich habe mich während meiner Praktikumszeit daran versucht, die Sprache zu lernen, u.a. über das OLS-Online-Angebot. Da Kroatisch aber eine schwierige Sprache ist, habe ich es nicht weiter als bis zu ein paar Phrasen gebracht. Zumindest im Restaurant bestellen oder auf dem Markt einkaufen konnte ich am Ende meiner Praktikumszeit und auch im Unterricht konnte ich mir einiges aus dem Kontext erschließen.
Während meiner freien Tage hatte ich das Glück, relativ viel von Kroatien sehen zu können und war begeistert von den vielen schönen Städten, den Nationalparks und der Küste. Vor Praktikumsbeginn wusste ich sehr wenig über dieses kleine Land und hatte fast nur „Küste“ im Kopf, wenn ich an Kroatien gedacht habe. Während meiner Zeit in Zagreb und den Reisen durch Kroatien ist mir jedoch einerseits bewusst geworden, wie vielfältig Kroatien ist und andererseits, wie wenig ich über die Geschichte Kroatiens und des ehemaligen Jugoslawiens weiß. An kleinen Dingen wie Straßennamen oder dem Gedenktag der Opfer von Vukovar merkt man jedoch, dass die Jugoslawien-Kriege noch nicht lange her sind und die Bevölkerung weiterhin beschäftigen.
Fazit
Ich bin sehr froh über meine Entscheidung, zwischen Masterabschluss und Referendariat ins Ausland zu gehen. In meinen dreieinhalb Monaten an der Osnovna Škola Pantovcak konnte ich viele neue Eindrücke und Erfahrungen sammeln, die mir wichtige Impulse für meine beruflichen Entwicklung als angehende Lehrkraft bieten. Ich konnte einen Einblick in das kroatische Schulsystem bekommen, wenn auch eher spezifisch aus der Perspektive von DaF als Wahlfach. Bezüglich der Fremdsprachendidaktik und auch allgemein anwendbaren Methoden konnte ich auf jeden Fall einiges mitnehmen. Der Unterricht wurde jedoch wenig an die Heterogenität der Schüler*innen angepasst, sodass ich in dieser Hinsicht leider nicht so viel mitnehmen, sondern maximal indirekt ableiten konnte. Es war außerdem interessant für mich, den Unterricht in höheren Klassen und in einem von mir nicht studierten Fach miterleben zu können.
Im Rückblick waren es vor allem zwei Faktoren, die dafür gesorgt haben, dass ich mit meinem Praktikum in Zagreb sehr zufrieden war. Ersten ein gutes, freundschaftliches Verhältnis zur betreuenden Lehrkraft und zweitens die Möglichkeit, selbst Unterricht gestalten und an verschiedenen Projekten mitwirken zu können. Außerdem habe ich mich auch in Zagreb wohlgefühlt und Kontakt zu anderen Erasmus Studierenden gehabt. Darüber hinaus konnte ich Kroatien auf kleineren Reisen (mit Familie und Freunden, aber auch alleine) erkunden, was ich ebenfalls sehr zu schätzen weiß.
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