I. Vor dem Auslandsaufenthalt
Im Rahmen meines Masterstudiengangs „International Studies of Tropical Aquatic Ecology“ der Universität Bremen musste ein Projekt im Ausland durchgeführt werden, das als Basis für die Erstellung einer Masterarbeit dienen sollte. Hierfür flog Ich im September 2019 nach Taiwan um den Einfluss von unnatürlicher Fütterung auf das Fressverhalten, Metabolismus und Gesundheit von Rifffischen zu untersuchen. Solche Fütterungen, meistens wird Brot verwendet, sind gängige Mittel in tropischen Riffsystemen um Fische anzulocken und so das Erlebnis der Tauchtouristen zu verbessern. Allerdings sind die Folgen von diesen doch sehr unnatürlichen Futtermittel auf die Rifffische relativ unerforscht.

Um die Folgen zu untersuchen führte ich einige Fütterungsexperimente im Labor in Taiwan durch und untersuchte die Fressraten, d.h. die Bisse pro Minute bei Brotfütterung und bei natürlicher Fütterung im Vergleich. Im Anschluss wollte Ich Leber- und Muskelproben entnehmen und diese auf bestimmte Biomarker, wie Kohlenhydrate, Proteine und Lipide, testen und Zellen mithilfe von Histopathologie auf pathologische Aspekte untersuchen. Leider war relativ schnell klar, dass die Universität in Taiwan nicht über das nötige Equipment für diese Untersuchungen verfügt.

Nach ausgiebigem E-Mail-Verkehr mit einer Wissenschaftlerin, Dr. Carolina Madeira, vom SEATOX Lab der Universität NOVA de Lisboa in Portugal wurde Ich dann zu einem Praktikum eingeladen um die fehlenden Untersuchungen durchzuführen. Leider erschwerte die COVID- 19 Pandemie anfänglich das Vorhaben, sodass das Projekt um ein Jahr verschoben wurde. Nach langen Strapazen, vielen Zweifeln und etlichen Mails konnte ich dann doch, wenn auch unerwartet, im Mai 2021 das Projekt antreten. Da ich die Zusage durch erschwerte Planung relativ kurzfristig erhalten haben musste die Bewerbung für das Erasmus + Programm relativ schnell erfolgen. Hier bekam Ich sehr viel kompetente Hilfe von dem Erasmus Büro der Universität Bremen und meiner Betreuerin in Portugal, sodass alles reibungslos verlief. Da mein Projekt nicht dem standartmäßigem Mobility Programmes entspricht und ich die Zusage meiner Betreuerin bereits erhalten hatte musste ich keine Fristen an der Universität in Lissabon einhalten und musste nur meine ERASMUS Unterlagen rechtzeitig einsenden.

Im Gastland angekommen, verlief alles relativ unbürokratisch. Die Abgabe des Learning Agreements und eine Onlineanmeldung waren ausreichend um mich an der Universität einzuschreiben. Eine Anmeldung bei den Behörden sowie die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung waren nicht nötig.

II. Informationen zur Gastuniversität
Die Universidade NOVA de Lisboa hat rund 19.000 Studenten und wird in fünf Fakultäten aufgeteilt, die sich an verschiedenen Orten in und rund um Lissabon befinden. Ich war an der NOVA School of Science and Technology im Chemie Fachbereich tätig. Die Fakultät beinhaltet allerdings auch einige Ingenieurwesen und IT-Studiengänge. Sie befindet sich nicht im Stadtkern sondern auf der anderen Seite des Flusses Tejo in der Nähe von dem Ort Monte de Caparica.

Da ich mein Praktikum mitten im Semester antrat konnte ich an keiner Orientierungsveranstaltung teilnehmen. Veranstaltungen für Erasmus-Studierende fielen auch weg, da aufgrund der COVID-19-Pandemie kaum ausländische Studierende an der Universität studierten. Die Einschränkungen Vorort führten natürlich auch insgesamt zu einem sehr spärlichen Freizeitangebots. So waren Sportzentren geschlossen und viele Veranstaltungen abgesagt. Ich stelle mir das Campusleben ohne Einschränkungen allerdings sehr nett vor. Es gibt eine Bar, die auch trotz Corona viel besucht wurde. Außerdem wurde mir erzählt, dass Studenten vor Corona Konzerte und Grillpartys auf dem Campus veranstalteten. Ich kann hier wegen der Situation leider nicht viel Auskunft zu geben.

Der Campus bietet einige Möglichkeit günstig zu essen. Die Mensa ist gut und sehr günstig. Außerdem gibt es auf dem Campus einige Cafés und Restaurants. Wenn man mal nicht so Lust auf den Campus hat ist man in 5-10 Minuten in Monte de Caparica, wo es kleine Supermärkte und Restaurants gibt. In Lissabon ist man in ca. 40-50 Minuten. Hierfür nimmt man am besten die Straßenbahn und im Anschluss die Fähre. Am Strand von Costa de Caparica ist man in einer halben Stunde. Hier kann man sehr gut surfen. Ich empfehle aber noch ein wenig weiter zu fahren, weil die Strände hier doch sehr voll sind.

Lissabon hat sehr viel zu bieten, das kulturelle Angebot war trotz Corona sehr groß und die Altstadt ist sehr schön. Da Lissabon auf sieben Hügeln liegt können Spaziergänge leicht anstrengend werden, aber man wird mit wunderschönen Aussichtspunkten belohnt. Abseits der touristischen Zentren gibt es sehr günstige traditionelle portugiesische Restaurants und es gibt viel zu sehen. Zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehörten der Besuch der etlichen Märkte (besonders schön ist hier der LX Factory Markt), Kaffee trinken und Pasteis de Nata am Tower von Belem verspeisen und abends im Park ein paar Biere mit Freunden trinken. Auch eine Reise wert ist der Palast von Monserate in Sintra.

III. Praktikumserfahrungen
Zu den Kurswahlmöglichkeiten kann ich auch nicht viel sagen. Ich kann allerdings Allen die an Laborarbeit im Rahmen der Meerestoxikologie, Biomarker Analyse von marinen Lebewesen und Histopathologischer Untersuchung von Zellen interessiert sind das SEATOX lab sehr ans Herz legen. Das Team ist super Hilfsbereit und alle pflegen einen freundlichen Umgang. So passiert es doch sehr häufig, dass man mit dem gesamten Team zu Mittag isst. Es werden auch gemeinsame Team Building Events, wie zusammen essen gehen oder gemeinsames Surfen geplant.

Das Arbeitsklima ist sehr angenehm. Alle arbeiten fleißig sind aber auch sehr verständnisvoll, wenn mal etwas nicht so wie geplant läuft. Meine Betreuerin hat anfangs sehr viel Zeit mit mir im Labor verbracht um mir alles zu zeigen und sicher zu gehen, dass ich ein autonomes Arbeiten entwickle. Nach einiger Zeit konnte ich dann größtenteils selbständig arbeiten und musste nur gelegentlich nach Hilfe fragen. Insgesamt denke ich, dass ich sehr viel aus dem Praktikum rausnehmen konnte und zusätzlich einen großen Datensatz für die Vervollständigung meiner Masterarbeit generieren konnte.

IV. Unterkunft
Die Wohnungssuche war für mich sehr einfach, da meine Betreuerin sich im Vorfeld um ein Zimmer im Studentenwohnheim gekümmert hat. Das Wohnheim Frausto da Silva liegt auf einem Hügel ca. 5-10 Minuten Fußweg von der Fakultät entfernt. Für 225 € habe ich hier ein kleines Zimmer mieten können. Hinter dem Wohnheim befindet sich ein kleiner Park an dessen Ende man einen sehr guten Blick auf Lissabon hat. Das Wohnheim war ruhig (vermutlich auch wegen COVID – 19), hat mehrere geteilte Küchen, Tischtennisplatte, Volleyballfeld und einige Gemeinschaftsräume. Der Nachteil ist das der nächste Ort sehr klein ist und nicht viel zu bieten hat. Wer mehr Action möchte sollte nach Lissabon oder nach Cacilhas ziehen. Wohnungen hier sind vergleichsweise teuer, aber für längere Aufenthalte empfehle ich mir ne Wohnung in Lissabon zu suchen.

V. Fazit
Das Auslandspraktikum war für mich ein großer Erfolg. Ich wurde sehr in die Laborarbeit eingebunden und konnte daher sehr viel lernen. Ich konnte auch sehr viele Daten sammeln, die perfekt für das Verfassen meiner Masterarbeit sind und eventuell auch zu einer Publikation führen können. Die Universidade NOVA de Lisboa genießt weltweit einen guten Ruf und Ich bin mir sicher, dass ein Auslandsstudium hier auch sehr interessant sein kann.

Kulturell und menschlich hat mir Lissabon sehr gut gefallen. Portuguisen*Innen sind meiner Erfahrung nach sehr herzlich und interessiert. Es ist daher einfach Leute kennenzulernen auch während einer Pandemie. In Lissabon wimmelt es nur so von Internationals. Viele arbeiten als Digital Nomads oder Englisch-Lehrer*Innen. Mir kam es nach mehreren Gesprächen so vor als würde Lissabon Leute schnell in den Bann ziehen, so nach dem Motto: Einmal dagewesen und du kommst nicht mehr von weg. Ich kann mir sehr gut vorstellen nach Abschluss meiner Arbeit wieder nach Portugal zu ziehen um dort zu Arbeiten.